Esoulate hat sich ja in den vergangenen acht Jahren als weitgehend lokal agierende Booking-Agentur einen gehörigen Platz in Leipzig erarbeitet. Jetzt erweitert sich deren Aktionsfeld – und zwar mit einem eigenen Net-Label.
Gerade noch dachte ich, dass es mit der Netlabel-Szene quantitativ in Leipzig eher mau aussieht, da kommt die Nachricht vom Launch des Esoulate-Labels. Es sei eine bewusste Entscheidung die Musik auf nichtkommerzielle Weise zu vertreiben, so Sebastian alias Dsant. Als DJ ist er im Esoulate-Roster und er pushte die Label-Idee neben einigen anderen aus Agentur-Umfeld mit voran. Administrativ hält aber Esoulate-Betreiber Georg Bigalke die Fäden in der Hand.
Ganz uneigennützig ist die Idee natürlich auch nicht: Veröffentlichungen ebnen heute mehr denn je den Weg zu DJ- und Live-Auftritten. Und spätestens da werden auch Gagen gezahlt. Völlig zurecht, keine Frage. Über den Netlabel-Kanal lassen sich jedoch die Tracks der Agentur-Künstler unkomplizierter und risikofreier vertreiben, als mit kostspieligen Vinyl-Auflagen.
Gerade für eine etablierte Booking-Agentur scheint die Label-Erweiterung auf Creative Commons-Lizenz aber durchaus sinnvoll. Denn unbekannt sind die Künstler in Leipzig keineswegs. Sie tingeln fast jedes Wochenende durch die Clubs und bekommen mit den Releases nun ein eigenes Gesicht abseits des Dancefloors. Die Idee schlummerte schon länger, seit Dezember letzten Jahres. Online ist die Esoulate Music-Seite nun seit gestern.
Den Einstand markiert eine Compilation mit fünf Tracks. „Quintessenz ist die natürliche Mitte zwischen Mainstream und Club“, lautet eine der Selbstbeschreibungen von Esoulate. Und der Satz trifft auch die klangliche Bandbreite dieser ersten EP ganz gut. Zwischen groß ausholendem Rave und kammermusikalischem Downbeat ist auf der „Guten Tag EP“ einiges vertreten.
Dsant selbst ist mit seinem „Organic Funk“ dabei – einem sich angenehm treiben lassenden House-Stück mit angerauten Oldschool-Basslines und sehnsüchtig flirrenden Chords. Alex Bull lässt auf „Early Bird“ die Vögel zwischen aufgepumptem House und Vocal-Samples zwitschern – etwas blutleer an manchen Stellen, aber insgesamt schon ein ausgereifter Track.
Ganz anders „Guana Tak“ von MarSet: der Betreiber von Plakat Records haut mit der Rave-Keule mächtig drauf. Da wird eindeutig am Mainstream-Rand der Esoulate-Philosophie geschraubt. Hallende, umher schwirrende Sounds, Spooky-Rave-Breaks – das ist Effekthascherei für das Nature One.
Simon Sunset, der Neuling im Esoulate-Roster geht einen weitaus deeperen Weg, mit einigen überraschenden Ausflüchten in schroffere Gefilde – „Outer Banks“ ist ein gewagtes Spiel mit kontrastreichen Sound-Intermezzos.
Musikalisch beweist aber Klima das ausgereifteste Feingefühl. Zwar sind die Downbeat-Beats sehr behäbig, aber die Streicher- und Piano-Arrangements loten im Zusammenspiel mit den antiquiert-futuristisch anmutenden Chords eine hohe Musikalität aus – ohne Beats wäre dieses Stück ein wehmütig klagendes Stück Kammermusik. Wunderbar elegisch, cineastisch ausbreitend und dem Pathos nahe.
Der Kellermusik Records-Betreiber wird also zum stillen Helden dieses ersten Lebenszeichens von Esoulate Music. Es soll einiges folgen. Wir sind gespannt.