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Jens
Im Stadtmagazin Kreuzer war irgendwann kein Platz mehr für die viele gute elektronische Musik aus Leipzig. Also hat Jens im Sommer 2009 frohfroh gegründet.

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New In – Feb 22

23. Februar 2022 / Kommentare (0)

Im Februar gab es sakrale Gaming-Sounds, verflixten Deep House und was Neues von Sachsentrance. Dazu noch drei hörenswerte Nachzügler aus dem Januar. Here we go.

Shuray & Walle „International Licence EP“ (O*RS)

Yeah, endlich gibt es die erste EP von Shuray & Walle. Das Duo ist seit einiger Zeit Distillery-Resident und bringt jede Menge Good Vibes auf den House-Floor. Auf A Friend In Need gab es letztes Jahr schon die ersten Ergebnisse ihrer Produktionsskills zu hören, nun holt Filburt Shuray & Walle zu sich aufs Label. Dort passen sie auch bestens hin: Zeitloser Deep House, druckvoll und warm, dazu ein paar O-Töne und Vocal-Samples im Hintergrund. Lea Lisas Remix von „990 Pro“ lässt die Bass dann noch einmal etwas tiefer sitzen und bringt die Arrangements gefühlt nochmals einen Tick mehr auf den Punkt. Für eine Debüt-EP ist das alles sehr versiert und wohl-ausbalanciert. Aber insgesamt auch nicht weltbewegend. Der Deep House-Rahmen ist längst abgesteckt – verliert aber zugleich nichts an Faszination. Verflixt.

Mein Hit: „Job In This Game“. Why: Weil sich hier sofort die Vorstellung von einem abendlichen Open Air-Floor auftut, bei dem alle Lust auf mehr haben.


Salele „For Pitch Division“ (Ominira)

Bei Kassem Mosses Label Ominira gab es offensichtlich eine kleine, einjährige Pause, die in diesem Februar mit einem Album von Salele beendet wurde. Wer dahinter steckt? Kein Plan, es ist nur von „pure computer music“ die Rede. In zehn, teilweise nur anderthalb Minuten langen Stücken geht Salele auf eine nostalgisch anmutende Klangexploration. Sehr abstrakt und fast blutleer, aber auch äußerst harmonisch. Fast wie der Soundtrack von alten Computerspielen. In ihrer Reduziertheit und dem gedrosseltem Tempo haben die Tracks manchmal sogar etwas Sakrales. Wie Orgelstücke aus einer anderen Welt. I like it, klar.

Btw.: Auch im Februar hat Ominira das Mixtape von DJ Residue noch einmal re-releast. Darauf sind bisher unveröffentlichte Edits und Live-Snippets von Kassem Mosse in einen Mix gebracht. The Trilogy Tapes hatte das Tape im November 2021 erstmals rausgebracht.

Mein Hit: „Self-Aligned Vias“. Why: Weil es so slow und reduziert, so viel klangliche Geborgenheit ausstrahlt.


Rennhorse / Hkkptr „Sachsentrance 002“ (Sachsentrance)

Damit zu der Hit-Platte des Monats. Zumindest wenn man auf die Bandcamp-Sales schaut. Letztes Jahr ist Sachsentrance an den Start gegangen und hat direkt für viel Aufsehen gehört. Bei dem Namen, logisch. Aber auch vom Sound her trifft das Label mitten in den Nerv des größer werdenden Oldschool-Rave-, Trance- und Hardstyle-Revivals. Mit „11ALLESNULLEN“ liefert Sachsentrance nun eine neue Fuck-the-police-Clubhymne. Und dazu eine Pferderennen-Hommage. Schön stumpf stampfend und mit albern-runtergepitchten Vocals. Bestes Ironie- und Provokationsfutter, und auf dem Dancefloor sind die beiden Rennhorse-Tracks sicher Euphorie-Bomben, ohne Frage. Aber sie klingen auch nach einer spät ausgelebten Teenager-Session. Hkkptr lässt das Kichern dann mit zwei weiteren Solo-Tracks weg und treibt das Härte-Level aufs Maximum. Big Room to the fullest. Aber hey, Sachsentrance pusht hier sehr konsequent Sounds, die sonst in Leipzig weniger präsent sind. Daher: Abfahrt!

