New In Radio #5 – 2025

Wir haben eine neue Ausgabe unseres New In Radios fertig – gestern lief sie bei Radio Blau. Ab heute ist sie auch als Stream zu hören. Mit dabei ein Deep Dive mit einer spannenden Newcomerin aus Leipzig – und ein exklusiver Mix.

Sommerzeit ist Urlaubszeit, deshalb sind wir dieses Mal nicht vollständig und nur zu zweit gewesen. Aber Nils und Jens haben sich wieder durch mehrere sehr gute Releases aus Leipzig gehört und einige Hits daraus ausgewählt. Euch erwartet eine wilde Reise zwischen Vocal-Techno, Chillwave-Footwork, Deep House, 80s-Wave und Indietronic.

In unserem Deep Dive stellen wir die „Hepp EP“ von Old Man Crane vor, unsere Newcomerin-Entdeckung der letzten Wochen. Neben einigen Tracks kommt sie auch mit eigenen Statements zu Wort. Und: Nils hat noch einen wunderbaren Haftime-Mix aufgenommen mit einigen unserer Hits des bisherigen Jahres. Ganz unten findet ihr den Mix.

Reinhören? Immer gern. Den Mitschnitt findet ihr die nächsten sieben Tage in der Mediathek von Radio Blau. Oder ihr bleibt einfach hier und hört es über Soundcloud:

Und hier die komplette Tracklist:

Esgeem – „Microflip“ (Proper Pull)
Schadenheimer – „Der Lärm in meinem Kopf“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)
IGLO – „Computed Love“ (Figure)
DWIG – „Beyond Cry And Smile“ (Nextprophets)
DWIG – „Happy Theories“ (Nextprophets)
Flashbaxx – „Gazelle“ (Groovers)
Samotek – „Smth More“ (Defrostatica)
ILoveSpell – „The Benefit Of Thoughts“ (Symmetric Poetry)
Fis – „Last Song Of The Yeah“ (Verydeep Records / Cassettendienst)
Garlands – „Turn The Sky (Hardberg Remix) (La Pochete Surprise Records)
Old Man Crane – „Heep“ (Bait Records)
Old Man Crane – „Veil“ (Bait Records)
Old Man Crane – „Quork“ (Bait Records)
Here Is Why – „Waiting For The Sun“ (Riotvan)

Der New In Radio Halftime-Mix – mixed by Nils Panda

Und hier kommt noch unser Halftime-Mix mit einigen unserer Lieblingsstücke aus den der ersten Monaten des Jahres 2025. Enjoy.

Hier ist die Mix-Tracklist:

Sonnenstadt – „Dreams in Cryogenic Sleep“ (Unforced)
Kalme & Map.ache – „Mexico“ (Altin Village & Mine)
Notsch – „190“ (self released)
DWIG – „Happy Theories (Instrumental)“ (Nextprophets)
DJ Balduin – „Somar“ (Small Steps)
Eira Haul – „Beach Haze“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)
Lydia Eisenblätter – „Bliss“ (Ostgut Ton)
Brigade – „Dog Feed Dog (Janthe Remix)“ (ost:end musik)
DJ M€R$€BVRG – „tarn“ (AGGREGAT)
CRC X VC-118A – „Spores“ (Zyntax Motorcity)
Modus Pitch – „Outer Veil (Maya Shenfield Remix)“ (Altin Village & Mine)

„Rave On“ – Ein Film über eine Clubnacht

Ein Spielfilm über Techno und über Rausch? Immer ein großes Wagnis. Denn das richtige Maß an Authentizität und Ästhetik ist scheinbar nicht so leicht zu finden. „Rave On“ gelingt es aber erstaunlich gut.

„Rave On“ bringt ab 31. Juli 2025 etwas auf die Leinwand, das so konsequent nur selten im Kino zu sehen ist: das Innenleben einer Clubnacht. Keine Doku, keine Szenegrößen-Monologe. Stattdessen ein atmosphärischer Sog, der direkt reinzieht. Und zwar genau dorthin, wo es dunkel, schwitzig, euphorisch, flackernd und manchmal auch ziemlich verloren ist – in einen klassischen, undergroundigen Techno-Club.

Foto: Telos Pictures

Der Film spielt irgendwo in Berlin, zumindest inhaltlich. Aber die Szenerie mit einer alten Industriehalle, den labyrinth-haften Gängen könnte genauso gut in Leipzig oder Hamburg spielen. Einen kleinen, aber durchaus wichtigen Leipzig-Bezug gibt es bei „Rave On“ übrigens doch: Der Leipziger Filmverleih Weltkino bringt den Film bundesweit in die Kinos.

Im Zentrum steht Kosmo – ein leidenschaftlicher und leicht manischer Producer und DJ, der vor Jahren sein Momentum hatte, dann aber im entscheidenden Moment den Sprung zu einem höheren Level verpasst. Es ist seine Nacht, in der etwas gut machen möchte. Und seine Nacht ist unsere Nacht: eine Reise durch einen dieser typischen Labyrinth-Clubs. Die Kamera klebt an ihm dran, treibt durch Gänge, Treppenhäuser, Darkrooms, den Dancefloor. Alles ist abgedunkelt, unscharf, verschwommen, trippig – als wäre der ganze Film selbst auf einer Pille.

Der Plot ist nicht sonderlich komplex – aber das macht nichts. Denn es geht nicht um Storytelling-Finesse, sondern um das Gefühl. Um Atmosphäre. Um das Einfangen einer Nacht, die viel mehr ist als Feierei: eine Nacht, in der sich etwas entscheidet. Für Kosmo. Und vielleicht auch für die Szene.
Was den Film stark macht, ist seine Nähe und Authentizität. Die Protagonist:innen wirken nicht wie Schauspieler:innen, sondern wie Menschen, die wir wirklich nachts oder spät tagsüber im Raucherbereich oder an der Bar treffen könnten. Die Gespräche, die Musik, das Tempo – alles fühlt sich echt an. Dazu kommt der Soundtrack, kuratiert und produziert von Techno-Held Ed Davenport: ein zurückhaltend-treibender, organischer Techno, der die Energie einer Clubnacht sehr gut wiedergibt. Und selbst die Star-DJs im Film sind auch in Wirklichkeit wichtige Musiker:innen und DJs – Hieroglyphic Being etwa spielt Kosmos‘ Hero Troy Porter und Lucia Lu verkörpert die neue Techno-Generation. Diese unmittelbare Echtheit ist genau richtig für den Film und für diesen Trip.

Foto: Telos Pictures

Auch thematisch ist „Rave On“ nah dran an einigen aktuellen Themen und Begebenheiten: am Generationenwechsel in der Szene etwa. Alte Held:innen verlieren den Anschluss, der Sound verändert sich, neue Leute kommen – und nicht alle kommen klar damit, vor allem die (meist männlichen) Techno-Real-Keeper verfangen sich schnell im Complaining-Modus und beschleunigen den Disconnect zum Neuen noch mehr. Und auch die vielen Ambivalenzen der Clubkultur werden gut angedeutet: Kommerz versus Underground, Social-Media-Überpräsenz versus Kamera-abkleben. Und natürlich der offen zelebrierte Drogenkonsum und Rausch zwischen euphorischem Eskapismus und innerer Leere, verlorene Seelen neben Profi-Raver:innen, die ihren Weg gefunden haben.

Doch in dieser Nacht mit Höhen und Tiefen, epischen Highs und Abstürzen gibt es auch immer wieder fürsorgliche und kollektive Momente, von Gäst:innen und im Awareness-Bereich. All diese krassen Gegensätze der Techno-Kultur fängt „Rave On“ tatsächlich gut ein. Und als Kosmos im Vollrausch mit seinem Idol Troy Porter connected, predigt er genau das, was viele Raver:innen fühlen: Techno steht für Auflösung in einem kollektiven Moment. Jeder Track gehört allen, weil er diese besondere Verbundenheit schafft. Am Ende ist es egal, wer ihn produziert hat.

„Rave On“ ist aber längst kein perfekter Film. Einige Dialoge und Figuren wirken etwas plastisch und überzeichnet. Der spätere Turning-Point kommt nicht ohne Kitsch und Pathos aus. Aber dieser Film trifft einen Ton. Und das ist mehr, als viele andere schaffen. Ein Film, der nicht über Techno redet, sondern ihn spüren lässt. Vielleicht nicht für alle. Aber für die, die wissen, wie sich so eine Nacht anfühlt, ist er genau richtig.


„Rave On“ in Leipzig

Zum Kinostart am 31. Juli 2025 ist „Rave On“ in den Passage Kinos und dem Cineplex Grünau zu sehen.

Hardfacts:
Regie: Nikias Chryssos und Viktor Jakovleski
Mit: Aaron Altaras, Clemens Schick, Ruby Commey, Hieroglyphic Being, Lucia Lu, June Ellys Mach uvw.
Produktion: Deutschland 2025
Lauflänge: 80 Minuten   
FSK: ab 16 Jahren

New In – Juni 2025

Der Juni liegt schon etwas zurück, aber musikalisch hallt er bei uns noch nach – denn hier kommen unsere Leipzig-Release-Empfehlungen aus dem Juni. Dieses Mal wieder mit langen und kurzen Reviews.

Various Artists – „Cime Sampler Vol. 3“ (Cime)

Das regelmäßige Eintauchen bei Bandcamp sorgt immer wieder für größere Wow-Momente. Im Juni war es wieder soweit: Ich habe Cime entdeckt, einen „Space for interdisciplinary practice“, der seit 2020 existiert und in dieser Zeit auch schon eine ganze Reihe an Releases hervorgebracht hat. Cime steht für einen sehr speziellen Sound, der in Leipzig nicht allzu präsent ist (mir zumindest) und sich kaum fest verorten lässt. Der aktuell fast schon inflationär verwendete Begriff „Genrefluid“ passt hier jedoch exakt.

Und scheinbar ist Cime bestens connected. Denn die dritte Ausgabe des Cime-Samplers kommt mit dreißig Tracks, die eine große Bandbreite an Sounds präsentiert – zwischen ambientem Hyperpop und harschem Breakcore ist da viel Raum für eben jene „interdisciplinary practice“. Was alles irgendwie zusammenhält: Ein experimentelles Forschen mit zeitgenössischen Sounds und eher radikalen Ästhetiken. Das macht diesen Release unglaublich spannend, zumal ich bis auf Tibslc keinen weiteren Act kenne – also hier gibt es wahnsinnig viel zu entdecken. Durch die schiere Menge und Vielfalt an Tracks ist diese Compilation wie ein gutes Mixtape, gut kuratiert, aber auch sehr gut divers. Einziger Downer: das Artwork – da wird der speziellen Musik nicht wirklich gerecht.

