Klar, Belgershain ist nicht Leipzig. Doch Leipzig ist auch Dusted Decks-Area, genau wie Döbeln, Delitzsch oder Grimma. Die Booking-Agentur hat nicht nur das Leipziger Umland fest in der Rave-Hand, sondern jetzt auch ihr eigenes Digital-Label.
Die Szene-Romantik verstellt ja gern den Blick für anderes. Da tun sich einige Parallelwelten auf, die fern „unserer“ Kann Records- und Moon Harbour-Liebhaberei ihre Wellen schlagen. Ein Blick in die Bildergalerien von Port01 oder Freshguide lässt dann erahnen, was da in der Alten Hauptpost, im Nachtcafé, im Sky Club und früher auch im Lagerhof und Bachstatt passiert. Da gibt es ein anderes Leipzig mit einer anderen Club-Kultur. Wahrscheinlich alles nicht der Rede wert, es gibt ja auch einen himmelweiten Unterschied zwischen Rockbands in der Arena und im Paris Syndrom, es gibt ja auch Sven Väth in Ibiza und Marko Fürstenberg im Elipamanoke.
Irgendwie überrascht es mich dennoch immer wieder, was für umfassendes, territorial begrenztes Paralleluniversum neben Distillery & Co existiert – mit richtigen regionalen Stars, großen Booking-Agenturen und unzähligen Auftritten. Musikalisch ist davon vieles auf Abfahrt im großen Stil ausgerichtet, von Electro House und Electro Rave ist meistens die Rede. Shootingallstars hat seinen Le Tompe in gefühlten hundert Kollaborationen sowie Wuttig & Reuter, Dusted Decks hat seinen Breakfastklub und Markus Lange. Seit Mitte März gibt es nun auch Dusted Decks Records, die Nr. 1 ist von Golden Toys. Und es ist von einer Revolution die Rede:
„Talkin about a revolution… Genau 20 Jahre nach der friedlichen Verabschiedung von Grandmaster Honecker und seinen greisen Recken startet wieder eine Revolution in Leipzig – nur diesmal gibt’s dabei ordentlich auf die Fresse! Rave strikes back… und die geschichtsträchtigen Initialen DDR stehen ab 2010 für den neuen Stern am Label-Firnament: Dusted Decks Records“, heißt es im offiziellen Statement.
Die Nr. 1 hält genau das, was hier versprochen wird: Es gibt auf die Fresse, Rave-Breaks, böse schraubende Synthies und fünf Remixe, die alle in die gleiche Richtung gehen und die mit viel Humor wohl aber auch in einem artifiziellen Nu Rave-Kontext Freude verbreiten könnten. Irgendwie finde ich es aber auch faszinierend, wie unverhohlen und ohne Scheu hier an der Schraube gedreht wird. Da steckt neben aller Plumpheit auch eine Menge Ehrlichkeit dahinter, denn um die Abfahrt ohne wenn und aber geht es nun mal entlang der A14, A38 und A9.
Hier auch das offizielle Video zur ersten EP.