DJ- und Producing-Workshops, eigene Tracks, eigene DJ-Sets, eigener Blog – KC beschäftigt sich in einem nahezu ganzheitlichen Rahmen mit elektronischer Musik. Viele Aufhänger für ein Interview also.
Es ist die Tragik der befristeten Verträge. In Markkleeberg konnte KC vor knapp zwei Jahren mit dem Aufbau des Direct Studios Jugendarbeit und elektronische Musik verbinden. Leider lief die Förderung ihrer Betreuungsstelle aus, während die Anfrage zum Interview kam. Ihre Erfahrungen wollten wir dennoch einfangen.
Nun kann sich die Leipziger Producerin noch mehr auf ihren Blog Nevertrustcockrock und besonders auf ihre Musik konzentrieren – egal ob im eigenen Studio oder an den Plattenspielern im Club. Welche Richtung sie da aktuell besonders reizt und warum ein Release nicht alles ist, erzählt sie im großen frohfroh-Interview.
Du bist gebürtige Leipzigerin, warum das Studio in Markkleeberg?
Das Direct Studio sitzt im Jugendbegegnungszentrum Gaschwitz, das ist ein Teil von Markkleeberg. Vor knapp zwei Jahren ist das aus zwei DJ-Workshops in einem anderen Jugendzentrum in Markkleeberg entstanden. Dort haben auch zwei teilgenommen, die im Jugendstadtrat saßen.
Ich fand es gut, nicht nur temporäre DJ- und Musikproduktionsworkshops zu haben, sondern einen festen Raum mit Studiotechnik, wo Jugendliche produzieren und auflegen können.
Ich habe dann die Ideen in einen Antrag geschrieben, die Jugendlichen haben sich im Stadtrat für das Studio stark gemacht und als der Antrag genehmigt wurde, habe ich mit den Jugendlichen zusammen die Technik zusammengetragen – sowohl deren Wünsche als auch meine Empfehlungen.
Der Antrag ging direkt an die EU?
Der Antrag musste erst von der Stadt Markkleeberg bewilligt werden. In diesem Prozess war ich nicht beteiligt. Im Sommer 2011wurde er bewilligt und es gab die EU-Förderung, so dass wir im darauf folgenden November eröffnen konnten.
Das Studio läuft zwar jetzt weiter, aber ich bin seit Ende Juni nicht mehr dabei, der Vertrag ist ausgelaufen. Ich gebe aber weiterhin DJ-und Ableton-Workshops für Interessierte und das Direct Studio ist auch weiterhin offen für Jugendliche.
Hatten die Jugendlichen ganz konkrete Vorstellungen, was an Technik da sein sollte?
Ja, die sind schon sehr fit gewesen und hatten sich selbst mit Musiktechnik beschäftigt. Eine Maschine und ein Akai-Midi Controller wollten sie unbedingt.
Was wurde konkret angeboten?
Das Studio ist räumlich so strukturiert, dass es zwei voneinander getrennte Räume zum Produzieren und Auflegen gibt. Wir hatten bisher mit Donnerstag und Freitag zwei Öffnungstage pro Woche, an denen die Jugendlichen einfach kommen konnten.
An den Wochenenden gab es DJ- und Musikproduktionsworkshops – sowohl für Anfänger als auch Fortgeschrittene, Multiplikatoren und Girls. Es gab auch einige Male den Friday For Music, an dem die Jugendlichen ihre eigenen Tracks oder Sets öffentlich aufführen konnten.
Wurden die Angebote von Anfang an gut angenommen?
Von denen, die musikalisch interessiert waren und die von dem Projekt erfahren hatten, war gleich ein großes Interesse da. Es gab schon ein Stamm an Jugendlichen, der regelmäßig dort produziert oder aufgelegt hat. Teilweise kamen durch Zufall Leute dazu.
Durch das frohfroh-Interview mit Resom ist auch eine Frau auf mich aufmerksam geworden, die nach dem Studio gegoogelt und nach einem aktuellen Workshop angefragt hat. Am nächsten Tag waren dann sieben Mädchen und Frauen vor der Tür, die den DJ-Workshop mitgemacht haben.
Wissen die Jugendlichen musikalisch schon, wo sie hinwollen?
Ja, Techno. Zwischendurch war es auch mal Dubstep. Es wurden aber genauso Songs aufgenommen und eigentlich wurde auch recht viel mit elektronischer Musik an sich herum experimentiert.
Waren da schon richtige Talente dabei?
Ich weiß, dass da einige auf jeden Fall weitermachen werden. Es gab supertalentierte Leute dort. Einer kam beispielsweise an, der hatte vorher ein wenig aufgelegt und noch nie Schlagzeug gespielt. Aber er hatte ein total sicheres Rhythmusgefühl und hat innerhalb kürzester Zeit perfekt das Auflegen gelernt. Danach hat er auf der Maschine wirklich krasse Drumpatterns gebaut.
Ich muss aber dazu sagen, dass das klassische Auflegen mit dem Mixing und Beatmatching niemanden so richtig gereizt hat, um daran wirklich lange zu üben. Es war doch immer einfacher den Sync-Button zu drücken, um damit kreative Übergänge zu machen.
