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Christoph
Christoph mag es, wenn es breakig und verspielt klingt. Nicht zu gerade. Als Kid Kozmoe legt er auch auf. Und heimlich produziert er eigene Tracks. Aber pssst.

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Open Thursdays – Zu Besuch im offenen Klanglabor

30. Mai 2023 / Kommentare (0)

Der ZiMMT e.V. wird in diesem Jahr zweimal monatlich zu einem offenen Klanglabor. Hier kann jede:r mit räumlichen Sounds experimentieren. Unser langjähriger Autor Christoph hat sich das für uns angeschaut. Hier seine Eindrücke.

Seit 2020 existiert das Zentrum für immersive Medienkunst, Musik und Technologie, kurz ZiMMT e.V., das sich als “Galerie, Produktionsort, Konzertsaal, Forschungslabor und Netzwerk in einem” begreift, seine Türen jedoch erst seit 2021 für die Öffentlichkeit öffnete. Zahlreiche Veranstaltungen wie Sound-Installationen oder 3D-Audio-Konzerte finden seitdem statt.

Das Herzstück dabei ist das aus 32 Lautsprechern bestehende 3D-Audio-System, das von Künstler:innen, Musiker:innen und Entwickler:innen interdisziplinär bespielt werden kann.
Das ZiMMT möchte aber auch allen anderen Interessierten das Wissen rund um immersiven 3D-Sound vermitteln. Jeden zweiten Donnerstag im Monat findet dafür das Offene Klanglabor von 17 bis 21 Uhr statt – die Open Thursdays.

Neben dem Veranstaltungsraum mit der 3D-Klangkuppel sind auch das Research Lab und das 3D-Audio-Postproduktion-Tonstudio für Interessierte zugänglich. Hier kann man kennenlernen, wie die Verortung von Klangmaterial im Raum funktioniert. Dabei kann man vorgefertigtes Material nutzen oder auch eigenes Material mitbringen – z. B. auf USB-Sticks, externen Festplatten oder Laptops.

Zwei Expert:innen vom ZiMMT e.V. geben dabei eine Einführung in die verwendete Technik und stehen für Fragen bereit, darunter immer eine FLINTA-Person – der Verein möchte ausdrücklich FLINTA-Personen zum Mitmachen einladen. Das Angebot ist niedrigschwellig angelegt, so dass auch Einsteiger:innen willkommen sind. Aber wie sieht das in der Praxis aus?

Besuch vor Ort

Da ich mich kurzfristig entschieden habe, für frohfroh am Klanglabor teilzunehmen, bin ich ohne Vorbereitung in die Torgauer Straße gefahren. Als ich ankomme, ist der Workshop bereits im vollen Gange. Zunächst sind die etwa sieben oder acht Teilnehmer:innen im Tonstudio versammelt, in dem Helena und Paul vom ZiMMT e.V. das grundlegende Prinzip erklären.

Speziell für 3D-Audio-Systeme eingerichtete Plug-Ins für DAW-Software wie Ableton Live oder Reaper sind notwendig, um eigene Stereo- oder Mono-Audiospuren in ein Format zu wandeln, das die Anordnung der Sounds im Raum möglich macht. Zudem muss der Audiotreiber auf das Audio-System angepasst werden.

Relativ schnell wird deutlich, dass diese Einrichtung in Abhängigkeit von der verwendeten DAW und vom Betriebssystem die größte Hürde darstellt. Funktioniert einmal die Kopplung, kann man verschiedene Plug-Ins in der DAW verwenden, um eine ausgewählte Tonspur im Raum anzuordnen und zu verschieben. Dies lässt sich einerseits über Regler direkt ansteuern, andereseits über Automationsverläufe definieren. Die Verschiebungen können aber z.B. auch über einen LFO beeinflusst werden.

Die Teilnehmerschaft wird in zwei Gruppen aufgeteilt. Während die erste Gruppe im Tonstudio verbleibt, um an konktreten Projekten zu arbeiten, geselle ich mich zur zweiten Gruppe, die in der Klangkuppel vorbereitete Sounds durch den Raum bewegen möchte. Paul zeigt uns anhand von Schlagzeug-Grooves noch einmal die Anwendung eines Plug-Ins, mit dem über drei Regler das Schlagzeug konkret im Raum verortet wird. Nach und nach bekommt man ein Gespür, wie das Schlagzeug von der Mitte nach außen, von oben nach unten oder auch im Kreis geführt werden kann. Hilfreich ist dabei auch eine grafische Darstellung, die sozusagen die Koordinaten der drei Regler anzeigt und auch verschieben lässt.

Eine der teilnehmenden Personen lädt danach eigene Field-Recordings in Ableton. Wir hören die Aufnahme eines Zugs, mit der die Automation per LFO ausprobiert wird. Nach einigen Versuchen fährt dieser fast einmal im Kreis um uns herum. Später wird schnell ein Beat in Ableton gebaut, dessen Bassdrum munter im Raum umher wandert. Der Effekt fühlt sich hier klarer an als bei den schon recht räumlichen Field-Recordings.

Mit einigen anderen gehe ich zurück ins Tonstudio, in dem ein Teilnehmer seine für eine Performance gedachte Musik abmischt und uns das bisherige Ergebnis zeigt. Da passiert einiges! Gleichzeitig ist es gar nicht so einfach, eine Meinung daüber zu entwickeln, welche Elemente bereits gut funktionieren und welche Elemente noch weiterer Bearbeitung bedürfen. Auf jeden Fall spürt man deutlich, wieviel Zeit und Arbeit in der Entscheidungsfindung steckt.

Anschließend verbindet ein weiterer Teilnehmer seinen Laptop mit dem Audio-System im Tonstudio. Nach einigen Hin und Her mit dem Audiotreiber hören wir Aufnahmen, die nach Schüssen und Kriegsgeräuschen klingen und wieder im Raum verortet werden. Auch nebenan in der Klangkuppel lässt jemand parallel experimentelle Sounds durch den Raum wandern. Und schon sind vier Stunden des Ausprobierens vorbei.

Fazit

Natürlich ist das ein sehr kurz gefasster Ausschnitt des Abends. Zwischendurch gab es eine Menge Gespräche zwischen den Beteiligten – ob über Ideen, was mit dem Material ausprobiert werden kann, über technische Fragen, aber auch über die einzelnen Projekte der Beteiligten. Auch die beiden Ansprechpartner:innen vom ZiMMT e.V. standen für Fragen immer bereit.

Die Atmosphäre fühlte sich für mich sehr aufgeschlossen, mitunter auch konzentriert und zurückhaltend an, je nachdem, was gerade passierte. Dabei vereinte alle Beteiligten die Neugier auf die Möglichkeiten, die das ZiMMT e.V. mit seinem 3D-Audio-System bietet. Und ich bin mir sicher, viele werden häufiger am offenen Klanglabor teilnehmen. Auch für mich wird das sicherlich nicht einzige Besuch bleiben, denn natürlich würde ich super gern eigene Beats in 3D hören und wo bietet sich sonst so eine direkte Gelegenheit?

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und selbst am offenen Klanglabor teilnehmen möchte, hat am 15.06. / 29.06. / 13.07. / 07.09. / 21.09. / 05.10. / 19.10. / 02.11. / 16.11.2023 nochmals die Möglichkeit dazu.

Bitte meldet euch vorher per Mail unter klanglabor@zimmt.net an.

Bild-Credits: Nina Buttendorf

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