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Christoph
Christoph mag es, wenn es breakig und verspielt klingt. Nicht zu gerade. Als Kid Kozmoe legt er auch auf. Und heimlich produziert er eigene Tracks. Aber pssst.

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„Dramaturgischer Punkrock“ – Booga über sein neues Label Defrostatica

16. September 2015 / Kommentare (1)

Nun ist es da: Das vor über einem Jahr angekündigte Label Defrostatica feiert seinen Einstand. Footwork ist hier das bestimmende Thema – ein Style aus Chicago, der sich vor allem dank britischer Labels wie Planet Mu und Hyperdub in der Welt verbreitete. In Leipzig ist Defrostatica nun das erste Label, das sich dem Sound widmet.

Mit gleich zwei Veröffentlichungen auf Vinyl (und natürlich auch digital) steht dabei Kator im Mittelpunkt des Geschehens. Um sein minimalistisches „Connor“ dreht sich das erste Release, das dann auch eine ganze Reihe von Remixen bereithält. Diese zeigen auf, wie gut die Verquickung von Footwork mit Drum & Bass und Jungle funktioniert.

Sehr episch ist die Bearbeitung vom finnischen Drumfunk-Meister Fanu, etwas trockener hingegen die Version von Kiat aus Singapur und leicht ravig der Remix von Hexer. Als digitalen Bonus gibt es zwei weitere Remixe zu „Connor“: Eine eher monotone Interpretation von Blac Kolor sowie eine mit leichten Jazz-Anleihen versehene Variante von Mute-atioN.

Die „Get Stacked EP“ wird von Kator alleine bespielt. Fünf Tracks erwarten uns hier. Das entspannte „Clapfresh“ beginnt mit Jungle-Breakbeats und geht in nervöse Footwork-Patterns über. Im Titel-Track „Get Stacked“ steht selbiges Rap-Sample im Vordergrund. In „Basics“ laufen die Breakbeats dann durchgängig mit. „Synthwork“ ist in seinen Sounds abwechslungsreicher, hier verzichtet Kator auch auf die Handclap der anderen Tracks. In „Rimshot“ wird selbige mit Hall-Effekten versehen.

Kator kommt in den fünf Tracks auf den Punkt und verdichtet seine Track-Ideen auf maximal dreieinhalb Minuten. Eine sehr entspannte Lässigkeit durchzieht die EP, was vor allem für Footwork-Einsteigern entgegen kommen dürfte, die sich an die hypernervösen Beats erst gewöhnen müssen.

Welche Motivation hinter dem Label steckt und wie es überhaupt um Footwork und Drum & Bass bestellt ist, darüber haben wir uns mit Label-Betreiber Booga unterhalten:

Du hast vor etwa einem Jahr das Label angekündigt und wolltest den Prozess in einem Blog transparent machen. Dann wurde es etwa ein dreiviertel Jahr lang sehr ruhig. Was ist passiert?

Es gab noch einen Eintrag, in dem ich mich klarer ausdrückte, als ich wusste, was zum Label dazu gehört, und dann hab ich nichts mehr geschrieben, weil …

Zwei Sachen finde ich wichtig. Erstens: Ich finde tatsächlich den Learning-Out-Loud-Aspekt im Internet wichtig und interessant, weil die meisten Leute, deren Blogs ich lese, nach diesem Prinzip verfahren und transparent machen, was sie tun und was sie lernen und welche Misserfolge sie haben.

Das andere ist das Feedback von LXC: „Audio oder Shut the Fuck Up“. Das hat auch was für sich. Ich kann lange reden und lernen, aber wem bringt das was. Zwischen diesen zwei Polen bin ich hängen geblieben und habe mich dazu entschieden, mich erst mal zu sammeln, bevor ich irgendwas mache. Es war mir irgendwie klar, dass es nicht so schnell gehen wird. Ich hatte zwar zum großen Teil die Musik schon zusammen und wusste ungefähr, was ich mit Kator machen wollte, aber ich wollte mir genau überlegen, was ich tue, bevor ich nur den Song nehme und ihn digital veröffentliche.

