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Autor:in

Sophie
Liebt und lebt für die Musik, ob aus Kopfhörern oder großen Boxen, allein daheim oder zusammen im Club. Nebenher Labelarbeit, Veranstaltungsorganisation und natürlich das Schreiben darüber.

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Aus der Szene für die Szene: KeinFestival geht in die zweite Runde

23. Juni 2025 / Kommentare (0)

Am 12. Juli 2025 geht das KeinFestival in die zweite Runde, erneut in den Pittlerwerken im Leipziger Norden und erneut unter dem Leitspruch „Aus der Szene für die Szene“. Gemeinsam mit der Crew werfen wir einen Blick hinter die Kulissen.

Wenn bis in die frühen Morgenstunden der Bass den Rhythmus der Menge bestimmt, sich Menschen zwischen Häkeln, Hakken oder Bier-Yoga begegnen und all das im Charme alter Backsteinbauten – dann ist in Leipzig wieder KeinFestival. Was als kleiner Rave im Wald losging, hat sich über einige Jahre und Veranstaltungen zu einem Festival entwickelt, welches es in sich hat: Vier Floors, über 40 Acts, eine Chillout-Area und ein Programm, das weit über Musik hinausgeht.

Am 12. Juli 2025 geht das KeinFestival in die zweite Runde, erneut in den Pittlerwerken im Leipziger Norden und erneut unter dem Leitspruch „Aus der Szene für die Szene“. Ich hatte die Möglichkeit, dem KeinKollektiv ein paar Fragen zu stellen und tiefere Einblicke in deren Arbeit, Geschichte, Wünsche, aber auch Ängste und Sorgen zu erhalten.

„Kein Kollektiv, nur ein Freundeskreis“

Alles begann mit einem Freundeskreis. Menschen, die Freude daran hatten aufzulegen und eigentlich nur einen kleinen Rave veranstalten wollten, um die neu erlangten Fähigkeiten im geschützten Rahmen auszuprobieren. Sie selbst sagen: „Was als privates Get-Together geplant war, wurde schnell größer als erwartet – und auch das Feedback war überwältigend positiv.“ Auf die mehrfach gestellte Frage, wie das organisierende Kollektiv denn heiße, antworteten sie: „Wir sind kein Kollektiv, nur ein Freundeskreis.“ Und so entstand, fast schon aus Versehen, der künftige Name der sich bald gründenden Gruppe: KeinKollektiv.

In den folgenden Jahren veranstalteten sie mehrere Veranstaltungen, wuchsen und merkten mehr und mehr, dass das gesamte Projekt immer größer und auch zeitaufwändiger wurde. Aus diesem Grund entschied sich das Kollektiv 2023, das Projekt für neue Menschen und neue Ideen zu öffnen. Heute ist KeinKollektiv ein fester Bestandteil der Leipziger Technolandschaft. Rund 30 Mitglieder organisieren sich in selbstverwalteten Arbeitsgruppen – von Booking bis Awareness – und stemmen alles ehrenamtlich.

Auch die Idee, ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen, gab es eigentlich von Anfang an. Die erste Umsetzung im letzten Jahr, war dann allerdings, laut des Kollektivs, doch eher ein Zufall: „Ursprünglich sollte unsere Veranstaltung in den Pittlerwerken nur eine normale Clubnacht werden. In Gesprächen mit dessen Team und in Kombination mit dem Charme der Location hat sich dann aber immer mehr die Möglichkeit eines eigenen Festivals konkretisiert.“ Und so ging es auch schon in die erste Runde. Das Kollektiv selbst beschreibt die Atmosphäre auf dem Festival als „ungezwungen und familiär, offen und ausgelassen – losgelöst von alltäglichen Problemen.“ Und auch die Resonanz der befragten Festivalbesucher:innen war ein einziges „Wow“ –  wow, was dieses Kollektiv alles auf die Beine gestellt hat und wow, wie schön es sich angefühlt hat, da zu sein.

Ehrenamtlich und mit Risiko

Doch was macht das KeinFestival eigentlich aus? Neben Musik gibt es spannende Workshops, Performances eine Tattoo-Area und dieses Jahr erstmals einen Marktplatz mit Food-Trucks und kleinen Ständen. Das Besondere: Das Rahmenprogramm hat fast denselben Stellenwert, wie das Techno-Line-up selbst. Und alles unter dem Motto „Aus der Szene für die Szene“. Für das Kollektiv bedeutet dieser Leitsatz in erster Linie, dass das Festival von Menschen organisiert wird, die selbst tief in der Techno-Szene verwurzelt sind. Es gibt keinen großen Konzern, keine Agentur dahinter, sondern nur Menschen, die selbst auf Raves „groß geworden“ sind und die Techno-Szene aktiv mitgestalten. Auch das Line-Up spiegelt das wider: „Unser Fokus liegt vorrangig auf regionalen DJs, Performer:innen und Workshops. Und wenn wir überregionale Acts buchen, dann meist, weil sie über Ecken Bezug zur Leipziger Szene haben oder weil über Freunde und Bekannte der Kontakt hergestellt wurde.“ Das ist also der Part „Aus der Szene“. Und „Für die Szene“? Das ist quasi eine Hommage an die Leipziger Technokultur. Das Kollektiv meint dazu: „Wir wollen etwas zurückgeben. Ohne die Leipziger Techno-Szene würde es auch das KeinKollektiv nicht geben. Wir sind sehr dankbar, dass unsere Veranstaltungen so gut angenommen werden und deshalb wollten wir einen Ort bzw. Anlass schaffen, wo die Leipziger Techno-Szene zusammenkommen und sich vernetzen kann.“