Jens‘ Hit: „Guess We Could Get Along“ – Why: Tibslc holt mich direkt wieder ab mit ihrem arty Pop-Folk-Ambient-Glitch-Sound.


DWIG – „Beyond Cry And Smile EP“ (Nextprophets)

DWIG is back! Und mit ihm gleich ein neues, eigenes Label namens Nextprophets. Diese EP hier ist der erste neue darauf und trägt den schönen Namen „Beyond Cry And Smile“. Sie ist optisch wie klanglich ein Genuss. Ich bekam die Platte in die Hände mit der Vorwarnung, dass auf der neuen DWIG jetzt auch Gesang zum Einsatz komme. Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, wo im ebenso introvertierten wie ausgeklügelten Sound von DWIG zwischen Deep House und Downbeat Platz für Vocals sein sollte. Erste Aufschlüsse lieferte mir vorab ein Video zum Titelstück der EP, welches man auf Umwegen auf YouTube finden kann.

Ein beatloses Stück mit Lyrics, die sich lesen, wie von einen Hardcore- oder Emo-Song:

“Noise to shape
Blind can feel
Untouched yet seen
Hope close to heal
Who will survive world on fire.“

Ziemlich finster. Aber irgendwie schafft es das Video und das zugehörige Stück, dem Œuvre von DWIG eine weitere Ebene hinzuzufügen. Das Video mit schnell geschnittenen Sequenzen eines Jahrmarktes (um genau zu sein der Leipziger Kleinmesse) liefert ein Kontrastprogramm zu den düsteren Vocals, verstärkt den apokalyptischen Grundton aber eher noch. Bei „Happy Theories“ kommt die Stimme noch einmal zum Einsatz. Im Deep-House-Kontext funktionieren die halb gesungenen, halb gesprochenen Vocals für mich nicht so gut. Wem das auch nicht so sehr gefällt, kann sich auf der B-Seite mit der Instrumental Version dieses Stückes und einem weiteren Deep- bzw. Tech-House-Banger ohne Vocals begnügen. Allein dafür, aber auch für das tolle Konzept der Platte inkl. dem liebevoll gestalteten Artwork gibt es volle Punkte. VÖ des Monats für mich.

Nils‘ Hit: „Happy Theories (instrumental)“ – Why: Hit!


Varidata – Checksum Function (Patching Flowers)

Halli Hallo! Eine neue VÖ auf dem von der New-In-Redaktion geliebtem Label Patching Flowers. Neulich durften wir den Machern hinter dem Label ein wenig auf den Zahn fühlen und wir erfuhren mit wie viel Hingabe und Liebe Piet und Marvin das Label führen. Vom Kuratieren, der Gestaltung der Artworks und dem Produzieren von analogen Tonträgern wie Tapes, Minidiscs und CDs wird hier alles selbst gemacht. DIY at its best!

Der Opener auf dem vorliegenden Album von Varidata klingt gleich so dermaßen nach IDM und schluffigen Breakbeats, dass es eine Freude ist. Und auch im weiteren Verlauf des Albums wird man nicht enttäuscht, wenn man genau für diese Art von Produktionen etwas übrig hat. Flächige Synths über frickliger und gebrochener Beat-Grundlage. Diese Musik ist etwas für „Warp-Fans“ und Hörer:innen von Boards Of Canada. Melancholisch, dreamy und verspielt. Ein Album für Kopfhörer und den nächtlichen Ride durch die Großstadt.

Nils’ Hit: „Shifted“ – Why: Melancholisch und bittersüß!


Acid Lab – „Listen / Lights Down Low“ (Defrostatica)

Anfang Juni ist eine sehr schön atmosphärisch-dubbige Half-Tempo-EP auf Defrostatica erschienen. Und zwar von Acid Lab, einem süddeutschen Producer, der bereits seit über 15 Jahren Musik produziert und auch schon bei einigen – auch international – sehr profilierten Labels veröffentlicht hat. Für Defrostatica hat er zwei sehr gegensätzliche Tracks zusammengestellt. „Listen“ ist ein herrlich moody dahin gleitendes, breakig aufgeladenes Ambient-Stück, das mit den Soundweiten von Dub spielt und so eine direkt fühlbare Deepness erzeugt. „Lights Down Low“ bringt dagegen deutlich mehr Dynamik hervor und bewegt sich durchaus in den Arealen der späteren minimalistischen UK-Dubstep-Sounds. Mit wunderbar glitchigen Claps, verhallten Vocal-Samples und einer dauernden Spannung, die sich aber nie richtig entlädt. Eine kurze, aber umso stärkere EP.

Jens‘ Hit: „Lights Down Low“ – Why: Weil ich die entspannt-hektische Dubstep-Dynamik sehr mag.


Fis – „Last Song Of The Yeah“ (Very Deep Records / Cassettendienst)

This Record is so … yeah! Tatsächlich ist das neue Album der Berliner/Thüringer Band Fis nicht auf Platte (wie schade), sondern wieder auf dem bewährten Medium Kassette erschienen. Diesmal hat sich das Leipziger DIY-Label Cassettendienst mit den Kollegen von Very Deep Records aus Nürnberg verbündet. Das Ziel ist es sicherlich mehr Menschen im Land zu erreichen. Und das ist bei dieser Band unbedingt wünschenswert. Denn ich behaupte, sehr viele Menschen würden Fis lieben. Die Band spielt einen ebenso eingängigen wie sehr traurigen, irgendwie verdammt nerdigen Indietronic/Singer-Songwriter-Sound mit Gitarre, Orgel, Drumcomputer und Bass. Das klingt (für alle, die ein paar Referenzen zur Einsortierung brauchen) wie eine Mischung aus The Notwist, Radio Dept und Elliot Smith.

Fis haben zuletzt auf ihrer Release-Show im Leipziger NBL gezeigt, dass sie einerseits eine neue Platte veröffentlichen und andererseits dann live vor allem alte Stücke in neuem Gewand und mit abwechslungsreicher Instrumentierung spielen können. Vielleicht weil sie einfach Lust dazu haben und sich nicht um irgendwelche Erwartungen scheren. Es ist durchaus möglich, dass sie bei einem ihren raren, nächsten Konzerten wieder etwas ganz anderes präsentieren. Die neuen Songs verdienen auf jeden Fall die ein oder andere Aufführung in echt. Große und kleine Popmomente finden sich auf dem neuen Album. Immer mit genau der richtigen Dosis an Understatement. Bitte unbedingt mal reinhören und der Band meinetwegen auf einem Kanal eurer Wahl folgen. Zumindest wenn ihr etwas für oben genannte Genres übrig habt oder einfach zwischendurch mal ein bisschen LoFi-Indie-Pop braucht. Und das tut sicherlich den meisten von uns gut.

Nils Hit: „Childish Thoughts“ – Why: This song is – Yeah!


Seltene Erden – „Kein Schlaf (Seltene Erden Versions)“ (Ominira)

Nach einer längeren Pause tauchte im Juni auch Ominira wieder auf unserem Release-Radar auf – das Label von Kassem Mosse. Also eh schon Highlight-Alert, doch dieses Album toppte sogar nochmals alle Erwartungen. Denn mit seinem zweiten Alias-Projekt Seltene Erden hat Mosse ein ungewohnt zugängliches Chillwave-Ambient-Album veröffentlicht. Die Geschichte dahinter klingt auch spannend: Denn die Tracks sind Versionen von Songs, die für eine Installation gedacht waren, die dann aber nicht realisiert wurde. Und scheinbar basieren die Originale auf Deutsch-Pop-Rap-Songs, die durch irgendwelche Browser-Tools gejagt worden. Die Versions bringen das alles in einen Fluss und in eine Atmosphäre, die den Pop-Appeal auf weit runtergepitchte Weise immer wieder durchscheinen lässt. Plus eben süßlich-wavige, leicht verhallte Synth-Sounds sowie filigrane Post-Dubstep-Beats. All das ergibt eine sehr besondere Signatur, in der Deepness, Cheesyness und elegisches Gleiten mergen. Aber weitgehend ohne die typischen Kassem-Mosse-/Seltene-Erden-Kanten – und genau diese überraschende Wandlung holt mich total ab. Das Album ist auch als Tape erschienen, für mich schon jetzt einer der Leipzig-Releases 2025.

Jens‘ Hit: „Kein Schlaf / Kein Schlaf Version“ – Why: Weil es einen Track geben muss, der stellvertretend für das ganze wunderbare Album steht.


Ruin Ruin – „Thoughts & Prayers To The Invisible Hand“ (Self-released)

Das Erste, was einem in den Kopf schießt beim Hören des neuen Albums von Ruin Ruin aus Leipzig ist: sehr britisch! Das liegt einerseits an der Stimme, die Postpunk und New Wave verheißt und andererseits an dem Opener „London Called“ – eine Art Neuinterpretation des Punk-Klassikers „London Calling“ von The Clash. Das augenscheinliche Solo-Projekt und der stark nach 80er Jahre klingende Sound passt gut zur Welle an Post-Covid-Synth-Pop-Solo-Artists, die häufig auch in „Neue Neue Deutsche Welle“ einsortiert werden.

Der große Unterschied zu den meist auf deutsch textenden Kolleg:innen ist, dass bei Ruin Ruin durchgängig auf Englisch gesungen wird und auch sonst alles eher nach Großbritannien als nach deutscher Großstadt-Tristesse erinnert. Macht aber nichts, denn diese Musik passt an viele Orte. Es ist die Stimme einer desillusionierten Jugend, die hier singend zu uns spricht. „A waste of time in this time of waste. I give more than I got.“ Neben The Clash blitzen weitere Referenzen wie Joy Division oder John Maus auf. In den Texten wird sich an ewig aktuellen, wenig erbaulichen Themen wie Gentrifizierung, Schichtarbeit und Faschismus abgearbeitet. Wenn das musikalisch so schön eingewoben und textlich so präzise präsentiert wird, hört man gerne noch ein wenig länger zu.

