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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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“Manchmal wache ich mit fertigen Tracks im Kopf auf” – DJ Balduin

16. Juli 2023 / Kommentare (1)

Anfang Juni hat DJ Balduin sein Debüt-Album auf Kann Records veröffentlicht – ein äußerst vielschichtiges und warmherziges Werk. Im Interview wollten wir mehr zu dessen Entstehung wissen.

Es ist ein besonderer Interviewtermin mit DJ Balduin. Ende Mai, wir müssen nur ein paar Schritte aus dem gemeinsamen Co-Working-Studio heraus in den Hof des Tapetenwerks laufen. Ja, DJ Balduin und ich, wir sind Büro-Kollegen. Und unabhängig davon bin ich DJ Balduin-Fan. Dies ist also kein klassisches, rein-objektives Interview, ab und zu gibt es auch persönliche Abschweifungen.

Recht persönlich war auch schon DJ Balduins Beitrag zur detektor.fm-Reihe Plattenkoffer. Im Frühjahr 2021 stellte er dafür einige der Tracks vor, die ihn musikalisch sozialisiert haben – als Kind, Jugendlicher und junger DJ. Als Ergänzung zu unserem Interview ist diese Ausgabe auf jeden Fall zu empfehlen:

“Concrete Mimosa”

Doch in diesem Interview steht “Concrete Mimosa” im Fokus. Ein Debüt-Album, das so reif und erwachsen, so forschend und selbstbewusst, so erfrischend und nostalgisch zugleich klingt, dass ich es auch ohne Fan-Addiction feiern würde – ich bin mir äußerst sicher.

Denn “Concrete Mimosa” hat alles, was ein Album braucht: Den Mut, sich abseits dessen zu bewegen, wo sich DJ Balduin in seinen Club-DJ-Sets sonst bewegt. Die Überraschung dank des gelungenen Spagats, super vielfältig und doch total stimmig zu sein. In dem Happiness und dunkle Momente Platz haben dürfen. Auf dem in jedem Ton eine große Nähe, Vertrautheit, Herzlichkeit und Authentizität herauszuhören ist.

Damit passt “Concrete Mimosa” perfekt auf Kann Records, wo in den vergangenen 15 Jahren immer wieder solche starken Artist-Alben herauskommen. Falls noch nicht geschehen, dann hört unbedingt selbst rein:

Interview

Wir kennen uns ja seit ein paar Jahren persönlich und ich bin auch ein erklärter Balduin-Fan. Im Vorfeld zu dem Interview ist mir dennoch nochmal bewusst geworden, wie lange und vielfältig du dich bereits mit Musik beschäftigst. Seit 20 Jahren legst du auf, mit GLYK Musik hast du ein eigenes Label, vor einigen Jahren kam eine Platte auf Kompakt heraus. Da sind schon sehr viele Sachen passiert und doch gibt es jetzt einen besonderen Schub. Woher kommt das?

Ich habe schon das Gefühl, dass ich dieses Jahr Früchte ernten kann. Gerade bei der Musikproduktion war ich stets geduldig. Es hat sehr lange gedauert, bis ich zufrieden war mit meinem Output. Ich merke aber jetzt, dass ich extrem davon zehre, nicht alles sofort veröffentlicht zu haben. Es sind mittlerweile 15 Jahre Musikproduktion, auf die ich zurückgreifen kann. Das sind nicht immer vollständige Tracks, aber wenn mir bei einem neuen Stück irgendwas fehlt, kann ich mein Archiv durchforsten und finde darin immer irgendwas – egal, ob das ein Sample oder eine Idee für eine Melodie ist. Zudem gibt es bei all dem, was ich kreativ mache, immer eine theoretische Auseinandersetzung mit mir selbst. Und die führt jetzt dazu, dass ich etwas entspannter mit meinem Output sein kann.

Wie ein Reifeprozess also, an dem du nun an einem wichtigen Punkt angekommen bist.

