Und wieder liegt ein extrem starker Release-Monat hinter uns. Wir haben mal wieder etwas gebraucht, um uns durch den Mai zu hören – aber hier sind nun unsere Empfehlungen.

New World – „Stay“ (Riotvan)
Alle fünf bis sieben Jahre darf man mit einer neuen EP von New World rechnen. Für mich ein klassischer Blindkauf, denn bereits die letzten beiden EPs von Markus Gebauer alias New World haben mich sehr lange sehr glücklich gemacht – und sie tun es noch immer. Was auffällt, ist das leicht gesteigerte Tempo. Ansonsten gibt es auf dieser EP drei Tracks im Stil von Disco-House zu hören. Slappige Bässe, Piano-Chords, dazu Gitarren-Samples. Der Cheesyness-Faktor überschreitet keine Schmerzgrenze. Im Gegenteil, diese Platte ist reine Freude. Beim Titeltrack, dessen Piano-Line absolute Ohrwurm-Qualitäten aufweist, fragt man sich, welches neue Element als nächstes dazu kommt und überhaupt noch in den Track passt. Aber dennoch, es gibt hier kein „zuviel“.
Bei „Mariage“ geht die Sonne auf und hier kommen die von mir geliebten, new-world-typischen 80er-Referenzen sehr stark durch. Ein Synth-Pad wie Butter, eine Arpeggio-Bassline und eine Gitarre (oder ein Synth, der so klingt?). Super sweet! Die letzte Nummer ist (wie es so schön bei Bandcamp kommentiert wurde) ebenfalls kein Filler, sondern ein weiterer Banger. Ein Track wie er auch dem Label-Kollegen Llewellyn gut zu Gesicht stünde. Die Gitarre scheint ein Thema zu sein auf der neuen EP. Absolute Hit-Scheibe!
Nils’ Hit: „Mariage“ Why: Weil es der Hit des ersten halben Jahres ist.

FM Pause – „Onrust“ (Row Records)
FM Pause aus Halle veröffentlicht seit fünf Jahren konstant elektronische Musik. Auffällig am bisherigen Oeuvre ist die stilistische Vielfalt, die sich in den bisherigen Veröffentlichungen zeigt – und dass FM Pause seine Neigung zum experimentellen auslebt, ohne dass seine Produktionen dadurch an Erlebbarkeit einbüßen. Nun ist unter dem Namen Onrust EP die neueste Veröffentlichung erschienen. Die drei Tracks sind starke Kompositionen, die mit Blick aufs Detail ausproduziert wurden, heben sich aber durch einen deutlicheren Hang zur Dekonstruktion von den Vorgängern ab. Atmosphärisch gleitet die EP von Beginn an in einen gebührend dystopischen Grundton, der den Tracks extrem gut steht. Four to the floor war jetzt eh noch nie das ganz große Steckenpferd von FM Pauses Releases, und das wird auf Onrust nochmal weitergeführt – aber das ist eben auch wieder ein Gütesiegel für die Leichtigkeit im Experimentellen, die den hallenser (hallischen?) Produzenten so auszeichnet.
Davids Hit: „Disfunktion“ – Why: Wie jeder der drei Tracks hat auch „Disfunction“ eine große Chance, ins unhörbar Sperrige abzugleiten – wird aber von FM Pauses kompositorischen Fähigkeiten in einen Hit verkehrt..

Credit 00 – „Put The Funk Back In 2 Techno“ (Uncanny Valley)
Erst seit Anfang Mai draußen und als Vinyl schon fast sold out. Deshalb solltet diese EP noch schnell checken: Denn Credit 00 möchte mehr Funk auf den Techno-Floor bringen. Guter Punkt auf jeden Fall. Und die vier Tracks dieser EP haben einen anziehend positiven Drive mit analogem Touch und schmissigen Chords. Dazu ein paar scharf geschnittene Vocal-Samples, jede Menge Detroit-Referenzen und das typische Credit-00-Augenzwinkern. Das psychedisch-wilde Artwork kommt übrigens vom Artist höchstpersönlich. Ein richtiges Gesamtkunstwerk also. Und eine gute Sommerplatte mit einigem Hit-Potenzial, die aber eher auf den House-Floor passt.
Jens’ Hit: „You Need 2 Chill“ – Why: Weil die trocken-dumpfen Bassdrums, scheppernden Hi-Hat zu gut mit den Ambient-Chords harmonieren.

