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New In-Redaktion
Die New In-Redaktion hört sich durch den Bandcamp-Dschungel und sucht die spannendsten Leipzig-Releases heraus – aktuell sind das David, Nils und Jens.

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New In – Feb 2025

22. März 2025 / Kommentare (0)

Der Februar liegt nun schon ein paar Wochen zurück. Aber wir rücken ihn nochmals in den Fokus: Mit ausgewählten Februar-Releases aus Leipzig.

Various Artists – „Maniac Vol. 1“ (Maniac)

Genau am 1. Februar startete die Maniac-Crew ein neues Kapitel und gründete ein eigenes Label. Das kann eigentlich nur gut werden, wenn man die top kuratierten Partys als Vorlage heranzieht. Zum Start gibt es eine kleine Vinyl-Compilation, die ebenfalls gut kuratiert ist. Neben Maniac-Resident Elmar gibt es da ein Wiederhören mit der längst etablierten Carlotta Jacobi sowie unserer Leipzig-Neuentdeckung Iglo. Mit Egotot kommt auch noch etwas Wiener-Techno-Sound auf die „Vol. 1“. Und wie klingt das? Sehr ausgereift und wohltemperiert. Alle vier Acts liefern sehr packende Tracks ab – jed:r mit einem eigenen Twist. Während Carlotta Jacobi den Spannungsraum zwischen Detroit und Dub auslotet, arbeitet Egotot mehr mit einem rollenden Groove, Iglo forscht weiter an dem gewagten Einbetten von klassischen Gesangsstimmen und Elmar bewegt sich in einem eher kalten, industrial-geprägten, diffus-pulsierenden Soundästhetik. Kein Track, der hier schwächelt – eine äußerst gelungene Premiere.

Jens’ Hit: „Ndirin“ – Why: Weil dieser verrauschte, nicht ganz durchsichtige und dennoch harte Sound sehr viel Faszination weckt.


En Direct – „The Illusion Of Control“ (Clear Memory)

Im Februar erschien auch ein neues Album auf Clear Memory. En Direct waren bereits aus der ersten „Various Artists“-EP auf Clear Memory vertreten und haben in der Zwischenzeit zwei EPs auf Lunatic Records (ebenfalls ein Leipziger Label) veröffentlicht. Ihre Inspiration ziehen En Direct aus der Electronic Body Music und frühem Electro. Sie ergänzen den Sound des Labels somit um eine weitere feine Nuance. „Crush The Light“ ist ein makelloser EBM-Banger. Mit „On Time“ schlägt das Duo dann eher klassische Electro-Klänge an. Die Spoken-Word-Vocals und die hypnotische, wandernde Synth Line entwickeln ihren ganz eigenen Sog. 

„Little White Lies“ könnte mit seiner Midi-Sound-Ästhetik und den Lofi-Beats auch der Soundtrack eines Computerspiels aus den 1980ern sein (irgendwas mit Autorennen). Bei „This World“ klingen dann mit der sägenden Synth-Basslinie sogar mal kurz DAF an. En Direct verweben mühelos Electro, EBM und Industrial-Elemente. Den Synths wird alles abverlangt, die Beats sind immer hart und schneidend. Die Vocals geben dem Sound des Duos an vielen Stellen den letzten Kick. Ach so, französisch singen können sie scheinbar auch noch („Positive Paranoia“). „The Illusion Of Control“ ist etwas für dunkle Gemüter, hat mir beim Hören aber sehr viel Spaß gemacht.

Nils’ Hit: „On Time“ – Why: Glasklarer Electro Track mit Model-500-Anklängen.


Richard Brook – „Cold Winds“ (04177 Records)

Auf 04177 Records erschienen ist im Februar „Cold Winds“, ein neuer Track von Richard Brook. Es ist schon cool zu sehen, wie sich aus dem Lindenauer Label in den vergangenen Jahren zu einer verlässlichen Größe von gut zugänglichem House entwickelt hat. „Cold Winds“ macht dabei keine Ausnahme – im Gegenteil: Der Track verleiht dem Label-Katalog eine gewisse Eindringlichkeit, die bisher zwar nicht per se gefehlt hat, aber eben auch so in der Form nicht überpräsent war. Getragen von einem eindringlichen Synthie-Motiv findet der Track sehr souverän zu sich selbst, hebt sich dabei atmosphärisch von Richard Brooks erstem auf 04177 veröffentlichten Track „I Lost a friend“ ab. Abgerundet wird der Release von einem Remix von Labelchef Bajazo, der, nicht allzu überraschend, etwas näher am bekannten Repertoire des Labels ist – was hier keinesfalls als Kritik gelesen werden sollte. Im Gegenteil: Auch als etwas entspannterer House funktioniert der Track wunderbar.

Davids Hit: “Cold Winds” – Why: Einfach wegen dieser Eindringlichkeit.


