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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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Leipzig-Backstock 02/ 2017

12. März 2017 / Kommentare (0)

Da sind noch eine ganze Reihe EPs aus dem Februar hier nicht erwähnt worden. Wir holen es mit einem Rundumblick nach – unserer neuen Backlist. Mit dabei: Marbert Rocel, Kassem Mosse, Bigalke & Masuhr und mehr.

Es muss sich nach wie vor niemand beschweren, dass zu wenig Musik aus Leipzig käme. Allein unsere Backlist aus dem Februar umfasst mehrere interessante EPs mit klassischen House-Sounds, sonisch forschenden Sessions und sehr überzeugenden House-HipHop-Hybriden.Marbert Rocel „In The Beginning Remixes“ (Compost Records)

Remixe gehören ja längst zum festen Beiwerk eines Albums. Ob sie wirklich spannende Neuinterpretationen hervorbringen, hängt dabei maßgeblich von dem ursprünglichen Material ab. Marbert Rocel machen es einem da sicherlich recht einfach. Viele organische Sounds, subtile Harmonien, dazu Spunks samtiger Gesang.

Vom letzten Album „In The Beginning …“ standen die Remixe aber noch aus, dafür ist die Auswahl nun um so größer. Zumindest digital. Auf Vinyl erschienen vier Remixe, digital gibt es nochmals einige obendrauf.

Meine drei Highlights: Metaboman zerhaut „Hold On“ und klebt es mit brüchigem, leicht albernen Funk wieder zusammen. INK wandelt „Dance Slow“ in ein basswarmes Halfstep-Stück mit einer durchdringenden Sirene im Hintergrund. Mono & Luvless zügeln ihre Classic House-Extrovertiertheit und konzentrieren „Hold On“ auf eine ebenso melancholisch gefärbte wie leichtfüßig davonrauschende Weise.

Schade um Quarion, seine Dub Techno-Tiefen sind wie immer super, aber irgendwie wirkt Spunks Gesang in dem Mix entwurzelt und fremd.


Various Artists „Leipzig Only“ (A Friend In Need)

Bei A Friend In Need erweitert sich konstant der Artists-Radius. Nicht nur international, auch lokal. Auf dem zweiten Teil der „Leipzig Only“-Compilation ist erstmals etwas von Napoleon Dynamite aus der Fäncy-Crew zu hören. Langsam aber bestimmt schraubt sich sein „Altei“ nach vorn und mündet in eine euphorische Hymne, die durch ihre langsam und erhaben schwebenden Chords aber irgendwie understatement bleibt.

Ansonsten gefällt mir die reduzierte Deepness von Lootbeg & Nova Casa sehr gut, besonders wenn in der Mitte der Piano-Chord leicht verzerrt klingt. Bei Blinds muss ich gerade an das Falke-Album denken – da könnten sich zwei Freunde finden. Zacharias klingt hier dagegen etwas hölzern in den Beats.


Lootbeg „Eternal Love“ (Tooman Records)

A Friend In Need-Labelhead Lootbeg konnte gerade auch auswärts punkten und vier neue Tracks beim Berliner Label Tooman Records veröffentlichen. Und hier zeigt Lootbeg komprimiert die ganze Klaviatur der klassischen House-Deepness. Inklusive etwas Acid-Schnarren, dubbiger Straightness und soul-disco-induzierter Lässigkeit. Lootbeg bleibt einfach ein klarer Classic-Verfechter. „Leaving“ ist mit seinen subtil geschichteten Harmonien und dem trockenen Beat eindeutig mein Hit.

Und noch was zu Lootbeg gibt es übrigens auf Soundcloud noch den herrlich kargen House-Track „To The Max“ als Free Download. Blaq Numbers hat den hochgeladen.


Lake People „Break The Pattern“ (Uncanny Valley)

Rebecca hat in die neue Lake People-EP reingehört und meint dies hier:

„Break The Pattern“ führt konsequent das weiter, was Lake People in den letzten sieben Jahre seines Schaffens gezeigt hat: die stetige Weiterentwicklung seines eigenen Sounds. Breakig und deep. Verspielt und verträumt. Und er hat der aktuellen Hybrid-Scheibe selbstverständlich auch eine Neuerung zugefügt.

