Jens Wollweber – Gründer von frohfroh, Texter und Tech-House-Verachter. Wir sprachen über seine Love-Hate-Relationship mit Moon Harbour und seine verpasste Karriere als Influencer. Ach ja, und über frohfroh und Leipzig.
Unprätentiös gekleidet, mit dunkler Jeans und unverkennbarer schwarzer Blouson-Jacke sitzt der frohfroh-Gründer an einem Holztisch im Außenbereich des Tapetenwerkes. Das Wort an sich zu reißen erscheint schwer, denn in der Regel ist er derjenige, der die Fragen stellt und meidet weitestgehend Rampenlicht und Bühne.
Seit 2003 wohnt der gebürtige Jenaer in Leipzig: „Ich war hier in Leipzig, als es so richtig down war. Leipzig galt damals als schrumpfende Stadt – neben Detroit und anderen. In einem internationalen Kunstprojekt wurde recherchiert, was mit solchen schrumpfenden Städten passiert, wenn sie derartig ausbluten oder aussterben und wie man sie am Leben hält. Einerseits hatte das eine dystopische Seite, andererseits auch eine kreative, weil es eben auch diesen Freiraum schuf, der Leipzig später so anziehend machte. Es ist abgefahren miterlebt zu haben, wie schnell das switchen kann –
von totaler Depression, keiner hat Bock herzuziehen zu ‚ich will hierher‘ und ‚jeder will hierher‘.“
Es wundert nicht, dass genau dieser Widerspruch Faszination ausübt. So fesselt ihn nebendem Vergangenem, wie das von Patina und Nostalgie angestrichene West-Berlin, die Unvereinbarkeit in manchen Orten oder Gebäuden. Szenerien, die dazu konzipiert wurden, damit Menschen sich wohlfühlen, doch aus heutiger Sicht diesen Zweck nicht mehr erfüllen und einen Widerspruch in sich bergen, warum der Mensch es denn so belässt.
Germanistische Sprachwissenschaft und Politikwissenschaft studierte der Tristesse-Liebhaber pendelnd von Leipzig in Halle und begründet damit auch sein Halle-Faible-unter anderem wegen der Saale und der bergischen Landschaft, sagt er. 2001 lebte er eineinhalb Jahre in Dresden und entdeckte dort seinen Zugang zur elektronischen Musik. Denn zu Beginn war der technoide Spätzünder so gar nicht into: „Ich bin aus dieser Alternative-, Metal-, leicht Goth-Ecke gekommen.
Techno hatte ich gehasst. Ich habe es wirklich gehasst. Das war für mich richtig stumpfe Deppenmusik.
Ich kannte auch nur das, was damals bei Viva lief. Das war für mich nicht geil. Ich mochte lieber die Power und die Darkness der Gitarre.“
Irgendwann entdeckte er Autechre und die ganze Electronica-Ecke. Die Scheune Dresden präsentierte häufig derartige Sounds in Form von Konzerten. Wie der Zufall es will, spielte Rechenzentrum, ebenfalls musikalisch experimentell verortet, eines Abends allerdings ein Techno-Set. Er spürte, welche Gefühle es auslösen kann, wenn ein Raum mit derartigen elektronischen Klängen bespielt wird. So öffnete sich der Gelegenheitsraver für House Music, später für Minimal und auch für Techno zu Beginn der Nullerjahre: „Als es langsamer und subtiler wurde, hatte ich dann plötzlich diesen Zugang. Mittlerweile höre ich jetzt Sachen, die in den 90er Jahren groß waren.“ Dabei fliegt ein verschmitztes Lächeln über die Lippen des Wortschatz-Affinen.
Neben dem Studium begann der heute 38-Jährige Geld mit Texten zu verdienen und arbeitet seit 2010 hauptberuflich als PR- und Werbetexter. Doch auch mit Beatmatching probierte er sich und kaufte Platten – inspiriert von seinen ersten Techno-Erfahrungen: „Ich bekam es aber einfach nicht hin. Ich glaube, ich habe einfach kein Taktgefühl. Ich probierte auch spaßeshalber Ableton. Aber wenn ich das dann hörte, dachte ich: ‚Puh, okay, es klingt aber trotzdem scheiße!‘“
Was er mit den Beats vermeintlich nicht kann, gelingt ihm umso besser mit Worten. So ist frohfroh sein Beitrag zur Szene – und das schon seit 10 Jahren.