Balout Krew & Laxfilet – „Darbuka King“ (Self-released)
Eine spannende Neuentdeckung gab es für uns im Mai – nämlich ein palästinisch-deutsches Duo, das traditionelle Sounds aus der Westbank und von der Midschwiz dezent mit Breakbeats und elektronischen Sounds verwebt. Es gab schon ein paar EPs der Balout Krew, doch diese hier hat erstmals unsere Ohren erreicht – und uns sehr begeistert. Denn tatsächlich gelingt der Merge der Welten ziemlich gut. Wohl auch, weil die Aladin und Laxfilet, die beiden Producer dahinter, mit minimalistischen Arrangements arbeiten. Die traditionellen Sounds behalten sie so ihren Charme und ihre Narrativität, während die Elektronik den Weg ins Zeitgenössische ebnet. Mit tief liegenden Basslines, viel Percussion und einem Hauch an Acid. Die Einnahmen dieser EP gehen an eine Mädchenschule in Nazla al Gharbiya, einer Gemeinde in einer Region, die aktuell doppelt in Unruhe ist.
Jens’ Hit: „Take Me With U“ – Why: Weil die zarten Breakbeats unglaublich gut mit der arabischen Midschwiz matchen.

M.ono – „The Simple Things“ (Rose Records)
M.ono lässt uns an den einfachen Dingen teilhaben. Ob das für ihn bedeutet, dass er sich auf seinem neuen Album wieder (nach Ausflügen in Breakbeat- und Dubstep-Gefilde) dem Deep House zuwendet, bleibt unklar. Vielleicht möchte er auch den Fokus auf die Sachen und die schönen Momente lenken, die ein Leben unbeschwerter machen.
Es geht so entspannt los, man kann sich nicht erwehren und ist sofort dabei bei Stück Nummer eins. Das Piano-Sample ist gut zu einem, da braucht es nicht mehr viel. Bassline, Bongos, bisschen Strings.
M.ono besinnt sich auf seine Wurzeln als Produzent. In den 2010er Jahren war Rose Records genau mit diesem Sound erfolgreich und auch ich habe M.ono so kennen und lieben gelernt. Deep House all over the place! Ganz viel Piano, Deepness und Liebe steckt in allen Tracks des Albums. Nicht hip, nicht neu. Aber super gut. Der Tipp für den Sommer!
Nils Hit: „The Biggest Pig in Barbados“ Why: Weil der Track keine Angst vor Cheesyness hat – das finde ich gut.

Mario Wiedemann – „Beloved Poolside 006“ (Self-released)
Ah yeah, ich schreibe diese Review bei einer Außentemperatur jenseits der 30grad Celsius und es könnte nicht besser passen. Mario Wiedemann hat inzwischen die 6. Ausgabe seiner Beloved Poolside Kompilation veröffentlicht, liefert damit den Release des Sommers wenn es darum geht, das beste aus den Temperaturen am Tage zu machen, von vornherein dir ganz großen Umsturzpläne an den Nagel zu hängen und stattdessen eher mit eisgekühltem Getränk und Sonnenbrille im Schatten zu liegen.
Es trifft sich sicher gut, dass Mario Wiedemann sich bereits seit einiger Zeit mit seinen Releases als herausragend gebildeter Schüler der ganz großen europäischen Filter House Vorbilder zeigt – seine 2024 bei O*RS erschienene EP habe ich damals ziemlich eindeutig als Hommage an Ed Banger und Kompakt gelesen, und man kann auch hier die Einflüsse finden. Aber nochmal, es ist nicht epigonal, sondern eine Fortführung. Auf Beloved Poolside gehts vielleicht sogar einen Schritt zurück; es läuft hier schon sehr Funky ab. Aber das trägt zum überaus entspannten und entspannenden Gesamteindruck nur noch mehr bei. In Summe ist beloved Poolside ein sehr balancierter, homogener Release, der im allerbesten Sinn einfach großen Spaß macht.
Davids Hit: „Juice on the Beach“ – Why: Weil der Track einen wundervollen Groove feiert.