Vom ursprünglichen Gedanken eines reinen digitalen Labels habe ich mir gesagt, dass ich das anders lösen muss oder will. Das war für mich eine Erkenntnis des Projekts: Es muss ein bisschen mehr Anreiz für mich dahinter sein. Deswegen ist es Vinyl geworden. Und dann hat’s halt gedauert. Mir war es lieber, mich hetzt keiner, ich weiß, was ich machen will, es macht mir Spaß, und wenn es dauert, dann dauert es.

War erst die Idee da, digital zu veröffentlichen?

Es war alles eher ein Impuls. Die Tunes von Kator waren da. Das ist ein junger Mann mit unglaublichem Talent und unglaublichem Gespür für Szenerie und coole Beats, definitiv.

Dass er die einfach auf Soundcloud hochlädt, das war zu cool, um nicht darauf zu reagieren. Es war eine Kurzschlussreaktion, zu sagen, hey, das veröffentliche ich jetzt, scheiß drauf. Zum Glück ist für diese Sorte von Musik in Leipzig enorm viel Platz.Ich wusste, dass er nicht die Strukturen hat und es keinen gibt, der seine Tracks rausbringen würde. Es gibt kein Label, da kann sich keiner drum kümmern und um Kator muss sich gekümmert werden. Da hab ich gesagt, ok, ich mache ein Label. Was gehört nochmal dazu? Mir sind ein paar Sachen klar geworden. Es ist ziemlich einfach, die Musik digital zu veröffentlichen. Bandcamp kann jeder machen, aber wenn man sich damit beschäftigt, wie man veröffentlicht: Was mache ich besser, als dass der Künstler es bei Soundcloud hochlädt? Ich bin kein Remixer oder Mäzen, sondern helfe jemandem, sich zu entwickeln. Und dass muss ich auf einer anderen Weise machen als „Ich mach das wie du, aber mit einem anderen Anstrich“.

Also im Sinne von Label-Arbeit und Marketing.

Ja, einfach zu schauen. Seine Musik rauszubringen ist das Eine. Das mit einer Platte zu verbinden und eine ernsthafte, langfristige Label-Entwicklung zu kennzeichnen, ist auch für ihn in der öffentlichen Wahrnehmung nicht unwichtig. Ihn mit Leuten bekannt zu machen, die ihn vorher nicht auf dem Schirm hatten, die Bock haben, mit ihm aufzulegen oder Kollaborationen zu machen.

Da sind schöne Dinge im letzten Jahr passiert. Es gibt jüngere Produzenten aus Singapur, die sich mit ihm zufällig sowieso schon verbunden hatten, die wiederum Kiat kannten, der wiederum den Remix von Kator gemacht hat. Und es gibt eine Idee für ein Kollaborationsprojekt zwischen Youngstern und Älteren, wo ich auch mitmachen soll. Das sind Dinge, die waren so nicht in Planung, die sind natürlich gewachsen und auf die habe ich übelst Lust.Du bringst jetzt quasi zwei Platten gleichzeitig raus. Hat das was mit den Verzögerungen des Presswerks zu tun oder war das geplant?

Das war geplant. Ich hatte erst ein halbes Dutzend Tracks von Kator, und habe dann nochmal eine Auswahl getroffen. Ich habe ja einen guten Austausch mit LXC, muss man wirklich sagen. Der hat mir im letzten Jahr enorm viel dabei geholfen, laut zu denken und gab mir Feedback: Gute oder schlechte Idee, lass das. Er hat zehn Jahre Label-Erfahrung, da wäre es blöd, nicht zuzuhören.

Ein Label, das keiner kennt, mit einer Musikrichtung, die in Leipzig einen Bruchteil der Leute interessiert, mit einem Vinyl-Output zu verbinden ohne Leumund: Das ist ein bisschen verrückt. Deswegen ist es so gekommen wie es jetzt gekommen ist.

