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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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„Ich möchte alles so live wie möglich halten“ – Weber im Interview

14. Mai 2014 / Kommentare (0)

„Eins“ heißt das erste Mini-Album, das Philipp Weber in diesen Tagen veröffentlicht. Wie schon bei seinem anderen Projekt Webermichelson lässt er mit echten Instrumenten die Grenze zum Elektronischen verschwimmen. Ein Interview ist das wert.

Philipp Weber ist ja auch Teil der großen Holger Records-Label-Familie. Schlüssig, dass sein Solo-Debüt auch dort erscheint. Mit gespenstischen Cover und einer beeindruckenden Wendung. Wie es dazu kam, erzählt er im frohfroh-Interview.

Was war musikalisch zuerst da – Weber oder Webermichelson?

Na, wenn man so will, ist Weber schon immer da. Aber natürlich würde es Weber in dieser Form nicht geben, hätte es vorher nicht Webermichelson gegeben. Ich hääte wohl auch irgendwann aufgehört, Musik zu machen. Denn als ich vor 10/12 Jahren nach Leipzig zog, fand ich einfach keinen Mitmusikanten. Das war schon sehr frustrierend.

Als ich dann Sven traf, war das toll. Wir begannen zu experimentieren und entwickelten ein musikalisches Konzept, das dann auch Einfluss auf Weber hatte. Jetzt höre ich aber auf, von mir in der dritten Person zu sprechen …

Ich habe schon immer irgendwelche Musik gemacht. Es ging mit klassischer Gitarre los. Dann folgten Nirvana-sound-alike Songs. Später klang ich wie ein einzelner Tocotronic. Punk. Hardcore. Noise. Der typische Weg, den ein Gitarrist meiner Generation wohl gegangen ist.

Elektronische Musik im weitesten Sinne kam dann irgendwann zum Schluss dazu. Ich hatte zwei Auftritte allein mit Konzertgitarre und Drumcomputer in meiner Heimatstadt Döbeln und in Dresden. Danach kam ein musikalisches Loch. Doch schließlich passierte Webermichelson und jetzt gibt es ein Soloalbum. Ab dem Loch verlief eigentlich alles recht „natürlich“.

Spielen Samples eine Rolle für deine Musik, oder nimmst du alles selbst auf?

Tatsächlich hatte ich erst vor kurzem eine Diskussion über Samples. Ich benutze bis jetzt keine. Beziehungsweise habe ich überhaupt kein Interesse an Samples. Wenn man aber so will, dann gehe ich mit meinen eigenen Aufnahmen – ja, ich nehme alles selber auf – so um, als wären es Samples.

Die Arbeit mit Samples würde auch einfach die Arbeit mit Musik bereits in der Entstehung auf den Computer konzentrieren. Und da ich alles so live wie möglich halten möchte, beschränke ich mich eigentlich computermäßig nur auf das nötigste. Und möglichst erst am Ende.

Ich versuche halt alle möglichen Geräusche, die sich erzeugen lassen in einem live nahen Prozess zu einem Song zusammen zu bauen. Ich mag es Momente festzuhalten und irgendwie funktioniert das für mich nicht mit Samples.

Was sind für dich die wichtigsten Instrumente neben der Gitarre.

Also, das wichtigste Instrument ist die Gitarre. Die spiele ich seit fast 30 Jahren und irgendwie lande ich auch immer wieder bei ihr. Die Moogerfooger-Effektreihe wurde in der letzten Zeit recht wichtig, da sie sowohl mit Gitarre als auch mit Synthies spiel- und kombinierbar sind.

Es sind also gar nicht so sehr die „Quelleninstrumente“, die mir wichtig sind, als viel mehr die Effekte durch die ich sie dann schicke. Meine Looper würde ich ebenfalls als wichtig einstufen.

Dramaturgisch bricht das Album ab „Somehowalovesong“ in zwei Teile – anfangs leicht und zugleich wehmütig, später dunkel und zerstörerisch. Der Inspirationsradius scheint sehr groß zu sein, oder?

Jupp. Ich höre erstmal grundsätzlich alles. Aber in allem was ich höre, gibt es sicher eine Gemeinsamkeit, die ein Musikstück für mich interessant macht. Das sind meist rhythmische Strukturen und eine bestimmte Soundästhetik. Schwer zu beschreiben. Persönlicher Geschmack halt.

Aber entsprechend hörte sich dann auch meine Platte an, als sie fertig war. Das war keine bewusste Entscheidung, sondern hat sich im Prozess so ergeben. Ein Song folgte dem anderen und sie sind eigentlich auch fast genau in der Reihenfolge entstanden, in der sie auf der Platte sind. Irgendwas will ich wohl sagen …Bei Webermichelson gibt es ja neben den offenen Strukturen besonders auf dem Album auch Pop-Ansätze mit Gesang – solo scheint darauf kein so großer Fokus zu liegen oder hat sich das so ergeben?

Die Gesangsparts bei Webermichelson waren so etwas wie kleine „Inseln“, auf denen man sich immer wieder ausruhen konnte. Das Webermichelson-Album wurde in einem Durchlauf live eingespielt und wir wussten, wir müssen von Insel A zu Insel B kommen. Dazwischen gab es dann mehr oder weniger Freiraum für Improvisation.

Meine Soloplatte besteht aus einzelnen Tracks. Keine Übergänge. Und irgendwie ergab es sich nicht. Es fehlte mir nicht. Die Aussagen der einzelnen Songs brauchten keine Worte.

Ich muss auch zugeben, dass ich mich recht schwer mit Texten tue. Ich mag die menschliche Stimme und ich mag es auch zu singen, aber Texte wären eine feste Größe, die zeit- und situationsbezogen ist. Also beim Schreiben macht es Sinn. Aber eine Woche später passt es dann irgendwie nicht mehr und dann mag ich das dann nicht mehr singen.

Ich bin kein Storyteller und warte bis mir mal was schlaues Zeitloses einfällt. Eine kurze Zeile. Wie bei „Somehowalovesong“. Diese Zeile verstehe ich dann als Sample und ich kann das dann singen oder nicht, oder verändern oder in ein anderes Lied packen. Verstehst du? So eine Art Lego-Prinzip, abhängig von der Tagesform.

Hast du solo auch ein Live-Set geplant?

Ja. Aber frag mich nicht, wann ich soweit bin. Allein auf der Bühne war schon immer so eine Sache. Zu zweit ist super, aber allein und dann nur zwei Hände, keinen Computer, keine vorgefertigten Spuren und Playbacks und trotzdem spannend. Mal schauen …

Bei der eigentlich im IfZ geplanten Holger Records-Nacht steht auch was von Käthe, bei dem du wohl mit involviert bist – was hat es damit auf sich?

Käthe sollte zuständig für Raum 2 sein. Die Idee war, dass Webermichelson einen eigenen Raum bespielen kann. Da wir das aber nicht allein machen und auch keinen festen weiteren Musiker beschäftigen wollen, haben wir Käthe „erfunden“.s

Sie steht in verwandtschaftlichem Verhältnis zu Holger und ist ein offenes Kollektiv von Künstlern, das sich für die Partys im IfZ zusammenfindet und von uns sozusagen immer wieder neu zusammen gestellt wird und in der Idee von Holger ein Angebot für einen Raum in einem Club macht.

Leider lässt sich das in der Ausweichlocation Conne Island nicht realisieren. Aber zur nächsten Holger-Nacht im IfZ wird es auch Käthe geben.

Webermichelson Website

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