Nils’ Hit: „Funny Motifs“ – Why: Neue Lieblingsztextzeile (siehe oben)


Esgeem – „Corollary Movements“ (Proper Pull)

Yeah, Proper Pull führt seinen Label-Weg weiter. Nach der sehr schön vielfältigen ersten Compilation folgte im Juni die erste Artist-EP. Esgeem ist ein junger Bass-Act aus Leipzig, der erst seit etwas mehr als einem Jahr mit seinen Tracks rausgeht. Dafür klingt seine EP auf Proper Pull aber bereits höchst ausgereift und vielschichtig. Im angenehmen Halt-Time-Tempo sliden die drei der vier Tracks sehr lässig zwischen aufgeräumtem Dubstep und entspanntem Drum & Bass. Alles sehr schlüssig und understatement. Einzig „The Arcadian“ öffnet sich mehr und wagt sich mit geraderem Beat und ausholenden, erst leicht psy-igen, später etwas plump-ravigen Sounds weiter heraus. Nicht mein Fav-Track, aber der fluide Ansatz ist schon interessant. Mir liegen die aufgeräumteren Half-Time-Tracks jedoch weitaus mehr.

Jens‘ Hit: „Microflip“ – Why: Weil crispe Sounds und präzise Beats.


Stan-Lee – „We Are E.P.“ (Planet Pump)

Hier kommt ein kleiner History-Exkurs: Denn Planet Pump Records ist nach 26 Jahren Pause zurück. Das Leipziger Label wurde 1996 von Steffen Kuschel gegründet, der den damals wichtigen Techno-Gabber-Hardcore-Mailorder Sound Base Music betrieb und wohl Leipzigs ersten Plattenladen aufmachte. Bis 2000 kamen auf Planet Pump sieben Platten raus, dann war Schluss. Im Juni erschien dann aber überraschend eine neue Vinyl-EP von Stan-Lee aka Stanley Hottek heraus, der ebenfalls schon seit den 1990ern aktiv ist – unter anderem auf den frühen Planet-Pump-Releases – und verschiedene Labels betreibt (siehe unten bei den kurzen Reviews). Seine „We Are E.P.“ präsentiert einen roughen, analog-kantig klingenden Techno-Sound im angenehm schnellen 135-bpm-Tempo. In der Ästhetik schwingen natürlich schon viele 90s-Remiszenzen mit, aber die vier Tracks klingen an vielen Stellen doch erstaunlich zeitgenössisch. Stan-Lee spannt hier also einen sehr interessanten Bogen zwischen authentisch erlebtem und selbst mitgeprägtem Original-Sound sowie den vielen danach folgenden 90-Revival-Ansätzen.

Jens‘ Hit: „Pounded Right Now“ – Why: Weil die angerauten Bassdrums und klassischen 90s-Chords perfekt sitzen und mitreißen.


New Hook – „What People Saw“ (Nothing Is Real Records)

Yeah, im Juni gab es auch ein Wiederhören mit New Hook – dieses Mal beim italienischen Label Nothing Is Real Records. Mit ihrem Song „What People Saw“ schlagen sie nochmals mehr als sonst eine 80s-Wave-Pop-Richtung ein. Sehr minimalistisch und elegant klingt der, mit einer gewissen Kühle und großem Hit-Potenzial. Die Producerin Kate Stein steuert noch einen Remix bei, der das Original auf den Proggy-House-Floor schickt. Das nimmt dem Song die Kanten, funktioniert auf dem Floor aber natürlich nochmals besser. Das Original bleibt aber der Hit, mit mehr Kanten und mehr Charakter. Wann kommt eigentlich ein Album von New Hook?

Jens‘ Hit: „What People Saw“ – Why: Steht schon im Text.


Außerdem erschienen im Juni 2025

Fletchy Boy – „Wrong Role“ (Groovers Trax)
Nach der sehr klassisch-housigen ersten EP auf dem neuen Label Groovers Traxx schrammt dieser dubsteppige Vocal-House-Track hart am Mainstream vorbei. Manche würden dazu vielleicht auch „Handtaschen“-House sagen. Gut produziert und für alle, die es ein wenig poppiger und eingängiger wünschen.

Workshop – „Plume“ (Self-released)
Die Releases des Chord Memory Club werden hier regelmäßig besprochen und meist für sehr gut bis mindestens spaßbringend befunden. Workshop ist Teil des Projekts und produziert allein Musik zwischen „French House, IDM und cinematischen Texturen“. Und die Musik klingt tatsächlich genau so wie es der kurzen Artist-Bio auf Bandcamp zu entnehmen ist.

Thomas Scholz – „Ponder“ (Self-released)
Sehr angenehme und melancholische 10er-Jahre- Organic-House-Nummer vom Leipziger Produzenten Thomas Scholz. „Ponder“ hat einen Orgel-Snth-Loop, organisches Geraschel und sogar eine kleine Vocal-Line im Repertoire. Plus zwei Remixes (einmal tanzbar, einmal breakig-atmosphärisch), die das EP-Package schön abrunden.

Various Artists – „VCAsphere Podcast“ (Patching Flowers)
Die dritte Ausgabe der Mixtape-Serie von einem der aktivsten Leipziger Labels. Die Patching-Flowers-Community probiert sich am Acid-Genre. Mit an Bord sind Yseto, 8×10, Lunios und weitere Acts. Jede:r hat seine eigene Interpretation des Genres mitgebracht. Als echtes Mixtape schon ausverkauft. Aber digital noch – in sehr organisch cremiger Qualität (Lossy Master!) – zu hören. Sehr cool!

Ifjú Sátán – „Protest“ (Self-released)
Neue Noise-Entdeckung: Ifjú Sátánist ein ungarischer Noise- und Experimental-Act, der mittlerweile in Leipzig lebt. „Protest“ ist ein sehr fordernder Tape-Release mit harschen Sounds und wilden Rhythmen – aber dramaturgisch doch so arrangiert, dass hier faszinierende Sogwirkungen entstehen können.

Mtty – „RM12036“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)
Neuer Australien-Entry auf R.A.N.D. – und Mtty fügt sich nahtlos in den lässig-verspielten, leicht perkussiven, proggy angehauchten Tech-House-Sound des Labels ein. Viele Classic-Vibes, eine gewisse Ironie, aber auch etwas generisch. „Fascination Station“ sticht mit seinem Big-Beat- und Pop-Appeal am meisten heraus.

Rheak – „Grovex EP“ (Recorded Things)
Stromlinienförming treibender Techno von Madrid-Producer Rheak. Vier Tracks, viel Schub und einige sich verschraubende Detroit-Soundreferenzen. Gute EP für gute Peak-Time-Momente.

Lunios – „Automatix“ (Patching Flowers)
Mini-Album von Lunios, das mit breakigen Electro-Sounds und markanten, simplen Synth-Chords eine sehr entspannte Listening- und Downbeat-Atmo erzeugt. Da schwingt auf jeden Fall wieder viel retro-futuristische Nostalgie mit.

Rush – „Rush“ (Submit Records)
Hier ist nochmals Stanley Hottek mit einem neuen Release auf seinem Label Submit Records. Das argentinische Duo Rush pumpt vier detroit-inspirierte, unglaublich minimalistische und hypnotisch treibende Techno-Tracks. Classic und gut.

Hey Hey – Im Talk über das Distillery-Reopening

Lange hat es gedauert, aber nun gibt es einen Termin für die Wiedereröffnung der Distillery – und ihr erfahrt ihn zuerst bei uns. In unserem Hey-Hey-Podcast gibt „Tille“-Betreiber Steffen Kache ein paar Einblicke in die neue Location und den schwierigen Weg zum Reopening.

Ende Mai 2023 endete die zweite Distillery-Ära an der Kurt-Eisner-Straße. Relativ schnell war klar: Es soll weitergehen an einer neuen Interim-Location – gar nicht weit entfernt, am Rand der Halle 7 auf der Alten Messe. Doch aus dem ursprünglich halben Jahr sind es am Ende mehr als zwei Jahre geworden. Und auch der Interimsgedanke scheint erstmal obsolet, denn ein möglicher Umzug der Distillery in das Gleisdreieck verzögert sich noch um ein mehr als ein Jahrzehnt (ja, richtig gelesen).

Doch nun gibt es Licht am Horizont: Es gibt einen Reopening-Termin, neue Ideen und Möglichkeiten und einiges zu erzählen. Für diese besondere Ausgabe unseres Hey-Hey-Podcasts traf sich unser frohfroh-Host Sebastian mit Falk von Sound of Leipzig für das gemeinsame Interview mit Steffen. Er begleitet die Leipziger Clubszene – und speziell die Distillery – seit vielen Jahren mit seinen Social-Media-Kanälen und hat das Interview mit Steffen Kache auf die Spur gebracht. Vielen Dank dafür.

Und wann öffnet nun die neue Tille? Einfach reinhören:

New In Radio #4 – 2025

Unsere neue Ausgabe vom New In Radio ist draußen – gestern lief sie live auf Radio Blau, jetzt ist auch als Stream nachzuhören. Und mit ihr wieder wahnsinnig diverse spannende neue Musik aus Leipzig.

Diese Ausgabe ist mal wieder etwas Besonderes: Nils war dieses Mal leider nicht mit dabei, dafür brachte mit Claudia eine sehr gute Musikjournalistin aus Leipzig ihre Perspektiven in unsere Trackauswahl mit ein.

Und auch beim Deep Dive gibt es dieses Mal eine Premiere: Erstmals sind Ausschnitte eines Interviews dabei, das Nils mit den Machern des Leipziger Labels Patching Flowers geführt hat. Das komplettiert perfekt unseren groben Einblick in den unglaublich großen und diversen Label-Katalog.

Reinhören? Gern gern. Den Mitschnitt findet ihr die nächsten sieben Tage in der Mediathek von Radio Blau. Oder ihr bleibt einfach hier und hört es über Soundcloud:

Und hier die komplette Tracklist:

Lydia Eisenblätter – „Bliss“ (Ostgut Ton)
Tibslc – „Guess We Could Get Along“ (Cime)
Stan-Lee – „Pounded Right Now“ (Planet Pump)
Acid Lab – „Lights Down Law“ (Defrostatica)
DJ Unisex – „Smoke Over Java City“ (Self Learning System)
New Hook – What People Saw“ (Nothing Is Real)
FM Pause – „Onrust“ (Row Records)
Carlotta Jacobi – „Response“ (Beluga Tracks)
Seltene Erden – „Kein Schlaf / Kein Schlaf Versions“ (Ominira)
V.I.C.A.R.I. – „Pipe Dreams 77“ (Mountebank Scientific)
Yethiel – „For Paula“ (Patching Flowers)
Manatrip – „Yatra“ (Patching Flowers)
Yethiel – „Volca Modular Synthesizer Session II“ (Patching Flowers)
Ari Raketo – „Bist du bereit?“ (Patching Flowers)
Reich – „Jetzt weiß ich wie“ (Patching Flowers)
P.A. Huelsenbeck und Michael Schönheit – „Slow Ascend“ (Altin Village & Mine)

New In – Mai 2025

Und wieder liegt ein extrem starker Release-Monat hinter uns. Wir haben mal wieder etwas gebraucht, um uns durch den Mai zu hören – aber hier sind nun unsere Empfehlungen.