Vanta – „Between Life And Death“ (IO Records)
Wirkung ist ein großes Wort, oft eine bloße Proklamation oder Unterstellung, wenn von Musik die Rede ist. Natürlich kennen wir die Musik der großen Emotionen, deren Wirkung längst vertraut scheint. Doch nicht immer sind es die klassischen Gefühlswelten, die uns fesseln. Besonders packend wird Musik oft dann, wenn sie in uns ein Unbehagen weckt – und wir uns diesem trotzdem nicht entziehen können.
Auf dem Münchner Label IO Records hat der Leipziger Produzent Vanta nun seinen faszinierenden Release Between Life and Death veröffentlicht, der genau diesen Effekt erzielt.
Die Methodik dahinter ist theoretisch sogar recht leicht zu entschlüsseln: Es ist ein Spiel mit Kontrasten. Die sieben Tracks haben das Potenzial zur Alarmierung und bewegen sich vor allem im Spannungsfeld zweier prägnanter Elemente: einerseits diese unterkühlten, hypnotisch-dunklen Flächen, andererseits eine vordergründige, oft nervös wirkende Percussion.
Wir sind zunächst geneigt, darin eine Tendenz zur Dekonstruktion zu erkennen. Doch schnell stellen wir fest, dass diese Spannungen kein Zerstörungswerk betreiben, sondern vielmehr eine Verdichtung erzeugen. Irgendwo zwischen bedrohlicher, hypnotisch-dunkler Flächigkeit und alarmierender Percussion wird beim Zuhören unser Fluchtimpuls getriggert. Die Anspannung speist sich aus einer fast schon cineastischen Unterkühltheit, der wir uns kaum entziehen können.
Es ist beeindruckend, wie souverän Vanta diese Wirkung herstellt. Between Life and Death ist damit nicht nur ein Statement düsterer Clubmusik, sondern auch ein Beispiel dafür, wie klug eingesetzte Kontraste unser Hörerleben nachhaltig beeinflussen können.
Davids Hit: „Blackout“ – Why: Facettenreiche Komposition, die sowohl perkussive, als auch atmosphärische Reize setzt.

11:68PM – „You Do The Talking“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)
Im Mai kam auch ein neues Gesicht in den R.A.N.D.-Label-Roster dazu: 11:68PM aus Berlin. Und seine 4-Track-EP holt mich voll ab. Schön dubbig-deep, reduziert und pulsierend, vertraut und doch überraschend an einigen Stellen. Die ersten beiden Tracks starten eher introvertiert, auf der B-Seite schimmern dann auch die R.A.N.D.-typischen proggy Tech House-Sounds wieder hervor. Doch insgesamt bleibt die EP erstaunlich deep und wie mit einem speziellen, melancholischen Filter überzogen. Richtig gut.
Jens’ Hit: „You Do The Talking“ – Why: Weil deep und special.

