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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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Rundumschlag

05. April 2010 / Kommentare (4)

Es ist nicht so, dass in den letzten Wochen und Monaten weniger von Leipziger Musikern und Labels kam als bisher. Ein paar Sachen sind bei frohfroh leider untergegangen. Daher nun ein kleiner Rundumschlag auf ein paar vergessene Highlights.

Daniel Stefanik „Stretchcat EP“ (Bangbang!)

Schon im letzten Dezember veröffentlicht wurde die „Stretchcat“-EP von Daniel Stefanik, und zwar auf Bangbang!, einem Sublabel des niederländischen House-Labels 100% Pure. Nimmt man die letzte Kann Records-Platte hinzu, dann scheint Daniel Stefanik derzeit eine Menge Freude an den roughen Anfängen von House und Techno zu verspüren. Die Tracks sind straight und rollen das ganze Spektrum von deepen bis abstrakt-kickenden Sounds auf.

Bei „Stretchcat A“ graben Bass und Beats an der Schwelle von Disco und Oldschool-House – sehr authentisch und voller Funk. Und trotzdem ist alles noch so reduziert, das die Disco-Kitschfalle nie zuschlägt. „Stretchcat B“ ist eine gehörige Spur straighter und schlanker. In einer Linie reißt der Track sein Programm runter, ohne Brüche und ohne Allüren oder Rave-Ambitionen. Das macht ihn im angenehmen Sinne understatement, aber auch etwas gesichtslos.

Ki.Mi. „Inei“ (Instabil)

Instabil, das digitale Sublabel von Statik Entertainment, sendete im Januar neue Dub-Klänge – das Debüt-Album „Inei“ von Ki.Mi.. Ein neues Gesicht, mehr ist auf die Schnelle aber nicht zu erfahren. Die sieben Tracks sind ziemlich in sich gekehrt. Meist tief versunkene Beats werden von den Dub-Flächen in Watte gehüllt. Teilweise bekommt diese Fülle fast etwas Orchestrales. Und obwohl die Tracks so elegisch voran schreiten, darben sie nicht in einer bedrückenden Düsternis. Die aktuelle Instabil-Compilation ist übrigens auch schon veröffentlicht. Demnächst dazu dann mehr bei frohfroh.

Dan Drastic „Behind A Green Door“ (Luna Records)

Dan Drastic debütierte im Februar bei Luna Records, einem jungen britischen Deep House-Label. Eine Kumpel-Platte, denn auch Matthias Tanzmann und Chris Lattner sind mit Remixen dabei. Sein Track „Behind A Green Door“ überrascht mit seinem Live-Appeal. Die Beats könnten auch von einer Indie-Band stammen, die gern mal in House-Clubs auftritt. Sehr schnittig und gut gelaunt. Der Chord schillert hell und doch auch etwas ungeschliffen. Toll auch die Momente, wenn sich langsam rein schleicht. Das Vocal-Sample erdet den Track kurzzeitig, macht ihn etwas düsterer, als er eigentlich ist. Wenn ich mich recht erinnere, ist das der bisher beste Dan Drastic-Track.

Matthias Tanzmann behält den Live-Vibe bei, entschlackt das Original aber noch mehr. Der charakteristische Chord kommt nur noch angetippt vor, dafür betont er die kurzen Vocal-Samples stärker und schiebt ganz dezente neue Zwischentöne rein. Irgendwas fehlt aber was, was nachhallen könnte. Chris Lattner geht voll auf Deepness. Eigentlich ganz schön, wie skizzenhaft der Berliner Dub- und Deep House-Elemente vermischt.

Michael-Melchner-Four-To-The-FloorMichael Melchner „Four To The Floor“ (Cargo Edition)

Matthias Tanzmann ist übrigens auch gerade auf einer anderen EP zu hören. Und zwar bei Michael Melchners neuer EP auf Cargo Edition – „Four To The Floor“ heißt die. Als ob die anderen Melchner- und Cargo-Platten nicht dasselbe Motto hätten. Klar, für Michael Melchner, dem Nürnberger Jungspund ist dies wohl mit einer der straighteren und offensiveren Stücke. Aber eigentlich nur durch das Vocal, das in fordernder Schärfe eins bis vier durchzählt. Der Rest ist solider Tech-House, kraftstrotzend und auf das nötigste reduziert.

