Am Wochenende hatte sie Premiere, die Distillery-Dokumentation. 102 Minuten mehr oder weniger glamouröse Einblicke in die 20-jährige Geschichte des Clubs.
Wie aufregend: nach den ersten Wellen der Crowdfunding-Kampagne endlich den gesamten Film sehen zu können. In die Kino-Premiere von „Willkommen zu Hause“ habe ich es leider nicht geschafft. Doch die Vorab-DVD löste eine ähnlich erwartungsvolle Vorfreude aus.
Es muss gleichermaßen ein Geschenk und ein Fluch für das vierköpfige Filmteam gewesen sein, dass dermaßen viel Material zur Verfügung stand – 100 Stunden waren es am Ende. In den letzten Monaten aufgenommene Interviews ebenso wie alte Video-Aufnahmen vom ersten Einstieg in die mit Bierkisten übersäte Brauerei. Auch bewegte Bilder von den ersten Partys. Und dass aus einer Zeit, in der es noch nicht einmal flächendeckend Festnetztelefone in Leipzig gab.Diese zeitgeschichtlichen Sequenzen fesseln besonders. Sicher auch, weil sie ein Leipzig zeigen, dass es so heute nicht mehr gibt. „Willkommen zu Hause“ macht aber genauso lebhaft deutlich, wie sehr sich Techno musikalisch und kulturell in den vergangenen zwanzig Jahren verändert hat. Nicht nur die Geschwindigkeit ist gedrosselter, auch die modischen Codes sind weitgehend verschwunden.
Doch so exaltiert die Kleidung von damals, so überraschend normal wirken die Residents und Clubgründer heute. Fernab der gegenwärtigen Hipness-Attitüden erzählen sie ihre Geschichten von einer anfangs fixen Idee, die nach und nach ernster und professioneller weiterentwickelt wurde. Von den daraus resultierenden Brüchen und Schwierigkeiten. Von dem Druck eines solch gewachsenen Ladens, der irgendwann komplett auf Steffen Kache lastete.
Es ist diese Normalität der Protagonisten, die dem Film seine sympathisch authentische Ebene gibt. Und eben immer wieder die Archivaufnahmen. Tausende Raver vor dem Rathaus, ein überforderter Oberbürgermeister, ein Sit-in auf dem Markt, ein mächtiger Polizeieinsatz, die dokumentierte Enttäuschung.
Deren Wirkung erdrückt den Abriss der letzten zehn Jahre denn aber auch. Denn dafür, dass Steffen Kache meint, dass das Anfang der 2000er Jahre hinzugekommene Freitagsprogramm die Distillery gerettet hätte, bleiben dessen erweiternde Qualitäten mehr eine Randnotiz. Auch die Durststrecke nach dem Zenit der späten Neunziger flackert nur kurz auf, obwohl sie den Ruf der Distillery durchaus mit geprägt hat.
Vom Rausch der Anfänge mündet „Willkommen zu Hause“ schnell in die Sorgen der Gegenwart mit der Unsicherheit, wie es mit dem Club weiter gehen wird. Insgesamt schafft es die Dokumentation aber doch, sehr schlüssig und kurzweilig 20 Jahre Distillery zu erzählen. Glücklicherweise mehr authentisch als weich überzeichnet.
„Willkommen zu Hause“ ist noch am 9. und 10.9. im UT Connewitz sowie am 15.9. im Prager Frühling zu sehen. Ab Oktober ist auch eine DVD mit Bonusmaterial erhältlich.
Nachtrag: die beiden UT Connewitz-Termine sind bereits ausverkauft. Für den 15.9. gibt es noch Restkarten. Reservierungen einfach an tilledoku@googlemail.com schicken. Weitere Termine: 3.-9.10. im Cineding sowie am 13. und 20.10. im Prager Frühling.