Niclic – „Za Hxper“ (Kann Records)
Ein weiterer spannender Release folgt auf Kann. Ist das Berlin-Leipziger Label mittlerweile bei Nummer 60 angekommen? Wow! Das frühere Prinzip einer parallelen Veröffentlichung auf Vinyl, scheint schon eine Weile aufgelöst. Das beschert uns ein paar sehr interessante und unbeschwerte Releases, die nicht unbedingt nur auf den Dancefloor abzielen.
Das Debüt von Niclic ist eine solche Digital-Only-VÖ – eine Listening-EP mit Erdung in tanzbarer, elektronischer Musik. Der Opener „AK7“ beschreitet die Pfade des IDM, die in der zweiten Hälfte mit dickem Elektro-Beat breiter werden. „Bfuxx Puffin“ ist eine slackige, verrauschte und langsame Nummer mit Dub-Anleihen. Das Titelstück ist wohl das tanzbarste und housigste Stück auf der EP, steckt voller interessanter Sounds und ergießt sich in einem sehr deep-bassigen und dubbigen Halftime-Beat. Bei „Run Out“ knistert und knackt es ebenfalls ganz wundervoll. 4-To-The-Floor über atmosphärischer und klanglich-wohliger Grundlage. Diese EP ist super vielseitig und sehr deep. Freund:innen von IDM, Dub, House und Ambient kommen hier gleichermaßen auf ihre Kosten. Kann hält das Qualitäts-Level ganz weit oben.
Nils Hit: „Za Hxper“ Why: Weil es ein wunderbar deeper Track mit Überraschungsmoment ist.

DJ Unisex – „Only Drowning Men Could See Him“ (Self Learning System)
All tracks written and recorded by DJ Unisex in the midst of the Black Forest hills during winter of 24/25. Diese beiläufige Erwähnung im kleingedruckten der Bandcamp-Credits bleibt seltsamerweise im Kopf; mutmaßlich weil mit recht einfachen, nüchternen sprachlichen Mitteln eben doch eine Atmosphäre evoziert wird. Jetzt hebt mal alle die Hand, die ihr an entspannt Radler trinken im Liegestuhl gedacht habt – vermutlich niemand. Viel mehr wird hier doch eine Obskure ruhige Düsterkeit zelebriert, die zwar auch schon die Jenaer Romantiker inspiriert hat, auf dem Gebiet elektronischer Tanzmusik aber bislang doch noch nicht der große Bildgeber war.
Im Kontext von DJ Unisex bisherigen Veröffentlichungen mag der Kontrast gar nicht so wahnsinnig erscheinen, aber er ist nicht wegzudiskutieren. Die Produktion klingt gewohnt rau, metallisch, wahnsinnig gut einfach; gewinnt durch flächigere Parts aber stellenweise an inhaltlicher und atmosphärischer Tiefe. Nichtsdestotrotz ist „Only Drowning Men Could See Him“ auch ein Fenster in künstlerische Prozesse, denn die EP bildet, mit großer Selbstverständlichkeit, auch die Kontraste einer künstlerischen Identität ab. Und so setzt sich Only Drowning Men Could See Hin zu einer EP zusammen, die von perfekter Imperfektion lebt!
Davids Hit: „Smoke Over Java City“ – Why: Weil der Track natürlich zu sich findet, ohne die wunderbare roughness der gesamten Platte zu verlieren.

V.I.C.A.R.I. – „Freefall EP“ (Mountebank Scientific)
DJ Balduin hat ein neues Label – nach Glyk Music mag er jetzt auch seiner Liebe für klassischen Minimal House eine eigene Plattform geben. Doch bei Balduin gibt es natürlich immer auch einen Twist. Der Name des Labels – „wissenschaftlicher Scharlatan“ – macht das schon gut deutlich. Doch auch der Schritt, V.I.C.A.R.I. für die Premiere einzuladen, spricht dafür. Denn der Producer aus Bristol ist für einen sehr speziellen Minimal-Sound bekannt. Und auch seine „Freefall EP“ ist zwar auf das erste Hören voller 2000er Reminiszenzen, aber in den vielen Details steckt so viel mehr. Er packt seine Tracks voll mit subtilem Funk, forschender Unbeirrtheit und zugleich mit einem dauerhaften schelmischen Lächeln. Das schafft erstaunlich ungezwungen-ernste Minimal-Tracks, die hoffentlich ein amtliches Revival einläuten. Ich bin sehr gespannt, was der Mountebank Scientific da noch alles zusammenbraut.
Jens’ Hit: „Serious Misintentions“ – Why: Weil hier eine sehr gute wilde Dekonstruktion von Erwartungen und Ästhetiken stattfindet.