Mein Hit: „Energie“. Why: Weil es nach dem Break tatsächlich einen extrem erhebenden Rave-Moment gibt.


Lexy „Shine“ (self-released)

Nun zurück in die echten Neuziger. In der letzten New In-Ausgabe ging es los mit dem Archiv von Alphacut-Betreiber LXC. Im Februar ist der zweite Teil der Retrospektive rausgekommen, sieben Stücke aus den späten Neuzigern, aus der Prä-LXC-Zeit also. In den Liner Notes blickt er zurück auf eine kleine Jungle-Szene, die im post-kommunistischen Grau des Nachwende-Leipzigs ihre Freiräume auslebt. LXC hat seine ersten Club- und Party-Erfahrungen gemacht und produziert nun offensichtlich mehr für den Floor. Wahnsinn, wie wenig die Tracks an Energie und Frische verloren haben. Selbst über neun bis zehn Minuten hinweg schaffte es Lexy, das Level zu halten oder weiter hochzuschrauben. Und auch hier gibt es einige große Rave-Momente wie in „Schnapsshot“, die von zarten Jungle-Drums und fetten Basslines dann weitergetragen werden. Wie beim letzten Mal ein Tipp: Lest auch die Liner Notes zu den Tracks. LXC ist ein toller Storyteller.

Mein Hit: „Rise“. Why: Weil sich in der Wildheit der Drums ein sehr warmer Hauch Big Beat-Funk herausschält.


Late In – Jan 22

Yes, im Januar sind noch drei erwähnenswerte Leipzig-Releases herausgekommen, die wir in der vergangenen New In-Ausgabe übersehen hatten. Deshalb hier noch ein paar Worte dazu:

Pük & Oward „Wellness IV“ (Wellness Records)
Im Frühjahr 2019 startete mit Wellness Records ein neues House-Label in Leipzig, nach einer Pause kam kürzlich die Nummer 4. Der Brite Pük und der Franzose Oward teilen sich je eine Seite. Beide bewegen sich grob im Deep House. Auch sehr klassisch, aber irgendwie verstecken beide immer wieder kleine Twists in ihre Tracks, die für einen eigenen Funk sorgen. Oward ist dabei etwas mehr von Minimal beeinflusst, Pük von der perkussiven und discoiden Leichtigkeit.

Salomo & Reece Walker „Bumper 2 Bumper“ (Long Vehicle)
Beim Kann-Sub-Label Long Vehicle gab es Ende Januar auch ein Wiederhören – dieses Mal mit einer Kollab zwischen den Leipzigern Salomo und Reece Walker aka DJ Carmel. Letzteren haben wir auch in unserer großen „Leipzig Import“-Story mitporträtiert. Die beiden liefern hier zwei gemeinsame und zwei Solo-Tracks. Und besonders die Duo-Stücke verbinden sehr smart verschiedene Oldschool-Vibes zu einem neuen Mix. Dezent trancig und breakig, hintergründig poppig und mit einigen Hit-Qualitäten. Vor allem bei „First Touch“ geht sehr viel sehr gut auf.

Ron Deacon feat. Johanna Jaeremo – „Untitled b2 Brando Jazz“ Compost Records)
Von Ron Deacon habe ich schon länger nichts mehr gehört. Aber im Januar schrieb er, dass sich für ihn ein Traum erfüllt hat: Er konnte eine jazzige Neufassung seines ursprünglich bei Workshop 2010 veröffentlichten Tracks „Untitled b2“ auf der legendären Compilation-Reihe „Future Sounds Of Jazz“ unterbringen. Das Original entfaltete sich sehr freigeistig und trippy. Zwölf Jahre später ist daraus ein laidback Jazz-Track mit prägnantem Saxofon und viel organischer Wärme geworden. Musikalisch auf jeden Fall ein großer Sprung – und sehr cool, dass der Track nun in einem so würdevollen Umfeld eingebettet ist. Ron Deacon hatte übrigens schon im Dezember einen weiteren Compilation-Beitrag beim 12. Jubiläum des Compost Disco-Labels. Dort gab es eine kosmische Ron Deacon-Reise. Hier sind beide Tracks zusammen:

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