Es ist Wahlkampf draußen und überall Kampagnen. Auch die Distillery befindet sich mitten im Kampagnen-Business.
Im Prinzip ist die Distillery seit letztem Jahr Teil einer Dauer-Kampagne, teilweise unfreiwillig. Erst die 20 Jahre-Feiern, dann die Crowdfunding-Überraschung durch den Doku-Film, dieses Jahr die groß kommunizierten Sorgen um den aktuellen Standort und eben die Premiere des fertigen Films vor wenigen Wochen.
Neulich interviewte der Lokalsender Info TV Steffen Kache und neben den kampagnengemäß oft gehörten Argumenten und Tatsachen blieb mir sein letzter Appell am meisten im Gedächtnis.
Er meinte: wenn jemand einen Politiker kennt, solle er ihn auf die Probleme der Distillery hinweisen – Lobby-Arbeit eben. Gestern folgte ein dreiseitiger offener Brief an den Stadtrat. Es gibt einen Antrag, der von drei Fraktionen getragen wird und über den am morgigen 18. September abgestimmt verlesen werden soll. Aktuell läuft auch eine Online-Petition.
Die Clubkultur nun also mittendrin in der angewandten Interessenpolitik, auf der gleichen Stufe wie Lobbyisten, die sich gegen Automauten etc. winden.
Aus Kampagnenperspektive läuft es gerade gut für die Distillery – die Identifikation aus der Szene ist so groß, wie schon länger nicht mehr, überall Zuspruch und Sympathiebekundungen. Und es sei ihr auch keineswegs missgönnt.
Nur ertappe ich mich derzeit beim Erkennen, dass die Mittel der politischen Einflussnahme sich hier nicht grundlegend von denen unterscheiden, denen viele gemeinhin skeptisch gegenüber stehen. Obwohl es konforme Mittel sind und obwohl die große Wirtschaft sie sehr viel früher und effektiver für sich zu nutzen wusste.
Im Fall der Distillery wird deutlich, dass die Gegenüberstellung von subversiver Sub- und professionalisierter, politischer Einflusskultur nicht mehr funktioniert. Die Professionalisierung der Clubkultur brachte bei manchen Akteuren auch gefestigtere Lobby-Strukturen mit sich.
Vielleicht sollte neben der zu wünschenden gesicherten Zukunft der Distillery auch hinterfragt werden, ob unsere mehr oder weniger ausgeprägte Lobby-Antipathie relativiert werden sollte. Denn jeder trägt Einzelinteressen mit sich herum, die an manchen Stellen auch vehementer einzeln vertreten werden, Demokratie eben.