Du bist der Gründer von frohfroh. Vor 10 Jahren hast du den Online-Musik-Blog ins Leben gerufen. Was war deine Motivation?
Ich war fünf Jahre beim Stadtmagazin Kreuzer Clubbing-Redakteur. Als KANN-Records 2008 an den Start gingen, wurde eine Art Welle losgetreten. Scheinbar motivierte das einige Leute auch Platten heraus zu bringen oder zu sagen „Ich mach auch schon ewig Musik, ich will das jetzt auch rausbringen!“. Dadurch kam dann plötzlich relativ viel raus. Im Kreuzer konnte ich es auf den paar Seiten einmal im Monat nicht mehr abbilden. Das frustrierte mich. Ich wollte den Leuten mehr davon zeigen, was da gerade abgeht. Es war für mich beeindruckend. Vorher kannte man Frankman, man kannte Moon Harbour. Das waren die Sachen, die man mit Leipzig und elektronischer Musik verband. Dann ist plötzlich total viel entstanden, neue Acts, neue Labels. Ich hatte keinen Kanal. Damals waren Blogs der neue Shit. Es ließ sich leicht einrichten und war einfacher als ein Printmagazin zu gründen.
Also warst du als Blogger deiner Zeit voraus. Warum hat es nicht mit der Influencer-Karriere geklappt?
Weil mein Narzissmus nicht groß genug ist. Aber ich kann ja jetzt als Best-Ager-Influencer noch mal durchstarten.
Wie ging es nach der Idee zu frohfroh weiter? Gab es Unterstützer?
Mein bester Freund Stefan ist Gestalter und erklärte sich bereit, das Design zu machen. Es gab drei verschiedene Designs bei frohfroh. Er gestaltete sie alle. Das war schon von Anfang an eine große Unterstützung. Wir hatten damals 2009 auch einen Programmierer, der uns kostenlos die Seite programmierte. Deswegen hatte das Beides, sowohl Programmierung als auch Design, von Anfang an eine relativ hohe Qualität – auch für einen Blog. Viele Blogs sahen damals nach Standard und nicht so geil aus. Frohfroh war optisch schon eine andere Qualität. Inhaltlich gab es damals noch keine Unterstützer – keine anderen Autor*innen.
Wie finanziert sich frohfroh?
Gar nicht. Es gab immer mal lose Überlegungen, ob man Werbung schaltet oder eine Art Abo-Modell macht. Werbung hat sich immer nicht gut angefühlt und war auch nicht lukrativ genug. Die Seite ist durch den lokalen und Szene-Fokus so beschränkt in ihrem Wachstum, dass es niemanden als Werbeplattform interessiert hätte oder nur in geringem Maße. Davon hätte man auch nicht leben können oder eine Redaktion aufbauen können.
Darum war es für mich klar, es ist eine Spielwiese, ich verdiene mein Geld mit anderen Sachen.
Es gab eine Crowdfunding-Aktion, die auch erfolgreich war. Die federte den Aufwand ein bisschen ab, aber das war jetzt keine Finanzierung, wie es richtige Magazine und Verlage hatten oder haben. Es ist schon sehr stark vom Idealismus aller Beteiligten geprägt.
Was hat dich damals angetrieben?
Ich hatte die Möglichkeit durch frohfroh die elektronische Szene zu begleiten. Ich war nie Musiker. Ich war nie DJ – obwohl ich‘s gerne mal geworden wäre. Ich konnte nur Schreiben. Das war meine Möglichkeit in gewisser Weise Teil dieser Szene zu sein. Außerdem hatte ich Bock den Leuten zu zeigen, was hier alles geht. Leipzig hatte damals eine Art Underdog-Image. Ich wollte aufzeigen, was hier an Vielfalt und Qualität da ist, an musikalischer, künstlerischer, kuratorischer Qualität – nach innen und im bedingten Maße über die Grenzen hinaus.
Stand frohfroh schon mal auf der Kippe? Wie ging es weiter?
