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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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The Micronaut auf Olympia-Kurs

31. Januar 2022 / Kommentare (0)

Pünktlich zum Olympia-Jahr 2020 wollte Micronaut eine musikalische Hommage zur Olympiade veröffentlichen – doch es kam anders als geplant. Nun aber ist alles komplett und wir haben ein Mini-Interview mit ihm.

Diese Woche beginnen die Olympischen Winterspiele in China, Micronauts zweites „Olympia“-Album ist also genau pünktlich erschienen. Im September 2020 kam bereits der erste Teil heraus – auch auf dem renommierten Label Ki Records. Damals mussten die Sommerspiele in Tokio aber corona-bedingt um ein Jahr verschoben werden.

Aber egal, konzeptionell geht das Album-Duo sehr gut auf. Es featured fast jeder Sportart einen eigenen Song. Musikalisch unterscheiden sie sich in feinen Nuancen, die „Summer Games“ klingen an vielen Stellen tatsächlich etwas wärmer, leichter und poppiger. Dagegen wird es bei den „Winter Games“ darker und schroffer – beispielsweise wechselt „Ice Hockey“ von einem breakig-gleitenden Intro plötzlich in bedrohlich-dramatische Phasen.

Micronaut hat auf den beiden „Olympia“-Alben seinen Sound-Mix noch einmal deutlich verfeinert und auf ein neues Level gebracht. Die hektisch-springenden UK-Breaks und weit ausholenden, teils sogar ravigen Synth-Melodien; die mal kurz gesampleten, mal story-erzählenden Vocals – all das sind Elemente, die Micronauts Spektrum schon lange prägen. Aber auf den beiden Alben klingt es insgesamt noch viel stimmiger und in sich geschlossener als zuvor. Auf jeden Fall haben die UK-Einflüsse auch noch einmal mehr an Gewicht gewonnen – und das ist definitiv ein Gewinn.

Weiter unten erzählt Micronaut selbst etwas mehr zum Entstehungsprozess und schaut zurück auf 10 Jahre Micronaut.


Interview mit The Micronaut

Wie kam die Idee zu zwei Olympia-Alben?

Es sind gar nicht zwei verschiedene Alben – die gehören schon zusammen. Ursprünglich sollte es eine Doppel-Vinyl werden, alle 24 Lieder waren ja schon fertig. Und dann wäre genau wie jetzt, eine Platte „Summer Games“ und die andere „Winter Games“ geworden. Nun kommen beide nacheinander raus.

Gibt es bewusste Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen beiden Alben?

Ja, ich führe meine Strategie und Albumstruktur fort, jeder Track ist dem Thema des Albums untergeordnet. So sind jeweils die Sommer- und Wintersportarten aufgeteilt. Als ich bei den ursprünglichen Songskizzen am Fertigproduzieren war, hatten die meisten noch gar keinen richtigen Namen. Ich fing dann an, alle Tracks in Kategorien aufzuteilen – wie z. B. filigran, detailliert, brachial, robust, intensiv, sensibel, ausdauernd, team, solo, fokussiert. Alle Tracks und auch Sportarten ließen so so zuordnen. Die „Summer Games“ hat schon wärmere Vibes und die „Winter Games“ ist hingegen eher rau und hat irgendwie mehr eine kühle Weite.

Die „Summer Games“ hatten einen deutlicheren UK-Einschlag als zuvor, finde ich – haben sich deine Sound-Präferenzen in den letzten Jahren noch einmal erweitert und verschoben?

Wäre schlimm wenn nicht. Ich will mich ja nicht wiederholen. Den Sound vom „Friedfisch“-Album konnte ich nur einmal machen. Die Musik, die ich höre, hat natürlich auch einen Einfluss auf das, was ich mache. Klar habe ich immer noch meine Jungle- und Drum & Bass-Helden von damals, aber ich bin immer sehr interessiert an neuen Sachen oder entdecke alte Schätze.

Selbst wenn Scuba oder Joy Orbison Techno machen, hat das immer diesen UK-Touch und irgendwie holt mich das mehr ab. Trotzdem bin ich aber auch großer Fan von Marko Fürstenberg und Vainqueur. Ich habe angefangen, wieder ganz naiv Musik zu machen und mich von Strukturen oder festgefahrenen Produktionsweisen zu lösen.

„Das Experimentieren ist wichtig geworden.“

10 Jahre Micronaut – Zeit für einen Rückblick, was waren deine Highlights, deine Struggles?

Ich habe mal gesagt, eine Platte mit meiner Musik, das ist ein großer Traum. Und das war das „Friedfisch“-Album. Alles was danach kam, war ein Bonus, den ich zu meinen Highlights zähle. Ich konnte mich 2014 als Musiker selbstständig machen und lebe bis heute diesen Traum – auch wenn es gerade schwierig ist.

Struggles gab es auch genug, aber die nehme ich dafür gerne in Kauf. Ich bin dankbar für alles, was ich durch 3000 Grad, Freude Am Tanzen, Ki Records und natürlich Marv von MR Kultpro ermöglicht bekommen habe.
Das bin nicht nur ich, es gibt viele Freunde, die mich unterstützen. Meine größten Highlights sind eher die Leute, die ich durch die Gigs kennengelernt habe. Da sind manchmal sogar Freundschaften draus entstanden. Auch dass ich Orte bereisen kann, die ich ohne den Auftritt dort niemals gesehen hätte, ist toll. Ich kann jetzt nicht nur drei bis vier Bespiele nennen.

Du lebst seit einiger Zeit in einem Dorf bei Leipzig – hat das dein Musikmachen verändert?

Mein Studio war schon immer ein kreatives Spielzimmer zum Musikmachen. Nicht clean, sondern etwas unaufgeräumt und gemütlich, mit vielen Erinnerungsstücken wie Fotos oder kleinen Mitbringseln von unterwegs. Ich brauche solchen Kram um mich rum, der mich an schöne Momente erinnert – einfach zum Wohlfühlen. Wo dieser Raum dann ist, spielt keine Rolle. Darum hat das Dorf auch keinen Einfluss auf meine Produktionen. Der einzige Unterschied ist, wenn ich jetzt zweimal am Tag eine Hunderunde gehe: Ich muss nicht erst mit dem Auto fahren, um in den Wald zu kommen, ich gehe einfach vom Hof und bin da. Ich fahre aber trotzdem mindestens einmal die Woche nach Leipzig. Freunde besuchen,  Essen gehen usw. – 20 Kilometer, easy.

Was für Specials sind rundum das neue Album geplant?

Ideen gibt es viele, nur die Umsetzung musste schon mehrmals verschoben werden. Es gibt eine neue Liveshow mit neuer Lichtshow. Und es ist was mit den Icefighters und der Spielvereinigung Süd geplant. Ich hoffe, dass wir bald wieder live spielen können und das noch alle Clubs da sind.

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