Doch trotz aller Euphorie bleibt auch dieses Festival nicht ohne Herausforderungen. Das Kollektiv spricht offen über finanzielle Risiken und ihre Unsicherheiten. Sie selbst sagen: „Das finanzielle Risiko ist eigentlich immer unsere größte Sorge, besonders in Bezug auf das Festival. Es können immer unerwartete Kosten auf uns zukommen oder der Ticketverkauf nicht wie erwartet laufen.“ Auch bei vorherigen Veranstaltungen sind sie mehr als nur einmal mit Minus in der Tasche nach Hause gegangen. Als nicht-kommerzielles Festival kommen alle Einnahmen durch den Ticketverkauf. Sie planen das Budget so, dass sie mit plus/minus Null aus der Veranstaltung gehen. Sollte mehr Geld eingenommen werden, fließt dieses in die nächsten Veranstaltungen oder Equipment.

Offen für Austausch und Vernetzung

Eine weitere Hürde: das Clubsterben. Viele Kollektive sind auf Kulturräume angewiesen, um Veranstaltungen zu organisieren. So auch das KeinKollektiv. Um auf das Thema allgemein, aber auch die Gründe und Ursachen aufmerksam zu machen, organsierten sie im März 2025 eine Podiumsdiskussion zum Thema „Leipziger Clubkultur“. Sie selbst sagen dazu: „Klar kann man mit so einer Veranstaltung die Probleme nicht aus dem Weg schaffen, aber man kann dafür sorgen, dass verschiedene Perspektiven an einem Tisch zusammenkommen, gemeinsame Baustellen identifiziert werden und vielleicht auch Aspekte hervorbringen, die bis dato noch nicht so viel in die Diskussion eingeflossen sind.“

Das Kollektiv wünscht sich, dass das Festival fortwährenden Bestand hat, jedoch nicht um jeden Preis. Nach dem Erfolg des ersten Festivals, wollen sie den Besucher:innen dieses Jahr zwar nochmals mehr bieten: mehr Bühnen, mehr musikalische Abwechslung, mehr Acts, mehr Workshops, mehr Angebot. Doch dabei geraten sie finanziell, aber auch kapazitiv an ihre Grenzen. Sie sagen: „Um das Projekt weiterhin aus Überzeugung und mit Spaß weiterzuführen, sehen wir aktuell erstmal kein weiteres Wachstum.“ Und so widersetzen sie sich auch hier dem kommerziellen und kapitalistischen Druck. Es muss nicht immer alles größer werden, um gut zu sein. Viel wichtiger sind die Qualität und das Gefühl, an einem freien und sicheren Ort zu sein.

Das KeinFestival ist also viel mehr als nur ein Festival. Es steht für Diversität, Achtsamkeit, Solidarität und der Überzeugung, dass Kultur nicht nur von großen Namen lebt, sondern vom Engagement vieler. Wer sich am 12. Juli tanzend durch die Pittlerwerke bewegt, kann erfahren was es heißt, eine Alternative zu leben: tanzend, bastelnd, hakkend, mit neuem Tattoo, gutem Essen und ganz viel Bass.

Alle Hardfacts auf einen Blick

KeinFestival // 12. Juli 2025 // 14:00 – 08:00 Uhr // Pittlerwerke

Live-Sets:
Hotbass Mob, Itsadisata x Shallat x Sir Mantis x NoProTekt, Left Clueless, Liebestrunken, Malina

DJ-Sets:
Abyssus b2b Fränk, Anka, Cargo b2b DiscoDaisy, Casimir von Oettingen, CNuts, Disco Amore, DJ SeXex b2b DJ Würlpool, HΛllvk, Hyperplexion, Josephine Wedekind, Kacy, KΣNΘ, Kø:lab, Latchey Kid, La Vie En Glass (Laviena b2b Glassbass), Maria Die Ruhe, Nachtigall b2b KunstTechnologe, Nemoa, Ostreaktor, Phoebe, Pierre Arndt, Reza, Rottnmeier, Slany, Suprema Luna, Takt & Taumel, Tomashkin, Vluna, X-Delight, Yantshi

+ Kreative Workshops, artistische Performances, eine Tattoo-Corner und Chillout Area

Tickets Tickets

Alle Bilder: KeinKollektiv

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