Am vergangenen Wochenende wurden zwei neue Platten gefeiert, die stilistisch nicht weit von einander entfernt sind. Pyjama Pyrat & Mute-Nation debütieren mit einer Veröffentlichungsserie. Alphacut legt die Nummer 21 nach.
„Encephaleon 1“ heißt das Debüt von Pyjama Pyrat & Mute-Nation, zwei Leipziger Drum’n’Bass-Protagonisten aus dem Ulan Bator-Umfeld. War Pyjama Pyrats Vorgänger-Projekt Styleconfusion eher im Drum’n’Bass verwurzelt, so schreitet er mit Mute-Nation in Richtung Dubstep und Grime. Ein Sound, der in Leipzig zwar längst angekommen ist, aber allzu viele Produzenten scheint es hier nicht zu geben, die sich an eine Veröffentlichung trauen. „Encephaleon 1“ könnte insofern vielleicht auch eine Initialzündung sein.
Auf vier Teile ist die Serie angelegt – alle halbe Jahre soll eine neue Folge kommen. Encephaleon ist übrigens der Fachbegriff für Gehirn eine Gehirnkrankheit, die durch eine Bleivergiftung verursacht wird. Ist das sogar ein Verweis zu dem Blei-Hanf, das vor zwei Jahren durch Leipzig geisterte? Dass hier ein Dubstep-Album entsteht, wurde schon bei einer Ulan Bator-Jahtari-Party angekündigt. Ein Jahr später ist jetzt also soweit.
Und „Encephaleon 1“ ist fast schon episch in den Sounds. Elegisch im Tempo und selbstbewusst in seinem Pathos. Juliane Wilde und Instruktah D. sind als Sänger dabei. Was besonders auffällt ist der Pop-Charakter hinter den Tracks. Das ist nichts zwingend für den Club. Einmal durch die Vocals, aber vielmehr noch durch die Arrangements. Die Tracks stecken voller Brüche.
Das ist einerseits spannend, andererseits überladen diese Wendungen die einzelnen Stücke immer wieder auch. Schroffe verzerrte Sounds treffen filigrane Melodien, riesige Wobble-Bass-Wellen schieben nach vorn und ab und an ist auch der Autotune-Effekt mit dabei. Das klingt nach TripHop mit neuen Mitteln – ähnlich bedrückend und düster, aber in den Sounds eben doch sehr Dubstep-beeinflusst.
Eigentlich stimmt vieles an „Encephaleon 1“, nur die Überladenheit und die etwas zu saubere Atmosphäre zwischen Tönen nehmen diesem Einstand ein wenig von der klanglichen Faszination. Das könnte noch etwas rougher klingen. Und etwas entschlackter.
Damit rüber zu Alphacut Records, die in den 20er-Nummern ganz auf Weiß setzen. Weißes Vinyl, weiße Hülle. Weiß auch der viele Schnee, der in Estland und Finnland im Winter liegen dürfte. Von dort kommen nämlich Dejaru und Paranoid Society her. Die Esten spielen zudem noch mit „White Lies“. Ein reduzierter rhythmischer Track, freudig tänzelnd und irgendwie mit einer etwas ironisch klingenden Poesie kokettierend.
Zumindest haben die Fanfaren in der Mitte auch etwas Hymnisches, dem der Schalk jedoch eindeutig anzuhören ist. Dejaru wirkt dazu wie ein strenger Gegenpart. Düster und rastlos, sehr loopig in den Zwischentönen. „Black Mask“ heißt das Stück und es rundet die Dramaturgie dieser Platte klanglich und mit seinem Titel ab. Auf jeden Fall ist Alphacut gerade wieder mit hohem Puls unterwegs.
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