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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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28. Juni 2011 / Kommentare (0)

Prokrastination ist ein Stolperwort, doch die Bedeutung prägt unseren Alltag immerzu – wir schieben Dinge auf und erledigen stattdessen andere. So auch bei frohfroh: bei Moon Harbour ist einiges rausgekommen innerhalb des letzten Monats. Länger aufschieben geht nicht.

Wenn man es genau nimmt, war nicht nur Moon Harbour aktiv, auch das Sublabel Cargo Edition mischte mit. Doch beide Labels sind eh kaum getrennt wahrnehmbar. Insofern passt der Wurf in den gleichen, großen Topf.

Los ging es Ende Mai schon mit der neuen Compilation zur Circoloco-Reihe, bei der Matthias Tanzmann Resident-DJ ist. Vor drei Jahren waren es noch drei dicke Doppel-Digipaks, mit sechs Mixen und schrecklichen Covern – darunter die beiden wunderbar slimmen Sets von dem rumänischen Trio Arpiar. 2011 bleibt es bei einem Back-to-Back-Mix von Tanzmann mit seinem italienischen Kollegen Davide Squillace, leider auch beim Cover.

Beide waren am letzten Wochenende in der Distillery. Am Montagabend darauf spielten sie wieder auf Ibiza. Diese Rastlosigkeit ist auch dem Mix anzuhören. Bei der After-After-Afterhour hebt sich das Tempo anscheinend wieder, sind die Synapsen wieder aufnahmefähiger für sich dezent hochschiebende Peaks.

„The Next Level“, so der Name des Mixes, ist sehr loopig und verspielt zugleich, mit kleinen Wellen und kleinen Ebben. Er spiegelt eine glamouröse, irgendwie auch oberflächliche Leichtigkeit wider, bei der Anfang und Ende ausgehebelt werden. Mit „Memorial“ im Luna City Express-Mix, „Puddle Trouble“ und „Mr. Ray“ reihen sich auch einige Leipziger Tracks mit ein. Adam Ports „Basement“ wird zum Ende hin angeteast, demnächst erscheint der Track noch einmal auf einer eigenen EP bei Moon Harbour.

Martinez „The Paradigm Shift Remixes Pt. 2“ (Moon Harbour Recordings)

Dort steht aber gerade noch der zweite Teil der Remixe zum Martinez-Album ganz oben im Label-Katalog. Wirklich erstaunlich, was für ein großer Fokus auf diesen Remix-Paketen immer liegt – insgesamt elf Remixe von „The Paradigm Shift“ gibt es nun.

Darunter auch den Gewinner des Contests, an dem sich rund 150 Producer beteiligten. Gewonnen hat Tripmastaz aus St. Petersburg. Wuchtig schraubt sich seine „Paradigm Shift“-Version noch vorn, sehr toolig. Luna City Express bleiben sich ziemlich treu, steuern in gleich zwei Remixen sowohl ihr typisches House-Laissez-faire mit deepen Chords und einer gewissen Oldschool-Prise als auch ihr Faible für Downbeat bei.

Gerade die Downbeat-Version von „Lavender Mist“ sticht zwar aus der funktionalen Note der EP heraus, sie bleibt aber leider allzu sehr in den Downbeat-Laid-back-Klischees hängen. HipHop-Scratches für Breitpop-Formate, eine dicke, entspannt-rollende Bassline und ein lässig schlurfender Beat.

Die Höhepunkte der EP kommen von Alex Celler sowie Livio & Roby. Ersterer lässt nichts anbrennen, was die loopige Straightness angeht. Sein „Kamino“-Mix entfaltet jedoch eine plumpe wie auch reizvolle Energie. Wahrscheinlich ist es die konsequente Reduktion, das abgefedert Technoide, was diesen Remix so leuchten lässt. Roby & Livio, zwei Rumänen nehmen den entgegenesetzten Weg – zeitentgrenzte Deepness, klassisch, europäisch, ein Track, der in seiner Einfachheit nichts falsch machen kann.

Various Artists „Five Years Of Cargo Edition“ (Cargo Edition)

Die beiden Rumänen sind auch auf der Jubiläums-Compilation von Cargo Edition vertreten – mit einem eigenen Track, „Doar Un Test“. Da ziehen die das Tempo etwas an, bleiben aber in so einer leicht melancholischen, unaufgeregten Versunkenheit.

„Five Years Of Cargo Edition“ ist ähnlich groß aufgezogen wie die Moon Harbour-Jubiläen. Digipak mit zwei CDs, auf der ersten exklusive neue Stücke, auf der anderen ein DJ-Mix mit den Label-Klassikern. Die Covergestaltung bricht aus dem bisherigen Label-Stil heraus. Erstmals wird mit einem Foto gearbeitet, einem montierten mit US-Business-Appeal.

Cargo Edition wird von Matthias Tanzmann als die Spielwiese für speziellere Stücke gesehen. Und beim Durchhören der Compilation rückt das Dancefloor-Diktat tatsächlich etwas mehr in den Hintergrund. Natürlich ist das Gros der Stücke auf den Floor gerichtet. Aber es ist mehr House, mit weniger Peaktime-Loops.

Alles ist eine Spur gedimmter. Und in dieser Dichte geht die Compilation sehr schlüssig auf. Markus Schatz sowie Sven Tasnadi & Juno6, Ralph Sliwinski auf etwas offensivere Weise als Michael Melchner, Skipson und Ekkohaus.

Auf Position 6 und 7 schlummern jedoch zwei echte Perlen. „Venus“ von Minimono ist so dicht und angenehm angedunkelt im Bass, so stolpernd im Rhythmus, dass mir das Herz überläuft. Wunderbar auch die rein mäandernden, lange laufenden Bläser-Samples. Es passiert nicht viel hier, aber die Dramaturgie des Stücks hält eine permanente Spannung, die sich einfach nicht entladen möchte.

Veras „Crisis Of Faith“ besticht hingegen durch seine Fragilität. Sowohl die Beats als auch die spärlich gesetzten Sounds offenbaren eine spürbare Feinheit, die eigentlich einen eigenen Floor braucht. Der bislang beste Track von Vera.

Moon Harbour Recordings Website
Cargo Edition Website
Mehr zu Moon Harbour bei frohfroh
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