Schon, ja. Zum Beispiel stecken hinter den aktuellen Releases Leute, die ich auf natürlichem Weg kennengelernt habe. Sich zu kennen und sympathisch zu finden, macht das Zusammenarbeiten natürlich um vieles einfacher. Ich habe jedoch schon oft meine Heimat und auch Profession gewechselt. Leipzig ist nun die Stadt, in der ich am längsten am Stück lebe. Und es hat natürlich einen Vorteil, wenn ich irgendwo ankomme, Netzwerke weiterspinne und nicht sofort wieder abreise.

Foto: Toto Wolsky

Lass uns mal gleich zum Album kommen. Du meintest beim detektor-fm-Plattenkoffer, das Alben in der elektronischen Musik für dich schwierig sind und du da einen hohen Anspruch hast. War es für dich extra schwer, mit diesem Anspruch selbst ein Album zu machen?

Es hat sich sogar eher wie ein Befreiungsschlag angefühlt. Wenn ich in den letzten Jahren meine Demos angehört habe, hatte ich oft keine Ahnung, wie ich daraus eine EP machen soll. Die Genres waren einfach zu unterschiedlich. Und selbst wenn ich Kontakte zu Labels hatte, von denen ich wusste, dass sie an einem Release interessiert sind, fiel es mir schwer, darauf hinzuarbeiten. Wenn ich einen Track anfange, muss dieser meistens innerhalb von ein paar Tagen fertig sein. Ich kann aber selten voraussehen, mit was das anfängt und wohin das führt. Das kann mit Ambient, Techno oder House beginnen und am Ende doch etwas ganz anderes werden. Mir fehlt da manchmal der Weitblick oder die Objektivität, um darin eine kohärente Selektion zu sehen.

Und so ähnlich war das im letzten Jahr, als ich Alex (alias Sevensol, Betreiber von Kann Records) meine Tracks geschickt habe. Ein Album konnte ich darin keinesfalls erkennen. Ich weiß nicht mehr, wer es als erstes vorgeschlagen hatte. Aber als die Idee des Albums im Raum stand, hat es bei mir zum ersten Mal Klick gemacht. Im Sinne von: Gerade diese unterschiedlichen Genres könnten eine schöne Dramaturgie für ein Album hergeben. Ab da war es sogar etwas einfacher, weil ich eine Richtschnur hatte, an der ich mich entlanghangeln konnte.

Das heißt, das Album ist nicht mit einem konzeptionellen Vorlauf entstanden, sondern eher aus dem Moment und aus der Interaktion mit Alex heraus?

Ja, schon aus dem Moment heraus. Im Nachhinein finde ich es aber richtig spannend, was ich immer noch darin entdecken kann. Mit dem Stück „Okayhole“ sind die Hörenden erstmal in einer etwas düsteren Welt unterwegs, während einen dann „Wherever You’re Going Take Me With You“ sprichwörtlich an die Hände nimmt und aus dem Loch rausholt. Da sind auf einmal lauter dramaturgische Elemente, an die ich vorher nicht gedacht habe – die aber im Nachhinein total Sinn ergeben. Und irgendwie bin ich der Überzeugung, wenn es authentisch in dem Moment aus mir herauskommt, ergeben sich solche Zusammenhänge automatisch.

Das finde ich auch spannend an Bildenden Künstlern, die gut darin sind Räume zu gestalten. Oder eben Filme, die nicht einfach nur Szene an Szene aneinander reihen, sondern mich zwischen den Bildern zum Denken bewegen oder eine Emotion in mir hervorrufen. So ähnlich funktionieren für mich gute Alben. Ich glaube, wenn es einfach nur eine Aneinanderreihung von Stücken ist, die auf der Festplatte übrig sind, dann merken wir das einem Album auch an.

Was ist für dich der rote Faden bzw. die Essenz, die das Album zusammenhält? Es ist ja musikalisch sehr divers und trotzdem kohärent.