New World – „Stay“ (Riotvan)

Alle fünf bis sieben Jahre darf man mit einer neuen EP von New World rechnen. Für mich ein klassischer Blindkauf, denn bereits die letzten beiden EPs von Markus Gebauer alias New World haben mich sehr lange sehr glücklich gemacht – und sie tun es noch immer. Was auffällt, ist das leicht gesteigerte Tempo. Ansonsten gibt es auf dieser EP drei Tracks im Stil von Disco-House zu hören. Slappige Bässe, Piano-Chords, dazu Gitarren-Samples. Der Cheesyness-Faktor überschreitet keine Schmerzgrenze. Im Gegenteil, diese Platte ist reine Freude. Beim Titeltrack, dessen Piano-Line absolute Ohrwurm-Qualitäten aufweist, fragt man sich, welches neue Element als nächstes dazu kommt und überhaupt noch in den Track passt. Aber dennoch, es gibt hier kein „zuviel“.

Bei „Mariage“ geht die Sonne auf und hier kommen die von mir geliebten, new-world-typischen 80er-Referenzen sehr stark durch. Ein Synth-Pad wie Butter, eine Arpeggio-Bassline und eine Gitarre (oder ein Synth, der so klingt?). Super sweet! Die letzte Nummer ist (wie es so schön bei Bandcamp kommentiert wurde) ebenfalls kein Filler, sondern ein weiterer Banger. Ein Track wie er auch dem Label-Kollegen Llewellyn gut zu Gesicht stünde. Die Gitarre scheint ein Thema zu sein auf der neuen EP. Absolute Hit-Scheibe!

Nils‘ Hit: „Mariage“ Why: Weil es der Hit des ersten halben Jahres ist.


FM Pause – „Onrust“ (Row Records)

FM Pause aus Halle veröffentlicht seit fünf Jahren konstant elektronische Musik. Auffällig am bisherigen Oeuvre ist die stilistische Vielfalt, die sich in den bisherigen Veröffentlichungen zeigt – und dass FM Pause seine Neigung zum experimentellen auslebt, ohne dass seine Produktionen dadurch an Erlebbarkeit einbüßen. Nun ist unter dem Namen Onrust EP die neueste Veröffentlichung erschienen. Die drei Tracks sind starke Kompositionen, die mit Blick aufs Detail ausproduziert wurden, heben sich aber durch einen deutlicheren Hang zur Dekonstruktion von den Vorgängern ab. Atmosphärisch gleitet die EP von Beginn an in einen gebührend dystopischen Grundton, der den Tracks extrem gut steht. Four to the floor war jetzt eh noch nie das ganz große Steckenpferd von FM Pauses Releases, und das wird auf Onrust nochmal weitergeführt – aber das ist eben auch wieder ein Gütesiegel für die Leichtigkeit im Experimentellen, die den hallenser (hallischen?) Produzenten so auszeichnet.

Davids Hit: „Disfunktion“ – Why: Wie jeder der drei Tracks hat auch „Disfunction“ eine große Chance, ins unhörbar Sperrige abzugleiten – wird aber von FM Pauses kompositorischen Fähigkeiten in einen Hit verkehrt..


Credit 00 – „Put The Funk Back In 2 Techno“ (Uncanny Valley)

Erst seit Anfang Mai draußen und als Vinyl schon fast sold out. Deshalb solltet diese EP noch schnell checken: Denn Credit 00 möchte mehr Funk auf den Techno-Floor bringen. Guter Punkt auf jeden Fall. Und die vier Tracks dieser EP haben einen anziehend positiven Drive mit analogem Touch und schmissigen Chords. Dazu ein paar scharf geschnittene Vocal-Samples, jede Menge Detroit-Referenzen und das typische Credit-00-Augenzwinkern. Das psychedisch-wilde Artwork kommt übrigens vom Artist höchstpersönlich. Ein richtiges Gesamtkunstwerk also. Und eine gute Sommerplatte mit einigem Hit-Potenzial, die aber eher auf den House-Floor passt.

Jens‘ Hit: „You Need 2 Chill“ – Why: Weil die trocken-dumpfen Bassdrums, scheppernden Hi-Hat zu gut mit den Ambient-Chords harmonieren.


Balout Krew & Laxfilet – „Darbuka King“ (Self-released)

Eine spannende Neuentdeckung gab es für uns im Mai – nämlich ein palästinisch-deutsches Duo, das traditionelle Sounds aus der Westbank und von der Midschwiz dezent mit Breakbeats und elektronischen Sounds verwebt. Es gab schon ein paar EPs der Balout Krew, doch diese hier hat erstmals unsere Ohren erreicht – und uns sehr begeistert. Denn tatsächlich gelingt der Merge der Welten ziemlich gut. Wohl auch, weil die Aladin und Laxfilet, die beiden Producer dahinter, mit minimalistischen Arrangements arbeiten. Die traditionellen Sounds behalten sie so ihren Charme und ihre Narrativität, während die Elektronik den Weg ins Zeitgenössische ebnet. Mit tief liegenden Basslines, viel Percussion und einem Hauch an Acid. Die Einnahmen dieser EP gehen an eine Mädchenschule in Nazla al Gharbiya, einer Gemeinde in einer Region, die aktuell doppelt in Unruhe ist.

Jens‘ Hit: „Take Me With U“ – Why: Weil die zarten Breakbeats unglaublich gut mit der arabischen Midschwiz matchen.


M.ono – „The Simple Things“ (Rose Records)

M.ono lässt uns an den einfachen Dingen teilhaben. Ob das für ihn bedeutet, dass er sich auf seinem neuen Album wieder (nach Ausflügen in Breakbeat- und Dubstep-Gefilde) dem Deep House zuwendet, bleibt unklar. Vielleicht möchte er auch den Fokus auf die Sachen und die schönen Momente lenken, die ein Leben unbeschwerter machen.

Es geht so entspannt los, man kann sich nicht erwehren und ist sofort dabei bei Stück Nummer eins. Das Piano-Sample ist gut zu einem, da braucht es nicht mehr viel. Bassline, Bongos, bisschen Strings.

M.ono besinnt sich auf seine Wurzeln als Produzent. In den 2010er Jahren war Rose Records genau mit diesem Sound erfolgreich und auch ich habe M.ono so kennen und lieben gelernt. Deep House all over the place! Ganz viel Piano, Deepness und Liebe steckt in allen Tracks des Albums. Nicht hip, nicht neu. Aber super gut. Der Tipp für den Sommer!

Nils Hit: „The Biggest Pig in Barbados“ Why: Weil der Track keine Angst vor Cheesyness hat – das finde ich gut.


Mario Wiedemann – „Beloved Poolside 006“ (Self-released)

Ah yeah, ich schreibe diese Review bei einer Außentemperatur jenseits der 30grad Celsius und es könnte nicht besser passen. Mario Wiedemann hat inzwischen die 6. Ausgabe seiner Beloved Poolside Kompilation veröffentlicht, liefert damit den Release des Sommers wenn es darum geht, das beste aus den Temperaturen am Tage zu machen, von vornherein dir ganz großen Umsturzpläne an den Nagel zu hängen und stattdessen eher mit eisgekühltem Getränk und Sonnenbrille im Schatten zu liegen.

Es trifft sich sicher gut, dass Mario Wiedemann sich bereits seit einiger Zeit mit seinen Releases als herausragend gebildeter Schüler der ganz großen europäischen Filter House Vorbilder zeigt – seine 2024 bei O*RS erschienene EP habe ich damals ziemlich eindeutig als Hommage an Ed Banger und Kompakt gelesen, und man kann auch hier die Einflüsse finden. Aber nochmal, es ist nicht epigonal, sondern eine Fortführung. Auf Beloved Poolside gehts vielleicht sogar einen Schritt zurück; es läuft hier schon sehr Funky ab. Aber das trägt zum überaus entspannten und entspannenden Gesamteindruck nur noch mehr bei. In Summe ist beloved Poolside ein sehr balancierter, homogener Release, der im allerbesten Sinn einfach großen Spaß macht.

Davids Hit: „Juice on the Beach“ – Why: Weil der Track einen wundervollen Groove feiert.


Vanta – „Between Life And Death“ (IO Records)

Wirkung ist ein großes Wort, oft eine bloße Proklamation oder Unterstellung, wenn von Musik die Rede ist. Natürlich kennen wir die Musik der großen Emotionen, deren Wirkung längst vertraut scheint. Doch nicht immer sind es die klassischen Gefühlswelten, die uns fesseln. Besonders packend wird Musik oft dann, wenn sie in uns ein Unbehagen weckt – und wir uns diesem trotzdem nicht entziehen können.

Auf dem Münchner Label IO Records hat der Leipziger Produzent Vanta nun seinen faszinierenden Release Between Life and Death veröffentlicht, der genau diesen Effekt erzielt.

Die Methodik dahinter ist theoretisch sogar recht leicht zu entschlüsseln: Es ist ein Spiel mit Kontrasten. Die sieben Tracks haben das Potenzial zur Alarmierung und bewegen sich vor allem im Spannungsfeld zweier prägnanter Elemente: einerseits diese unterkühlten, hypnotisch-dunklen Flächen, andererseits eine vordergründige, oft nervös wirkende Percussion.

Wir sind zunächst geneigt, darin eine Tendenz zur Dekonstruktion zu erkennen. Doch schnell stellen wir fest, dass diese Spannungen kein Zerstörungswerk betreiben, sondern vielmehr eine Verdichtung erzeugen. Irgendwo zwischen bedrohlicher, hypnotisch-dunkler Flächigkeit und alarmierender Percussion wird beim Zuhören unser Fluchtimpuls getriggert. Die Anspannung speist sich aus einer fast schon cineastischen Unterkühltheit, der wir uns kaum entziehen können.

Es ist beeindruckend, wie souverän Vanta diese Wirkung herstellt. Between Life and Death ist damit nicht nur ein Statement düsterer Clubmusik, sondern auch ein Beispiel dafür, wie klug eingesetzte Kontraste unser Hörerleben nachhaltig beeinflussen können.