Es stand 2015 auf der Kippe. Damals hatte ich eine Blockade und dadurch keinen Antrieb. Ich war auch privat in einem krassen Loch. Das wirkte sich auf alles aus, eben auch auf den Blog. In dem Moment war alles sinnlos. Frohfroh lag ein viertel Jahr fast brach. Christoph, ein wichtiger Autor, hielt es noch ein wenig am Leben. Es gab sogar einen Moment, an dem ich dachte, frohfroh ausfaden zu lassen finde ich doof, lieber ganz beenden. Der Moment löste sich, als ich mit Booga sprach – ein stadtbekannter DJ, Betreiber des Labels Defrostatica. Er meinte irgendwann: ‚Alter, was soll das? Mach das. Es ist wichtig, dass die Seite da ist. Komm mal raus! Komm mal klar!‘ – Das rüttelte mich tatsächlich auf. Ich merkte, es macht vielleicht doch Sinn frohfroh weiter zu machen. Es kann mir auch wieder einen Sinn geben. Der Impuls brachte mich wieder auf die Spur. Dann kam die Crowdfunding-Aktion. Die pushte mich auch noch mal.
Erfährt frohfroh häufig ähnliche Wertschätzung von außen?
Das kommt nicht oft vor. Das finde ich auch nicht schlimm. Ich glaube, bei Sachen, die laufen, ist es seltener, dass ständig gesagt wird, wie wichtig das ist. Das wird eher nebenbei gesagt, wie viel Leute das dann doch irgendwie lesen oder wie viel Leute die Ausgehtipps anschauen. Oder Musiker sagen, sie gucken schon immer drauf. Aber es ist jetzt nicht so, dass regelmäßige Wertschätzung da ist. Die kann man, glaub ich, auch nicht erwarten.
Gibt es Hater?
Es gibt die typischen Trolls – aggressiv und dumm. Zum Beispiel gibt es einen, der sehr straight gegen Links, gegen das Conne Island, gegen das Institut fuer Zukunftagiert. Er hat scheinbar ein Feindbild, was auch ins Verschwörungstheoretische geht. Ichfinde es zwar eher belustigend, aber ein bisschen erschrocken bin ich schon. Da steckt Aggressivität mit drin, die mir sonst nicht entgegen gehauen wird.
Was ist nervig an frohfroh?
Die Ausgehtipps zu schreiben hat so eine Regelmäßigkeit, eine Routine. Sodass ich dann nach acht Jahren keinen Bock mehr darauf hatte. Es gab Wochen, in denen es okay war. Aber dann gab es auch Momente, in denen es irgendwie lästig war. Zum Beispiel wenn jobmäßig viel los war. Ich hatte aber auch soviel Pflichtbewusstsein, es trotzdem durchzuziehen. Der Vorteil war natürlich, dass ich immer wusste, was los war – auch wenn ich nicht hingegangen bin. Wenn ich mehr Feiern gegangen wäre, gäbe es wahrscheinlich auch kein frohfroh. Da hätte ich vermutlich nicht die Energie gehabt.
Welche Interviews sind diram meisten in Erinnerung geblieben?
Tatsächlich war es das Interview mit dem IfZ, nachdem sie ihr erstes Jahr hinter sich hatten. Am Anfang hielten sie sich schon verschlossen, waren etwas reserviert gegenüber der Presse. Dann kamen sie von sich aus auf uns zu, ob wir nicht Lust hätten zum Einjährigen ein Interview zu machen. Darüberwar ich mega happy. Ich glaube, es war damals eines der ersten Interviews, die es gab. Und es war ein sehr gutes, sehr offenes Interview – sehr reflektiert. Ich empfand es extrem positiv, wie schonungslos sie mit diesem Jahr und mit diesen Herausforderungen umgingen.
Dass dieses Öffnen jetzt nicht nur dafür da war sich zu promoten und zu sagen ‚Wir sind der geilste Club der Erde!‘, sondern auch zu sagen, was krass läuft, was schiefläuft und wo Herausforderungen liegen.
Es war sehr ehrlich, sehr authentisch und hatte auch eine extrem hohe Resonanz – einer der erfolgreichsten Artikel, würde ich sagen.
Wie geht es aktuell weiter mit frohoh?
Nasti hat quasi die Chef-Redaktion übernommen – gleich mit einem großen Projekt. Zum zehnjährigen Jubiläum gab es ein frohfroh-Printmagazin. Das ist maßgeblich von ihr vorangetrieben worden. Ich hoffe, dass sie noch weiterhin Bock hat und das irgendwie prägt – mit einer anderen Weise, als ich das bisher gemacht hatte.