Jedes einzelne Stück hat seine eigene Geschichte, die zur Geschichte des ganzen Albums beträgt. Ich könnte zu jedem Stück etwas erzählen – das würde es aber kaputt machen. Es ist ja auch fast pathetisch, wenn jedes einzelne Stück so emotional aufgeladen ist, dass da was sehr Autorenhaftes drinsteckt. Aber selbst, wenn ich bei der technischen Produktionsweise bleibe, finde ich es schön, wie sehr ich darin meine Entwicklung der letzten zehn Jahre hören kann. Als das Album fertig war, habe ich meine erste „Vvigmara EP“ auf GLYK wieder angehört – und es war so schön, wie viele Parallelen ich ziehen kann und wie es doch ein paar ganz neue Steps gibt. Zum Beispiel sind auf „Vvigmara“ so gut wie keine Vocals zu hören – die haben nun auf dem Album aber viel Einsatz.

Wie kam es dazu?

Ich glaube, es ist neue Art von Selbstbewusstsein, sich zu trauen, Fremdmaterial zu benutzen. Für die ersten zig Jahre hat sich das für mich weird angefühlt, wenn ich auch nur ein Synthesizer-Preset benutzt habe. Ich musste jeden einzelnen Sound selbst herstellen. Egal, ob ich das jetzt per Mikrofon aufgenommen oder in meinem Synthesizer bearbeitet habe. Breakloops waren damals für mich tabu. Es hat lange gedauert, bis ich verstanden habe, dass vieles in meiner Lieblingsmusik tatsächlich einfach nur gesampled ist. Zu realisieren, dass ich mich daran schon auch mal heranwagen kann, hat mir nochmal ein ganz neues Feld eröffnet.

Fotos: Toto Wolsky

Ich höre auf „Concrete Mimosa“ eine süße, melancholische Nostalgie. Bist du ein nostalgischer Typ?

Ja, extrem. Also ich denke sogar bewusst drüber nach, wie ich das Gefühl von Nostalgie hervorrufen kann. Es gibt manchmal Stücke oder Alben, von denen ich weiß, dass ich sie noch nie gehört habe, die mir aber gleich beim ersten Mal hören sehr vertraut vorkommen. Ich glaube, da gibt es keine Anleitung dafür, wie so ein Stück, ein Film oder ein Buch gemacht werden. Aber ich denke, der eigene Lebenslauf trägt da gut seinen Teil dazu bei. Es gibt bestimmt auch Leute, die sind bei Nostalgie eher wehmütig. Aber ich habe fast nur positive Gefühle zu Nostalgie.

Und hast du Bock auf ein neues Album? Es kann ja sein, dass das so ein Moment ist, der einen so empowered und mitzieht.

Es gibt tatsächlich ein paar Tracks, bei denen ich schon weiß, dass sie nur im Album-Format funktionieren werden. Ich glaube aber, das muss natürlich passieren. Gerade bei so etwas wie einem Album hätte ich jetzt nicht das Gefühl, dass es mir sonderlich helfen würde, wenn ich mich dazu zwinge, eines produzieren zu wollen.

Wie entstehen bei dir Tracks so ganz allgemein?

Ich habe keine Ahnung, warum das so ist, aber ich wache morgens manchmal mit fertigen Tracks im Kopf auf. Ob ich die dann so umgesetzt bekomme, ist eine andere Frage. Ich öffne dann eine 4-Spur Recodring-App und pfeife die Parts ein. Ich habe bestimmt 30 bis 40 solcher Skizzen auf meinem Telefon. Die sind cringe hoch zehn, aber sobald ich die höre, habe ich den ganzen Song wieder im Kopf. Ich kann kein Instrument flüssig spielen und eine Idee demnach auch nicht sofort umsetzen. Da fehlt mir die Sprache dazu. Aber mit diesen Skizzen und Aufnahmen funktioniert es eigentlich ganz gut die Idee festzuhalten. Und dann wird im Prozess ja meistens noch einmal was ganz anderes daraus. Ich habe das Gefühl, dass der Idee da auf jeden Fall schon was inne ist, was sehr authentisch ist.

Eigentlich kommst du aus dem DJing – du hast vor 20 Jahren mit dem Auflegen angefangen. Was ist nach dieser langen Zeit immer noch der Reiz am Auflegen – und hat sich die Faszination auch gewandelt? In dieser langen Zeit ist auch im DJing total viel passiert.

