Zuletzt dachte ich, die große Label-Gründerzeit in Leipzig ist durch. Doch es gibt immer noch Neuentdeckungen. Hier sind drei davon: QC Records, Bitterfeld Musik und GLYK.
House- und Ambient-Glück mit GLYK
Schon 2016 erschien die erste GLYK-Platte, also wirklich neu ist es nicht. Aber erst im letzten Jahr gab das Label von DJ Balduin etwas mehr Gas. Und hey, GLYK hat es in den Kompakt-Vertrieb geschafft. Völlig zurecht, denn die bisher fünf veröffentlichten EPs (Vinyl und Digital) sind ohne Ausnahme hörenswert. Besonders durch ihre experimentellen und freieren Ansätze.
Natürlich gibt es auch schön deepe und klassische House- und Electro-Tracks, aber noch vielmehr wird auf GLYK musikalisch geforscht. Ich mag es immer, wenn sich Labels trauen, abseits der Clubgrenzen zu bewegen. Und GLYK wagt einiges.
Zuletzt kamen zwei Releases von Knat heraus, einem Session-Projekt von Steve Hartmann und Jan Harder (haben die beide wirklich zufällig hart/hard im Namen??). Zwei Mini-Alben sind das, die sehr spannend und scheinbar analog Drones, Ambient und Electronica ausloten. Wer lieber ein paar gerade Bassdrums möchte, sollte zur DJ Balduin-EP greifen.
Roughe Sounds aus Bitterfeld
Auch das nächste Label ist nicht taufrisch. Seit Ende 2017 gibt es Bitterfeld Musik und ich wollte es schon längst mal vorgestellt haben. Gegründet haben es der Leipziger Carmel und Marius Reisser und Berlin. Bitterfeld liegt quasi dazwischen und die Chemie-Industrie-Tristesse der kleinen Stadt dürfte für Electro- und Techno-Heads mit Hang zu darken Sounds ein echter Sehnsuchtsort sein.
Das Logo von Bitterfeld Musik greift die Industriegeschichte direkt auf – und auch musikalisch ist es eher dark und teils richtig kantig, mit Ausflügen in Richtung Techno, Jungle, UK Garage, Acid, EBM, House und Electro. Zugleich ist das Label eine Plattform für Carmels gute Connections in die australischen und Leipziger Szenen. Da finden Interviews genauso eine Heimat wie Guy Contact und Consulate aus Perth.
Schaut man bei Bandcamp rein, zeigt sich schnell: Bitterfeld Musik hat sich eine beachtliche internationale Fanbase aufgebaut. Sie will einfach Musik for a bitter tomorrow. Ganz im Sinne des besten EP-Titel im bisherigen Labelkatalog.
Happy Vibes mit QC Records
Zum Schluss noch einmal Carmel. Es ist wirklich Wahnsinn, wie aktiv der australische Wahl-Leipziger derzeit seine Spuren in der Stadt hinterlässt. Gerade kam ja eine neue R.A.N.D. Muzik-Compilation heraus, die auch Carmel kuratiert. Zusammen mit Qnete hat er letztes Jahr noch ein weiteres Label an den Start gebracht: QC Records.
Ich dachte erst, das QC steht für Qnete und Carmel, aber es ist die Abkürzung von Quality Control. Und die scheint ziemlich gut zu klappen bei den beiden. Die drei bisher veröffentlichten EPs sind so herrlich euphorisch und happy. Egal ob sie House, Jungle, Downbeat oder 90s-Rave als Rahmen nehmen – jeder Track klingt so positiv und unbefangen.
Klar, irgendwie auch naiv und voller musikalischer Zitate, aber so what. Neben dem ganzen Dark-Techno-Game ist das eine echte Erfrischung. „Happyrave“ heißt passenderweise ein Track der aktuellen EP. Genau darum geht es den beiden wohl. Ich bin Fan!