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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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Philipp Rumsch Ensemble „µ: of anxiety x discernment“ (Denovali)

27. April 2020 / Kommentare (0)

Nicht nicht mal 30 Jahre alt und schon so ein reifes Werk. Die Rede ist von Philipp Rumsch. Mit seinem Ensemble hat er gerade ein neues Album veröffentlicht – und das ist ein wirklich großer Wurf.

Bevor es losgeht, noch ein kurzer Reminder: Philipp Rumsch ist ein gutes Beispiel dafür, dass auch aus der Leipziger Hochschule für Musik und Theater immer wieder spannende elektronische Musik kommt. Wir hatten kürzlich mit unserer „Close to …“-Reihe ein Video dazu veröffentlicht.

Rumsch hat in den letzten Jahren solo und im Ensemble sehr hörenswerte Releases herausgebracht, darunter beim renommierten Denovali-Label. Dort erscheint auch das neue Album „µ: of anxiety x discernment“. Konzeptionell widmet es sich dem Thema Angst. Ausgelöst durch eine anfängliche Kompositionsblockade kam Philipp Rumsch die Idee, die Angst vor dem kreativen Beginn als Anlass für eine tiefere Auseinandersetzung mit verschiedenen Facetten der Angst zu nehmen.

Und so arbeitet er erstmals mit selbst geschriebenen bzw. kuratierten Texten, bei denen es um Angst geht. Wie sie sich anfühlt, im Kopf und Körper. Klar, dass da auch einige aufwühlende, dissonante Momente das Album prägen. Am Anfang ist davon aber noch nichts zu spüren. Die ersten beiden Tracks starten sinfonisch mit hintergründiger Elektronik und mit reduziert-entschleunigtem Jazz.

Foto: Jennifer Ressel

Mit „A3“ beginnt dann eine emotionale und poppige, aber auch unkonventionelle Phase mit verschiedenen Sänger*innen und Stimm-Samples. Und die zieht mich am stärksten ins Album. Ich mag voll, wie vielseitig mit den Stimmen umgegangen wird. Mal mit Filtern verfremdet, verzerrt und entrückt, dann wieder mit erhabener Indie-Wehmut. Zwischendrin ein intimer, fast verstörend authentischer Spoken-Word-Part von Arpen.

Die Musik des 12-köpfigen Ensembles ist dabei immer sehr nah und präzise dran an den verschiedenen Stimmungen:

On point und extrem vielseitig zugleich.

So vereint „µ: of anxiety x discernment“ ebenso eingängige Songs wie auch improvisierte oder komplex durchkomponierte Tracks. Vertont durch repetitive, subtile Sounds und minimalistische Arrangements sowie durch die einnehmende, teils orchestrale Präsenz eines größeren Ensembles

Konzeptionell steckt noch mehr in dem Album: Es ist in der Anordnung der Tracks spiegelverkehrt angelegt. Philipp Rumsch meint dazu: „Auf der ersten Seite geht es immer tiefer in die Psyche rein und auf der zweiten Seite dann umgekehrt raus aus diesem Zustand – angelehnt ist das an Theorien von Anton Ehrenzweig über die Psychologie des kreativen Prozesses.“

Ehrlich gesagt: Musikalisch höre ich davon nicht wirklich etwas heraus, in den spiegelverkehrten Track-Titeln erschließt es sich aber. Doch das braucht es auch nicht, denn „µ: of anxiety x discernment“ ist in seiner Vielschichtigkeit und der musikalischen Qualität das erste Album von Philipp Rumsch, das sich nachhaltig bei mir einprägen wird.

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