Die Grundbasis ist für mich immer noch die gleiche. Ich finde es sehr spannend, was mit einem Lied passiert, wenn ich ein anderes darauf folgen lasse. Es bekommt dann einen neuen Kontext und eine andere Stimmung. Und nicht nur eine Stimmung, sondern es hat auch eine auch eine Bewegung inne, die einen zum Tanzen bewegt. Dass so etwas überhaupt möglich ist, war auch der erhellende Moment von den ersten DJ-Sets, die ich gehört habe. Davor kannte ich nur Compilations wie „Bravo Hits“ und „Dream Dance“, bei denen einfach Lieder hintereinander liefen. Als Kind hatte ich mir da nie Gedanken darüber gemacht, warum die so arrangiert sind. Aber als ich auf einmal ein DJ-Set gehört habe, war das für mich super krass. Das war ein ganz anderes Level. Das ist auf einmal eine musikalische Geschichte gewesen, die mich zum Tanzen bringt und nicht nur eine einfache Aneinanderreihung von Liedern.

Foto: Toto Wolsky

Das war der Startpunkt für mehr dann?

Ja, ich war direkt hooked, so was auch zu können. Lange hatte ich den Anspruch, dass ein Set so reibungslos wie möglich sein muss. Übergänge sollten so slick wie möglich und ohne Stolperer sein. Da bin ich mittlerweile ein bisschen weg davon. Beim Auflegen im Club finde ich es geil mit dem Moment zu spielen – und da kann ein vermeintlicher „Fehler“ auch übelst zünden. Wenn beispielsweise ein Stück für eine Weile richtig leise läuft oder der Bass nicht dann einsetzt, wenn es alle erwarten, sondern erst eine halbe Minute später.

Ich merke aber auch, dass ich durch die längere Pause, in der ich nicht viel in Clubs gespielt habe, auch wieder etwas mehr Interesse habe, so fluid auf solche Momente hinzuarbeiten. Wenn ich während eines Sets in der Plattentasche grabe, eine Platte rausziehe und merke, dass sie gerade nicht passt, dann behalte ich sie im Hinterkopf. Dann fängt so ein Automatismus an, so dass ich dort hinkomme, um die Platte spielen zu können. Ich bin kein großer Fan von DJs, die ihre Musik einfach nach Genre sortieren, um dann alle mixing-technisch gut passenden Tracks hintereinander zu spielen. Das finde ich irgendwie zu kurz gedacht und auch nicht mutig genug. Wer als DJ nur fünf Minuten weit denkt, darf gerne in Zukunft von Spotify abgelöst werden.

Du hast beim detektor.fm-Plattenkoffer auch von deinen ersten Auftritten als DJ erzählt – wie du gelernt hast, das Publikum zu lesen. Das fand ich einen spannenden Begriff. Was bedeutet das für dich genau?

Ich weiß gar nicht, ob Lesen der richtige Begriff war. Er ist vielleicht doch zu einseitig. Mir fällt zu diesem Thema eine spezielle Nacht ein – als ich einen meiner ersten Club-Gigs hatte. Der Club war schon relativ gefüllt. Und da standen echt viele Leute an der Bar und haben alle in einer Reihe gewartet. Als ob uns eine unsichtbare Wand voneinander trennt. Und witzigerweise haben die meisten angefangen, mit ihrem Arsch zu wackeln, standen in meine Richtung gedreht und hatten Drinks in der Hand. Aber sie sind nicht auf den Dancefloor gekommen. Ich habe richtig Panik gehabt – und als ich merkte, dass die Leute weiterhin nicht anfangen haben zu tanzen, hat mich das noch mehr verunsichert.

