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Kathi
Wenn Kathi nicht gerade versucht, mehr Techno in die MDR Sputnik-Playlist zu schmuggeln, reist sie gerne. Ob Ausflüge nach Brandenburg, Bali oder Bangkok, unterwegs zu sein reicht schon. Früher hat sie für bln.fm geschrieben und Podcasts produziert. Seit Kathi in Leipzig wohnt, unterstützt sie frohfroh und die hiesige Gastronomie durch ausgedehnte Nudelsuppen-, vegetarische Pizzen- oder Sushi-Abende.

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Feiern ohne Jutebeutel – ein Besuch im Charles Bronson

09. März 2016 / Kommentare (0)

Zu voll, zu warm, zu teuer und das Booking gefällt nicht. Kommentare wie diese liest und hört jeder Clubbetreiber in sozialen Netzwerken oder abends an der Clubtür. „Die Leute schreiben uns nichts, was uns nachts nicht schlafen lässt. Aber die Hallenser sind ziemlich wählerisch. Sie wollen für Hallenser Eintrittspreise feiern wie in Berlin. Zum Glück ist unsere Preispolitik human.“ sagt Micha, Booker vom Charles Bronson.

Klingt, als wäre alles entspannt in Leipzigs Trabanten Halle? Das war nicht immer so. In den ersten zwei Jahren in der Clubgeschichte vom Charles Bronson gab es zwei Brandanschläge und eine Bombendrohung. Frohfroh hat mit Geschäftsführer Robert (im Bild links) und mit dem Booker Micha (rechts) über die Zukunft und die Vergangenheit des einzigen House- und Technoclubs in Halle gesprochen.Im verflixten siebten Jahr investiert das Charles Bronson in einen umfassenden Umbau, um die Beziehung zu seinen Gästen zu festigen und neue Gäste anzulocken. 2009 eröffnete der Club in der Berliner Straße in einem leerstehenden DDR-Gebäudekomplex.

Früher wurden dort Omnibusse repariert. Im vorderen Teil war die Mensa für die Werkstattmitarbeiter. Im hinteren Bereich vom Charles Bronson, dem heutigen Pony, gab es zu DDR-Zeiten eine Kegelbahn. Die Holzvertäfelung und der leicht abschüssige Boden erinnern bis heute daran.Im Jahr 2011 gab es dann zwei Brandanschläge, die Geschäftsführer Robert sowie Lars und Sven von Monkey Safari zwangen, den Club weitgehend zu renovieren.

„Wer für die Brände verantwortlich ist, wurde bis heute nicht aufgeklärt“ sagt Robert, der sich noch gut an die Brandanschläge erinnern kann: „In einer Donnerstagnacht wurde eingebrochen, Stühle aufgestapelt, Benzin drüber verschüttet und der Club in Brand gesetzt. Wir hatten gerade neue Kunststoffwasserleitungen verlegt und die schmolzen und funktionierten glücklicherweise wie eine Sprenkelanlage.

Die Feuerwehr war schnell vor Ort, deshalb blieb der Schaden relativ gering. Da dachten wir schon, Glück gehabt! Allerdings machte das schnell die Runde und daher gab es dann von Freitag auf Samstag einen zweiten Brandanschlag. Dieses Mal wurde alles richtig gemacht, die Türen standen offen und das Feuer breitete sich im ganzen Laden auf. Damals wurden wir dann auch gefragt, warum wir die Versicherung betrügen wollten, allerdings hatten wir ja gar keine.“

Die Hallenser stärkten dem Bronson damals den Rücken und bauten den Club gemeinsam wieder auf. Nach der Wiedereröffnung lief der Laden dann sogar noch besser als vorher. Daher gab es in den letzten sieben Jahren einige legendäre Partys.Im ersten Jahr musste der Club in einer kalten Januarnacht geräumt werden, da bei der Polizei eine Bombendrohung eingegangen war.

Wie Robert uns erzählt, wurde diese Nacht zu einer der krassesten überhaupt. &ME legte auf und schon gegen ein Uhr war das Bronson brechend voll. Bis Robert von den Türstehern zum Eingang gerufen wurde und vor mehreren Polizeiautos stand. &ME musste über das DJ Pult durchsagen, dass das Bronson geräumt werden muss.Als alle Gäste draußen waren, wollte keiner nach Hause und die Polizei versprach, dass alle weiter feiern können, wenn keine Bombe gefunden wird. In der Zwischenzeit war ein Bus der Havag angerollt, damit keiner draußen frieren musste und &ME setzte sich gleich zum Busfahrer und überredete ihn, über sein Handy Musik im Bus laufen zu lassen.Robert muss lachen, während er die Geschichte von der Bombendrohung erzählt. Ganz besonders bei der Spürhund-Anekdote:

„Während die Leute mit &ME einfach in diesem Havag-Bus weiterfeierten, warteten wir auf den Sprengstoffspürhund. Wir rechneten mit einem gefährlich aussehenden Schäferhund. Und dann kam da so ein kleiner Fifi um die Ecke. Da konnten wir nicht mehr vor Lachen. Der erschnüffelte natürlich keine Bombe im Charles Bronson und so konnten wir gegen vier Uhr wieder rein. Die Party ging dann noch bis Sonntagvormittag und war eine der krassesten überhaupt.“

Von der Bombenparty mit &ME im Charles Bronson am 8. Januar 2011 gibt es auch einen Mitschnitt:

Seit Silvester 2015/2016 ist das Charles Bronson geschlossen, denn es wird gebaut. Mehr Toiletten müssen her, das Pony wird vergrößert und der Club im vorderen Bereich wird tiefschwarz gestrichen.

Etwa 300 Leute passen nach dem Umbau in den Laden. Für Micha ist das die perfekte Größe: „Man darf nicht vergessen, dass in Halle nur 230 000 Leute wohnen. Und die Leipziger kommen leider zu selten zu uns.“

Das soll sich aber nach der Winterpause ändern. Micha verrät, dass diesen Frühling Mathias Kaden und Acid Pauli im Bronson spielen werden. Bekanntere Bookings sollen mehr Gäste anlocken. Denn viele Studenten aus Halle fahren dank ihres Semestertickets am Wochenende lieber nach Leipzig zum Feiern.

„Interessanterweise haben wir besonders gemerkt, als das IFZ in Leipzig aufgemacht hat. Klar, wenn es was Neues gibt, stürmen alle hin und durch das Semesterticket sind die Wege kurz. Wir nehmen das als Ansporn für die neue Saison und versuchen den Leuten, neben dem Bonus der kurzen Wege, richtig gute Partys zu bieten.“ erklärt uns Robert.

Das Bronson streckt natürlich auch die Fühler Richtung Magdeburg, Dresden und Thüringen aus.

„Größere Veranstaltungen im letzten Jahr haben uns gezeigt, dass sich die Leute ins Auto setzen und zu uns kommen. Und nach sechs Jahren möchten wir auch außerhalb von Halle als das gesehen werden, was wir sind: Ein schöner Laden, mit schöner Anlage und mit kreativen Visuals. Es geht nicht nur um’s Mukke machen bei uns, sondern auch darum, sich hier unter netten Barkeepern, Betreibern und einer fairen Türpolitik zuhause zu fühlen.“ begründet Micha den Umbau.Klar, in diesem Zuge ist auch immer wieder zu hören, dass ins Charles Bronson nur der Saalekreis feiern geht. Aber auch mit diesem Vorurteil geht Robert ganz entspannt um:

„Uns geht’s nicht darum nur Jutebeutelträger und Hipster im Laden zu haben. Uns geht’s darum, mit Leuten zu feiern, die gute Musik zu schätzen wissen. Die gibt’s in allen Bevölkerungsschichten, egal ob Student oder Handwerker. Natürlich schließen wir extreme Gruppierungen und aggressive Leute aus. Nett, sympathisch, friedlich und feierfreudig, mehr musst du hier nicht sein!“

Micha fügt hinzu: „Ich sage doch auch nicht, ich gehe nicht ins IFZ, weil die da so hart selektieren … Das ist genau so eine unsinnige Pauschalisierung, wie zu sagen, bei uns feiert nur der Saalekreis.“

Bis kommenden Samstag ist das Charles Bronson noch geschlossen. Dafür wird es in diesem Jahr keine Sommerpause geben. Trotz der Spontan-Open-Airs, die in Halle im Gegensatz zu Leipzig dank einer liberalen Stadtpolitik erlaubt sind. Diese können kurzfristig bei der Stadt angemeldet werden und sind an bestimmten Orten, wie zum Beispiel auf der Ziegelwiese an der Saale erlaubt. Allerdings muss um 22 Uhr Ruhe sein. Daher sehen Robert und Micha spontane Open Airs nicht als Konkurrenz. Schließlich haben sie im Frühjahr letzten Jahres ihren verwunschenen Hof hinterm Bronson ausgebaut.Wir wünschen viel Erfolg für die neue Clubsaison und sagen Danke für das Interview, Robert und Micha. Wollt ihr den frohfroh-Lesern noch abschließende Worte mit auf den Weg geben?

Robert: „In Halle dreht sich die Spülung andersrum, wie in Australien. Das müsst ihr sehen, das ist spektakulär!“

Bilder: Charles Bronson / Kathi Groll

Charles Bronson Website
Mehr Halle hier: From Halle With Love

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