Hexer ist jemand, den ich schon sehr lange kenne. Daniel Myer ist ein hervorragender Musiker. Was er bei dem Remix gemacht hat, davon könnte er locker ein Album machen. Er hatte Anfang 2000 oder Ende der Neunziger ein Album selbst herausgebracht, das ist irgendwie total untergegangen. Er hat mit seinem Remix genau das gemacht, wo ich denke, dass es da auch Label-technisch hingehen kann.

Kiat hat gehört, dass ich ein Label mache und nach einer Möglichkeit gefragt, daran teilzunehmen und da habe ich ihm den Remix einfach gegeben. Und bei Fanu war es eigentlich so … ich mag seine Musik sehr, ich mag die Wildheit von ihm sehr und diese Genrewechsel, dass er etwas Rohes, was Ungeschliffenes hat, was auch teilweise aus dem Hip Hop inspiriert ist. Ihm folgte ich bei Facebook und er sagte, er macht auch Mastering. Dann kamen wir ins Gespräch. Er kannte Kiat vom Hörensagen und wollte mal wieder spielen und da habe ich gesagt, komm herum, mach nen Remix und so ist es passiert.

Deswegen die Auskopplung als Single mit den Remixen zuerst, weil ich dem Stück Connor den Platz dafür geben wollte, den es aus meiner Sicht auch verdient. Der Rest steht wiederum ein bisschen für sich. Die „Get Stacked“-EP ist dafür da, Kator allein Raum zu geben mit dem, was er geschaffen hat, mit seinem speziellen Style. Und vielleicht überscheinen die Remix-Künstler, das was Kator gemacht hat. Deswegen die Single auf der einen Seite, die EP auf der anderen Seite. Aber es hat nicht mit den Verzögerungen vom Presswerk zu tun, das war eine allgemeine Naturkatastrophe.

Ich fand interessant, dass in den letzten drei Jahren nicht nur das Footwork-Ding explodiert ist, sondern dass es sich auch an Drum & Bass und Jungle angenähert hat und dass es ein Jungle-Revival gab. Du bist ja schon echt lang dabei. Wie stehst du zu Footwork? Würdest du sagen, dass es Drum & Bass gut tut?

Absolut, absolut. Also, Footwork hatte nie vorgehabt, Drum & Bass gut zu tun. Ich höre schon zu lange Drum & Bass, um nicht auch andere Sachen zu hören, cool zu finden und aufzulegen. Das war schon immer so. Footwork ist eine Sache gewesen, die habe ich tatsächlich erst so in dem Ausmaß entdeckt, als ich auf Planet Mu regelmäßig Releases gekauft habe, die mir extraordinär gefallen haben.

Und dazu gehört die ganze Posse um Ital Tek, Machinedrum, Om Unit, solche Kandidaten. Zum Beispiel Om Unit noch mit seinem Philip D Kick-Pseudonym, mit dem er sich Drum & Bass-Klassiker genommen hat und mit dem original Chicago-Footwork-Vibe versehen hat. Klassiker von Adam F und so. Denen hat er quasi wie ‘ne Art Remix gegeben, aber auf so einer Oldschool 160bpm-Basis.

Diese Tunes hatten für jemanden wie mich eine riesige Bedeutung, aber die klangen plötzlich total frisch. Ich hab Machinedrum im Eiskeller live gesehen. Ich fühlte mich zeitversetzt, du fühlst dich irgendwie zeitversetzt von einer irgendwie von dir bekannten, tanzbaren Musik, die es so nicht mehr gab. Mit 160 bpm ist ein ganz anderer Groove möglich, eine ganz andere Sorte von Tanz, Schnelligkeit und Wildheit, die mit 170 oder 178 bpm überhaupt nicht mehr möglich ist. Wo dieser 2-Step gar keine anderen Dance-Moves mehr zulässt, keine andere Art mehr sich zu bewegen. Der Typ hat das live performed und ich dachte, ok, das ist das! Ich mochte schon immer Breakbeats und das war die Inkarnation des Breakbeat-Revivals.