Da ist mir irgendwann aufgefallen, dass ich die ganze Zeit vor Angst meinen Blick auf die Plattenspieler und den Mixer gerichtet hatte. Wenn ich heute ein DJ-Set anfange, kann ich noch immer das gleiche beunruhigende Gefühl haben. Und dann ist immer die Devise: Kopf hoch und die Leute anschauen. Mit ihnen interagieren und vor allem mit Leuten interagieren, die auch mich anschauen. Ein Blick reicht, um zu merken, dass wir füreinander da sind. Deswegen ist „Lesen“ eigentlich der falsche Begriff. Es ist eher eine Art von Connecten. Und ich glaube, wenn die Verbindung und das Vertrauen einmal da sind, können musikalisch auch noch ganz andere Dinge passieren.

Hast du eine Lieblings-Crowd?

Je weniger Cis-Männer, desto besser, hahaha. Nein ernsthaft, wenn ich selbst in der Crowd stehe, gefällt es mir, wenn die Crowd um mich herum sehr divers ist. Das ist nicht überall der Fall. Für mich ist Tanzen was sehr introvertiertes, auch wenn es sehr extrovertiert wirken kann. Ich kann es schwer verstehen, wie die Tanzfläche zum Flirten und Baggern genutzt wird. Diesen Vibe kenne ich meist nur von Cis-Personen und der nervt mich. Da hilft es sehr, wenn die Crowd divers ist und die Erwartungen bei der Musik selbst bleiben. Während des Auflegens habe ich meistens nur die ersten Reihen im Blick, aber da macht es mich glücklich, wenn Ich gewisse Personen fast das ganze Set über wiedersehe. Das ist ja das, was ich mit einem DJ-Set bewirken will – dass Leute nicht alle zehn Minuten zur Bar gehen, sondern dass ich was Kohärentes schaffe, das über Stunden hinweg funktioniert.

Foto: Toto Wolsky

Was überwiegt dann bei dir in so einer Nacht: Deine Story, die du gern mit dem Set transportieren möchtest oder das Pleasen der Crowd – gerade in diesem Spannungsfeld von dramaturgischen Gedanken, Sorgen wohin die Reise hingeht und kurzsichtigen DJs, die von Spotify abgelöst werden können.

Das ist ein Balance-Akt. Ich kenne das auch vom Design. Selbst wenn du einen Stuhl für niemanden spezielles entwirfst, gestaltest du ihn immer noch zum Sitzen. Du musst also die Balance schaffen, wie viel von deiner Persönlichkeit in den Stuhl geht, so dass auch jemand anderes ihn benutzen kann.

Das Schöne am Auflegen: Es ist im Moment. Wenn ich merke, es braucht gerade ein bisschen mehr Emotions, dann gibt es Möglichkeiten, die herzustellen. Wenn ich merke, es braucht nur einen neuen Rhythmus, dann kann ich den auch vorgeben. Selbst ein leer gespielter Floor ist nicht für die Ewigkeit – es gibt Mittel und Wege, diesen wieder zu füllen. Vielleicht sind es oft gar nicht Tracks, auf die ich hinarbeiten will, sondern Stimmungen. Wenn ich merke: Okay, jetzt war es alles sehr smooth und liquide und alle Tracks hatten glatte Übergänge. Aber jetzt kommt mal wieder ein schöner Rough-Cut zu einem Diva House-Track. Das passt, why not.

Lass uns zum Schluss noch einmal einen großen Sprung machen – hin zur Kunst. Du bist künstlerisch ganz unterschiedlich unterwegs, Zum einen das Design und das Medienkunst-Studium in Konstanz und Weimar. Dann arbeitest du auch als Webdesigner. Hast du für dich noch einmal einen ganzheitlicheren Kunstbegriff, in dem diese verschiedenen Bereiche verschwimmen.

Die beeinflussen sich alle und das hilft mir auch, extrem produktiv in den einzelnen Feldern zu sein. Das ist wie ein Katalysator – zugegeben ein sehr behäbiger Katalysator. Mir ist schon bewusst, dass, wenn ich die gleiche Energie in nur ein Feld stecken würde, vieles schneller von statten gehen würde. Aber ich hatte immer das Gefühl, bei all den Dingen, die ich mache, dass sie sich gegenseitig befruchten. Denn letzten Endes sind es in allen Bereichen auch immer ähnliche Dinge, die mich beschäftigen.

Was ist das?