Lydia Eisenblätter – „Bliss“ (Ostgut Ton)
Ostgut Ton ist zurück! Rund vier Jahre nach dem eigentlich verkündeten Ende des Berghain-nahen Labels Ostgut Ton ist mit der Klubnacht 01 nun tatsächlich wieder ein neuer Sampler erschienen. Unter den vielen großen Namen aus dem Berghain-Umfeld, die auf dem Sampler vertreten sind, sticht vor allem ein Name heraus: die Leipzigerin Lydia Eisenblätter hat unter dem Titel Bliss ebenfalls einen Track auf der Kompilation beigesteuert. Und wie sollte es anders sein – nach vorne gehts, wie wir es von ihr kennen. Lydias housy Techno Produktionen leben ja von der entspannten Souveränität der Produktionen, die sich so auch in ihren Live Sets wiederfindet. „Bliss“ macht da keine Ausnahme, dafür aber umso mehr Spaß!
Davids Hit: „Bliss“ – Why: weil der Track genauso nach vorne geht, wie wir es von Lydia Eisenblätter kennen und lieben.

Janein – „Here & There“ (Androit Recordings)
Noch ein starker Techno-Release: Dieses Mal von Seelen.-Mitbetreiber Janein. Hier ist er aber mal auf einem anderen Label unterwegs, um zwei dunkel eingefärbte, sehr drückende Tracks zu platzieren. Das Titel-Stück ermöglicht ein Wiederhören mit der Stimme von Olga Phage. Ihre kühlen, eintönigen russischen Spoken Words dominieren „Here & There“ natürlich sehr. Obwohl die hell-aufleuchtenden Synths und die Claps genug eigene Power haben. „Quasar“ gefällt mir da noch um einiges mehr, weil er einen krassen Sog entwickelt. Super trippy und rasend, durchaus beängstigend, aber höchst energetisch. Mit Vril gibt es dann auch einen deutlich deeperen und Headline-Remix von „Here & There“ – ohne die Vocal-Dominanz, was dem Track ganz gut tut. Auch Phil Berg glättet die Kanten von „Quasar“ mit seinem Remix. Er behält die hypnotische Kraft, aber erzeugt nicht den besonderen Sog des Originals.
Jens’ Hit: „Quasar“ – Why: Weil der Track einen sehr eleganten Rave-Moment aufmacht.

Malena – „Verzweigung“ (Don’t Be Afraid Of Yourself)
Anfang Mai brachte auch Georg Bigalke mit seinem Label eine neue EP heraus. Dieses Mal mit einem Track der Dresdner Producerin Malena. Sie steht für rauen, dystopisch dronig-breakigen Techno. Ein sehr passender Sidekick für Bigalke also. Ihre „Verzweigung“ bahnt sich ihren Weg durch einen finsteren Dschungel oder Kanal. Alles klingt äußerst kalt und bedrohlich, wie der Soundtrack für einen zeitgenössischen Horrorfilm. Doch alles so minimalistisch und dicht verwoben, dass dies eben doch eine ordentliche Faszination erzeugt. Bigalke selbst erhöht mit seinem Remix dann nochmals das Spookyness-Level – mit noch mehr Gekreische, einigen Rave-Sounds und maximaler Finsternis. Das ist special und das ist gut genau so.
Jens’ Hit: „Verzweigung“ – Why: Weil das Original in seinem gedrosselten Tempo und seiner Aufgeräumtheit viel Raum zum Eintauchen in die Sounds lässt.

Strumm. – „Absent Presence EP“ (Self-released)
Noch eine Neuentdeckung im Mai: Strumm. vom Leipziger Leef Collective veröffentlichte in Eigenregie eine sehr druckvolle, minimal-inspirierte 7-Track-EP. Die kühle Ästhetik, die verspielt eingestreute Art der Sounds sowie die vielen Glitches haben einige Minimal-Erinnerungen wachgerüttelt. Allerdings sind die Tracks viel zu tight und schnell für Minimal und knallen eher in bester Hardgroove-Manier. Auf jeden Fall ist das alles sehr präzise und auf den Punkt produziert, manchmal vielleicht ein Tick zu bold, aber ich fühle die Energie. Tatsächlich hätte die EP aber auch kompakter ausfallen können. In der zweiten Hälfte werden die Tracks zwar etwas vertrackter und experimenteller, aber insgesamt ist der musikalische Rahmen schon recht eng abgesteckt.
Jens’ Hit: „Error Culture“ – Why: Weil hier der Mix aus Glitch-Level und Eleganz am besten ausbalanciert ist.

