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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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Spot on – Bastian Balders

19. Mai 2023 / Kommentare (0)

Label- oder Artist-Porträt? Bei Bastian Balders lässt sich beides sehr gut verbinden. Der Techno-Producer und DJ hat vor vier Jahren sein eigenes Label Balders Audio gegründet. Here we go!

Eigentlich hätten wir Bastian Balders schon früher auf den Schirm haben müssen. Er lebt immerhin seit fünf Jahren in Leipzig und hat hier 2019 auch sein eigenes Label gestartet. Doch erst mit der Balders Audio 007 klappt es nun. Auf eine kurze Nachricht hin, tauchten wir ein in einen sehr deep-treibenden Techno-Sound mit limitierten Vinyl-Releases und einigen interessanten Verweisen zu Alexander Kowalski, einem prägenden Berliner Techno-Helden der Nuller Jahre. Aber der Reihe nach.

Techno von Anfang an

Bei unserem Interview im Kapital, dem Café der gfzk, skizziert Bastian seinen bisherigen persönlichen und musikalischen Weg. Er führte ihn von seiner Heimatstadt Siegen zum Studium nach Frankfurt am Main. Davor war er schon längst im Techno angekommen. Sein Vater ist selbst großer Fan gerader Bassdrums und schenkte seinem Sohn zur Schuleinführung eine Techno-Compilation. Seitdem schlägt Bastians Herz durchgängig für diesen Sound – mit einem Side-Faible für finsteren Black- und Death Metal sowie House und Electro.

“Am Anfang war Chris Liebling ein großes Vorbild für mich. Das war damals noch die Schranzzeit. Auch Sven Wittekind habe ich oft gehört und bei Viva alle Sendungen zur Mayday und Love Parade geschaut. So etwas wollte ich auch mal machen – einen Sound, der vorwärts geht.” – Bastian Balders

Als Kind wollte er schon DJ werden. Doch erstens hatte der wenig Lust, in den Ferien zu arbeiten und Geld für Turntables zu sparen. Und zweitens kam es anders: Denn er startete zuerst mit dem Produzieren – eher ungewöhnlich. Oftmals wollen DJs irgendwann selbst Tracks für ihre Sets produzieren oder durch eigene EPs ihre Karriere pushen. Bei Bastian war aber erstmal die Faszination für eigene Musik größer. In seiner Jugend hatte er bereits Schlagzeug und etwas Klavier gelernt – da war der Schritt zum Produzieren später etwas einfacher, meint er. Los ging es in Berlin. Nach seinem Studium zog es ihn dorthin, der Feierkultur wegen natürlich.

Bilder: Iona Dutz

Er entdeckte den Tresor und die Griesmühle für sich, connectete sich mit der lokalen Szene und fing 2015 mit dem Produzieren kann. Mit FL Studio. Bis heute produziert Bastian ausschließlich digital und mit dieser Software seine Tracks. Kurz darauf folgten bereits die ersten EPs und Compilation-Beiträge auf kleinen Techno-Labels – und die Versetzung nach Leipzig.

Überraschung in Leipzig

“Ich hatte nie geplant, hierher zu ziehen – doch ich wurde durch meinen Job nach Leipzig versetzt und kannte erstmal niemanden und nichts von der Szene. Klar, die Distillery war ein Name für mich, aber sonst hatte ich keine Ahnung, was mich hier erwartet.” – Bastian Balders

In Leipzig angekommen, scannte er über Soundcloud und Facebook die lokale Szene und hat recht schnell gemerkt: Hier geht einiges. Mittlerweile fühlt er sich in Leipzig sehr wohl, er schätzt den guten kulturellen Spirit der Stadt und die Dynamik, die nach wie vor zu spüren ist. In der Kulturlounge hatte Bastian seinen ersten Gig hier – später spielte er auch in der Distillery und im Elipamanoke.

“Leipzig muss sich nicht verstecken – man kann hier sehr gut und auch lange weggehen. Vielleicht hat die Stadt sogar ein Überangebot an Artists, das die Clubs gar nicht stemmen können. Jeder möchte Gigs, gerade nach Corona“ – Bastian Balders

Sein Sound ist zuletzt etwas deeper geworden, meint er. Aber er stand auch vorher schon auf melodischeren Techno. Als er anfing mit dem Produzieren, war ihm zuviel Industrial und Tempo in den Clubs. Seine Lieblingsgeschwindigkeit liegt dagegen bei 130 bpm. “Ich finde das auch viel tanzbarer. Je schneller die Beats, desto schwerer ist es, mit dem Körper darauf zu reagieren”, meint er. Im aktuellen Hard Tek- und Trance-Drive kommt Balders Sound nun nochmals mehr als Gegenentwurf daher. Er ist reduziert und pushend, teils mit diffus-rauschenden Momenten und dann wieder sehr klar-scharfkantigen und auch weiter ausholenden Sounds. Bastians Techno-Entwurf ist fernab schneller Drops und lädt zum Eintauchen in längere Sessions ein.

