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Ayke
Ayke hat uns kurz mit einigen schönen Texten unterstützt. Dann hat er die Noisey-Redaktion geleitet und arbeitet heute als freier Journalist.

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„Wir wollen schon anders klingen“ – Mod.Civil im Interview Part 2

10. Januar 2010 / Kommentare (0)

Mod.Civil haben sich ohne Firlefanz zu einem der viel versprechendsten Leipziger Techno- und House-Acts gemausert. Dass Flächen und Gefühl nicht immer Trance bedeutet und was die beiden mit dem Kunstraum Ortloff zu tun haben, erklären Gerrit Behrens und René Wettig im zweiten Teil des frohfroh-Interviews.

Im ersten Teil des Interviews mit Mod.Civil sprachen wir darüber, wie sich Gerrit Behrens und René Wettig gefunden haben. Im zweiten Teil geht es um den neuen Hype des alten House-Sounds, Melancholie als Trademark und die Entstehung von elektronischer Musik.

Wie entstehen eure Stücke? Nehmen wir mal euren Track „Ghost“ als Beispiel, da gibt es diesen sehr hintergründigen Sound, der sich gegen Ende des Lieds zu einem ganz durchdringenden Geist-Schrei entwickelt. Wie kommt man auf die Idee so etwas in einen Track einzubauen?

Gerrit: Das sind so Prozesse, die entstehen im Moment. Du hast halt einen Grundsound, den du an Zitate von früher anlehnst oder auch an einen bestimmten Sound, aus House- oder Techno-Elementen. Aber die gewissen Sachen entstehen dann meistens in der Produktion selbst. Weil es eben bestimmte Effekte gibt oder weil plötzlich die Idee geboren wird das mit dem zu paaren, den einen Effekt darauf zu legen und diesen Effekt durch irgendwas anderes wieder modulieren zu lassen, damit es dann wieder irgendwas gibt, was dich inspiriert oder was dich weiterarbeiten lässt an dieser Sache. Und dann kommt am Ende so etwas raus…

Und das wird dann „Ghost“ genannt!

Gerrit: Genau!

Bei frohfroh hieß es ja schon mal zu euch: „Mod.Civil sind die kantigen Melancholiker. In ihren Sounds und Rhythmen durchaus straight und etwas schroff, doch im Prinzip sind ihre Tracks voller leicht eingetrübter Sehnsucht.“ Seid ihr wirklich voller melancholischer Sehnsucht?

Gerrit: Ich kann es ein bisschen nachvollziehen. Das ist auch der Trademark-Sound, den jetzt einige schon von uns beanspruchen. Dass es genau das ist, dass es so ein bisschen schwer wiegt, schwere Chords, wodurch sich auch Melancholie breit macht. Also eher Moll als Dur. Getragen wird das dann durch ein ganz normales oder klassisches House- oder Technobeat-Fundament.

Ist das ein Gefühl, dass beim Produzieren einfach rauskommt? Beziehungsweise, ist das vielleicht sogar eine Reflektion eines Gefühls, dass ihr in euch habt, ohne es unbedingt vorher zu wissen? Ein Gefühl, dass dann in den Tracks plötzlich zu Tage kommt?

René: Möglicherweise. Wir haben immer so einen leichten Hang zum – manche würden sagen – Trance. Es geht uns immer darum, eine bestimmte Stimmung zu vermitteln. Die kann man nicht einfach nur mit Rhythmus übertragen. Das passiert halt nur durch flächige Sounds oder durch melancholische Sounds, zu denen wir immer wieder versuchen hinzukommen.

Gerrit: Also es gibt auf jeden Fall sehr abstrakte Musik, die jetzt gerade wieder ausläuft, also die momentan nicht mehr so en vogue ist, wie sie es mal war. Zum Beispiel der verschriene Minimal, bei dem sehr abstrakt und technoid mit Sounds umgegangen wird und wo eben wenig Fläche war für – nennen wir es mal – ein bisschen mehr Gefühl. Die kommt eher aus dem House, wo mehr Groove drin ist, wo mehr Gefühl ausgestrahlt wird. Bei uns ist es doch schon so, dass wir immer versuchen etwas zu vermitteln, was nicht in diese abstrakte Weise mündet.

Also kommt nach Minimal House wieder breiter auf.

Gerrit: Das ist jetzt auf jeden Fall schon da. House ist gerade das ganz große Ding, ist wieder voll da. Und ich glaube, dass die einzelnen Spielarten, die es auch früher schon gab, jetzt auch langsam wieder kommen werden. Es wird sicher auch bald wieder härteren House geben, Hard-House und ich denke, dass wird sich jetzt auch weiter durch dieses House-Ding ausdifferenzieren.

Was hat es eigentlich mit den Ortloff-Platten auf sich? Im Prinzip ist das Ortloff ein Kunstraum.

Gerrit: Richtig. Das Ortloff ist ein Kunstraum. Und das sind Freunde von uns geworden.

Und wie kommt es, dass es seit letztem Jahr auch Veröffentlichungen auf Vinyl gibt?

Gerrit: Also die Idee kam, weil die Grafiker von dort meistens etwas mit Malerei und Grafik und im weitesten Sinne was mit Kunst zu tun haben, während wir die Musik gemacht haben. Und da haben wir uns irgendwann gedacht, wir könnten doch eine Platte zusammen machen. Wir kümmern uns darum, wer auf die Platte kommt und die anderen machen das ganze Artwork dafür. Da wir auch das Geld dafür zur Verfügung hatten haben wir es eben gemacht und es ist super gelaufen. Als das Geld von der ersten da, haben wir entschieden die nächste Platte zu machen. Wo das endet, das werden wir sehen!

Also, ihr habt einmal investiert und jetzt kommt immer das Geld von der letzten Ausgabe der nächsten zugute?

Gerrit: Ganz genau.

Ihr wählt ja die Musik aus. Ist das auch der ganz triviale Grund, dass ihr bisher auf beiden Ortloff-Platten veröffentlicht habt?

Gerrit: Ja, der Gedanke ist nicht ganz abzuschlagen…

René: Also, es ist nicht so, dass wir nur auf der Platte sind, weil wir das selbst aussuchen. Das ist eine Entscheidung von fünf bis sechs Leuten, die da ein Mitspracherecht haben. Zum Ortloff gehören drei Leute, die entscheiden letztlich darüber, wer auf den Platten ist.

Ihr macht denen dann nur Vorschläge?

René: Ja, wir machen Vorschläge, suchen die Musik, treffen eine Vorauswahl…

Gerrit: Ein automatisches Vorrecht haben wir auf jeden Fall nicht. Es ist schon eine Konsens-Entscheidung.

Wir haben viel über House gesprochen. Was für ein Sound erwartet den Besucher eigentlich bei einem Mod.Civil Live-Set?

Gerrit: Ja, das lehnt sich schon an den Sound an, über den wir gesprochen haben. Wir fangen meist ziemlich reduziert und groovy an, so bei etwa 121 BPM und steigern uns dann nachher. Unsere Vinyl-Tracks spielen wir natürlich auch, zum Beispiel „For Some Reason“.

„For Some Reason“ ist ein Stück, das ziemlich gut funktioniert im Club.

Gerrit: Es funktioniert wunderbar. Wo wir es gespielt haben, da rasten die Leute eigentlich jedes Mal aus. Das ist auch ein bisschen gewollt, weil es ein ziemlich langes Break gibt im Stück, was natürlich forciert, dass die Leute irgendwann schon mal anfangen zu schreien! Das ist lustig, dies zu hören, so etwas macht jedes Mal wieder Spaß.

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