Wenn es nicht so dummdreist wäre, könnte man fast schmunzeln darüber. Ein Berliner Unternehmen möchte nicht nur den Berliner Open Air-Terminmarkt aufmischen, es möchte gleich noch andere Städte wie Leipzig vereinnahmen.
Und zwar mit einer App, die von jedermann mit Informationen zu aktuellen Open Airs gefüttert werden kann. Von jedem, nicht nur dem Veranstalter. In dieser gebündelten und offenen Form ein echtes Geschenk für die Polizei und die städtischen Behörden. Die Hölle aber für Hinterhof-Chiller mit Ghettoblaster (via Audite). Die Betreiber geben sich gelassen und meinen:
„Dass nach diesen Infos über facebook gesucht wird, sind nichts weiter als sich hartnäckig haltende Gerüchte, die insbesondere von kommerziellen Veranstaltern gerne immer wieder geschürt werden, damit die Leute sich eben nicht über facebook organisieren um dann aufgrund mangelnder Alternativen kommerzielle Veranstaltungen besuchen. Bis 22 Uhr ist das Ordnungsamt zuständig und erst danach die Polizei, und da das Ordnungsamt chronisch unterbesetzt ist, dürfte es besseres zu tun haben als facebook nach friedlichen Veranstaltungen zu screenen.“
Noch ist die App nicht veröffentlicht, daher werden die Informationen von den Betreibern selbst über die Facebook-Seite gestreut. Die Koburger Brücke wurde an diesem Wochenende beispielsweise heraus posaunt. Möglicherweise ein Fake-Testballon aus Leipzig, um zu schauen, wie die Seite ihre Quellen hinterfragt. Leipzig reagiert aktuell mit weiteren Fake-Einträgen auf der Facebook-Seite.
Irritierend und entlarvend zugleich auch der plumpe Ton, mit dem das Unternehmen auf Facebook auftritt. Auf der Hauptseite wird sich sogar auf einen öffentlichen Krieg mit einer anderen Plattform eingelassen. Also, eigentlich eine amüsante Posse, aber eben auch wieder nicht, wenn ein subkultureller Bereich aus seinen Angeln gerissen wird, nur weil ein Schlagwort mittlerweile renditetauglich scheint. Die Nachfrage ist aber natürlich auf jeden Fall da. Fast 5.000 Fans innerhalb von vier Tagen.
NACHTRAG 25.6.13:
Mittlerweile heißt es, dass nur noch DJs und Veranstalter Partys eintragen können. Die Verifizierung der DJs soll via Soundcloud, die der Veranstalter via Email erfolgen. Anders lautende Beschreibungen seien angeblich veraltet, finden sich aber weiterhin auf der Hauptseite.
Unabhängig von den möglichen Anpassungen der App, ist die Kommunikation der Betreiber aber weiterhin ein Paradebeispiel dafür, wie man sich in kürzester Zeit Feinde macht.
Kommentare löschen, Pinnwand-Beiträge erst löschen, dann ganz deaktivieren und schließlich auch pampige Antworten wie „Einer nach dem anderen, sonst funktioniert das hier nicht mit dem konstruktiven Dialog“ – hier hat jemand weder Facebook noch die kulturelle Sensibilität einer weit verzweigten Szene verstanden.