Das Label – Balders Audio

Foto: Iona Dutz

Auch sein Label schwimmt etwas gegen den Trend: 2019 gründete er Balders Audio – vorwiegend als Plattform für eigene Tracks.

“Es dauert einfach unglaublich lange, bis ein Demo bei einem anderen Label veröffentlicht wird. Und mit manchen Labels klappt die Zusammenarbeit gut, andere entwickeln sich in Richtungen, die man selbst nicht unbedingt gehen mag. Deshalb war es für mich ein logischer Schritt, selbst ein Label zu starten.“ – Bastian Balders

Balders Audio ist ein Liebhaber-Projekt – genauso wie seine Musik. Es geht nicht darum, davon leben zu müssen. Es geht um die Leidenschaft für deepen Techno und die Freude, als Vinyl-Fan und -DJ selbst Musik auf Vinyl herauszubringen und bei R.A.N.D. Muzik direkt abzuholen.

“Es ist ein kleines Label, ja. Aber wer Bock darauf hat, findet mich auch. Ich habe auch gar nicht den Ansporn für einen riesigen kommerziellen Erfolg – das passt gar nicht zu mir als Typ.“ – Bastian Balders

Durch einige Releases auf dem Berliner Label Konsequent kam er mit oben erwähnten Alexander Kowalski in Kontakt – er ist dort als A&R tätig und fand Bastians Tracks gut. Da lag die Idee nah, ihn auch für Balders Audio einzuladen. Nach einem Remix brachte Kowalksi 2021 auch eine eigene EP heraus – in 10″-Vinyl-Kleinstauflage.

Mit der 007 gibt es nun eine weitere Öffnung des Labels. Es ist erstmals eine Split-EP – mit jeweils drei Tracks von Bastian und drei Stücken von Anton Kubikov. Dies ist ein russischer Producer, der mittlerweile in Berlin lebt und den Bastian für seine House- und Dub-Techno-Tracks sehr schätzt. So gibt es auf Balders Audio neben dem dunkel-treibenden Techno erstmals auch noch deepere Sounds zu hören.

Das Split-Format soll es auf jeden Fall weiter auf dem Label geben, meint Bastian. Es sei perfekt, um zwei Fanbases anzusprechen und vielleicht andere für neue Musik zu gewinnen.

Überhaupt hat Balders Audio an Tempo zugelegt. Seit Frühjahr 2022 kamen gleich drei neue Releases heraus. Corona habe Bastian und das Label ganz schön ausgebremst. Es machte einfach wenig Sinn, neue Platten zu veröffentlichen, wenn sie nicht im Club gespielt werden können, erklärt er rückblickend. Auch er selbst habe wenig produziert in dieser Zeit. Und das, obwohl es kurz vor der Pandemie bei ihm durchaus einen gewissen Schub gab, der darin gipfelte, in einem seiner Top-Lieblingsclubs spielen zu dürfen – dem Tresor in Berlin. Wenige Wochen vor den Clubschließungen war das. Ein Momentum, dass sicherlich viele aufstrebende DJs und Producer:innen in dieser Zeit den Boden unter den Füßen weggerissen hat.

Foto: Iona Dutz

Doch die Energie ist zurück – auch bei Bastian Balders. Deshalb passt auch unser Spot on gerade jetzt gut. Dieses Mal wieder mit einem exklusiven Mix.

In the mix

Tracklist:

Anton Kubikov – Spring Reverce Echo Delay
Kontinum – Digital Octopus
Kon Janson – Iteration Loop
Pris – Leech (Svreca Remix)
Jon Hester – Walking in Circles
Reeko – Weak Spots
Bastian Balders – Kaamos
Alex Bau – Wise Men Say
MSDMNR – Panic 1
Moreno Ácido – Kissing Games
Bastian Balders – Energies
PWCCA – Damage Environment
Fixeer – Rotin (Michel Lauriola Remix)
Hellix – Spark
Antonio De Angelis – Il Filo (Oscar Mulero Remix)
Sleeparchive – Peccant
Bastian Balders – Machinery
Distant Sun – Retrograde Motion

__Fotos

Und hier noch ein großes Danke an Iona Dutz. Von ihr kommen die Bilder dieses Porträts. Wie sie arbeitet und was sie bei ihrem ersten frohfroh-Shooting geflasht hat, erzählt sie hier:

“Hey, ich bin Iona. (Licht-) Stimmungen und Menschen sind ein super wichtiger Teil meiner Arbeit als freie Porträt- und Dokumentarfotografin. An meinem Job liebe ich es, immer wieder in neue Situationen und (Lebens-) Geschichten einzutauchen und sie sichtbar zu machen.“

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