Haut mich, wenn ich lüge. Aber ich glaube, dass „Pull Off“ das erste Stück mit einem Vocalsample ist. Generell gibt es hier kein Geplänkel und keine überflüssigen Parts. Jeder Ton sitzt in den vier Tracks, die von Deep House bis zu smooth-kickenden Electro reichen – mit einer stärkeren Tendenz zu breakigen Beats und raueren Sounds.

Fans von coolem Understatement werden hier voll auf ihre Kosten kommen und eine Platte finden, die ganz sicher sowohl zu Hause als auch auf dem Dancefloor ihren Platz finden wird.


Markus Masuhr & Georg Bigalke „Teldukta EP“ (Raven Sigh)

Noch karger sind aber Markus Masuhr und Georg Bigalke. Besonders wenn sie sich zusammensetzen und an Tracks basteln. Drei Ausschnitte aus diesen Sessions haben es Anfang Februar auf das kanadische Label Raven Sigh geschafft. Und sie sind wirklich seltsam im besten Sinne.

Sehr breakig und fordernd, maschinell und nur auf eine rhythmische Essenz beschränkt, stolpern die Tracks umher. Da verweben sich tatsächlich die offenen Sessiondramaturgien von Masuhr mit der schroffen und nackten Soundästhetik von Bigalke. Beide loten die Techno-Grenzen hier wirklich sehr weit aus. Eine sehr bittere Kost, die spezielle Momente braucht, um sie schätzen zu können.


Kassem Mosse „ (Out To Lunch)

Nach seinem herausragenden zweiten Album kamen im Februar auch neue Tracks von Kassem Mosse heraus. Einer davon bei Out To Lunch, einem der alten R.A.N.D. Muzik-Labels, das vor zwei Jahren nach zehnjähriger Pause revitalisiert wurde.

„MPCDEEPLIVEDIT“ ist durch die schleppende Bassline und den verstockten Beat von einer gewissen dubbigen Schwerfälligkeit geprägt. Im Kontrast zu den hell aufbrandenden Synth-Sounds ergibt das fast eine balearische Sonnenschläftigkeit – gerade mit dem plätschernden Wasser im Hintergrund. Rhythmisch auf jeden Fall eine angenehm ungewohnte Nuance für Kassem Mosse.


Dillon Wendel „Pulse / High“ (The Trilogy Tapes)

Ein krasses Kontrastprogramm bietet Kassem Mosse da die gemeinsame EP mit der Britin Beatrice Dillon, die bei The Trilogy Tapes veröffentlicht wurde. In zwei 17-minütigen Sessions gehen Wendel und Dillon auf eine sonische Reise. Flankiert von mächtigen Subbässen schälen sich bei „Pulse“ aus einer statischen Dissonanz abstrakte klavierartige Töne heraus. Besonders faszinierend wird es, wenn der Bass länger abhebt oder wenn aus dem sonischen Gewirr die hellen Harmonien durchbrechen.

Auch „High“ trägt dieses permanente Schwirren in sich, aber wesentlich zwingender und neurotisch und unwirtlicher. Eine besänftigende Auflösung scheint es hier nicht zu geben. Dennoch: Eine starke Performance, diese EP.


Duktus & Ugly Loover „Dirty Laundry“ (Old New Records)

Neues gab es im Februar auch beim noch jungen Leipziger Label Old New Records. Duktus und Ugly Loover haben sich hier zusammengefunden, um ihre HipHop- und House-Schnittstellen gemeinsam zu connecten. Das klappt er erstaunlich gut, denn die Grenzen verwischen auf der „Dirty Laundry“-EP noch einmal schlüssiger als bei den bisherigen Duktus-EPs.

Die HipHop-Schlurfigkeit drosselt zwar alle Tracks – und auch die Sounds sind ihrem trockenen Klang deutlich im HipHop verwurzelt. Aber die gerade gezogenen und dezent gedehnten Arrangements bringen einen hintergründigen House-Vibe in diese Tracks. So schön hybrid habe ich das schon lange nicht mehr gehört. Mit „Peanutbutterhoneydip“ und „What Ever You Are“ gibt es aber auch noch einmal classic HipHop-Nicken.

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