Dann gab’s nicht nur diese Mischform, wo englische und amerikanische Künstler Footwork quasi europäisiert dargestellt haben, so wie das auf Planet Mu passiert ist, sondern dann guckst du dir die Original-Künstler an – Rashad, Teklife-Crew und lauter so einen Kram. Du findest plötzlich überall Songs und Nischen. Ich habe dann angefangen, Mixtapes zu machen. Die Oldschool-Drum & Bass-Jungle-Platten haben sich genau in das Tempo reingefügt, das war für mich fast ein natürlicher Vorgang.

Dann liest du Interviews, wie Om Unit mit Rashad gemeinsam für Hyperdub Sachen produziert oder sich ausgetauscht haben und das Rashad-Album von dieser Auseinandersetzung inspiriert ist, dass es eine ähnliches Tempo gibt. Und dann hörst du auf dem Hyperdub-Album plötzlich Breakbeats im Footwork, die es so bei denen nie gegeben hat. Das finde ich supergeil, das ist ein völlig angenehmer frischer Moment, zu sagen, wir definieren das nochmal ein bisschen anders. Deswegen ist Footwork als Inspiration, als Sidekick für die Sachen wie ein Neustart für mich gewesen.

Im Prinzip war das Letzte, was relativ neu war im Drum & Bass diese Halfstep-Geschichte, wenn ich mich erinnere. Seitdem Dubstep explodiert ist, gab es vermehrt, neben Amit, Halfstep-Sachen.

Aber das Halftempo-Ding gibt es nicht erst seit Instra:mental und Autonomic. Das gibt es schon länger, zum Beispiel Digitals „Deadline“ auf Doc Scotts Label, das kam vor 15 Jahren raus.

Ein absoluter Klassiker. Also so Halfstep-Tunes gab es immer mal, aber was ich eine völlig geile Inspiration fand, war das Umfeld Instra:mental, dBridge, die ganze Autonomic-Serie. Die haben nochmal so einen Future-Sciene-Fiction-Vibe, einen düsteren, extrem auf Stadt ausgerichteten Vibe in die Musik gebracht. Marcus Intalex war ja auch dabei. Fand ich auch sehr inspirierend, weil die auch ein bisschen von dem Vollgas-Irgendwas-Ding weg gingen.

Was ich auch interessant fand, dass sich dieselben Producer plötzlich auch mit Electro und so beschäftigt haben und völlig andere Wege gegangen sind. Ich hatte das Gefühl, dass alle plötzlich viel mehr experimentiert haben als die 20 Jahre davor. Weil du ja sagtest, dass du auch die jüngeren Produzenten neben Kator für dich entdeckt hast: Denkst du, dass es einen Generationsunterschied gibt zu den Leuten, die vor fünfzehn bis zwanzig Jahren Musik gemacht haben? Wie sie Musik machen und worauf sie sich konzentrieren, sind sie offener?

Ich kann das nicht vergleichen, weil ich vor fünfzehn Jahren mit Künstlern aus Leipzig nicht so groß zusammengearbeitet habe. Die Leute, die Drum & Bass und Breakbeats und so produzierten, waren nicht so viele und sie sind sich nicht so bekannt gewesen. Und diejenigen, die da was machten, die kannte man vielleicht schon länger, aber es gab nicht so eine große Kultur des Austausches. Man weiß nicht, die Herangehensweise vor zehn bis fünfzehn Jahren war so oder so. Ich habe das eher so als DJ beobachtet.

Kator hat eine völlig eigenständige Heransgehensweise beispielweise an die Dramaturgie eines Stückes. Das ist ein Moment, an der Stelle will ich überhaupt nicht anfangen meine Finger reinzuhängen. Wenn du dir die „Get Stacked“-EP anhörst … ich finde, das ist dramaturgischer Punkrock, Stücke teilweise so zu machen wie er Footwork macht. Und ich liebe das. Sowas kann man niemandem sagen, sowas findet bei jemandem statt, wie er das macht und was der Sound da ist. Oder Mute-atioN, ein anderer junger Künstler, mit dem ich beginne zusammenzuarbeiten, der hat ähnlich schräge Heransgehensweisen, Musik zu machen. Das finde ich absolut gut.