Ist Vinyl noch ein Thema?
Schon. Sie haben auch mit Timecode-Platten das Auflegen gelernt. Es standen außerdem einige Platten herum. In den Workshops habe ich immer erst analog mit Vinyl begonnen und dann im nächsten Schritt die digitalen Varianten gezeigt. An Musikkultur und der Geschichte der elektronischen Musik sind die Jugendlichen auch interessiert.
Es ist bei der Benutzung analoger Platten aber unterschiedlich. Ich wurde auch in andere sächsische Städte zu DJ-Workshops eingeladen und da gab es beispielsweise einen, bei dem sich alle nur für Vinyl interessiert haben. Aber USB-Stick und Kabel am Handy gibt es natürlich auch.
Wo bist du musikalisch und kulturell sozialisiert wurden?
Als Jugendliche habe ich immer die Achtziger- und Discohits aus dem Radio aufgenommen und dann so auf eine andere Kassette überspielt, dass sie in einer aufbauenden Dramaturgie zu hören waren. Mein erster Disco-Versuch. Die Achtziger haben mich definitiv geprägt.
Ich war später jedes Wochenende beim D’n’B tanzen und das durchweg direkt vor den Boxen. Das war bestimmt nicht vorteilhaft fürs Gehör, hat aber meinen Geschmack für gebrochene Beats geprägt. Und für gut abgemischte Musik. Das lag an der guten Anlage vom Island – die hat mein Hörempfinden entscheidend geprägt.
Vor zehn Jahren habe ich das erste Mal im Conne Island aufgelegt, noch keine elektronische Musik, das war noch Disco und Achtziger – pur.
Die elektronische Musik kam zwei Jahre später. In meinen Sets bastele ich immer irgendwo ein Disco- oder Popelement ein, aber auch gebrochenere Beatstrukturen und Ambient. Sowieso sind alle Spielarten von Techno in den Sets wiederzufinden.
Über das Interview mit Resom habe ich im letzten Jahr von dir erfahren, als es darum ging, wen sie aus ihren Workshops noch als Aktive auf dem Schirm hat. Welche Rolle hattest du bei den Workshops?
Bei dem Projekt doitherself hatte ich eine Stelle und habe Projektanträge geschrieben und Abrechnungen verwaltet. Wir haben auch gemeinsam in der Gruppe neue Workshops konzipiert.
Seit wann produzierst du selbst Musik?
Vor acht Jahren habe ich mit Fruity Loops angefangen. Da bin ich aber bald an Grenzen gestoßen. Ein Freund meinte daraufhin, ich solle einmal Ableton ausprobieren. Ein halbes Jahr habe ich mich da reingearbeitet und seitdem eigentlich fast jeden Tag damit produziert. Jetzt habe ich erst einmal ein halbes Jahr ausgesetzt.
Wo siehst du dich musikalisch, bzw. gibt es eine Richtung für dich?
Wo ich hin möchte, kann ich meist nur für temporäre Sachen sagen. Momentan reizt mich das Songwriting. Das möchte ich wirklich einmal lernen, um zu wissen, wie man einen Track aber auch einen klassischen Song gut aufbauen kann. Es ist nicht superprofessionell, was ich mache.
Mich interessieren richtige Popsongs und wie sie in elektronische Musik übertragen werden können. Ich kann aber eigentlich nicht bei einem Genre bleiben. Es gibt da auch keine Beschreibung für das, was ich bisher produziert habe.
Warst du aber schon an einem Punkt, die Stücke rauszugeben, oder ist es in erster Linie eine persönliche Ausdrucksmöglichkeit – du hast jetzt eher von einer Semiprofessionalität gesprochen?
Da ist die Frage, wo Professionalität anfängt. Dass man die Gelder hat, um die Stücke zum Presswerk oder zum Mastern bringen zu können? Da würden meine Tracks wahrscheinlich auch schon viel dicker klingen. Oder fängt es da an, zu sagen, dass ich mir Zeit nehme jede Ebene eines Tracks oder Songs – also Einzelsounds, Arrangement, Mix und Master – so zu gestalten, dass ich damit zufrieden bin.
Das ist die Schere der Professionalität – zu jedem Zeitpunkt der Musikproduktion Spaß zu haben und sich nicht von einem Status Quo in der elektronischen Tanzmusik überrumpeln zu lassen.
Also noch nichts rausgeschickt oder mit der Idee gespielt ein eigenes Label zu gründen?
Eine Labelgründung ist viel Organisationsaufwand. Gerade möchte ich mich davon entfernen und Künstlerin sein. Ich arbeite jetzt an einem Live-Set, das ich dieses Jahr noch fertig haben möchte.
Es gibt viele elektronische Tracks auf meiner Festplatte bei denen Freundinnen eingesungen haben oder ich mit klassischen Instrumenten arbeite. Das ganze würde ich gern als Performance live mit Visuals umsetzen. Es muss jetzt noch abgemischt und gemastert werden. Da ich das immer selbst mache, dauert es eben sehr lange.
