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Christoph
Christoph mag es, wenn es breakig und verspielt klingt. Nicht zu gerade. Als Kid Kozmoe legt er auch auf. Und heimlich produziert er eigene Tracks. Aber pssst.

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Neu entdeckt: Antape

07. September 2016 / Kommentare (0)

Frickelige Electronica ist in Leipzig vergleichsweise wenig vertreten. Seit einiger Zeit gibt es mit Antape aber hörenswerten Zuwachs.

Verspielte Electronica hat es in der Wahrnehmung ja oft nicht leicht. Für den einen zu anstrengend, für den anderen nicht tanzbar. Und sowieso ist das nur Musik für hyperaktive Nerds. Über allem thront natürlich Aphex Twin, der vermutlich alle relevanten Ideen schon verwurstet hat, bevor andere auch nur den Anschalt-Knopf für ihre Hardware gefunden haben. Dennoch: Dieser oft absurde, überbordernde und an Effekten überladene Sound macht auch nach 20 Jahren immer noch Spaß. Womit wir bei Lucas alias Antape wären.

Aus Brest in Frankreich hat es ihn und einige Freunde 2012 nach Leipzig verschlagen. Grund dafür war die Gründung des Tonstudios Roy de Rats im Leipziger Westen, in dem die vier Toningeniure ihr Können unter Beweis stellen. Hier wurde zum Beispiel auch das letzte Album von Annaluk aufgenommen. Aber das Projekt beschäftigt sich auch mit Ideen zum DIY-Technik-Bau. Klar: Das geballte Wissen schlägt sich natürlich auch in der Musik von Antape nieder. Vielleicht ist es aber auch Grund für die praktische Sortierung seiner Tracks in „Hardware Tracks“ und „Some Computer Tracks“ auf Soundcloud.

Halsbrecherische Breakbeats, fröhliches Acid-Geschnatter, permanente Wechsel im Track-Aufbau, verspulte Melodien.

Vor allem auf Antapes 2013 veröffentlichten Tape „Primitive Silly Music“ (dessen zweite Seite das Album „Nocturne Pillar“ von Kotekan beinhaltet) lassen sich diese allseits beliebten Zutaten heraushören. Aber auch zurückhaltendere Stücke gibt es: Besonders „Farfade“ hat es mir mit seiner verträumten Atmosphäre angetan. Wie Antape zu seiner Musik kommt, erfahrt ihr im Interview.Antape Unwrapped CassetteElectronica scheint der offensichtlichste Einfluss bei Antape zu sein. Woher kommst du musikalisch?

Ich nehme an aus vielen verschiedenen Ecken, aber sicherlich hat alles durch die musikalische Vielfalt angefangen, die mich als Kind durch meine Eltern umgeben hat: Bach, Pink Floyd, Nirvana, Prodigy und Aphex Twin habe ich unter anderem alle im Wohnzimmer entdeckt. Ein paar dieser Künstler begleiten mich noch immer und natürlich habe ich auch im Laufe der Jahre eine Menge neue Musik entdeckt. Manchmal höre ich wochenlang nur elektronische Musik, manchmal fast keine, manchmal auch aus ganz anderen Musikrichtungen. In den letzten Jahren habe ich meine beeindruckendsten Entdeckungen eher in der instrumentalen Musik gemacht, z.B. in traditioneller Musik verschiedener Herkunft. Momentan habe ich eine Schwäche für „orientalische“ Harmonien oder die Musik von John Zorn, die mich immer wieder überrascht.

Gibt es ein bevorzugtes Gerät, Instrument oder Plug-In, mit dem du arbeitest?

Ich habe lange Zeit ausschließlich mit der Software Renoise Musik gemacht, später auch in Kombination mit Reaper. Seitdem und bis heute habe ich fast nur freie Plugins genutzt und so die Erfahrung gemacht, dass man besser lernt, wenn man mit einfachen Werkzeugen experimentiert, sie irgendwann kombiniert, um komplexere Ergebnisse zu erreichen. Nach ein paar Jahren habe ich mein erstes Gerät erworben, ein Electribe SX1 und seitdem hat die Hardware eine immer größere Rolle in meinen Stücken gespielt.