Flashbaxx – „Gazelle EP“ (Groovers Traxx)
Eine echte Vinyl-Bemusterung, wie wir sie sehr schätzen in der Redaktion. Da es definitiv noch Liebhaber:innen von physischen Tonträgern in der Redaktion gibt, ist eine Platte in der Post schon etwas sehr Besonderes. Wenn die Musik dann auch noch Anklang findet, umso besser. Eine Platte, die man in der Kiste haben kann. Wenn man klassischen House liebt, wie es die Groovers Family tut.
Das Kollektiv veranstaltet Partys, bespielt einen YouTube-Kanal mit DJ Sets aus einem Turm (krasse Produktion, Leute!) und hat seit Neuestem auch ein Label. Die erste Groovers Traxx liegt hier auf und die vier Tracks sind allesamt klassische House-Tunes. Ähnlich wie beim neuen M.ono-Album lässt sich festhalten: Gut produzierte House-Tracks funktionieren immer. Es ist nicht der populärste Sound zurzeit in Leipzig, aber es ist ganz wunderbar zu sehen, dass sich Leute engagieren, um den House-Spirit am Leben zu halten. Das ist alles sehr schön und fühlt sich gut an.
Apropos: „Feels Real Good“ bleibt bei mir mit seiner eingängigen Orgel-Linie und dem Voice-Sample sofort kleben. „Wild Child“ ist sowas wie der Hit hier. Mega gute Motor-City-Drum-Ensemble-Vibes mit Orgel, den Crowd-Samples und der Stimme die verkündet „I can fly like a bird in the sky“. Aber auch „That Girl“ und „Gazelle“ lassen sich problemlos in jedes House-Set einhegen, ob deep und klassisch. Super unaufgeregte und entspannte Musik auf der ersten Platte auf Groovers Traxx. Und definitiv eine Empfehlung für alle House Heads.
Nils’ Hit: „Wild Child“ – Why: I can fly.
Außerdem hörenswert im Mai 2025
Cosmic Xplorer & Pulso – „Verax EP“ (Recorded Things)
Ungarisch-brasilianisches Techno-Team-up mit sehr schön hypnotisch-rollenden Basslines und durchaus filigranen und vielschichtigen Synth- und Beat-Arrangements. Nicht zu düster, dafür mit einigen echten special moments.
Dib – „Equipotenziale 003“ (Pragmat)
Das Finale einer Trilogie an dubbigen Techno-Explorationen. Sehr minimalistisch und introvertiert, aber eben genau deshalb sehr anziehend, um in Dub-Techno-Weite abzutauchen.
Dæmmerung, 1525 – „Demo I“ (Dæmmerung)
Eine Dark-Ambient-Neuentdeckung mit ebenso sphärischen wie dissonanten Phasen. In jedem Fall recht schwer und elegisch. Für ein Demo schon sehr ausgereift.
KyXor – „Ramp“ (Patching Flowers)
Patching Flowers hören einfach nicht auf, zu veröffentlichen. Mit KyXors neuem Album “Ramp” handelt es sich diesmal um eine Hommage an Electronica, wie wir ihn um die Nullerjahre herum kennenlernen durften. Einziges Manko: diesmal leider nur ein digital Release (Wann Laserdisc-Release?).
Yseto and 8x 10 – „Rooms“ (Patching Flowers)
Und noch ein weiterer Release von Patching Flowers, wieder nur digital. Die künstlerische Entität 8×10 remixt einen knapp vier Jahre alten Yesto-Track, und wie es sich gehört, entsteht ein atmosphärisch-flächiger Experimentaltrack aus dem Original eines atmosphärisch-flächigen Experimentaltracks.