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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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Sammeln oder hören?

27. September 2010 / Kommentare (4)

„Last digital copies …warehouse find!“– so verlinkten Kann Records via Facebook am letzten Freitag auf einen MP3-Shop in dem die aktuelle EP digital verkauft wird. Eine wunderbare Persiflage auf eine große Frage.

Und die Frage geistert nicht erst seit Freitag im Raum: Macht die materielle Verknappung von Tonträgern Musik an sich wertvoller? Ich kann die Freude nachvollziehen wenn plötzlich ein paar Exemplare einer verschollenen Lieblingsplatte auftauchen. Oder wenn im Plattenladen wieder eine limitierte Edition da steht. Vinyl ist einfach auch ein Sammlerstück.

Doch oft genug habe ich mich ertappt, dass ich Platten kaufe, die mich als limitiertes Sammlerobjekt begeistern – musikalisch bewegten sie mich dann aber doch weniger als erwartet. Was heißt Limitierung heute überhaupt noch, wo viele Labels nur noch 500er-Auflagen pressen lassen. Geht es hier nicht um zwei verschiedene Dinge: Sammelleidenschaft für ein Tonträgerformat hier, Musik da. Bei Vinyl trifft beides zusammen, wird allerdings auch unheimlich mit Bedeutung überladen.

Ein Track als MP3 scheint weniger wert zu sein als auf Vinyl. Klar, bei Zero“ kostet eine Kann Records-EP etwa 4 Euro, im Freezone sind es 8. Da gibt es Kosten-Unterschiede. Aber die Musik ist in beiden Shops gleich gut. Oder gleich langweilig.

Im Internet gibt es keine Limitierung mehr. Es kann sie durch all die Rapidshares & Co auch gar nicht geben. MP3s lassen sich super schnell kopieren und weiter vertreiben. Auch die CD ist davor nicht gefeit. Liegt da letztendlich der Reiz vom Vinyl? Hier kann ein Tonträgermedium ohne Maschinenbau-, Chemie -oder Physikstudium nicht so einfach vervielfältigt werden.

Im Prinzip ist es das einzige Medium in dem eine Limitierung auch tatsächlich garantiert werden kann – außer ein Label lässt heimlich nachpressen. Und doch geht für mich diese Verbindung von Tonträger und qualitativer Bewertung von Musik noch nicht ganz auf. Da wird zu schnell das digitale Medium abschätziger betrachtet als eine limitierte Platte. Wie lange bewegen wir uns also noch in einer Übergangsphase?

Fotos
Vinyl: http://www.flickr.com/photos/carljohnson/
Stick: http://www.flickr.com/photos/littledebbie11/

CommentComment

  • sebastian / 28. September 2010 / um 22:03
    ADD.ITION, du bringst es mit deinen zeilen auf den punkt – vielen dank!
  • add.ition / 28. September 2010 / um 09:59
    da stimme ich dir vollstens zu, wobei natürlich auch hier der link zum digitalen der vater des gedankens ist. ich möchte keinem users ableton´s und co. seinen technischen und musikalischen horizont und/oder geschmack absprechen, doch die geschenkte einfachheit und komplexität, wird doch häufig sträflich ge-(miss-)braucht. aber dies liegt vielleicht wie immer im ohre des hörers. ich warte auf den winter und die studio-sessions der produzenten - wer weiß welch perle - ob nun digital oder auf schwarzes gold gebannt - uns erwaten wird. hauptsache, um es mit kindlicher einfachheit zu sagen, es ist SCHÖN.
  • Jens / 28. September 2010 / um 09:37
    Ja, da gebe ich dir Recht. Die Schwelle zur Belanglosigkeit ist beim Digitalen niedriger. Aber gab es in den letzten Jahren nicht auch einen massiven Anstieg an Vinyl-Labels, auf deren Output man hätte gut verzichten können? Das ist ja genau die Frage: Heiligt ein haptisches Tonträgerformat mittelmäßige Musik?
  • add.ition / 28. September 2010 / um 07:31
    Übergangsphase? gibts die denn? ist es nicht eh schon zu einer spaltung zwischen digitalen-usern und analogen-lovern gekommen?genauso schnell wie vervielfältigt, werden mp3 doch auch gespielt! soll heißen die musikalische halbwertszeit einer platte scheint doch länger zu sein als digitale realeses - geschuldet durch den höheren preis der produktion und dem damit hoffentlich verbundenen bewusstsein, dass es gute musik ist, die es sich lohnt, künstlerisch wie monetär, auf vinyl zu verewigen. wie schnell ist doch ein track teilweise produziert, ins netz gestellt und und im klicken des download-buttuns schon wieder in seiner bedeutungslosigkeit aufgegangen? gerne der technologischen zukunft zugewandt, aber doch bitte mit verstand und vor allem geschmack! in diesem sinne: für mehr haptik im leben.

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