Davids Hit: „Blackout“ – Why: Facettenreiche Komposition, die sowohl perkussive, als auch atmosphärische Reize setzt.  


11:68PM – „You Do The Talking“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)

Im Mai kam auch ein neues Gesicht in den R.A.N.D.-Label-Roster dazu: 11:68PM aus Berlin. Und seine 4-Track-EP holt mich voll ab. Schön dubbig-deep, reduziert und pulsierend, vertraut und doch überraschend an einigen Stellen. Die ersten beiden Tracks starten eher introvertiert, auf der B-Seite schimmern dann auch die R.A.N.D.-typischen proggy Tech House-Sounds wieder hervor. Doch insgesamt bleibt die EP erstaunlich deep und wie mit einem speziellen, melancholischen Filter überzogen. Richtig gut.

Jens‘ Hit: „You Do The Talking“ – Why: Weil deep und special.


Niclic – „Za Hxper“ (Kann Records)

Ein weiterer spannender Release folgt auf Kann. Ist das Berlin-Leipziger Label mittlerweile bei Nummer 60 angekommen? Wow! Das frühere Prinzip einer parallelen Veröffentlichung auf Vinyl, scheint schon eine Weile aufgelöst. Das beschert uns ein paar sehr interessante und unbeschwerte Releases, die nicht unbedingt nur auf den Dancefloor abzielen.

Das Debüt von Niclic ist eine solche Digital-Only-VÖ – eine Listening-EP mit Erdung in tanzbarer, elektronischer Musik. Der Opener „AK7“ beschreitet die Pfade des IDM, die in der zweiten Hälfte mit dickem Elektro-Beat breiter werden. „Bfuxx Puffin“ ist eine slackige, verrauschte und langsame Nummer mit Dub-Anleihen. Das Titelstück ist wohl das tanzbarste und housigste Stück auf der EP, steckt voller interessanter Sounds und ergießt sich in einem sehr deep-bassigen und dubbigen Halftime-Beat. Bei „Run Out“ knistert und knackt es ebenfalls ganz wundervoll. 4-To-The-Floor über atmosphärischer und klanglich-wohliger Grundlage. Diese EP ist super vielseitig und sehr deep. Freund:innen von IDM, Dub, House und Ambient kommen hier gleichermaßen auf ihre Kosten. Kann hält das Qualitäts-Level ganz weit oben.

Nils Hit: „Za Hxper“ Why: Weil es ein wunderbar deeper Track mit Überraschungsmoment ist.


DJ Unisex – „Only Drowning Men Could See Him“ (Self Learning System)

All tracks written and recorded by DJ Unisex in the midst of the Black Forest hills during winter of 24/25. Diese beiläufige Erwähnung im kleingedruckten der Bandcamp-Credits bleibt seltsamerweise im Kopf; mutmaßlich weil mit recht einfachen, nüchternen sprachlichen Mitteln eben doch eine Atmosphäre evoziert wird. Jetzt hebt mal alle die Hand, die ihr an entspannt Radler trinken im Liegestuhl gedacht habt – vermutlich niemand. Viel mehr wird hier doch eine Obskure ruhige Düsterkeit zelebriert, die zwar auch schon die Jenaer Romantiker inspiriert hat, auf dem Gebiet elektronischer Tanzmusik aber bislang doch noch nicht der große Bildgeber war.
Im Kontext von DJ Unisex bisherigen Veröffentlichungen mag der Kontrast gar nicht so wahnsinnig erscheinen, aber er ist nicht wegzudiskutieren. Die Produktion klingt gewohnt rau, metallisch, wahnsinnig gut einfach; gewinnt durch flächigere Parts aber stellenweise an inhaltlicher und atmosphärischer Tiefe. Nichtsdestotrotz ist „Only Drowning Men Could See Him“ auch ein Fenster in künstlerische Prozesse, denn die EP bildet, mit großer Selbstverständlichkeit, auch die Kontraste einer künstlerischen Identität ab. Und so setzt sich Only Drowning Men Could See Hin zu einer EP zusammen, die von perfekter Imperfektion lebt!

Davids Hit: „Smoke Over Java City“ – Why: Weil der Track natürlich zu sich findet, ohne die wunderbare roughness der gesamten Platte zu verlieren.


V.I.C.A.R.I. – „Freefall EP“ (Mountebank Scientific)

DJ Balduin hat ein neues Label – nach Glyk Music mag er jetzt auch seiner Liebe für klassischen Minimal House eine eigene Plattform geben. Doch bei Balduin gibt es natürlich immer auch einen Twist. Der Name des Labels – „wissenschaftlicher Scharlatan“ – macht das schon gut deutlich. Doch auch der Schritt, V.I.C.A.R.I. für die Premiere einzuladen, spricht dafür. Denn der Producer aus Bristol ist für einen sehr speziellen Minimal-Sound bekannt. Und auch seine „Freefall EP“ ist zwar auf das erste Hören voller 2000er Reminiszenzen, aber in den vielen Details steckt so viel mehr. Er packt seine Tracks voll mit subtilem Funk, forschender Unbeirrtheit und zugleich mit einem dauerhaften schelmischen Lächeln. Das schafft erstaunlich ungezwungen-ernste Minimal-Tracks, die hoffentlich ein amtliches Revival einläuten. Ich bin sehr gespannt, was der Mountebank Scientific da noch alles zusammenbraut.

Jens‘ Hit: „Serious Misintentions“ – Why: Weil hier eine sehr gute wilde Dekonstruktion von Erwartungen und Ästhetiken stattfindet.


Lydia Eisenblätter – „Bliss“ (Ostgut Ton)

Ostgut Ton ist zurück! Rund vier Jahre nach dem eigentlich verkündeten Ende des Berghain-nahen Labels Ostgut Ton ist mit der Klubnacht 01 nun tatsächlich wieder ein neuer Sampler erschienen. Unter den vielen großen Namen aus dem Berghain-Umfeld, die auf dem Sampler vertreten sind, sticht vor allem ein Name heraus: die Leipzigerin Lydia Eisenblätter hat unter dem Titel Bliss ebenfalls einen Track auf der Kompilation beigesteuert. Und wie sollte es anders sein – nach vorne gehts, wie wir es von ihr kennen. Lydias housy Techno Produktionen leben ja von der entspannten Souveränität der Produktionen, die sich so auch in ihren Live Sets wiederfindet. „Bliss“ macht da keine Ausnahme, dafür aber umso mehr Spaß!

Davids Hit: „Bliss“ – Why: weil der Track genauso nach vorne geht, wie wir es von Lydia Eisenblätter kennen und lieben.


Janein – „Here & There“ (Androit Recordings)

Noch ein starker Techno-Release: Dieses Mal von Seelen.-Mitbetreiber Janein. Hier ist er aber mal auf einem anderen Label unterwegs, um zwei dunkel eingefärbte, sehr drückende Tracks zu platzieren. Das Titel-Stück ermöglicht ein Wiederhören mit der Stimme von Olga Phage. Ihre kühlen, eintönigen russischen Spoken Words dominieren „Here & There“ natürlich sehr. Obwohl die hell-aufleuchtenden Synths und die Claps genug eigene Power haben. „Quasar“ gefällt mir da noch um einiges mehr, weil er einen krassen Sog entwickelt. Super trippy und rasend, durchaus beängstigend, aber höchst energetisch. Mit Vril gibt es dann auch einen deutlich deeperen und Headline-Remix von „Here & There“ – ohne die Vocal-Dominanz, was dem Track ganz gut tut. Auch Phil Berg glättet die Kanten von „Quasar“ mit seinem Remix. Er behält die hypnotische Kraft, aber erzeugt nicht den besonderen Sog des Originals.

Jens‘ Hit: „Quasar“ – Why: Weil der Track einen sehr eleganten Rave-Moment aufmacht.


Malena – „Verzweigung“ (Don’t Be Afraid Of Yourself)

Anfang Mai brachte auch Georg Bigalke mit seinem Label eine neue EP heraus. Dieses Mal mit einem Track der Dresdner Producerin Malena. Sie steht für rauen, dystopisch dronig-breakigen Techno. Ein sehr passender Sidekick für Bigalke also. Ihre „Verzweigung“ bahnt sich ihren Weg durch einen finsteren Dschungel oder Kanal. Alles klingt äußerst kalt und bedrohlich, wie der Soundtrack für einen zeitgenössischen Horrorfilm. Doch alles so minimalistisch und dicht verwoben, dass dies eben doch eine ordentliche Faszination erzeugt. Bigalke selbst erhöht mit seinem Remix dann nochmals das Spookyness-Level – mit noch mehr Gekreische, einigen Rave-Sounds und maximaler Finsternis. Das ist special und das ist gut genau so.

Jens‘ Hit: „Verzweigung“ – Why: Weil das Original in seinem gedrosselten Tempo und seiner Aufgeräumtheit viel Raum zum Eintauchen in die Sounds lässt.


Strumm. – „Absent Presence EP“ (Self-released)

Noch eine Neuentdeckung im Mai: Strumm. vom Leipziger Leef Collective veröffentlichte in Eigenregie eine sehr druckvolle, minimal-inspirierte 7-Track-EP. Die kühle Ästhetik, die verspielt eingestreute Art der Sounds sowie die vielen Glitches haben einige Minimal-Erinnerungen wachgerüttelt. Allerdings sind die Tracks viel zu tight und schnell für Minimal und knallen eher in bester Hardgroove-Manier. Auf jeden Fall ist das alles sehr präzise und auf den Punkt produziert, manchmal vielleicht ein Tick zu bold, aber ich fühle die Energie. Tatsächlich hätte die EP aber auch kompakter ausfallen können. In der zweiten Hälfte werden die Tracks zwar etwas vertrackter und experimenteller, aber insgesamt ist der musikalische Rahmen schon recht eng abgesteckt.

Jens‘ Hit: „Error Culture“ – Why: Weil hier der Mix aus Glitch-Level und Eleganz am besten ausbalanciert ist.


Flashbaxx – „Gazelle EP“ (Groovers Traxx)

Eine echte Vinyl-Bemusterung, wie wir sie sehr schätzen in der Redaktion. Da es definitiv noch Liebhaber:innen von physischen Tonträgern in der Redaktion gibt, ist eine Platte in der Post schon etwas sehr Besonderes. Wenn die Musik dann auch noch Anklang findet, umso besser. Eine Platte, die man in der Kiste haben kann. Wenn man klassischen House liebt, wie es die Groovers Family tut.

