Am vergangenen Freitag kam das große Announcement: Im April 2025 öffnet mit dem Axxon N. ein neuer Club-Space im Kohlrabizirkus. Sehr schön auf jeden Fall – uns kommen dazu aber auch ein paar Gedanken und Fragen.
Dass es an dem Ort des Anfang Januar geschlossenen Clubs Institut fuer Zukunft nicht lange still bleiben wird, verkündete die LVZ schon recht bald nach der letzten IfZ-Party. Nun wird es konkreter: Axxon N. soll der neue Club heißen, betrieben von der TK38 GmbH. Dahinter steckt laut der Pressemitteilung – übrigens versendet von einem durchaus bekannten Berliner Musik-PR-Büro – “ein Zusammenschluss aus kreativen lokalen und überregionalen Köpfen.” Wer genau alles zum Betreiber:innenteam gehört – vor allem aus dem lokalen Kontext –, kommt aus der Pressemitteilung leider nicht hervor, wäre aber natürlich sehr interessant gewesen. Klar ist aktuell nur, dass Lucas David Pulkert aus Berlin als Geschäftsführer der TK38 GmbH aktiv sein wird. Er hat ein eigenes Modelabel für Premium-Socken gegründet und leitet aktuell das Controlling des Sea-Watch e. V.
Konzeptionell möchte Axxon N. einen Raum schaffen, der “marginalisierte Gruppen wie Queere, FLINTA und BIPoC ebenso stärkt wie die Leipziger Clubkultur insgesamt” – mit einem musikalisch breiten Panorama auf elektronische Musik. Das heißt: Neben Hardgroove Techno und House soll im Axxon N. auch Platz für Experimental, Noise, Core und Industrial Sounds sein. Donnerstags sind Formate für Nachwuchstalente geplant, freitags werden verschiedene Genres gefeatured. Am Samstag stehen dann “sorgfältig kuratierte Nächte im Fokus – von queeren Events über zugängliche Community-Abende bis hin zu internationalen Headlinern.”
Soweit, so spannend und so viel versprechend. Zwischen den Zeilen der etwas vage und blumig gehaltenen Pressemitteilung und des ersten Instagram-Posts lassen sich für uns fünf Rückschlüsse ziehen:
1. Es geht offenbar nur mit externem Kapital
Wie es scheint, hat niemand in der Leipziger Clubszene die finanziellen Mittel und den Mut, eine Clubnachfolge in dieser Größenordnung zu stemmen. Das ist keinesfalls despektierlich gemeint, aber es reiht sich ein in viele Erfahrungen aus anderen Bereichen, in denen externes Kapital die Entwicklung der Stadt geprägt und dies teilweise zu Ungleichgewichten geführt hat.
2. Das LiveKommbinat Leipzig ist ein wichtiger Player für die lokale Clubkultur geworden
Das Besondere am ersten Axxon N.-Announcement ist, dass die Pressemitteilung gemeinsam mit dem LiveKommbinat Leipzig veröffentlicht wurde. Die offizielle Interessenvertretung mehrerer wichtiger Clubs und Konzert-Venues war offenbar sehr aktiv daran beteiligt, dass die Location des Instituts fuer Zukunft als clubkultureller Ort erhalten bleibt. Dass dies geglückt ist und die Ratsversammlung sowie die Leipziger Stadtverwaltung und der städtische Vermieter der Kohlrabizirkusflächen von dem Vorhaben überzeugt werden konnten, ist ein starkes Zeichen und verdeutlicht, dass der Verein eine bedeutende Verantwortung für die lokale Szene übernimmt. Inwieweit das LiveKommbinat auch bei der Akquise und Vermittlung eines neues Betreibers involviert war, bleibt offen.

3. Auch die Stadt Leipzig hat die Relevanz der lokalen Clubkultur erkannt
Das ist nicht unbedingt neu, immerhin hat die Stadt einen Fachbeauftragten für Nachtkultur angestellt und den Kohlrabizirkus bewusst als Entwicklungsort für Kultur und Sport gekauft. Damit wurde der Weg geebnet, dass dort auf längere Sicht hin auch Platz für Clubkultur sein kann. Sicher ist dies aber natürlich nicht. Denn sollten sich in Zukunft die Mehrheitsverhältnisse im Stadtrat stärker in Richtung konservativ-rechter Haltungen verschieben, dürfte es auch für die Clubkultur weniger Empathie geben. Der Antrag des BSW gegen die städtische Förderung des Conne Island, Werk 2 und der Nato im Dezember 2024 hat in dieser Hinsicht einen durchaus unangenehmen Teaser auf solche Szenarien gegeben.
4. Das Konzept des Axxon N. ist alles andere als innovativ
Vorweg: No front, wir freuen uns sehr, dass dieser besondere Ort als Club-Space erhalten bleibt und dass er in einem progressiven Sinne bespielt werden soll. Aber ganz ehrlich: Das Konzept liest sich so, wie nahezu alle relevanten Leipziger Clubs der letzten Jahre agiert haben. Musikalische Vielfalt statt eng-abgesteckte Rahmen, offene Türen für lokale Kollektive, etablierte Awareness-Strukturen. Klar, der extra Fokus auf Experimente klingt erstmal gut und wichtig. Doch der Reality Check wird zeigen, was davon wirklich möglich und finanzierbar ist. Denn die Frage ist eben auch: Ist die Leipziger Clubszene überhaupt offen für Experimente? Es ist nicht so, dass andere Clubs das nicht schon probiert haben, dann aber doch zurückrudern mussten, weil sich die Abende finanziell nicht getragen haben – erst recht in den vergangenen Jahren, in denen das Dilemma zwischen steigenden Kosten und ausbleibenden Umsätzen für große Herausforderungen gesorgt hat. Dazu kommt: Wie wird die lokale Szene am Ende eingebunden und gefördert? Vorwiegend durch selbst kuratierte und finanzierte Bookings oder nur durch Einmietungen auf eigenes Risiko?
5. Eine neue Betreiber:innen-Crew heißt nicht, dass es nachhaltig weitergeht
Der Wechsel vom Mjut zum DUQO hat leider ganz aktuell gezeigt, dass Betreiber:innenwechsel und der Mut zu neuen Konzepten nicht unbedingt ein Garant für nachhaltigen Erfolg sind, was jedoch eventuell auch wieder mit dem Punkt 1 zu tun hat – es geht nur mit externem Kapital. Die Clubkultur durchlebt derzeit ganz allgemein eine äußerst dynamische Zeit, sie steht möglicherweise an einem historischen Wendepunkt. Ob das Axxon N. die richtigen Antworten und Ansätze hat, um den Weg in eine neue Rave-Generation zu ebnen, wird sich eben erst zeigen.
Wir sind jedenfalls sehr happy, dass die Crew hinter dem Axxon N. es versucht. In diesem Sinne: Welcome!