Du würdest deine Musik tendenziell schon in Eigenregie herausbringen?
Wenn etwas fertig ist, würde ich das einfach ins Netz stellen. Mir ist der gesamte musikalische Prozess wichtig. Mein Anspruch ist es nicht, ausschließlich für eine Release zu arbeiten, sondern die Stücke auch live zu spielen.
Ich habe auf jeden Fall mehr Lust damit aufzutreten, als es nur zu releasen. Das finde ich weitaus spannender. Mit einem Raum zu arbeiten und ihn speziell zu bespielen.
Bist du als Kind musikalisch aufgewachsen?
Irgendwann habe ich ein Keyboard geschenkt bekommen. Da habe ich sofort Melodien nachgespielt. Aber ich bin nicht weiter gefördert worden. Dafür mache ich jetzt alles auf einmal, lerne Klavier und nehme auch Gesangsunterricht.
Also das, was du jetzt brauchst, um musikalisch weiterzukommen.
Ja, ich wollte auf jeden Fall den ganzen musiktheoretischen Background lernen, um zu wissen wie ein Track funktioniert und um das wieder brechen zu können.
Zudem hat mich Pop als Format schon immer interessiert. Neulich hatte ich erst ein Gespräch mit einem DJ-Freund darüber. Da ging es um die Gegensätze zwischen Songs, die offensichtlich zum Glücklichsein aufrufen und Musik, die nicht unbedingt so sehr ein Glück erzwingt.
Klassische Popsongs mit anscheinend einfachen Strukturen werden mir da oft zu schnell abgewertet. Wo wird da ein Wert angesetzt? Am Ende geht es bei den meisten Songs und Tracks um das Verkaufen und da macht ein dystopischer Techno-Track keinen Unterschied zu einem Popsong. Auf formaler Musikebene ist ein Popsong sehr komplex. Es braucht sehr viel Zeit und Wissen, um eine reduzierte Songstruktur so hinzubekommen, dass sie funktioniert.
Du gehst musikalisch also gerade eher weg vom Club?
Für mich steht nicht der Club oder ein Vinyl am Ende meiner Produktion. Mein Ziel ist es, meine Musik für mich gut klingen zu lassen und sie später live performen zu können. Und damit wieder in einen Prozess einzutreten, der mir die Freiheit gibt, in und mit diesen Räumen zu arbeiten – und da denke ich nicht nur an Club.
Die Frage hin oder weg zum Club ist für mich auch eine Technikfrage. Anfangs habe ich nur mit Computer gearbeitet, mit sehr diversen Musikstilen. Irgendwann hatte ich eine Groovebox und andere externe Geräte. Da waren soundtechnisch noch einmal andere Dinge möglich.
Mit dem Korg Electribe hat man einen klassischen Sequenzer mit drin und da habe ich eher Techno gemacht als Strukturen, die mich eigentlich mehr interessieren. Zudem lege ich auch lieber Techno auf, als ihn zu produzieren. Im letzten halben Jahr habe ich mich entschieden erstmal das Songwriting zu lernen, so dass ich es auch anwenden kann. Da werden bestimmt auch noch einmal andere Tracks herauskommen.
Mit Gesang?
Ja, Stimmen haben mich immer sehr interessiert – als Samples und in verschiedenen Pitch-Stufen. Ich habe Stimme von Anfang an als rhythmisches oder Effekt-Element eingesetzt. Und gerade die beiden Burial-Alben haben mir noch einmal enorm viel eröffnet. Meine eigene Stimme habe ich auch genutzt und will das weiterhin als Stimmungselement mit einbauen. Irgendwann hatte ich aber gemerkt, dass ich nicht weiterkomme und habe den Gesangsunterricht genommen. Das war die beste Entscheidung. Das wird auf jeden noch einmal spannend.
Wenn du sagst, dass das alles nicht sehr professionell sei, dann stapelst du aber auch schon sehr tief. Du hast immerhin das Studio betreut.
Ich sehe meine professionelle Arbeit in der Hinsicht darin, dass ich mein Wissen vermittele, so dass die Vermittlung mit den Bedürfnissen der Teilnehmenden einhergeht. Dafür ist eine gute Methodik genauso wichtig, wie das Wissen, dass ich seit zehn Jahren angesammelt habe.
Eine entspannte, offene Atmosphäre in den Workshops ist bei mir immer gekoppelt an Methodik, die Hierarchien reflektieren kann. Das ist auch ein ständiger Selbstprozess um Offenheit. Das zuzulassen hat für mich auch mit Professionalität zu tun.
Zudem finde ich es cool, wenn die Teilnehmenden nach ihrem Bauchgefühl herangehen, ohne dass ich eine konkrete Form vorgebe im Sinne von: ein Techno-Track hat ein Intro, dann Teil A und so weiter. Ich versuche sie dahin anzuleiten, dass sie Dinge selbst gut hören – denn das Hauptinstrument ist das Ohr. Und dass sie damit genauso arbeiten können, wie mit dem technischen Wissen, dass ich vermittle.