Zwei Monate sind vergangenen seit dem letzten Einblick in ein Leipziger Musikzimmer. Dazwischen liegen komische Sommertage, sicherlich schöne Urlaube, Partys, Festivals und mehr. Pünktlich zum Spätsommerbeginn geht es mit der Studio Studio-Serie weiter – mit Daniel Stefanik.
Wie unterschiedlich die persönlichen Beschreibungen der Zimmerbesitzer ausfallen können. Vom ausschweifenden Nerd-Talk bis zur Basswellenforschung im Hinterhof. Daniel Stefanik hält es kurz und durchaus philosophisch. Was wäre wenn, ist seine Leitfrage, die in einem Atemzug die kulturtechnische Revolution der letzten zehn Jahre aufgreift.
Zwei Bilder haben wir ausgewählt aus der Session, die Christian Hüller kürzlich im Studio von Daniel Stefanik aufnahm. Es gibt sie auch größer zu begutachten: einfach auf die Bilder klicken und es öffnet sich eine Lightbox.
„Wenn ich mir die Bilder so anschaue, denke ich: ich finde diesen Ort wundervoll und ich bin dankbar, dass ich diesen Ort habe. Er ist vielleicht nicht besonders schön und gemütlich, aber ich kann darin kreativ sein.
Es ist alles da, was ich dafür brauche. Meine Plattensammlung zum Beispiel. In der 3. Reihe des ersten Fachs befindet sich meine fast vollständige Perlon-Sammlung, ein paar sind noch in der Plattenkiste. Zwei Fächer darunter – auf dem Bild nicht zu sehen – die komplette Axis / Purpose Maker / M-Plant-Serie. Rechts neben Perlon ist Playhouse, M_nus, Plus8. Darüber befindet sich alles von Cadenza. Ich bin ein typisches Beispiel für einen Jäger und Sammler.
Wenn mich ein Label kickt, dann will ich alles davon haben, auch wenn vielleicht manche Releases nicht so mein Fall sind. Aber ich bin immer gut gefahren damit, Artists oder Label-Chefs und ihrem Geschmack zu vertrauen. Man kann nicht immer alles gleich verstehen und mögen. Es braucht alles auch seine Zeit und vielleicht einen bestimmten Moment.
Ich bin auch froh, in einer Zeit aufgewachsen zu sein, in der Vinyl noch das absolute Muss war, weil man sonst nicht an diese Musik herankam. Es war irgendwie alles streng limitiert und nur im gesamten Paket erhältlich. Heute kann man einzelne Tracks von einem Album kaufen.
Aber wie kann ich heute wissen, was ich morgen vielleicht gut finden werde? Oder die klassische B-Seite, was ist mit ihr? Bei Planet E zum Beispiel (3. Reihe, 3. Fach) gibt es eine Menge genialer B-Seiten-Stücke. Sie wären mir alle verwehrt geblieben, hätte ich damals nur den vermeintlichen Hit als MP3 herunterladen können. Wäre ich überhaupt zu Warp Records gekommen, wenn ich mir nur Hits hätte ziehen können, die mich damals als Jungsporn fast ausschließlich interessiert haben?
Und wenn ich nicht zu Warp gekommen wäre, hätte mich dann überhaupt interessiert, wie man mit Maschinen wirklich interessante Klänge herausbringen kann bzw. nicht nur nach fertigen Presets schaut, sondern selbst die eigene Kreativität fördert und fordert? Wo wäre ich dann als DJ, wenn ich doch niemals gelernt hätte, selbst zu selektieren und mich nur von Charts in unübersichtlichen MP3-Shops leiten und verleiten zu lassen?
Wo wäre mein Antrieb, schwierige Übergänge zu meistern, wenn es den Sync Button an den Turntables schon damals gegeben hätte? Hätte ich überhaupt ein Maß, wenn alles maßlos zur Verfügung gestanden hätte und wie sähe dann dieser Ort hier aus, wenn ich schon damals mit einem Programm vermeintlich ein ganzes Tonstudio ersetzen hätte können?“