Heute Abend wird aus Bleep Hop der Bleep Club. Warum? Weil es die vorerst letzte Sendung von Michael Wallies alias Repeatbeat sein wird. Eine Menge Gäste konnte er dafür akquirieren.
Schon komisch, wenn einem die Relevanz einer guten Konstante erst dann richtig bewusst wird, wenn sie sich dem Ende zuneigt. 221 Sendungen bereitete Michael Wallies in den vergangenen acht Jahren vor, um sie dann live auf Radio Blau zu moderieren. Für Liebhaber von ebenso geradliniger wie abseitiger, elektronischer Musik war Bleep Hop eine regelmäßige Inspirationsquelle. Zweimal durfte ich dabei sein und mir das Räuspern am Mikrofon verkneifen.
Heute Abend wird das Studio aber richtig voll. Zusammen mit seinem Moderator-Weggefährten Alexander Dreyhaupt hostet Micha ein letztes Mal Bleep Hop und macht zugleich einen Club daraus. Mit richtigen DJs und einem Live-Act. Eine Stunde mehr hat er auch bekommen – von Mrs. Peppstein, die ihn einst zum Radio brachte. Es spielen: Claire, LXC, Map.ache, Mrs. Pepstein, Orange Dot (live), Rentek und Daniel Stefanik. Aber hallo. 20 Uhr geht es los. Wir wollten aber noch ein wenig mehr wissen und haben Micha vier Fragen gestellt:
Letzte Bleep Hop-Sendung: warum?
Das hat sich kurzfristig ergeben, da ich Leipzig verlasse. So musste ich auch schnell entscheiden, was mit der Sendung passiert. Acht Jahre und über 200 Sendungen sind keine Kleinigkeit. Natürlich könnte ich weiter machen, indem ich eine Sendung vorproduziere, die dann im Radio abgefahren wird. Technisch wäre das kein Problem. Das habe ich bei anderen Sendungen bereits erlebt, die dann einen schleichenden Tod erlebten und dann einfach weg waren. Dafür liegt mir „Bleep Hop“ zu sehr am Herzen. Radio lebt davon, dass man die Sendungen live – möglichst mit interessanten Gästen – produziert.
Das Radio ist dafür ein toller Ort. Ich habe dann eine Nacht drüber geschlafen und sofort gewusst, dass der Moment gekommen ist, Bleep Hop erstmal in den Ruhestand zu schicken und zwar mit einer ganz besonderen Sendung. Am gleichen Abend hatte ich dann meine vorvorletzte Sendung. Daniel Stefanik, der an diesem Abend mein Studiogast war, meinte sofort, dass er dabei wäre. Nach einigen E-Mails war am nächsten Nachmittag das Programm für den „Bleep Club“ komplett. Das Line-up kann sich wirklich sehen lassen, weil so viele unterschiedliche Akteure zusammen kommen. Das es nun auch noch die 222. Sendung ist, ist wirklich ein schöner Zufall. Toll ist auch, dass Mrs. Pepstein mitmacht und das am Abend so viele Leute aus dem Radio mithelfen.
Was waren deine persönlichen Höhepunkte in den 221 vergangenen Sendungen?
Ein Highlight war der Besuch von Funkstörung mit ihren Live-Sets im Studio. Die Sendung war noch total neu und ich war damals ein riesiger Fan und stolz, dass Helden der Jugend einfach mal vorbei kommen. Irgendwann war es dann aber nicht mehr so wichtig, wie bekannt oder erfolgreich die Studiogäste sind. Vielmehr fand ich es wichtig, dass sich möglichst aufschlussreiche Gespräche ergaben. Dazu musste die Musik natürlich das gewisse Etwas haben.
Außerdem ist es toll, wenn man immer dann, wenn man es nicht erwartet, Feedback zur Sendung bekommt. So gibt es lustige Situationen, wenn dir einige Tage nach der Sendung jemand erzählt, dass er dazu Plätzchen gebacken hat oder in der Wanne lag und noch wissen will, welcher Track gegen halb 10 lief. Ein besonderes Highlight fällt mir doch ein: Ich konnte im März Gilles Peterson von der BBC interviewen. Das war natürlich famos, so eine Radiolegende im kleinen Radio Blau-Studio zu erleben.
Du bist in all den Jahren Radio Blau treu geblieben – gab es auch Überlegungen im Internet zu senden?
Radio Blau – und somit auch Sendung – ist ja schon seit Jahren im Live-Stream zu hören. Dazu gab es natürlich seit Ewigkeiten diverse Aktionen im Netz. Anfangs war Myspace total relevant. Mittlerweile klingt das bizarr und 90er. Heute braucht man natürlich möglichst eine eigene Seite, ein Soundcloud-Profil, ein Twitter-Account und obendrauf noch eine Facebook-Fanseite. Das macht man, aber die Online-Aktivitäten sind immer nur programmbegleitend.
Vielleicht bin ich da etwas altmodisch, aber es ist ja auch weiterhin cool, mit Vinyl aufzulegen. Ganz wichtig war es über die Jahre auch, dass der feste Sendeplatz da war und somit die Verpflichtung, alle zwei Wochen – und das in allen Lebenslagen – eine neue Sendung zu machen. Dazu ist ein freies Radio – mit all den basisdemokratischen Diskussionen, die manchmal natürlich auch nerven – ein verdammt lehrreiches, soziales Projekt, was man definitiv erlebt haben sollte.
Welche anderen Sendungen für elektronische Musik auf Radio Blau kannst du uns als Alternative zu Bleep Hop empfehlen?
Es gibt erstklassige DJ-Sendungen. Ich empfehle auf jeden Fall „Girls Edit“, „Downtownlyrics“, „Subscience“ oder „Nokogiribiki“. Mit „Future Classics“ gibt es dazu eine tolle Musiksendung für HipHop-Fans. Dazu kann man sehr eigenwillige, oft krautige elektronische Musik in der „Zonic Radio Show“ hören.
Meine absolute Lieblingssendung ist „DingDong“. Der Macher Bert the Juggler ist wahrlich Kult. Bei „Ding Dong“ gibt es zum Teil grandiose und manchmal auch ganz scheußliche Techno- und Tranceklassiker, die ich niemals in meiner Sendung gespielt hätte, aber wenn Bert dazu ein paar Geschichten erzählt, passt das einfach. Im Winter ist „Ding Dong“ und Badewanne auf jeden Fall eine grandiose Kombination.