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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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New In – März 22

02. April 2022 / Kommentare (0)

Nicht ganz pünktlich, aber hey, hier sind sie: Unsere Plattentipps aus dem März. Mit sehr unterschiedlichen Sounds und einem Februar-Nachzügler.

Panthera Krause „Como Dada“ (Riotvan)

Zum Start gleich mal zwei Hits. Panthera Krause ist zurück aus der Pandemie-Stille und macht klar, dass mit ihm weiterhin zu rechnen ist. Ich habe seine letzten Sachen nicht mehr ganz im Ohr, aber mir scheint, dass bei ihm eine Verschiebung zu historischen Pop-Gesten und größeren Floors stattfindet. Sowohl „Como Dada“ als auch „All I Want To Do“ kokettieren sehr selbstbewusst und versiert mit frühen Disco-Tracks. Bohrende Stakkato-Synths, ungewohnte Rave-Momente und prägnante Vocals. Wow, das klingt nach neuem Drive – und viel aufgestauter Vorfreude auf volle Floors

Mein Hit: „Como Dada“. Why: Weil er so pushend House-Pop und Disco Noir verbindet.


Lydia Eisenblätter „Surrealism EP“ ([OAM] Records)

Überraschung auch bei Lydia Eisenblätter. Auf ihrem eigenen Label [OAM] Records erschien soeben eine neue EP – und die bringt ihre Techno-Liebe sehr eindrucksvoll zum Vorschein. Bisher waren die meisten Tracks von ihr im House unterwegs, aber „Uncontrol“ und „Excile“ ziehen deutlich straighter und darker davon. Mit rasenden Acid-Schleifen und mächtigen Bassdrums. Dazu immer mal Spoken Word-Momente. Sehr classic, sehr gut auf dem Punkt. Und krass, Ben Sims treibt „Uncontrol“ mit seinem Remix noch ein paar Power-Stufen nach oben und lässt so auch den Big Room-Floor entzünden.

Mein Hit: „Excile“. Why: Weil die hohen, hell gleißenden Synth-Chords in der Mitte Detroit mitumarmen.


Various Artists „RM120115“ (R.A.N.D. Muzik)

Und wieder ein Monat mit neuem R.A.N.D.-Release. Es geht weiter mit den Verbeugungen vor alten Heroes der Neunziger. Dieses Mal kommt das Londoner Label Alien Recordings zu einer Hommage. Andy Panayi und Alec Stone aka A² gründeten es Ende der Neunziger und brachten fünf EPs heraus – dann wurde es still. Offensichtlich gehörten sie damals zu den frühen Tech House-Antreibern, die den später so prägenden Sound der Nuller Jahre auf den Weg brachten. Auf der R.A.N.D.-Compilation beleben die drei zentralen Alien Recordings-Acts mit vier neuen Tracks den Sound dieser Übergangszeit wieder. Mit dem heutigen lahmen Tech House hat das wenig zu tun. Es sind noch die analogen Synths und Kanten der ersten House-Jahre hörbar, allerdings klingt der Großteil unaufregter, breakiger und minimalistischer. Es sind forschende Tracks, die sich auch mal in trippigen Sound-Exkursen verlieren und den Dancefloor umschiffen. Allein „Acidbend“ dreht das Tempo hoch und bohrt sich mit seinen Acid-Sounds tief ins Mark. Schöne Entdeckung.

Mein Hit: „Pass Go“. Why: Weil der Track so deep anfängt und dann vielschichtig verspult mutiert.


Mandragora „Frost“ (Self-Released)

Und noch ein Again-Moment: LXC bringt ja nach und nach sein Archiv ans Bandcamp-Tageslicht. Vor wenigen Tagen erschien in dieser Serie die dritte EP – und zwar mit einer Live-Session aus der Distillery von 2001 sowie mit drei weiteren Tracks, die er unter dem Alias Mandragora laufen lässt. Die „Frost“-Session war eigens für frühmorgendliche meditiative Jungle-Momente produziert. Und wie so oft bei den Tracks aus dem Alphacut-Spektrum, holen mich besonders diese ruhigeren und deeperen Tracks am meisten ab. Ein 90-Minuten-Trip mit einer gewissen Nostalgie, es damals live verpasst zu haben. Dazu reiht LXC drei weitere Mandragora-Tracks, die bisher nur ein paar Mal in Live-Sets zu hören waren. Verspielt-dubbige und super perkussive Experimente, nah an sperriger Avantgarde. Aber insgesamt erstaunlich zeitlos. Checkt wieder die Liner Notes zum Release.

Mein Hit: „Frost Session“. Why: Weil sie so reduziert und scheinbar beiläufig und zugleich sehr konzentriert in den Bann zieht.


5AAH / Discount Furniture „Split EP“ (All My Ghosts) + Remixes (Graveyard Records)

Durch die Rituals-Konzert-Reihe am letzten Wochenende bin ich erstmals auf SupaKCs Label Graveyard Records aufmerksam geworden (shame on me, dass jetzt erst). Und über dessen aktuelle Remix-EP kam ich zu All My Ghosts – ein weiteres sehr spannendes Leipziger Label. Es passiert eh labelmäßig gerade wieder enorm viel in der Stadt. Da wird es demnächst einiges zu berichten geben. Aber erstmal zu dieser Kollaboration. Anfang März erschien bei All My Ghosts eine Split-EP mit jeweils fünf Tracks von 5AAH und Discount Furniture. Letzterer bewegt sich in einem Soundfeld zwischen IDM, Electronica und Gameboy-House. Also verspielte Sounds, angenehme naive Vibes mit viel lofi Oldschool-Färbung. 5AAH dagegen ist etwas düsterer und klarer in den Sounds. Aber auch eine Spur experimenteller. Doch im Zusammenspiel passen beide sehr gut zusammen. Interessante Listeneng-EP.

Bei Graveyard Records kamen zwei Wochen später zwei Remixe zu Discount Furnitures „Paah“ hinterher – einmal von Tim Rosenbaum und von SupaKC. Rosenbaum zerschreddert das eigentlich lieblich-soft-poppige Original in ein bedrohliches Noise-Stück. SupaKC behält die warme Atmosphäre und bettet sie in packende HipHop-beeinflusste Beats. Zwei krass unterschiedliche Wendungen also, die zusammen mit der Original-EP musikalisch viel bieten.

Mein Hit: „Paah (SupaKC’s Floweee Remix). Why: Weil die stockenden Beats vor den warmen, aber dennoch angerauten Melodien super gut matchen.


Late In – Feb 22

Warm Graves „Ease“ (Fuzz Club Records)

Eigentlich dachte ich, dass das neue Warm Graves-Album erst im März veröffentlicht werden sollte, aber nee, es kam schon im Februar. Hier also nun ein Late-in. Im Dezember hatten wir bereits eine Vorab-Single besprechen und in das Album reinhören können. Es hat seitdem nichts an seiner dunkel-wavigen Faszination verloren. Tief eingehüllt in Nebel, verwunschene und unterkühlte Dystopie-Assoziationen weckend – so klingen die neun Stücke auf „Ease“. Alles in sehr angenehm gedrosseltem Tempo, viel Hall und mit reduzierten Arrangements. Für den sich nun aufbäumenden Frühling wahrscheinlich nicht der beste Soundtrack – aber das Album ist zeitlos genug. Und die dunklen Jahreszeiten kommen bekanntlich jedes Jahr zurück.

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