Ich glaube, dass die Leute in der Richtung heute, na klar, heutzutage wesentlich mehr hören. Kator kommt aus dem Umfeld von Modern Trips und die haben auch schon andere Sachen gemacht, er hört auch Trap und diesen ganzen Drill-Stuff-Hip Hop. Die haben auch schon Techno-Sachen, Tapes gemacht und sowas alles. Und haben früher auch so Fanfaren-Drum & Bass aufgelegt, wenn du dich an die Zeit noch erinnerst. Also, die haben schon viel gesehen und gehört. Und er macht jetzt das, was er denkt, was irgendwo hin muss, und ich bin froh, dass mir das nicht durch die Lappen gegangen ist.

Apropos Trap. Du hast geschrieben, dass das Defrostatica-Label sich schon auf Uptempo-Sachen bezieht. Bleibst du bei Jungle, Drum & Bass, Footwork oder denkst du, dass du da auch in eine andere Richtung gehen willst? Hast du überhaupt schon eine konkrete Vorstellung, wo du hin willst oder lässt du das auf dich zukommen?

Ich habe eher eine Sound-Vorstellung, eine klangliche Vorstellung, aber keine Tempo-Einschränkung. Es ist Quatsch zu sagen, ich kann mir auch vorstellen, Techno zu releasen oder sowas, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, zu schauen, dass Leute was mit dem Label, mit der Musik anfangen können, das die einen Bezug haben, zu wissen, ok, das ist so ein Sound. Das betrifft ja nicht nur Leipzig.

Wir haben noch Remixer dabei, die nicht auf der Platte mit drauf sind uund nur digital erscheinen werden. Die bringen nochmal eine andere Note rein, haben viel mehr diesen Halftempo-Aspekt drin und sind experimenteller. Mute-atioN hat einen Remix gemacht und Blac Kolor, der ja eigentlich aus dem Techno herkommt. Und der Sound von denen, selbst was in den Remixen passiert, ist für mich sehr passend.Defrostatica war ja eigentlich deine Solo-Platte von vor fünfzehn Jahren. Und der Begriff hat ja was Kühles. Wie kam es eigentlich zu dem Namen? Gab es dahinter eine Geschichte?

Also, es gibt eine Geschichte dahinter, aber ich habe das Gefühl, dass möchte ich noch nicht erzählen. Meine ersten Platten sind noch nicht da (zum Zeitpunkt des Interviews, d.A.), ich erwarte die quasi stündlich, und ich habe das Gefühl, ich spoiler das.

Dann freuen wir uns auf die Auflösung des Geheimnisses. Du hast ja auch die Drum & Bass-Reloaded-Geschichte mit angerissen, oder?

Das hat was damit zu tun, dass man die alte Leipziger Familie, die Ende der Neunziger das hier mit aufgelegt hat, reaktiviert hat. Wir kennen uns da alle schon ewig.

Mir ist nur der Kontrast ein bisschen aufgefallen. Als ich das erste Mal davon gehört habe, kam mir es vor wie so eine Ü30-Party für Drum & Bass-Heads. Jetzt stehst du mit dem Label wieder voll in der Gegenwart – gibt es im Drum & Bass Nostalgie? Wenn man sich Drumfunk anhört oder dass die Jungle-Ästhetik wieder da ist?

Es gibt definitiv nostalgische Momente, wenn du die Platten auflegst. Das Konzept war ja bei Drum & Bass Reloaded so, dass wir uns auf eine bestimmte Zeit begrenzen. Nur zu sagen, wir legen alle mal wieder zusammen auf, macht nicht so Sinn. Zu einer bestimmten Zeit war die Musik halt sehr populär. Viele Leute haben das gehört und die leben zum Teil auch alle noch in Leipzig. Diese Sorte von Sound kam auch nicht mehr so oft. Also war das schon – von mir aus – die erste Ü30-Drum & Bass-Reihe.