„Seit ungefähr zwei Jahren bin ich in der Lage, Stücke ganz ohne Computer zu spielen.“

Diese Abwechslung ist für mich sehr erfrischend. Meine letzte Neuanschaffung, der Yamaha TX81Z, ist definitiv der beste Synth, mit dem ich in letzter Zeit gearbeitet habe. FM Sounds selber zu programmieren ist eine Welt für sich, in der es für mich immer wieder Neues zu entdecken gibt.

Bei Bandcamp zu deiner Split-EP mit Kotekan steht, dass ihr euch über das IDM-Forum „We Are The Music Makers“ kennengelernt habt. Welche Rolle spielen das Forum und IDM allgemein für dich?

Das Forum hat mir die Gelegenheit gebracht, andere Künstler virtuell kennenzulernen und mich mit ihnen über unsere Beschäftigungen als elektronische Musiker auszutauschen. Kotekan habe ich einfach kontaktiert mit der Idee, einen Split zusammenzubringen, weil ich seine Musik mochte und wusste, dass er meine auch gut fand. Das war eine tolle Zusammenarbeit, über die ich froh bin, sie durchgezogen zu haben, obwohl das Tape schlussendlich nicht sehr viel Aufmerksamkeit bekam. Heute bin ich nicht mehr so viel in dem Forum unterwegs, aber ich behalte einen Überblick darauf. Und was IDM angeht: Ich finde es schwer, diese Künstler, die mich direkt beeinflussen, in eine Schublade zu stecken. Sie machen sehr unterschiedliche Musik, sowohl einzeln als auch als Gruppe. IDM ist für mich eine Art Mythos und sagt nicht wirklich etwas über die Musik aus.

Sind weitere Releases geplant? Bist du an weiteren musikalischen Projekten beteiligt?

Momentan habe ich nur vage Ideen über mögliche Releases: Ich habe mehrere fertige Renoise/Reaper Stücke, mit denen ich eine EP oder ein Album machen könnte. Ebenfalls mit den Stücken, die ich auf meiner Hardware-Installation spiele. Nach der Erfahrung mit der selbst produzierten Kassette möchte ich aber erstmal nicht mehr so viel Energie in die Herstellung und Promotion eines Releases stecken. Ich habe auch weniger Verknüpfungen in irgendeiner Musikszene und keine Lust darauf, als ein Fremder im Internet vielen Labels Demos zu schicken. Gerade ist der Fokus eher, Veranstaltungen zu finden, wo ich mit meiner Live-Installation spielen kann – was ziemlich neu für mich ist. Und auf diese Art – eventuell – Leute zu treffen, die Interesse haben, meine Musik zu fördern. Allerdings bin ich mittlerweile, was die aktuelle Musikindustrie angeht, viel nüchterner geworden: Ich bin nur Teil einer riesigen Masse an Leuten, die Musik machen – elektronisch oder anders. Ich möchte nicht kämpfen, um Anerkennung zu erreichen. Mir macht das Musikmachen an sich Spaß und das ist, was für mich zählt.

Außerdem spiele ich mit einer Gruppe von Freunden traditionelle Stücke, größtenteils aus dem Balkan. An der Seite von einem Kontrabass, zwei Gitarren, einer Geige und einer Querflöte, spiele ich Darbuka und genieße es, Musik machen zu können, ohne irgendein Kabel einstecken zu müssen.royderatsDu bist Teil des Tonstudios „Roy de Rats“. Laut eurer Website habt ihr euch in Brest während des Studiums kennengelernt und 2012 das Studio in Leipzig aufgebaut. Wie kam es zur Idee? Und warum in Leipzig?

Richtig, wir haben mit Charles und JB im Laufe des letzten Semesters als Toningenieure die Idee gehabt, im Ausland ein Tonstudio zu gründen. Wir hatten Lust, ein anderes Land zu entdecken und dachten, es könnte irgendwo außerhalb Frankreichs mit wenig Mitteln für den Anfang einfacher sein. Ganz zufällig haben wir von Leipzig gehört und danach so gute Meinungen über die Stadt, dass wir sie besichtigt haben und im Mai 2012 letztendlich zugezogen sind. Mittlerweile sind wir in der Spinnerei und machen sowohl Aufnahmen verschiedener Musikprojekte als auch Mischung und Mastering und nebenbei noch Live-Tontechnik. Uns ist in letzter Zeit wichtig, das Studio mobiler zu machen. Wir möchten gern mehr an verschiedenen Orten arbeiten, die wir je nach Projekt für ihre Akustik oder einfach ihre Atmosphäre auswählen.

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