Wie könnte eine kurze Sommerpause schöner beendet werden als mit einer neuen Ortloff-Platte. Und auch die Nummer Drei hat alles, was eine Liebhaber-Reihe braucht: toll klingende, toll verpackte Musik und einige Rätsel.
Dass auch die Ortloff Drei eine Augenweide ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Dass sie musikalisch jedoch selbstbewusster auftritt als die ersten beiden Platten, verdient schon eine Notiz. Selbstbewusster insofern als dass sie scheinbar fast komplett auf Newcomer setzt, die hier ihr Vinyl-Debüt geben. Und selbstbewusst auch daher, weil sie so homogen mit einem Oldschool-Sound versehen ist.
Aber der Reihe nach: Natürlich sind hier eine Menge Querverweise zum Leipziger Treiben und zu Ortloff da – Boytalk zum Beispiel sind Friedmann Lichtenthal und Markus Gebauer. Beide waren als Cheslo und New World bereits solo auf den vorherigen Ortloff-Platten vertreten. Als Boytalk könnten die Neu-Leipziger hier wirklich für Wirbel sorgen – auch weil sie als Live-Act gut unterwegs sind. Ein Live-Set der beiden gibt es übrigens bei der Netlabel-Plattform Modular Field. Eine EP von Cheslo auch.
Ihr „Makrabeus“ ist ein freudig beschwingter House-Track. Wenn es so etwas wie eine augenzwinkernde Eleganz gibt, dann würde sie hier ihren Sound finden. Einerseits sind die Methoden recht klassisch, aber der Vibe ist alles andere als funktional. Und dass obwohl die Richtung zum Dancefloor unmissverständlich ist.
Von The Flibberts und Carl Beermont höre ich dagegen zum ersten Mal – aufgepimpt wurden beide Tracks von Good Guy Mikesh & Filburt sowie Marbert Rocel. Aber wo sind die Originale? Remixe ohne Kontext, wirklich rätselhaft. So bleibt verborgen, wie viel Original in den jeweiligen Remixen steckt.
Bei The Flibberts kommt wirklich viel vom elegisch-discoiden GGM&F-Sound rüber. „Rivers Of Joy“ hat sogar etwas Psychedelisches in seinen Synthie-Schleifen. Wunderbar auch dieser lässig-träge Pop-Appeal. Bei Carl Beermonts „Talc Orberr Me“ steckt viel organisch-klingender Bläser-Funk drin. Durch und durch positiv gestimmt und mit einem angenehm lofi-esk-tänzelndem Beat.
Das letzte Stück „Happy Sundays“ nimmt sich wie schon bei der letzten Ortloff heraus – kein House, kein Disco. Ja, was eigentlich? Eine Oldschool-Form von Disco-Electronica vielleicht. Fast schon pathetisch in seinen Synthie-Sounds und auf schmalen, im Tempo gedrosselten Beats unterwegs.
Zu Andreuccio Torelli habe ich übrigens eine spannende Geschichte bei Baran Records gefunden, wo der Italiener kürzlich eine 7“ veröffentlicht hat. Dieser Typ ist nämlich ein jahrelang verkannter Heimproduzent, der hauptsächlich in den Achtzigern Italo-Disco produzierte. Baran hat zwei Stücke aus dieser Zeit veröffentlicht. Wahrscheinlich entstand auch „Happy Sundays“ vor zwanzig Jahren – vielleicht ist das ganze aber ein Mythos. Auf dem Label-Etikett steht 1989. Wer weiß? Wie auch immer: Ortloff bleibt groß.
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