Es gibt zwar ein paar Meinungen, dass die Musik fehlen würde, was auch ein bisschen stimmt. Es sind ja schon wesentlich weniger Reviews und Artist-Interviews als bisher. Aber ich finde ihren feuilletonistischeren Ansatz gut. Auch kommen mehr People-Themen rein. Es gibt jetzt mehr Autor*innen als früher. Dadurch kommen noch mal verschiedene Themen rein. Ich hoffe, dass dadurch eine Art Generationswechsel eingeleitet wird, der das Projekt dann auch künftig vorantreiben wird.
Wie fühlte es sich an, die Leitung deines „Babys“ in andere Hände zu geben und Kontrolle abzugeben?
Es fühlte sich sehr gut an. Es gab mir die Sicherheit, dass es weiter geht. Ich habe arbeitsmäßig recht viel zu tun, sodass ich für frohfroh nicht mehr in dem Maße Zeit und Energie habe, wie ich mir das wünsche. Insofern ist es für mich extrem beruhigend zu wissen, dass da jemand ist, der frohfroh jetzt vorantreibt oder weiter am Leben hält, der neuen Input reinbringt und auch neue Autor*innen. Ich bin auch bereit für einen Generationswechsel. Ich bin nicht mehr der Jüngste und merke, dass ich manchmal auch nicht mehr ganz so nah an den neusten Entwicklungen der Szene dran bin.
Es ist gut, wenn frohfroh es schafft, die Neugier und Nähe am Neuen weiter zu behalten und nicht mitaltert und irgendwann nur noch über die guten alten Zeiten schreibt oder nur noch Manamana abfeiert.
Wie hat sich frohfroh in den letzten 10 Jahren verändert?
Es hat sich geöffnet, personell und auch inhaltlich. Es kamen bereits vor zwei, drei Jahren neue Autor*innenhinzu. Das verstärkte sich jetzt durch Nasti noch. Es ist noch offener geworden. Auch schon davor ist frohfroh größer geworden. Es gab mehr Rezensionen, mehr Ausgehtipps. Weil natürlich auch mehr Clubs da waren und weil es generell mehr anzukündigen gab. Das ganze Volumen hat sich erhöht und natürlich auch der Arbeitsaufwand dadurch. Von Kathi Groll kamen noch Podcasts nach der Crowdfunding-Aktion hinzu. Es gab im Prinzip immer schon ein Bergauf, dann gab es so ein Down 2015, dann ging es wieder hoch. Jetzt ist wieder eine Hochphase.
Wer ist dein Wunsch-Interview-Partner, den du schon immer gern kennen lernen wolltest?
Was ich nie geschafft habe, was ich aber immer gerne gemacht hätte, ist ein Interview mit Kassem Mosse zu führen. Er hat aber irgendwie keinen Bock gehabt – auf Interviews generell nicht oder auf frohfroh nicht. Vielleicht empfand er einen lokalen Blog zu banal oder vielleicht fand er ihn doof, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall hat das immer nie geklappt. Das fand ich schade.
Du bist sehr ehrlich in deinen Rezensionen. Gibt es dabei ein Gewissen, wenn du einen Verriss schreibst oder gibt es eine Art Angst, wie es ankommt?
Es kommt immer darauf an. Ich habe Bock zu sagen, wenn es mir nicht gefällt. Aber ich mache es in einem Ton, der nicht verletzend ist. Ich versuche zu erklären, warum ich das jetzt gerade so sehe. Bei Moon Harbour aber war ich schon hart, genervt, gelangweilt-genervt. Das kehrte ich raus. Wenn ich das Gefühl habe, stilistisch und inhaltlich relativ weit weg zu sein – und vielleicht auch persönlich – fällt es mir leichter. Das letzte Micronaut-Album fand ich auch nicht gut. Das schrieb ich dann auch so. Aber es gab dabei schon einen Konflikt in mir. Denn ich mag ihn als Mensch und respektiere ihn. Am Ende schrieb ich trotzdem einen Verriss – keinen schlimmen, harten. Es gab dann aber auch Kommentare dazu, die das nicht so sahen.
Die Szene ist ja klein, bevorzugt man dabei Freunde oder Bekannte?
Ich war nirgendwo so richtig in der Szene drin, weder in irgendwelchen Crews involviert, noch war ich mit einem Act richtig befreundet. Es waren immer gute, lose Bekanntschaften. Deswegen konnte ich nicht in einen Gewissenskonflikt geraten und hatte immer eine gewisse Distanz, die mir die Sicherheit gab Dinge auch anders zu beschreiben. Das war ein Bonus für mich.
