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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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„Dub-Techno ist mehr als Hall und Delay“ – Marko Fürstenberg

09. September 2014 / Kommentare (1)

Marko Fürstenberg ist zurück mit einem neuen Album – seinem zweiten erst. Grund genug, ihn zu einem Interview zu bitten.

Seit 2006 lebt Fürstenberg in Leipzig. Eigentlich kommt er aus dem westlichen Teil von Thüringen. Vor zehn Jahren gehörte er zu den musikalischen und personellen Aushängeschildern der damals hoch spannenden Netlabel-Szene.

Doch er emanzipierte sich von den unkommerziellen Szene-Dogmen und veröffentlichte bald auch auf Vinyl-Labels wie Ornaments, Rotary Cocktail Recordings, A.r.t.l.e.s.s. und Echochord. Als Live-Act spielte er von Amsterdam bis Tokio, vom Westwerk bis Detroit.

Warum es elf Jahre dauerte bis sein neues Album „Ghosts From The Past“ erschien und wie er heute zur Netlabel-Szene steht, erklärt er im frohfroh-Interview.


Elf Jahre sind seit deinem Debüt-Album vergangen, dazwischen liegen über ein Dutzend EPs – gab es einen bestimmten Anlass, sich wieder auf ein größeres Werk zu konzentrieren?

Ich habe bereits seit Jahren mit dem Gedanken gespielt, ein neues Album zu produzieren. Es fehlte jedoch irgendwie der Anlass und der sogenannte rote Faden. Es gab immer wieder neue Anfragen, ob nun EPs oder Remixes, die mich neben meinem Job zeitlich doch recht stark in Anspruch nahmen.

Von daher war es nicht gerade einfach, am Album-Konzept festzuhalten. Ich veröffentlichte dann mal hier mal da eine EP und war zufrieden, aber letztendlich habe ich mich dann doch darauf festgelegt und es, wenn auch über lange Zeit, verwirklichen können.

Hattest du eine bestimmte Richtung, ein verbindendes Element für „Ghosts From The Past“ im Hinterkopf?

Ja, ich wollte die neue Lebenssituation als Vater verarbeiten. Das beinhaltete sowohl echte, greifbare Dinge wie Field-Recording als auch die emotionale Umsetzung.

Hat die neue Lebenssituation deine Art des Produzierens verändert? In einem Fever Ray-Interview mochte ich das Bild, wie die kurzen Nächte nach der Geburt ihres Kindes das Produzieren ihres ersten Album beeinflusste: durch die permanente Übermüdung gab es wohl halb schlaftrunkene Momente in denen Sachen entstanden, die sie später kaum nachvollziehen konnte. Gab es so etwas bei dir auch?

Schlafentzug kenne ich zur Genüge von meinen zahlreichen Touren durch die Clubs. Oft waren die Reisezeiten lang und früh und es gab kaum wirklich erholsamen Schlaf. Diese Situationen sind bezogen auf meine Produktionen nichts Neues.

Die Art und Weise des Produzierens hat sich auf jeden Fall stark verändert. Oft gibt es ein Zeitfenster von nur ein bis zwei Stunden. Da muss man sich wirklich voll konzentrieren, um produktiv zu arbeiten. Die Zeiten des stundenlangen Ausprobierens sind leider vorbei.

Was sind die Geister aus der Vergangenheit? Etwas Nostalgisches oder Aufzuarbeitendes?

Mit dem Album wollte ich ein „altes Leben“ hinter mir lassen und den Wandel in ein neues Laben beschreiben. Deshalb die Geister der Vergangenheit, weil man die Vergangenheit nicht einfach hinter sich lassen kann.

Vieles hat sich über die Jahre eingeschliffen und muss durch den Lebenswandel als Familienvater komplett neu entdeckt bzw. wiedererlernt werden.„Ghosts From The Past“ klingt geschliffener, ausgewogener – wie lange hast du daran gearbeitet?

Begonnen habe ich 2010 mit einigen Aufnahmen, die ich mit dem Field-Recorder gemacht habe. Ich sammelte Eindrücke und setzte mich dann einfach hin und verarbeitete diese. Einige Tracks sind das Ergebnis aus zahlreichen Edits, was dann vom Start bis zum fertigen Track auch mal einige Monate dauerte.