Wir haben nun schon oft über den Begriff der Dramaturgie gesprochen oder auch über das Balancieren zwischen Verhältnissen. Diese Auseinandersetzungen sind auf jeden Fall immer präsent gewesen, auch in der Zeit, in der ich wenig aufgelegt habe. Was passiert zwischen Kunst, Künstler und Betrachtenden. Welche Energie besteht zwischen Publikum und DJ. Was muss zwischen Stücken auf einem Album passieren, damit es ein Album wird? Das sind auf jeden Fall Gedanken, die sich alle gegenseitig befruchten. 

Warum kam diese Pause vom Auflegen eigentlich?

Ich glaube, als junger Mensch hatte ich große Ambitionen, die ich nicht erfüllen konnte – vor allem in meinem ersten Grafikdesign-Studium. Davon musste ich mich lösen und es etwas reflektieren. Dazu gehörte auch eine Distanz zum Auflegen.

Du hattest das Bild des award-wining Grafikdesigners im Blick?

Das fing ganz harmlos damit an, dass ich von meinen Idolen inspiriert wurde und es mein Traum war, so etwas ähnliches zu tun. Das führte aber dazu, dass ich meine Erwartungen nicht erfüllen konnte und frustriert war. „Warum mache ich das jetzt gerade?“, war die große Frage. Die hat sich auch auf die Musik ausgeweitet.

Aber dann schließt nun der Kreis zum Album, oder? Wie du deine aktuelle Stimmung beschreibst, hast du deinen Weg ja gefunden – und diese Ruhe und Selbstsicherheit

Ja, voll.

Fotos

Zum Schluss noch ein herzliches Hello und Danke an Toto für die tollen Fotos zu diesem Spot on. Dies ist Totos Foto-Premiere bei frohfroh – und wir sind mega happy damit.

“Hi, ich bin Toto. Ich bin durch einen Open Call bei frohfroh gelandet und super froh, dass ich jetzt so viele neue Leute und Musik kennenlernen darf. Für die Artistportraits ist es mir wichtig, dass ich mich mit der Musik der jeweiligen Person auseinandersetze und wir gemeinsam den Vibe der Fotos erarbeiten, oft auch konzeptionell. Ich liebe Musik und bin dazu aber auch ein sehr visueller Mensch, weshalb mein Ziel bei den Shoots immer ist, visuellen Kontext zur Musik zu schaffen.

“Der Shoot mit Baldu war total entspannt. Wir haben sehr symbiotisch gearbeitet, er hat mir auch von Anfang an direkt viele coole Impressionen angetragen, was das ganze total erleichtert hat. Ich denke, im Endeffekt habe ich versucht, die Dinge, die ich beim Hören empfinde und er beim Machen von seiner Musik im Kopf hat, zusammenzutragen und zu visualisieren. Dadurch, dass er auch aus der bildenden Kunst kommt, hat sich das eher wie ein gemeinsames Projekt angefühlt, was total Spaß gemacht hat.”

CommentComment

  • Flash Goerdten / 17. Juli 2023 / um 23:30
    Danke für dieses für mich extrem wichtige Interview. Und an Baldu für diese großartige Platte. Auf meiner steht "Ich liebe Dich"... was sie für mich noch wichtiger macht. Sie kratzte leider, bei meinem Lieblingstrack, von Anfang an. Aber selbst das war für mich. Anscheinend. Anststatt mich darüber zu ärgern hab ich mich dran gemacht sie mit Geduld und Spucke zu säubern. Jetzt ist das Kratzen fast weg. Wie im Interview ja auch irgendwie rüber kommt: Perfekt ist es nie. Aber man muss dranbleiben, vielleicht Dreck schlucken, vielleicht auf die Knie. Rückschläge aushalten, Zeit wirken lassen.... Aber solange es die eigenen Wünsche, Träume und Visionen sind, sind sie es doch jede fucking Mühe und alle Zeit der Welt wert. Diese Platte in Verbindung mit dem Interview hat mir das noch mal krass deutlich vor Augen geführt. Dankeschön! Liebe!

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