Wem gehört die A-Seite? Dem Künstler des Original-Tracks oder einem Remixer? Bei den aktuellen EPs von Sven Tasnadi und Ron Deacon ist es wie sooft genau andersherum.
Eine Platte kann man wenden wie man will. Warum also überhaupt dieser A- und B-Seiten-Mythos? Die A gehört dem Hit, dem Club-Tool, dem großen Namen, dagegen sind auf der B-Seite die weniger klaren Stücke, ja, vielleicht sogar die Spannenderen zu entdecken. Klar, der A-Seite sind die klangbesseren 45 Umdrehungen pro Minute vergönnt, die B-Seite müssen sich mehrere Tracks in der Rillenenge teilen. Doch gibt es auch „ideologische“ Gründe, die bei der Platzierung von Tracks eine Rolle spielen?
Warum mogelt sich bei Sven Tasnadis neuer Platte auf Pokerflat beispielsweise Label-Chef Steve Bug mit deinem Remix von „Tell Me Again“ auf die A-Seite? Der bringt die Deepness zwar reibungsloser auf den Punkt, dafür ist das Original der ungeschliffene Diamant. Wunderbar tighte Beats mit kratzenden Zwischentönen, einem weniger dominanten Chord und einer leicht dunkel verschleierten Grundstimmung. Steve Bug räumt das feinsäuberlich auf, nimmt viele Kanten raus und zieht den Rave-Appeal an. Dafür gehört ihm dann die A?
„Groove On“ im Tasnadi-Edit ist das erste Stück auf der B-Seite. Bei Discogs steht da noch Anthony Collins als zweiter Producer. „Groove On“ gibt es in der digitalen EP-Version auch noch einmal ruhiger und blumiger. Der Tasnadi-Edit betont den Break unheimlich stark. Da grüßt die Rave-Falle.
Was aber hier auffällt: Sven Tasnadi ist ja sehr breit aufgestellt in seinem Sound. Doch gerade das Zusammenspiel aus schwebender Bassline und den Beats scheint irgendwie typisch für ihn. Da schält sich also auch eine gewisse Linie heraus. Das Ende geht mir aber dann doch zu weit.
Da bleibt mir die leicht Electro-wabernde und zurückgenommene Alternative mit mehr Understatement beim ursprünglichen „Groove On“ subtiler in Erinnerung. Der Hit ist aber Tasnadis „Tell Me Again“.
Bei Ron Deacons erster eigener Platte gibt es ein ähnliches A- und B-Seiten-Phänomen, obwohl Farside Recordings die Sache mit einer A- und AA-Seite umgeht. Doch nicht Ron Deacons „Secret Garden“, sondern Lowtecs Remix ist die A-Seite vergönnt.
Durchaus zu recht in diesem Fall, weil es dem Thüringer gelingt, den etwas zu gefälligen Deep House-Pop-Appeal des Originals zu entschlacken. Natürlich schwebt da auch eine Menge von der roughen Lowtec-Magie mit. Die Verbindung zwischen beiden stimmt aber, denn Ron Deacon hat ja auf der letzten Workshop einen Track herausgebracht.
Ron Deacons Version hat zwar eine schöne Oldschool-Wärme in den Beats und der Bassline, aber das Vogel-Gezwitscher, das Gitarren-Sample und die Prägnanz des souligen Gesangs sind mir zu laidback, klingen mir zu sehr nach entspanntem Sonntag am See.
Der „Refresh Mix“ kann das entschärfen und sticht sogar markant heraus mit seiner bohrend-treibenden Bassline. Doch auch hier sind noch eine Menge Deep House-Classics dabei. Die tollste Sequenz sind die letzten 30 Sekunden in ihrer Reduktion. Da ist zu merken, dass der Track eigentlich ein Hit ist.
Ein Neuling ist Ron Deacon übrigens gar nicht. Früher hieß er Monopolan und da gab es auch einmal eine Platte auf dem längst verblichenen Label Polish Rec.. Und im Staubsauger hostet er die Reihe Sonderwunderlich. Aber das wissen ja bestimmt schon einige.
Die Frage zum Schluss: Sind Doppel-A-Platten eigentlich die gerechteren Platten?
Sven Tasnadi Myspace
Ron Deacon Myspace
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