Das Kollektiv veranstaltet Partys, bespielt einen YouTube-Kanal mit DJ Sets aus einem Turm (krasse Produktion, Leute!) und hat seit Neuestem auch ein Label. Die erste Groovers Traxx liegt hier auf und die vier Tracks sind allesamt klassische House-Tunes. Ähnlich wie beim neuen M.ono-Album lässt sich festhalten: Gut produzierte House-Tracks funktionieren immer. Es ist nicht der populärste Sound zurzeit in Leipzig, aber es ist ganz wunderbar zu sehen, dass sich Leute engagieren, um den House-Spirit am Leben zu halten. Das ist alles sehr schön und fühlt sich gut an.

Apropos: „Feels Real Good“ bleibt bei mir mit seiner eingängigen Orgel-Linie und dem Voice-Sample sofort kleben. „Wild Child“ ist sowas wie der Hit hier. Mega gute Motor-City-Drum-Ensemble-Vibes mit Orgel, den Crowd-Samples und der Stimme die verkündet „I can fly like a bird in the sky“. Aber auch „That Girl“ und „Gazelle“ lassen sich problemlos in jedes House-Set einhegen, ob deep und klassisch. Super unaufgeregte und entspannte Musik auf der ersten Platte auf Groovers Traxx. Und definitiv eine Empfehlung für alle House Heads.

Nils‘ Hit: „Wild Child“ – Why: I can fly.


Außerdem hörenswert im Mai 2025

Cosmic Xplorer & Pulso – „Verax EP“ (Recorded Things)
Ungarisch-brasilianisches Techno-Team-up mit sehr schön hypnotisch-rollenden Basslines und durchaus filigranen und vielschichtigen Synth- und Beat-Arrangements. Nicht zu düster, dafür mit einigen echten special moments.

Dib – „Equipotenziale 003“ (Pragmat)
Das Finale einer Trilogie an dubbigen Techno-Explorationen. Sehr minimalistisch und introvertiert, aber eben genau deshalb sehr anziehend, um in Dub-Techno-Weite abzutauchen.

Dæmmerung, 1525 – „Demo I“ (Dæmmerung)
Eine Dark-Ambient-Neuentdeckung mit ebenso sphärischen wie dissonanten Phasen. In jedem Fall recht schwer und elegisch. Für ein Demo schon sehr ausgereift.

KyXor – „Ramp“ (Patching Flowers)
Patching Flowers hören einfach nicht auf, zu veröffentlichen. Mit KyXors neuem Album „Ramp“ handelt es sich diesmal um eine Hommage an Electronica, wie wir ihn um die Nullerjahre herum kennenlernen durften. Einziges Manko: diesmal leider nur ein digital Release (Wann Laserdisc-Release?).

Yseto and 8x 10 – „Rooms“ (Patching Flowers)
Und noch ein weiterer Release von Patching Flowers, wieder nur digital. Die künstlerische Entität 8×10 remixt einen knapp vier Jahre alten Yesto-Track, und wie es sich gehört, entsteht ein atmosphärisch-flächiger Experimentaltrack aus dem Original eines atmosphärisch-flächigen Experimentaltracks.

Sommerpause // Ausgewählte Dates

Unsere Dance-Dance-Reihe geht für ein paar Wochen in die Sommerpause – für die Off-Zeit haben wir euch dennoch ein paar Tipps zusammengestellt.

frohfroh-Tipp // 28. Juni 2025

Queer Saturday: The Concrete Beach + Slay // Axxon N. // 14:00 – 06:00 Uhr
w/ Tender Tantrum, Plateau Bitch, Tafida Galagel, Helix Noir, Novir, Jon Darc, Jessa Face, Saltytat, Gallanegra, HoudaFK? b2b Secret Guest, IloveDaddyz, BanalAnal69, Davidson, Eves120, Chrissi Calzone

Die neue Queer-Reihe Slay vom Axxon N. bekommt heute noch einen Open-Air-Sidekick: The Concrete Beach. Auch hier gilt: Ein special Space für die lokale Queer-Community und deren Allies. Am besten mit „beachy, extravagant, sexy, and iconic looks“. Neben lässigen Sounds gibt es auch Eis, Tattoos und Designer-Stuff. Ab 22:00 Uhr übernimmt dann die Slay-Reihe wieder indoor. Mit fluid genre-überschreitenden Sounds.


frohfroh-Tipp // 5. Juli 2025

Sounds Queer // Richard-Wagner-Hain // 14:00 – 22:00 Uhr
w/ Kansi, Daniel San, Hanï, Colon:P, Slany, Noxsonos, HoudaFK?, Keta Perry + Shows von Lili Alexander, Flamboyish, Luna Neptune

Das Crush Collective und Dirty Foxy Unicorn veranstalten ein Soli-Open-Air mit viel gutem Techno und maximaler Queer-Joy. Dazu drei Performances und jede Menge Soli-Vibes für den sächsischen Landesverband Queere Vielfalt – LSVD*. Ist leider nötiger denn je, wie die sich mehreren Übergriffe zeigen.


frohfroh-Tipp // 5./6. Juli 2025

Sleep In x Glasfabrik Sunday // Glasfabrik // 21:00 – 18:00 Uhr
w/ Lawrence, Pina Rücker + CFM, Otto Hernàndez, Hye-Eun Kim, Niayesh Ebrahimi & Nora Benamara, Vera, Nina & Good News, Michelson, OneTake

Yeah, in diesem Sommer gibt es endlich wieder ein Sleep In – also eine Nacht des kollektiven Wegdämmerns zu Ambient und Experimental. Keine Party, kein Labern, nur Live-Sets und das magische Mergen von Musik mit eigenen Traumwelten. Am nächsten Morgen geht es dann mit einer langen Day-Listening-Session und Sauna weiter. Dieses Mal ist das Ganze besonders hochkarätig besetzt, unter anderen mit Lawrence von Dial Records und einem Kollab-Set von Pina Rücker und CFM.


frohfroh-Tipp // 6. Juli 2025

Homerun Garden Crew Edition // Neue Welle // 16:00 – 23:00 Uhr
w/ Map.ache, Sam, &Shy

Die wunderbare Homerun-Reihe von Map.ache feiert heute eine Summer Garden Edition – mit lauter Crew-Friends. Das bedeutet: Maximale House-Deepness und warme Vibes.


frohfroh-Tipp // 12. Juli 2025

KeinFestival // Pittlerwerke // 14:00 – 08:00 Uhr
w/ Hotbass Mob, Itsadisata x Shallat x Sir Mantis x NoProTekt, Left Clueless, Liebestrunken, Malina, Abyssus b2b Fränk, Anka, Cargo b2b DiscoDaisy, Casimir von Oettingen, CNuts, Disco Amore, DJ SeXex b2b DJ Würlpool, HΛllvk, Hyperplexion, Josephine Wedekind, Kacy, KΣNΘ, Kø:lab, Latchey Kid, La Vie En Glass (Laviena b2b Glassbass), Maria Die Ruhe, Nachtigall b2b KunstTechnologe, Nemoa, Ostreaktor, Phoebe, Pierre Arndt, Reza, Rottnmeier, Slany, Suprema Luna, Takt & Taumel, Tomashkin, Vluna, X-Delight, Yantshi

Das KeinKollektiv veranstaltet zum zweiten Mal sein KeinFestival. Und das ist doch sehr festival-like mit vier Floors und über 40 Local-Acts aus verschiedenen Techno- und Trance-Sphären. Dazu gibt es ein umfassendes Rahmenprogramm mit Workshops, Yoga und mehr. Wir haben dazu auch einen extra Artikel. Nicht verpassen.


Noch etwas in eigener Sache …

Sagt uns gern, wie euch die aktuellen Tipps gefallen? Was passt, was eher nicht. Einfach hier in den Kommentaren oder unter dance @ frohfroh.de

Ihr wollt selbst gern unsere Tipps kuratieren und betreuen? Immer gern. Meldet euch gern und wir tauschen uns dazu aus. Euch winkt zwar kein Honorar, aber jede Menge direkte Connection zur Leipziger Clubszene und sicher die eine oder ander Gästelistenoption. Interessiert? Dann schreibt uns.

Aus der Szene für die Szene: KeinFestival geht in die zweite Runde

Am 12. Juli 2025 geht das KeinFestival in die zweite Runde, erneut in den Pittlerwerken im Leipziger Norden und erneut unter dem Leitspruch „Aus der Szene für die Szene“. Gemeinsam mit der Crew werfen wir einen Blick hinter die Kulissen.

Wenn bis in die frühen Morgenstunden der Bass den Rhythmus der Menge bestimmt, sich Menschen zwischen Häkeln, Hakken oder Bier-Yoga begegnen und all das im Charme alter Backsteinbauten – dann ist in Leipzig wieder KeinFestival. Was als kleiner Rave im Wald losging, hat sich über einige Jahre und Veranstaltungen zu einem Festival entwickelt, welches es in sich hat: Vier Floors, über 40 Acts, eine Chillout-Area und ein Programm, das weit über Musik hinausgeht.

Am 12. Juli 2025 geht das KeinFestival in die zweite Runde, erneut in den Pittlerwerken im Leipziger Norden und erneut unter dem Leitspruch „Aus der Szene für die Szene“. Ich hatte die Möglichkeit, dem KeinKollektiv ein paar Fragen zu stellen und tiefere Einblicke in deren Arbeit, Geschichte, Wünsche, aber auch Ängste und Sorgen zu erhalten.

„Kein Kollektiv, nur ein Freundeskreis“

Alles begann mit einem Freundeskreis. Menschen, die Freude daran hatten aufzulegen und eigentlich nur einen kleinen Rave veranstalten wollten, um die neu erlangten Fähigkeiten im geschützten Rahmen auszuprobieren. Sie selbst sagen: „Was als privates Get-Together geplant war, wurde schnell größer als erwartet – und auch das Feedback war überwältigend positiv.“ Auf die mehrfach gestellte Frage, wie das organisierende Kollektiv denn heiße, antworteten sie: „Wir sind kein Kollektiv, nur ein Freundeskreis.“ Und so entstand, fast schon aus Versehen, der künftige Name der sich bald gründenden Gruppe: KeinKollektiv.

In den folgenden Jahren veranstalteten sie mehrere Veranstaltungen, wuchsen und merkten mehr und mehr, dass das gesamte Projekt immer größer und auch zeitaufwändiger wurde. Aus diesem Grund entschied sich das Kollektiv 2023, das Projekt für neue Menschen und neue Ideen zu öffnen. Heute ist KeinKollektiv ein fester Bestandteil der Leipziger Technolandschaft. Rund 30 Mitglieder organisieren sich in selbstverwalteten Arbeitsgruppen – von Booking bis Awareness – und stemmen alles ehrenamtlich.

