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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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No Hype! No Hype!

30. März 2010 / Kommentare (0)

An diesem Gründonnerstag findet zum vierten Mal das Don’t Believe The Hype-Festival statt. Ein Schmelztiegel der verschiedensten Genres, und auch ein Ausblick auf Newcomer. frohfroh präsentiert – mit Interview.

Vor Jahren noch wirkte es durchaus skurril, dass in der Distillery ein kleines, dicht besetztes Indoor-Festival Gitarren-Rock mit Techno zusammenbringt. Im großen Stil und unter freiem Himmel passiert dies zwar auch schon länger in Gräfenhainichen, Lärz und sonst wo. Doch in Leipzig ist ein derart konzentrierter Genre-Clash doch noch die Ausnahme. Neben großen internationalen Namen ist Don’t Believe The Hype auch ein Kompass für neue Bands und Producer, teilweise auch aus Leipzig selbst. Good Guy Mikesh & Filburt und Raj Mandir sind es in diesem Jahr.

frohfroh stellte vier Fragen an Markus Krasselt aka Peter Invasion, Kopf der Riotvan-Crew, für die das Festival den Jahreshöhepunkt darstellt.

Riotvan-Kopf Peter InvasionVier Jahre Don’t Believe The Hype? Was für ein Resümee ziehst du? Wo stand das Festival damals, wo steht es heute?

Das Festival sollte immer neue oder neu wieder entdeckte Sounds der Stadt zeigen. Wenn ich überlege, wie schräg ich vor vier Jahren noch angeguckt wurden und wie es hieß: „Was? In der Distillery willst du das machen? Mach das doch lieber in der Ilse oder so.“

Das war der Anfang vom so genannten „New Rave“. Es war alles bunt und wild, Grenzen gab es nicht, es sollte einfach alles ineinander verschwimmen. So So Modern waren damals der perfekte Headliner und mit Blutsportdisko hatten wir wohl im Nachhinein eines der interessantesten Leipzier Kunstprojekte am Start. Es war frisch und die Leute strebten wieder nach was Neuen. Ich war gerade 18 geworden und wollte das alles mit jedem teilen. Vorher ging ich ehrlich gesagt nie auf Techno-Partys, konnte mit den Sound gar nichts anfangen – erst recht nicht mit der Tille. Ich fand einfach nur die Location schön und passend.

Das Ding sollte natürlich jedes Jahr wachsen, ich mochte nie auf der stelle stehen bleiben. Mit Peaches hab ich mir auf jeden Fall persönlich eine hohe Messlatte gesetzt und war auch dementsprechend aufgeregt.

2008 war „New Rave“ bei den Leuten angekommen – immer noch Szene, aber es wurde salonfähig. Dementsprechend war auch die Party. Für mich persönlich war 2008 das beste Jahr bis jetzt. Die Leute waren so am Durchdrehen. Letztes Jahr mit Mr. Oizo haben wir auf jeden Fall was probiert – und es auch geschafft – was fast unmöglich ist in so einem kleinen Club wie der Distillery. Alle, inklusive der Tille haben mir den Vogel gezeigt. Verdient hat an der Nummer jeder, außer mir. Aber das war es mir wert und auch von Anfang ganz bewusst.

2009 kam auch Joerg (aka Haircut & SZNT) mit zu Riotvan. Ohne ihn hätte ich mir die ganze Sache damals wahrscheinlich nicht getraut. Mit dem DBTH IV 2010 haben wir absichtlich einen gang runter geschaltet. Mir war das letzte Jahr zu viel. Nicht vom Aufwand, aber mir kam es so vor als ob der größte Teil der Leute nur wegen ihm, Mr. Oizo, da waren. Klar, das war abzusehen, aber ich fand es sehr schade. Die Leute haben gewartet bis es losgeht, um danach gleich wieder zu gehen. Die anderen Acts wurden teilweise ungeduldig abgewartet.