Matthias Tanzmann bemüht sich um mehr Deepness und Wärme. Und das gibt dem Track tatsächlich mehr Prägnanz. Zumal der Chord etwas stolprig, aber auch sympathisch umhertänzelt. Beide Remixe gehen aber insgesamt wieder etwas weg von dem ultrareduzierten Stil, den Tanzmann mit seiner letzten EP einzuschlagen schien.

Curl-Curl-Music-011Various Artists „Distance Learning“ (Curl Curl)

Aus demselben Haus, aber unter anderem Banner kommt eine weitere EP, eine neue Curl Curl-Platte. „Distance Learning“ ist eine 4-Track-Compilation mit lauter Verweisen in die Curl Curl-Geschichte. Denn bis auf Simon Flowers gleichnamigen Track handelt es sich bei den anderen drei Stücken um Remixe von vergangenen EPs. Es gibt zwei sehr verschiedene Seiten.

Die A-Seite ist eher in gewohnter Manier – Schwelgerischer House mit kratzigen Dub-Momenten bei Simon Flower und perkussiver Leichtigkeit bei Chris Lattners Remix. Die B-Seite jedoch fährt nach Detroit, holt den verschleierten Electro-Futurismus mit ausladenden Synthie-Flächen und soften Beats heraus. Das gibt dem House-Background, der sich bei den Andi Numan- und Shortboard-Tracks noch erahnen lässt eine ganz neue Note. Diese B-Seite überstrahlt die ganze EP.

A-Forest-LeavesA Forest „Leaves Leaves Fall Fall Rain Fall“ (Analogsoul)

Gänzlich weg vom Dancefloor sind A Forest. Ein Singer/Songwriter-Trio mit elektronischer Erdung. Ihr erstes Album „Leaves Leaves Fall Fall Rain Fall“ ist rein äußerlich gewohnt liebevoll inszeniert – in einer gefalteten Papphülle. Musikalisch Schlagzeug, Keyboard, Computer und zwei Stimmen, mehr brauchen A Forest nicht, um ihren smarten Pop-Entwurf zu entwickeln.

Die Drei spielen in einem interessanten Zwischenraum: einerseits gibt es ganz klare Pop-Momente, besonders durch die beiden Gesangsstimmen. In den Arrangements der Songs wird allerdings permanent mit den Pop-Strukturen gebrochen – mal mehr mal weniger offensiv. Und meist gewinnen die Stücke genau durch diese repetitiven, ungewohnt elektronischen Sounds ihre Eigenheit. Gerade auch deshalb, weil diese kontrollierte Sperrigkeit den teilweise durchaus pathetisch-souligen Gesang von Fabian Schuetze und Franziska Benkert entschärft. In diesem Kontext passt es genau zusammen, ergibt es die richtige Balance. Von Live-Electronica, Kammerpop und Loop-Jazz sprechen A Forest selbst, das trifft es ganz gut.

Mehr auf frohfroh:

Daniel Stefanik
Dan Drastic
Matthias Tanzmann
Cargo Edition
Curl Curl
Instabil
Analogsoul

CommentComment

  • Jens / 08. April 2010 / um 17:55
    Hey, danke für den Hinweis. Die Platte hat es aber auch verdient, einen Extra-Artikel zu bekommen. Noch ein wenig Geduld.
  • Regine / 08. April 2010 / um 10:10
    na dann hat man wohl die neue workshop 10 vergessen, schließlich ist auch da ein Leipziger Künstler mit vertreten, glaub zumindest das er aus Leipzig ist aber dennoch workshop rec. ist doch immer eine Vorstellung wert.
  • Jens / 06. April 2010 / um 19:41
    Nee, nicht vergessen. Die wird diese Woche noch extra vorgestellt.
  • Reminder / 06. April 2010 / um 19:40
    und doch noch was vergessen...doumen 001 mit dem debuet von praezisa rapid 3000 inkl. good guy mikesh & filburt rmx...tja und wenn das nicht schon viel leipzig ist, dann noch n nachschlag...das ganze kommt aus dem umfeld der jungs und mädels der hw-massive crew-so watch out

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