DJ Balduin – „Everything EP (Small Steps)

Es war etwas still um DJ Balduin seit seinem fulminanten 2023er-Album „Concrete Mimosa“ auf Kann Records. Nun erschien im Februar endlich eine neue EP auf Small Steps, dem noch jungen Label der Brüsseler DJ Lola Haro. Eine Connection zu Balduins Album gibt es übrigens auch auf der „Everything EP“: Der Opener „Andever“ ist nämlich eine elegant auf den Dancefloor gelotste House-Version des eher breakig-experimentellen „Endeavour“. Wenn man es weiß, tauchen überall direkte Soundreferenzen des Originals auf, sie wirken in dem hypnotisch-mäandernden Drive aber noch einmal aufgeräumter und viel viel wärmer. Vor allem der warm-bassige Chord ist eine unglaublich kuschelige Decke. Diese filigrane, im Moment verharrende und doch sanft schiebende Atmosphäre prägt auch die anderen beiden Tracks. Zart federnde Bassdrums, schlagzeugartige HiHats, deep-sphärische, nostalgisch tief abtauchende Chords, die sich erst aufbäumen und dann davon fliegen. Meditativ und loslösend im besten Sinne. Genau so, wie Balduin auch in seinen DJ-Sets agiert. Eine sehr umarmende EP, der wir ebenso viel Liebe zurückgeben.

Jens’ Hit: “Somar– Why: Weil der Mix aus unglaublicher Deepness und konstanter Spannung fast schon spirituelle Züge offenbart.


Mindelect – „Zima EP“ (Self-released)

Es beginnt mit einem glockenartigen Loop, der wunderschön ist. Ein Zirpen und ein Wasserspiel unterstreichen das Entspannte und Meditative und machen die klangliche Szenerie komplett. Aber es entstehen Risse im harmonischen Gesamtgefüge. Die Töne werden schief und dann setzt ein Electro-Beat ein. Keine Ahnung, wo der herkam, aber der Überraschungseffekt ist gelungen. Und das ist nicht der einzige Moment auf der EP des Produzenten Minelect, der das Vorhersehbare ignoriert und mit den Hörgewohnheiten bricht. 

Worte, welche mir beim Hören der Musik in den Sinn kommen sind „tiny“ oder süß. Es wird nicht dick aufgetrumpft, sondern entspannt vor sich hin produziert. Man kann die EP sicher dem Electro-Genre zuschreiben, aber das trifft vor allem auf die gebrochenen Beats zu. Alles, was darüber hinaus passiert, ist verspielt und in vielen Momenten sehr poppig, wie der letzte Titel mit seinen jazzigen und housy Vibes am allermeisten beweist. Hier gibt es mit Emilia sogar noch ein Feature an den Vocals. Ansonsten ziehen sich gediegene Orgeln, analog anmutende Synth-Arpeggio-Linien und eine leicht melancholische Grundstimmung durch den Release.

Nils’ Hit: „Prélude“ – Why: Gelungener und überraschender musikalischer Bruch. 


Harry Wills – „Zima EP“ (Long Vehicle)

Die achte Ausgabe vom Kann-Sublabel Long Vehicle markiert die „Slanch EP“ von Harry Wills, erschienen Mitte Februar. Sie schreibt die bisherige Story von Long Vehicle als Platz der kleineren Form weiter, aber knüpft auch nahtlos am Anspruch der vorhergehenden Releases an. Auf rund 20 Minuten präsentiert Harry Wills hier intelligente, griffige elektronische Musik. Auffällig ist, wie mühelos sich hier alles anhört. Die komplette Produktion fügt sich sehr nahtlos, ohne Irritationen, zu einem schön individuellen Klangbild zusammen, das sich einer allzu genauen Beschreibung und Bezeichnung irgendwo auch entzieht – und sei es nur, weil es in diesem Fall einfach keinerlei Notwendigkeit dafür gibt. Die EP macht enorm viel Spaß, eben weil sie es schafft, Abwechslungsreichtum in ein genugtuendes klangliches Gesamtes einzubinden.

Davids Hit: „Lamreal” – Why: Ehrlicherweise ist es schwierig, einen Track hervorzuheben – einfach weil alle drei Tracks stark sind. Aktuell ist es aber dieser, wegen der Entwicklung des Tracks, aber es könnte morgen schon anders sein.


