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Manon
Manon hat ein Faible für elektronische Musik, Social Media, Psychologie, (Bildungs-)Politik und romanische Sprachen. Und eine Faszination für Clubkultur seit 2016 – hinter den Decks ist sie seit 2019.

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Kulturlounge – ein Projektraum seit über 18 Jahren

06. Dezember 2023 / Kommentare (0)

Die Kulturlounge hat sich als kleine Club-Institution ihren ganz eigenen Platz in der Leipziger Elektronik-Szene aufgebaut. Wer dahinter steckt und warum sich die Kulturlounge nicht als Club im klassischen Sinn sieht, lest ihr in unserem Club-Porträt.

So zentral und doch so versteckt liegt das Gelände der Kulturlounge an der Ecke Gerichtsweg und Dresdner Straße. Seit 2011 ist sie dort zu Hause. Über einen Parkplatz gelangt man zu einem Innenhof, der mir Biergarten- und gleichzeitig Clubaußenbereichsgefühle gibt. Ich erinnere mich zurück an den einen oder anderen Abend, an dem ich diesen Außenbereich schon trubelig gefüllt gesehen habe.

Von Steffi, Pierre, Basti und Christian werde ich herzlich in Empfang genommen. Es ist warm genug, sodass wir für das Gespräch draußen sitzen bleiben können. Die vier stellen sich mir vor und schnell wird klar, dass ihnen die Kulturlounge eine richtige Herzensangelegenheit ist. Das Ganze stemmen sie nicht allein zu viert, sondern es hängt noch ein ganzer Freund:innenkreis dran.

Seit Beginn an dabei ist der Kulturlounge-Papa Pierre, der auch Vorstandsvorsitzender ist und sich scherzhaft als “Hausmeister“ bezeichnet. Mit ihm ging die Idee einen Projektraum zu schaffen aus, welcher seit 2005 unter dem Namen der Kulturlounge als Verein agiert. Die Kulturlounge, so beschreibt Pierre, versteht sich als Projektraum für Kulturschaffende und nicht als Club. Hier finden nicht nur Partys oder Konzerte statt, sondern auch andere Projekte wie z. B. die Kooperation mit den Leipziger Art Days.

Veranstaltungskonzepte und die Unzertrennlichkeit zu „INAR“

Der Fokus der Kulturlounge liegt trotz dessen, dass sie kein Club ist, auf elektronischen Musikveranstaltungen – sonst hätte es frohfroh auch nicht in den Fingern gejuckt, uns den Laden nach all den Jahren mal genauer anzuschauen. Dabei verteilen sich die Veranstaltungen auf 70 Prozent elektronische Musik, ca. 20 Prozent Konzerte und ca. 10 Prozent andere Veranstaltungsformate.

Über die mehr als 18 Jahre hat es schon unterschiedlich ste Veranstaltungsreihen gegeben. So schwelgen alle vier in guter Erinnerung an eine Donnerstagspartyreihe, die bis vor Corona regelmäßig stattgefunden hat. Sie stellen aber auch fest, dass es schön ist, dass Sie den Donnerstag als Crewabend zurückgewonnen haben und so Zeit finden Wochenendveranstaltungen zu planen.

Die Zeiten haben sich eben ein bisschen verändert: „Am Anfang waren wir eher so 25 und jetzt altert auch das Publikum bisschen mit“, beschreibt Basti. Pierre hakt ein, dass dies auch impliziert, dass sie nicht jedem Trend mitmachen müssen und sie sich als Kulturlounge nicht jedes Jahr neu erfinden. Sie haben sich hier ihr „Probierfeld“ in einem kleinen familiären Rahmen bewahrt.