Aber der Witz war, dass bei der ersten und der zweiten Party letztes und vorletztes Jahr natürlich eine Menge von den älteren Leuten wieder ankamen, aber trotzdem auch junge da waren. Und es war nicht wirklich so eine belastende Nostalgie-Geschichte, sondern das war wirklich … Die Leute haben schon lange keine Tunes gehört, die sie kannten und haben immens stark darauf reagiert. Und wenn du die Tunes mal wieder selber spielst, die du lange nicht mehr gespielt hast, dann ist das unfassbar gut, was da mit einem passiert.

Da merkst du sofort, welche tiefere Bedeutung der ganze Kram für dich hatte, warum die Tunes alle so megaklasse waren und warum sie auch vielleicht so ein Stückchen einen Anreiz für mich darstellen. Im Sinne von: Überleg dir genau, was du releast, denn es ist einmal da, daran wirst du beurteilt. Ob es kickt oder nicht, wird sich immer noch erweisen, aber mach es nicht wahllos.

Dieses Jahr werde ich nicht dabei sein, weil ich im Urlaub bin, aber ich hatte eigentlich gedacht, ich mache sowas: Ich möchte als Erster auflegen und spiele was von den neuen Sachen. Nicht, weil ich das Label promoten will, sondern natürlich weil man aufpassen muss, das es nicht zu so einer Nostalgie-Geschichte wird. Dafür ist auch die Musikrichtung … es ist ja kein Schlager oder so, oder wie eine Depeche Mode-Party, man kann bloß noch die alten Sachen spielen. So ist es ja nicht.

Aber ich habe es unheimlich gemocht, letztes Jahr Sachen aufzulegen, die ich ewig nicht mehr aufgelegt habe. Es gibt ein unglaublich geiles Energie-Gefühl. Das heißt aber nicht, dass es mich völlig davon abhält, mit den coolen Kids neuen Scheiß zu machen. Das ist der Punkt.Stichwort Promos. Verschickst du Promos an Leute und wie war denn das Feedback bisher?

Sehr interessant und sehr beruhigend und sehr inspirierend. Ich hatte natürlich das Glück, in der Zeit, in der ich selber Partys veranstaltet habe, eine Menge Künstler und DJs kennen zu lernen. Ich hatte auch vorher schon die Gelegenheit, die im Conne Island zu supporten. Ein Großteil von denen habe ich wieder gesehen, E-Mail-Adressen gesammelt. Dann schreibst du die an, schickst denen das rum und die, die auf dem Vibe sind wie Om Unit, Sam Binga, Fracture,die haben das alle bekommen und finden das super interessant. Und der Witz ist, jeder von denen findet teilweise andere Stücke interessant und gut.

Auch Kabuki sagt, es ist cool, dass es überhaupt ein Label gibt, dass die Musik weiter promotet. Das ist in Deutschland nicht an jeder Ecke und in jeder Stadt üblich und ich glaube es ist alles willkommen, wenn sich Leute in der Richtung gefühlt irgendwie engagieren. Es ist nicht nur so „Hey, Hauptsache, du machst was“, es ist eher „Das Stück gefällt mir nicht“, „Der Remix gefällt mir besser als der andere“.

Selbst wenn ich Leute in Leipzig frage, gibt es nicht zwei, die dieselbe Kombination von Tunes haben, die sie innerhalb des Pakets geil finden. Finde ich cool, dass die Leute überhaupt unterschiedlich reagieren. Irgendwo scheinen die richtigen Figuren da aufgestellt zu sein, das finde ich gut.

Defrostatica Website / Facebook / Bandcamp
Kator Facebook / Soundcloud / Bandcamp
Mehr zu Defrostatica bei frohfroh
Mehr zu Kator bei frohfroh

Die große Defrostatica-Label-Party mit Kator, Fanu, Hexer und vielen mehr findet am 18.09. in der Distillery statt.

UPDATE: Auf itsyours gibt es noch ein Interview mit Kator.

CommentComment

  • Defrostatica Release – Kator “Connor” & “Getstacked EP” / Kator Interview | IT'S YOURS / 18. September 2015 / um 16:49
    […] Die Kollegen von frohfroh haben sich mal genauer mit Boss Booga unterhalten: Hier lesen! […]

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