Auch die Idee, ein eigenes Festival auf die Beine zu stellen, gab es eigentlich von Anfang an. Die erste Umsetzung im letzten Jahr, war dann allerdings, laut des Kollektivs, doch eher ein Zufall: „Ursprünglich sollte unsere Veranstaltung in den Pittlerwerken nur eine normale Clubnacht werden. In Gesprächen mit dessen Team und in Kombination mit dem Charme der Location hat sich dann aber immer mehr die Möglichkeit eines eigenen Festivals konkretisiert.“ Und so ging es auch schon in die erste Runde. Das Kollektiv selbst beschreibt die Atmosphäre auf dem Festival als „ungezwungen und familiär, offen und ausgelassen – losgelöst von alltäglichen Problemen.“ Und auch die Resonanz der befragten Festivalbesucher:innen war ein einziges „Wow“ –  wow, was dieses Kollektiv alles auf die Beine gestellt hat und wow, wie schön es sich angefühlt hat, da zu sein.

Ehrenamtlich und mit Risiko

Doch was macht das KeinFestival eigentlich aus? Neben Musik gibt es spannende Workshops, Performances eine Tattoo-Area und dieses Jahr erstmals einen Marktplatz mit Food-Trucks und kleinen Ständen. Das Besondere: Das Rahmenprogramm hat fast denselben Stellenwert, wie das Techno-Line-up selbst. Und alles unter dem Motto „Aus der Szene für die Szene“. Für das Kollektiv bedeutet dieser Leitsatz in erster Linie, dass das Festival von Menschen organisiert wird, die selbst tief in der Techno-Szene verwurzelt sind. Es gibt keinen großen Konzern, keine Agentur dahinter, sondern nur Menschen, die selbst auf Raves „groß geworden“ sind und die Techno-Szene aktiv mitgestalten. Auch das Line-Up spiegelt das wider: „Unser Fokus liegt vorrangig auf regionalen DJs, Performer:innen und Workshops. Und wenn wir überregionale Acts buchen, dann meist, weil sie über Ecken Bezug zur Leipziger Szene haben oder weil über Freunde und Bekannte der Kontakt hergestellt wurde.“ Das ist also der Part „Aus der Szene“. Und „Für die Szene“? Das ist quasi eine Hommage an die Leipziger Technokultur. Das Kollektiv meint dazu: „Wir wollen etwas zurückgeben. Ohne die Leipziger Techno-Szene würde es auch das KeinKollektiv nicht geben. Wir sind sehr dankbar, dass unsere Veranstaltungen so gut angenommen werden und deshalb wollten wir einen Ort bzw. Anlass schaffen, wo die Leipziger Techno-Szene zusammenkommen und sich vernetzen kann.“

Doch trotz aller Euphorie bleibt auch dieses Festival nicht ohne Herausforderungen. Das Kollektiv spricht offen über finanzielle Risiken und ihre Unsicherheiten. Sie selbst sagen: „Das finanzielle Risiko ist eigentlich immer unsere größte Sorge, besonders in Bezug auf das Festival. Es können immer unerwartete Kosten auf uns zukommen oder der Ticketverkauf nicht wie erwartet laufen.“ Auch bei vorherigen Veranstaltungen sind sie mehr als nur einmal mit Minus in der Tasche nach Hause gegangen. Als nicht-kommerzielles Festival kommen alle Einnahmen durch den Ticketverkauf. Sie planen das Budget so, dass sie mit plus/minus Null aus der Veranstaltung gehen. Sollte mehr Geld eingenommen werden, fließt dieses in die nächsten Veranstaltungen oder Equipment.

Offen für Austausch und Vernetzung

Eine weitere Hürde: das Clubsterben. Viele Kollektive sind auf Kulturräume angewiesen, um Veranstaltungen zu organisieren. So auch das KeinKollektiv. Um auf das Thema allgemein, aber auch die Gründe und Ursachen aufmerksam zu machen, organsierten sie im März 2025 eine Podiumsdiskussion zum Thema „Leipziger Clubkultur“. Sie selbst sagen dazu: „Klar kann man mit so einer Veranstaltung die Probleme nicht aus dem Weg schaffen, aber man kann dafür sorgen, dass verschiedene Perspektiven an einem Tisch zusammenkommen, gemeinsame Baustellen identifiziert werden und vielleicht auch Aspekte hervorbringen, die bis dato noch nicht so viel in die Diskussion eingeflossen sind.“

Das Kollektiv wünscht sich, dass das Festival fortwährenden Bestand hat, jedoch nicht um jeden Preis. Nach dem Erfolg des ersten Festivals, wollen sie den Besucher:innen dieses Jahr zwar nochmals mehr bieten: mehr Bühnen, mehr musikalische Abwechslung, mehr Acts, mehr Workshops, mehr Angebot. Doch dabei geraten sie finanziell, aber auch kapazitiv an ihre Grenzen. Sie sagen: „Um das Projekt weiterhin aus Überzeugung und mit Spaß weiterzuführen, sehen wir aktuell erstmal kein weiteres Wachstum.“ Und so widersetzen sie sich auch hier dem kommerziellen und kapitalistischen Druck. Es muss nicht immer alles größer werden, um gut zu sein. Viel wichtiger sind die Qualität und das Gefühl, an einem freien und sicheren Ort zu sein.

Das KeinFestival ist also viel mehr als nur ein Festival. Es steht für Diversität, Achtsamkeit, Solidarität und der Überzeugung, dass Kultur nicht nur von großen Namen lebt, sondern vom Engagement vieler. Wer sich am 12. Juli tanzend durch die Pittlerwerke bewegt, kann erfahren was es heißt, eine Alternative zu leben: tanzend, bastelnd, hakkend, mit neuem Tattoo, gutem Essen und ganz viel Bass.

Alle Hardfacts auf einen Blick

KeinFestival // 12. Juli 2025 // 14:00 – 08:00 Uhr // Pittlerwerke

Live-Sets:
Hotbass Mob, Itsadisata x Shallat x Sir Mantis x NoProTekt, Left Clueless, Liebestrunken, Malina

DJ-Sets:
Abyssus b2b Fränk, Anka, Cargo b2b DiscoDaisy, Casimir von Oettingen, CNuts, Disco Amore, DJ SeXex b2b DJ Würlpool, HΛllvk, Hyperplexion, Josephine Wedekind, Kacy, KΣNΘ, Kø:lab, Latchey Kid, La Vie En Glass (Laviena b2b Glassbass), Maria Die Ruhe, Nachtigall b2b KunstTechnologe, Nemoa, Ostreaktor, Phoebe, Pierre Arndt, Reza, Rottnmeier, Slany, Suprema Luna, Takt & Taumel, Tomashkin, Vluna, X-Delight, Yantshi

+ Kreative Workshops, artistische Performances, eine Tattoo-Corner und Chillout Area

Tickets Tickets

Alle Bilder: KeinKollektiv

KW 25 – Samstag

Früh ausgehen und draußen feiern – das geht heute an diesem KW 25-Samstag und zur Fête de la Musique sehr gut. Plus zu Trance abgehen.

frohfroh-Tagestipp //

ASMR // Axxon N. // 23:00 – 07:00 Uhr
w/ Philippa Pacho, Agy3na, Carlotta Jacobi, Drunkenstein b2b Sarah, Pierre Arndt, Prince of Paranoia

Und nochmals ein Tagestipp mit dem Axxon N. an diesem Wochenende – aber bei diesem guten Line-up geht es nicht anders. Denn Philippa Pacho aus Berlin und Leipzigs Carlotta Jacobi liefern hier einen sehr elegant-cleanen und treibenden Techno ab. Dazu cosmic-uplifting und positiv aufgeladenen House von Agy3na und Drunkenstein.


Außerdem heute //

Polyphon3 Open Air / Friedenspark, 14:00 – 22:00 Uhr – Guter Day-Rave mit Techno und House von Teemo, Tevital, Bottistelli, Junction, Mononom, KuDJa

Resonant x Leider9 x Open Air / Neue Messe, 13:00 – 06:00 Uhr – Etwas mehr Big-Room-Techno draußen? Dann ist die Neue Messe besser. Hier geht es sogar die ganze Nacht durch mit DJ Cedric, DJ Stimula, Fennek, Langnikel, Lukov, Midea, Moto Moto, Roeni, Tante E, Toni Button

My Grooves x Le Cygne pres Fête De La Musique / Connewitz, 16:00 – 24:00 Uhr – Ein Classic zur Fête De La Musique: Die My-Grooves-Crew lädt zur wilden Block-Party auf die Heinze-Straße. Dieses Jahr mir LetKidBe, Dardara, Traxx Jr, F.D.M, Ramin

Jetset / xxx, 23:00 – 09:00 Uhr – Die Jetset-Reise geht dieses Mal tief ins Off, rein geht es nur über Liste und via Telegram-Einladungslink. Wer drin ist, darf sich auf treibend-pushenden Techno von Catjes, Lutecia.h, Muraks, Tsorn, Templeton und Void 6 1 freuen

Bermuda Blocparty / Bermuda Dreieck, 10:00 – 22:00+ Uhr – Auch im Westen gibt es heute zur Fête de la Musique einen ordentlichen Block-Day-Rave. Mit dabei Naroma, Nici Palm, Schlepp Geist, Often Vague, J.Nuggetz und Lauter Unfuch

Instore Session / Sleeve++, 14:00 – 21:00 Uhr – Proper Pull veröffentlicht seine erste Artist-EP. Wir sind schon sehr hyped – demnächst mehr zur neuen Esgeem-EP bei uns. Zur Record-Release-Party gibt es heute Sets von Alba Acab, Ch4r20tte b2b Yung Jacob, Discobabe2 b2b GlutenfreeGirlz, Esgeem, Kontinuum, Uusoca

Looong Saturday / Inch by Inch, 11:00 – 20:00 Uhr – Auch im Westen gibt es heute eine Record-Instore-Session mit housy Grooves von Yugo, Leroy und Optyi

Small Great Things Label Showcase / Duqo, 12:00 – 22:00 Uhr – Auch im Duqo gibt es heute einen Open-Air-Day-Rave, hier mit dem Berliner Disco- und House-Label. Mit dabei Sam Paradise, Siggatunez, Luca Olivotto, Eva Crystaltips, Nephews, Quadrakey, Seemless

