Die CD ist wieder da – dank eines Samplers von Defrostatica. Und dieser ist eine Ansage. 17 Tracks, 17 Producer, 17x Future Sound of Leipzig.
Ist Defrostatica gerade das fleißigste Label in der Stadt? Oder vergeht nur die Zeit zu schnell? Jedenfalls habe ich gerade das Gefühl, dass jeder zweiter Beitrag von mir das Label featuret. Aber es ist ja auch verdient: Nach der „Rogue Style EP 2“ und der „Alteration EP“ holt Defrostatica nun zum großen Rundumschlag aus und präsentiert auf der Compilation „Future Sound of Leipzig“ siebzehn Tracks von Producern aus Leipzig. Und holt ein vergessen geglaubtes Format zurück: die CD.
Wie, was, Compact Disc? Nur auf den ersten Blick ist das eine seltsame Wahl. Denn seien wir ehrlich: Wieviele DJs legen – gerade im Drum & Bass und noch mehr im Footwork – mit Vinyl überhaupt auf? Ohne die alte Vinyl- vs. Digital-Leier ankurbeln zu wollen: Gerade bei einem hochenergetischen Sound und schnellen Übergängen sind Files fraglos im Vorteil. Und anstatt wieder die ganzen USB-Sticks umzuladen … he, da ist so ne CD doch viel schneller eingepackt und auch rausgeholt.
Und Platz hat so ein Ding: 69 Minuten Musik gibt es hier auf die Ohren. Obwohl der Fokus natürlich auf Drum & Bass und Footwork liegt, wirkt die Trackauswahl abwechslungsreich und stimmig zugleich. Das ist für Compilations in diesem Bereich durchaus ein Kunststück, zeigt aber auch, wie unterschiedlich hiesige Musiker den Sound für sich interpretieren.
Da gibt es gewohnt souveränen Halfstep von alten Hasen wie Kjubi, scheppernde Breakbeats von dem mir bisher unbekannten Maltin Worf, superquirligen Acid von DJ Yumyum oder auch Trap-ähnliche Slow-Mo-Beats von Alza54. The Boy and the Sine erinnern an klassische Dubstep-Qualitäten, LXC refixt „Connor“, indem er einmal quer durch seine Rave-Samples scrollt, und SicStyle lässt ein paar Jungle-Sounds vergnügt auf Footwork treffen. Überhaupt, Footwork scheint hier fast immer durch, manchmal in Form von Samples, manchmal auch in der Platzierung der Bass-Drum. Label-Chef Booga dreht das ganze in seinem Remix zu „Brooklyn“ dann, indem er die Bass-Drum gerade durchmarschieren lässt und damit mal zum Techno rüberwinkt, der neidisch am Gartenzaun steht und die ganze Chose beäugt.
Ja, und dann gibt es als Sahnehäubchen noch „Mahalo“ von KC. Ein kurzer, fast schon intimer Song, bei dem zurückhaltender Gesang auf eine verzerrte Bass-Drum treffen – und der die Compilation nochmal um eine ganz andere Dimension erweitert.
Natürlich gibt es noch viel mehr zu entdecken – einfach mal reinhören:
Wie es zu dem Projekt kam – das erzählen Tina und Booga von Defrostatica vielleicht im folgenden Interview. Außerdem: Am 11.05. findet die Release-Party zur Compilation statt. Dazu gibt es eine kleine Verlosung nach dem Interview:
Future Sound of London, Future Sound of Cambridge, jetzt Future Sound of Leipzig … Mit dem Namen stellt ihr die Compilation bewusst in eine Tradition, den Sound einer Stadt zu präsentieren, oder? Wie kam es zu der Idee?
Wenn wir dir das sagen, müssen wir dich leider umlegen. Hashtag Zwinker. Also wir verstehen das eher als Mission denn als Status. Und ja, wir fänden das schon gut, wenn wir in ein paar Jahren tatsächlich Teil so einer Tradition sein können. Bis dahin gibt es für uns und die Künstlerinnen noch viel zu tun. Darauf haben wir eben auch großen Bock.
Ihr verweist im Promo-Text auf den Leftfield-Bezug, der in Leipzigs Drum & Bass-Szene vorhanden ist. Wie repräsentativ ist dieser und wie prägt er die Compilation?
Zu 100% ist die Compilation von den Vibes der Künstlerinnen geprägt, die schon eine Weile offene Augen & Ohren haben für Spielarten, die zwischen 160-170 BPM und dem jeweilgen Halbtempo liegen. Wir alle haben in den letzten Jahren den Autonomic Sound von dBridge & Co. verinnerlicht, haben die Einflüsse von Chicago Juke und Footwork wahrgenommen und ihre britische Interpretation als musikalischen Schulterschluss von Künstlern wie Om Unit, Fracture und Sam Binga gefeiert.
Es passiert halt sehr viel zwischen 4 on the floor und klassischem Drum & Bass – und wir und die Künstlerinnen mögen die hybriden Stile sehr. Mutantenmusik.
Ich stelle mir vor, dass so ein Projekt durchaus seine Zeit benötigt. Könnt ihr etwas zu dem Entstehungsprozess sagen?
Das war die größte und geilste Schatzsuche, die wir bislang zusammen gemacht haben. Während wir einige Künstlerinnen ja schon eine Weile genervt haben, sind wir dadurch auch noch auf andere gestoßen, die vorher nicht auf unserem Radar waren. Da sind sehr schöne zufällige Domino-Momente entstanden und wir sind sehr glücklich darüber, neue Leute kennengelernt zu haben. Diese neuen Beziehungen wollen wir natürlich ausbauen und werden damit auch gut beschäftigt sein.
Die Idee zur Compilation gab es schon zu Beginn des Labels 2015, aber die Zeit war einfach noch nicht reif. Im Februar diesen Jahres haben wir sie wieder aufgenommen. Jetzt hat es so schnell geklappt, weil wir zum einen LXC vom Leipziger Label Alphacut als Mastering Engineer gewinnen konnten, der ja auch schon einige Künstlerinnen persönlich kennt. Zum Anderen haben wir uns angesichts der Anzahl der Tracks aus Kostengründen gegen Vinyl entschieden. Deshalb ist es dann eine CD geworden.
Gutes Stichwort: Warum eigentlich CD?
Wir finden es wichtig, dass unsere Veröffentlichungen da bleiben, wenn das Internet mal abgeschaltet wird – was wir aber natürlich nicht hoffen. Also wenn es passiert, waren wir’s nicht! Was noch hinzukommt: CD pressen geht viel schneller und eine/r von uns beiden ist der Meinung, dass die CD ein Comeback vor sich hat.
Am 11.05. wird das groß gefeiert: Was erwartet die Besucher?
Ein beseeltes Team Defrostatica aus DJs, Live-Künstlern und seinen Freunden. Hier einmal euphorie.jpg und airhorn.mp3 einfügen.Win win: Defrostatica feiert die Compilation natürlich mit fast allen beteiligten Künstlern groß in der Distillery. Wir verlosen 2 Gästelistenplätze mitsamt einer CD – schreibt einfach in die Kommentare, wieviel bpm ihr am liebsten habt und gebt eure Mail-Adresse an (diese wird nicht öffentlich angezeigt).