Auf so ein name dropping habe ich aber keine Lust. Es war eine gute Party, aber bei dem Festival geht es ums Entdecken, um unterschiedliche Musikrichtungen und unterschiedliche Leute.

Dieses Jahr bin ich ganz besonders aufgeregt. Es gibt keinen wirklich offensichtlichen Headliner, kein Peaches, kein Oizo. Dieses Jahr heißt es entdecken und ich weiß noch nicht genau, ob da s hier so angekommen ist. Leipzig ist in den letzten Jahren meiner Meinung nach offener geworden.

Riotvan steckt dahinter, kannst du kurz erklären, wo du Riotvan stilistisch siehst?

Ich will Riotvan nicht in eine Schublade schieben. Ich sehe Riotvan als kleinen Vorreiter, aber nicht nur wir. Riotvan ist eine family, da gehören genau so die Whizzkids, meine Freundin, meine Mutter und viele mehr dazu.

Es fängt bei meinen Ursprung Rock’n’Roll an und geht bis zu House, es muss grooven, egal welche art von Musik es ist. So sehe ich auch Riotvan. Die Leute werden überrascht, es soll nie langweilig werden.

Das sieht man bei Acts wie Gregor oder Good Guy Mikesh & Filburt – vom Sound so unterschiedlich, aber das Publikum bleibt stehen und hört sich beides an. Ich denke auf jeden Fall, dass Riotvan in zukunft ein wenig erwachsener wird, und trotzdem immer frisch.

Anfangs hatte ich euch eher in dem Nu Rave-Kontext verortet. Euer Profil hat sich aber schon auch verändert, oder?

Auf jeden Fall. New Rave war eine Modeerscheinung, ein erfundener Begriff der Medien, um etwas nicht Erklärbares in Worte zu fassen. Ich selber mochte den Begriff nie, weil auch Acts als New Rave bezeichnet wurden, die vorher bereits einen solchen Sound gefahren haben, z. B. Soulwax oder auch Mr. Oizo. Sicherlich kam der Begriff nicht von nirgendwo und war auch teilweise berechtigt, aber am Ende folgte nur noch der Ausverkauf.

Ich werde älter, Riotvan wird älter, mein Musikgeschmack ändert sich und vermischt sich mit neuem. Wir mussten schon manchmal mit dem Voruteil der Leute „kämpfen“. Ich glaube auch heute haben wir immer noch nicht alle überzeugt, dass wir nicht nur New Rave sind und Riotvan keine Modeerscheinung ist. Es kann auch ernster zu gehen, aber immer mit einer Portion Spaß – House ist bei uns nicht gleich House, Techno nicht gleich Techno. Das ganze was New Rave ausdrücken soll, ist aber am Ende immer noch in unserem Blut: Es gibt keine Grenzen!

Ihr steht ja durchaus für einen Generationswechsel in der Leipziger Clubkultur. Du bist selbst Anfang 20. Ist es schwer, sich gegen die „alten Hasen“ zu behaupten?

Stehen wir dafür? Naja, irgendwie ja schon. Inzwischen arbeiten wir mit den „alten Hasen“ zusammen. Wir wurden zwar öfters mal belächelt, aber mir kam es so vor als ob wir schon ernst genommen und akzeptiert wurden.

Riotvan besteht ja auch nicht nur aus mir. Es ist ganz gut wenn man auch „ältere“ dabei hat. Dennoch habe ich mich auch noch nie von „den älteren“ ablenken lassen, ich hab mein Ding gemacht und hab mich auch nirgendwo anders orientiert, oder gedacht, dass ich jemanden was beweisen müsste. Das ganze mache ich für mich und die Leute die Bock drauf haben.

1. April 2010 Don’t Believe The Hype IV

w/ Jesse Rose, Wareika, Raj Mandir, Dancing Pigeons, Mano Le Tough, And Me, Filburt & Mikesh, Grand Ouvert, Peter Invasion, SZNT, Preller, Rampa

Riotvan Myspace

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