Leibniz – „La Bomba“ (Rat Life Records)

Oha, Neues von Leibniz auf Rat Life, dem Label von Credit 00. Auf Leibniz hatten wir vor über zehn Jahren bei frohfroh einen unfassbaren Hype. Zurecht, finde ich nach wie vor. Er lebte damals in Leipzig und überraschte aus dem Nichts mit sehr guten, rau gehaltenen und UK-inspirierten House- und Breaks-Hybriden. Mittlerweile lebt Leibniz längst in Berlin und hat mit Hundert ein eigenes Label etabliert. Im Februar machte er mit seiner „La Bomba“-EP einen Ausflug zurück nach Leipzig und zu Rat Life. Dort, wo er 2016 schon einmal eine EP rausbrachte. 2025 klingt Leibniz auf vielen Ebenen anders (wobei der Change schon immer zu ihm gehörte): Die A-Seite wirft zwei super roh und schnell zerrende Oldschool-Techno-Tracks auf den Floor, die mal mit Pop-, mal mit Comic-Appeal alles mitreißen. Sehr simpel und augenzwinkernd, aber eben genau deshalb auch so serious. Auf der B-Seite wartet dann erstmal das genaue Gegenteil: „GT“ und „Zero Bass“ überraschen mit tief liegendem Dubstep, großer UK-Grazilität und so einigen Rave-Avancen. „Teka“ schlägt dann mit seinem kindlich euphorischen, extra trockenen Techno-Bounce wieder einen guten Bogen zu A-Seite. Was für eine EP – Leibniz bleibt besonders!

Jens’ Hit: „Teka“ – Why? Weil die trockene Kick und die hingerotzten Soul-Häppchen jeden offenherzigen Floor in Euphorie versetzen dürften.


Gzardin – „RM12032“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)

Eine neue Rinde auf R.A.N.D. darf auch im Februar nicht fehlen – musikalisch einzusortieren unter House/Techno. Oder halt unter „R.A.N.D.“. Interessant, wie ein Label so sehr für einen Sound stehen kann. Die „Hentroduction“ verzaubert mit einem sehr schönen Synth-Akkord und geht bassig und perkussiv verspielt wie auch groovy as hell sehr gut rein. „Rainy Pain“ galoppiert ein bisschen finsterer und flotter nach vorne – Kategorie Techno-Tool. „Part Time Shed“ und auch der letzte Titel rocken ohne Höhepunkte im Tribal-Techno-Modus durch. Leider einer der weniger spannenden Releases auf R.A.N.D. (für mich!), aber das Label steht für Qualität und deshalb ziehe ich auf jeden Fall immer die neueste Platte aus dem Fach und höre durch. Oft genug landen die Dinger dann aich auf dem Verkaufstresen. 

Nils’ Hit: “Hentroduction – Why: Der Chord!


Carlotta Jacobi / Ponygirl – „Surreal Fluctuation EP“ (Synergie)

Von Carlotta Jacobi gab es im Februar noch drei weitere neue Tracks zu entdecken – auf einer Split-EP des Hannoveraner Labels Synergie. Mit der Berliner Producerin Ponygirl hat Jacobi hier auch einen sehr passenden Sidekick erhalten für ihren zunehmend detroit-inspirierteren Sound. Über die schnell getakteten, mächtig kickenden Bassdrums schichtet Carlotta Jacobi auf dieser EP wenige, extrem gut sitzende Sounds. Einfache Sounds, die in ihrem Minimalismus einen starken Sog entfalten. Dazu klassische Claps, scharfe HiHats – mehr Worte braucht es dazu gar nicht. Mein Gefühl ist, dass Carlotta Jacobi immer mehr die Mitte ihres Sounds findet und gerade in ihrem Feinschliff immer mehr Energie losreißt. Und zugleich klare Referenzen in die 1990er zwischen Berlin und Detroit integriert. Sehr treibend, sehr gut.

Jens’ Hit: „Alla Vet“ – Why: Weil hier noch extra Wärme in dem Energiesog hervorkommt.


Hayter – „Inspector Todd“ (Self-released)

Hier wird es spannend! Hayter ist Teil der Clear Memory Crew und hat uns ein paar kraftvolle Lofi-Electro-Tracks mitgebracht. Der Titeltrack ist super eingängig und verspielt. „Changing Patterns“ hat ein paar traumhaft kaputte Vocoder-Sounds an Bord. Ansonsten einen Haufen abwechlungsreiche Breaks und minimale Veränderungen in den Patterns im Repertoire. Der bissige Synth sägt sich ein deinen Gehörgang. Kurze Verschnaufpause. „In The Meantime“ ist ein bisschen behäbiger, aber nicht weniger fordernd. Eine darke Synth-Line und paar säureartige Sounds prägen den Track. „Give Me The File“ hat dann noch einen Micro-Hymnen-Synth-Break am Start. Absoluter Banger! Der Fall ist dann auch geschlossen nach fünf Tracks. Man möchte gerne fragen, was Hayter als Inspiration diente bei der Produktion der EP. Es muss was mit diesem Inspektor Todd zu tun haben. Diese EP ist lofi, ein bisschen retro, sehr abwechslungsreich und zugleich druckvoll produziert. High quality shit!

Nils’ Hit: „Give Me The File“ – Why: Absolute Electro Hymne. 

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