Pierre beschreibt, dass die Location aber eben kein Probierfeld für Partyanfänger:innen sei. Die Veranstaltungen richten sich eher an die 25- bis 45-jährigen unter uns „Die Altersspanne nehmen wir ernst. Wir nehmen zwar auch junge Projekte im Booking auf, sagen aber schon dazu, dass es uns ist lieb, wenn wir hier Ü25-Publikum haben.“

Wer vielleicht das Programm der Kulturlounge verfolgt hat, dem ist bei dem einen oder anderen Flyer oder Veranstaltungstext der Name „INAR“ aufgefallen. Das INAR-Kollektiv pflegt eine seit fast 10 Jahren bestehende Freundschaft und daraus entstandene Zusammenarbeit mit der Kulturlounge. INAR kuratiert regelmäßig elektronische Veranstaltungen und ist sozusagen Kulturlounge-Inventar. Diese Veranstaltungen sind musikalisch zumeist House , Techno oder Minimal – aber auch andere Genres werden vertreten. So kuratiert Steffi zum Beispiel eine Elektro- und Breakbeat-Veranstaltungsreihe namens „H25D“.

„Ich habe da mal reingehört. Da habe ich richtig Bock heute zu arbeiten.“ – Warum Ehrenamt Bock macht

Warum der Laden schon so viele Jahre funktioniert? Die Crew der Kulturlounge bleibt sich treu und legt viel Wert auf freundschaftliches Miteinander. Und sie bringt eine große Vorliebe für elektronische Musik inklusive einer gewissen Gelassenheit mit. Nicht jedem Trend muss dabei nachgerannt werden. Es gehe vielmehr um eine gemeinsame gute Zeit und eine gesunde Neugierde für neue Projekte und musikalischen Wandel. Dabei möchte sich die Kulturlounge insgesamt bedeckt halten und ist glücklich über ihre Position als ehrenamtlicher Veranstaltungsort.

Pierre erklärt, dass dies auch Druck nehme: Man müsse keine festen Gehälter zahlen und wenn die Kapazitäten gerade nicht ausreichen, muss auch keine Veranstaltung stattfinden. Er ergänzt eine Annekdote von Anniko, die letztens gemeint hat: „Ah ja, ich habe da mal reingehört. Da habe ich richtig Bock zu arbeiten.“

Die Leute kommen also dann am Wochenende eher vorbei, weil sie Lust auf die Musik und das Miteinander haben. Ich frage in die Runde, warum sie das denn noch ehrenamtlich machen, das Ganze ist schließlich sehr viel Arbeit. „Ich finde es schön, Leuten so einen Raum zu schaffen. Klar denkt man sich in der Woche davor manchmal: Wow, es ist wirklich viel Arbeit, aber dann, wenn die Veranstaltung ist und die Leute Spaß haben … das gibt mir unglaublich viel.“ Eine schöne Antwort von Steffi, wie ich finde, vor allem, weil man spürt, dass nach so vielen Jahren immer noch die Lust da ist, weiterzumachen.

Christian geht bei diesen Gründen auch mit, ergänzt aber auch „Ich komme aus dem Modellbauchbereich, da sitzt man des Öfteren in seinem stillen Kämmerchen und bastelt Sachen – die Kulturlounge gibt mir einen Raum, dass auch teilen zu können und gleichzeitig Teil von etwas Größerem zu sein.“

Wunschkiste

Zum Abschluss frage ich die vier, was sie sich für die Kulturlounge wünschen. Ein sehr naheliegender Wunsch schießt den vieren sofort in den Kopf: „Noch ein langes Bestehen“. Das wünsche ich der Kulturlounge auch.

Ich bin beeindruckt von der Bestehensdauer des Vereins und auch des Raumes, was keine Selbstverständlichkeit ist, sich so lange an einem Standort halten zu können. Es ist also möglich. Das gibt mir Hoffnung für den Leipziger Osten und seine Kulturlandschaft. Was mir auch Hoffnung gibt, ist das Engagement von den vieren zu sehen und zu hören, wie gerne sie hier sind und wie sie seit so vielen Jahren ehrenamtlich dabei sind, um diesen Raum zu pflegen und zu erhalten.

Website Kulturlounge // Instagram Kulturlounge

Fotos: Hannes Wittmann (Gruppenbild), Kulturlounge (Außen- und Innenansicht)

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