Wie siehst du die Rolle frohfrohs in der Szene in Leipzig?
Die ersten fünf bis sechs Jahre war das schon ein gegenseitiges Befruchten. Die Szene ist damals so gewachsen. Ein Medium, wie frohfroh, konnte das nochmal potenzieren. Bestimmte Entwicklungen wurden damit öffentlich gemacht, die vielleicht nicht jeder in der Form und Fülle bemerkt hätte. Das pushte sich gegenseitig ein bisschen hoch. Insofern würde ich schon sagen, dass frohfroh durch die aufblühende Szene ein bisschen mit aufblühte. Mittlerweile ist die Seite eine Instanz, die irgendwie da ist – ein Teil der Szene. Es ist schwer zu sagen, was das jetzt gerade bedeutet und macht. Ich glaube, die Ausgehtipps sind immer noch wichtig für viele Leute. Es ist auch für viele Labels und Acts wichtig, dass sie da stattfinden. Aber es gibt jetzt nicht mehr so einen Hype drum. Es ist eine gewisse Konsolidierung.
Wie hat sich die elektronische Musikszene in Leipzig in den letzten 10 Jahren verändert?
Es ist extrem viel dazugekommen. Auch ist ein anderes Selbstbewusstsein für Themen vorhanden, die früher noch keine Rolle gespielt haben. Die ganzen Awareness-Themen, die durch das IfZ, aber auch im Vorfeld schon durch die Drugscouts gesetzt wurden. Vorher war es mehr eine Feierkultur, jetzt gibt es eine andere Empathie-Ebene, bei der Leipzig schon weit vorn ist. Ausgehen ist prinzipiell diverser geworden. Es gibt mehr Clubs, natürlich sind auch welche weggefallen. Aber es gibt hier noch Elan, etwas zu machen.
Es sind auch extrem viele Labels, Künstler*innen und DJs dazugekommen.
Wie geht es in deinen Augen mit der Szene weiter?
Ich glaube, dass sich jetzt so einiges konsolidiert. Es gab einen Zuwachs. Ich kann mir vorstellen, dass das Level jetzt auf der Höhe bleibt. Mittlerweile ist auch in Deutschland klarer – oder sogar auch international – dass Leipzig eine relativ vitale Szene hat. Das war vor 10 Jahren noch nicht der Fall. Da kannte man nur Moon Harbour oder Frankman aus der Deep-House-Szene. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wenn die Freiflächen weniger werden, dass dann auch die Szene kleiner wird oder ausstirbt. Dafür ist die Stadt zu attraktiv und dazu gibt es immer noch genügend Freiräume, wie industriell geprägte Quartiere in Plagwitz oder in der Dessauer Str. – Gewerbeeinheiten, wo nicht unbedingt Leute wohnen.
Was wünschst du dir in Leipzig in Bezug auf die Szene?
Ich wünsche mir mehr Raum für experimentelle Sachen, wie zum Beispiel das Balance Festival oder die Gegen-Krach-Reihe, bei denen es auch noch mal ein anderes Genre gibt als House und Techno. Wie auch im IfZ die Cry-Baby-Party-Reihe lief. Da hatte ich das Gefühl, dass da auch noch mal ein Sound reinkommt, von dem ich zuvor noch nichts gehört habe oder was ich nicht so auf dem Schirm hatte. Das fand ich extrem bereichernd, weil man auch neue Sounds entdecken kann. Die Szene ist sonst schon sehr House-Techno-dominiert. Auch wünsche ich mir mehr kleine Locations – zwei- oder dreihundert-Personen-Clubs. Ich fand die Blaue Perle cool, auch wenn sie nicht optimal war. Dort haben aber wenige Leute gereicht um einen geilen Abend zu haben und auf diesem Mini-Dancefloor irgendwie Spaß zu haben.
Was wolltest du schon immer sagen?
Ich habe großen Respekt vor Moon Harbour. Auch wenn ich die Musik nicht spannend finde und mich manchmal frage, wie der Sound denn so erfolgreich sein kann. Aber ich finde es geil, wie straight sie das hochgezogen haben und wie straight Matthias Tanzmann immer noch durch die Welt tourt, sich wirklich eine krasse Karriere und ein Unternehmen aufgebaut hat, von dem mehrere Leute leben.