Andere Tracks waren wirklich in einem Take fertig, was dann von der Idee bis zum fertigen Track nur wenige Stunden dauerte. Es kam oft auf das Zeitfenster an, das mir zur Verfügung stand, aber es gab auch Tracks, die aus kurzen Skizzen entstanden, die ich irgendwo unterwegs aufgenommen habe und die sich über die Jahre ansammelten.

Zu Ornaments / Rotary Cocktail Recordings bestehen scheinbar die direktesten Verbindungen. „Gesamtlaufzeit“ wurde dort wiederveröffentlicht, nun das neue Album – ihr kennt euch noch aus Thüringen, oder?

Ja, wir kennen uns seit circa 2003, wo wir uns im thüringischen Eichsfeld kennenlernten. Damals war an noch kein Label zu denken. Uns verband einfach die Liebe zur Musik. Jahre später kam dann die Idee: „Wir wollen einne Platte machen, haste Bock?“ So ging das mit Rotary Cocktail los – das war glaube ich 2005.

Dub-Techno an sich trägt ja etwas enorm Zeitloses und eine große Deepness in sich – irgendwann war mir das immerzu Mäandernde aber zu einlullend. Hattest du in den ganzen Jahren einen Punkt des Überdrusses, was den Dub-Techno-Sound angeht?

Diese Frage bekomme ich immer wieder gestellt – und ich habe keine Antwort darauf. Es ist doch nicht nur beim Dub-Techno so, dass es immer wieder Ähnlichkeiten und gleiche Muster gibt. Das selbe kann man doch in jedem anderen Genre beobachten.

Für mich ist Dub-Techno mehr als Hall und Delay in klassischer Basic Channel-Manier, aber das sollte jedem Hörer meiner Musik bereits klar sein. Es gab und gibt immer neue und sehr interessante Spielarten der deepen und dubbigen Seite des Techno.

Wen sollte man aus dem Genre derzeit unbedingt noch im Ohr behalten?

Da gibt es einige, ich mag zur Zeit besonders Leonel Castillo, Yagya und Havantepe.

Vor zehn Jahren warst du fest in der Netlabel-Szene verankert – verfolgst du die heutigen Net-Label-Entwicklungen?

Nach den „großen“ Jahren der Netlabels hat sich um 2005 herum ein gewisser Overkill eingestellt. Tausende neue Netlabels überfluteten die Hörerschaft.
Es kam dadurch meiner Meinung nach zu einer Selbstzerstörung der Szene, aus der viel hätte werden können.

Einige Netlabels versuchten alternative Finanzierungsformen durch kostenpflichtige Releases anzubieten, was dann letztendlich den Untergang der Szene und des Modells Netlabel einleitete. Möglicherweise waren die Netlabels ein Vorreiter der jetzigen Release-Kultur, welche ja zum Großteil auch nur noch digital ist.

Seitdem ich auf Vinyl release, habe ich keine direkte Verbindung mehr zu Netlabels. Vor allem, weil diese Szene immer in sich geschlossen schien und kaum in die „kommerzielle“ Welt vordrang, was auch die Karrierechancen als Künstler beschränkte.

Deine Live-Sets haben immer eine große Energie vermittelt – wird man dich demnächst wieder öfter live erleben?

Da wir kürzlich zum zweiten mal Zuwachs bekommen haben, werde ich aus Zeitgründen nur noch ausgewählte Gigs annehmen. Aber es wird definitiv weiter gehen, nur nicht in so großer Regelmäßigkeit wie noch vor einiger Zeit.

Marko Fürstenberg Website
Mehr zu Marko Fürstenberg bei frohfroh

CommentComment

  • aguylovesmusic / 09. September 2014 / um 16:43
    Ich mag Ornaments 001! Eine sehr geile Pladde. nic'n deep record...
    Mag auch meinen letzten Mix. Bis auf Robag alles vonner Pladde
    http://www.mixcloud.com/cisum/ihsua-mixwinberlin/
    ;-)
    Headphones recommended!

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