Trance Island / Conne Island, 16:00 – 06:00 Uhr – Volle Trance-Abfahrt im Island, es dürfte wohl wieder eng werden mit Monsoon Traxx, Cargo, Jacky Ickx, Carotin, Eloisa, S-ray, :Mumm, Sacid, Bephål, DJ Ferrari, Cheetah, DJ Softice, DJ Twerking Class, Lena xx

Resonance by Tax Fraud / Neue Welle, 23:00 – 07:00 Uhr – Noch eine Trance- und Bounce-Abfahrt, hier aber in kleinerem Rahmen mit Tax-Fraud-Vibes von RichieRollin, DJ Kammerflimmern, DJ Icetab, Land Graf und CallMe Lassi

Monkeycircus / Elipamanoke, 23:59 – 09:00 Uhr – Big-Room-Techno und Tech-House-Zirkus mit Maurice Mino, Randali, Blank Vision, Silvi Knallt, Emel White, M4schino, IsoSportler, Proma.Mc, Minthrill

Housemusic.w / Aufgelauscht / Absturz, 23:30 – 05:30 Uhr – Noch mehr House und Electro gibt es auch auf der Feinkost mit Herman Her, Dan Is, Nok!a

KW 25 – Sonntag

Hier sind noch drei interessantes House-Dates für diesen Sonntag.

frohfroh-Tagestipp //

Groovers // SKM Galerie // 14:00 – 22:00 Uhr
w/ Daisy Weweh, Jean Mauj, Reese, Lars Fester

Nach dem Showcase im Duqo neulich, wechselt die Groovers-Crew dieses Mal in den Westen in eine noch nicht groß bespielte Locaction auf der Rückseite des Westwerks für einen Day-Rave. Musikalisch bleibt sich die Reihe treu: deepen, uplifting und bouncy Classic House. Dieses Mal mit der spannenden Ukraine-Gästin Daisy Weweh.


Außerdem heute:

It’s all about House Open Air / Duqo, 14:00 – 22:00 Uhr – Die Cremant Ultras lassen heute die Korken im Duqo-Garten knallen – mit deep-discoidem House von Zischko b2b Zacharias, Filburt, Luvless und Padsingers

Sunday Session Afterhour / Nachtcafé Bar, 06:00 – 14:00 Uhr – Interessant interessant: Das Nachtcafé öffnet Sonntagfrüh zur Afterhour mit einem überraschend guten House-Line-up. Mit dabei sind Napoleon Dynamite, Maradoca, Mp.ulle, Mario Wiedemann, Alldaynightshift

KW 25 – Freitag

Neue Woche, neue Raves – das geht heute am KW 25-Freitag.

frohfroh-Tagestipp //

Bash // Axxon N. // 18:00 – 06:00 Uhr
w/ Kichererbsenstampf, Genelle, Itsadisasta, Clju_2k, Makahaun, Mama Lior, Am3li3, Anka, Red Portraits, Leni Lazer – Performance by Malixious 

fem*vak hostet seinen ersten Rave im Axxon N. Ab 18 Uhr öffnet der Outdoorbereich und lädt zum lässigen Community-Hangout und einem Newcomer:innen-Showcase mit Red Portraits und Leni Lazer ein. Später geht es rein zu einem exzessiven Mix aus Trance, Hardstyle und Happy Hardcore auf dem kleinen Floor und House, Leftfield Techno und Hardgroove auf dem Mainfloor. Zwischendurch performt Malixious mit Luftseide.


Außerdem heute //

How Deep Is Your Rave / Kulturlounge, 22:00 – 07:00 Uhr – Neue Ausgabe dieser kleinen Reihe für Mit Synth-Pop-Live-Act Sorian Filbereisen sowie House und Techno von Lausbø b2b Kya Debrah, Maria, LD6

KeinKollektiv / Elipamanoke, 23:00 – 08:00 Uhr – Das KeinKollektiv entert mal wieder das Eli für ein Anti-Big-Festival-Programm zu günstigen Konditionen und viel Trance, Bounce und Techno von DJ Würlpool, DJ Skonti, Timstagram, Polly Saint Cado, Ilovedaddyz, Ninette, KΣNΘ, ooo_inreesa, Tomashkin

N8chtschicht / Absturz, 23:30 – 06:00 Uhr – Neue Nachtschicht mit Techno und Trance von Attila, Tinou, FeFiuz und DBT

Sen∼sato presents: House of Kaliente / Garage Ost, 18:00 – 02:00 Uhr – Spannend uplifting House mit Nair aus Brasilien sowie Heckintosh, X-Delight und Azulado

Butschi „Clouds Over My Mind“ – ein Pro und Contra

Vor einigen Wochen erschien das Debütalbum des Leipziger Trance-Acts Butschi. In unserer New-In-Redaktion gibt es dazu durchaus unterschiedliche Meinungen, die wir hier gern mit euch teilen.

„Clouds Over My Mind“ heißt das erste Album von Butschi, ein kompaktes Acht-Track-Album, das laut Presse-Info den „alten“ und „neuen“ Butschi vereint – also nicht nur softe Leichtgängigkeit, sondern auch eine gewisse Melancholie. In unserer aktuellen Ausgabe vom New In Radio haben wir bereits etwas ausführlicher über das Album und Trance im Allgemeinen gesprochen. Das war so spannend, dass wir die Review zum Album auch zweiteilen – in ein Pro und Contra. Zur Einstimmung könnt ihr hier in das Album selbst reinhören.

Was denkt ihr zum Album? Sagt es uns gern!

David meint: Butschi schafft es, mit Emo und Trance zwei adoleszente Erfahrungswelten zu harmonisieren

Eigentlich sollten doch alle happy sein. Nach langen Jahren in der seltsamen Schattenwelt elektronischer Tanzmusik, fernab der zeitgeistigen Diskurse und des kritischen Erfolges, entdeckt eine Generation junger Produzent:innen Trance wieder. Nach der (pop-, sub- und überhaupt) kulturellen Zäsur der Covid-19-Pandemie wirkt das eigentlich folgerichtig; es geht um Hedonie in post-epidemischen Zeiten, um ein einfache, demokratisierte Teilhabe am subkulturellen Leben; einem nur allzu nachvollziehbaren Bedürfnis der Generation, deren subkulturelle Erfahrungswelt zu einem kritischen Zeitpunkt für gar nicht so kurze Zeit komplett auf Eis gelegt wurde.

Und ist es nicht Geschichte, die sich hier wiederholt? In seiner ersten Blüte in den frühen Neunzigern war Trance, gedacht hier sowohl als Musik, aber auch als Set kultureller Praktiken, die hier jetzt einfachmal als Szene zusammengefasst werden, ja vor allem in erster Linie Euphorie. 25 Stunden im Ufo in Frankfurt durchfeiern, einfach um den extremsten denkbaren Gegensatz zu setzen. Kein Gedanke an morgen, den Moment noch chemisch verstärken, eine Art ekstatisch gelebtes Carpe Diem. Kann man es also der post-pandemischen Generation verübeln, genau diese Hebel wieder aufleben zu lassen?

Und so leid es mir tut, aber ich denke an diesem Punkt müssen wir einmal über Gatekeeping reden; ich befürchte, es tut sich hier ein Generationengraben auf, an dem wir einmal genauer hinschauen sollten. Trance der frühen Neunziger wurde zum Teil ja von Personen mitgeprägt, deren Impact aber mal ganz weit über Marathon-Raves hinausging. Visionen von Clubkultur, Weiblichkeit im Produzent:innentum, politische Äußerungsformen und die Auflösung diverser Widerstände – all das findet man im Trance-Zeitgeist der 1990er Jahre wieder, und vieles davon kennen wir heute nicht als bloße Nachwirkungen, sondern als Manifestationen. Oder anders gesagt: Viele Errungenschaften dieser Zeit erscheinen uns heute selbstverständlich. Man darf nicht vergessen: Die Love Parade in Berlin war 1996 das erste Thema in der Tagesschau; ein Massenphänomen vor dem Internet. Da waren die Protagonisten der derzeitigen Trance-Renaissance größtenteils nicht mal geboren.

Aber, und das ist vielleicht das Entscheidende: Wir müssen uns von dem Gedanken lösen, dass Protagonist:innen wie Butschi ein Interesse daran haben, diese Geschichte fortzuschreiben. Man hört es seinen Tracks an – Butschi bringt eine sehr eigene, sehr genuine, und – ich gebe zu, ich hasse, dass ich das so schreibe aus verschiedenen Gründen – eine frische, weil junge Perspektive in seine Musik. Klar dienen tendenziell klassische Trance-Muster mit 140 bpm aufwärts hier als Canvas, aber mit einer Nonchalance, die sich halt wirklich in erster Linie mit jugendlicher Unbekümmertheit erklären lässt, legt er eine Melancholie in seine Spielart von Trance, die fast schon so eine kitschige romantische Energie erzeugt, wie sie emotional agitierten Stürmer:innen und Dränger:innen zusteht. Oder anders formuliert: Irgendwie hat er einen Weg gefunden, mit Emo und Trance zwei adoleszente Erfahrungswelten zu harmonisieren. Und, auch nicht zu verachten: Als Produzent gelingen ihm eben auch die selbstbewussten Big-Room-Momente; die große Geste sitzt.

Damit fordert er Genre-Konventionen heraus, aber aus dieser Herausforderung entsteht auch einfach mehr Reiz und Reibung als um technisch perfektionierte Epigonen.

Im Grunde wiederholt sich hier ja nur ein uraltes Muster subkultureller Transfomation: die derzeit lauteste Generation krallt sich etwas, was ihr nicht gehört; und fügt ihre eigene Dimension hinzu. Findet nicht jede:r toll, aber das wiederum darf (!) unsere jungen Visionär:innen gar nicht interessieren. Und ich bin zuversichtlich, dass es das auch nicht tut. Die Debatte per se gab es ja schon viele Male und die Positionen sind so klar verteilt, wie sie auch asymmetrisch sind: die Zeitzeug:innen beklagen Verrat und Verruf, die aktuellen Protagonist:innen finden das bestenfalls unterhaltsam und sorgen sich ansonsten nicht weiter drum – und haben doch noch immer gut daran getan.

Bedeutet das, dass mich die Musik von Butschi abholt? Nicht komplett. Ich finde Passagen auf der Platte, die mir gut gefallen, anderes lässt mich kalt. Den subkulturellen Moment finde ich aber in der Tat unfassbar spannend, weil solche Augenblicke immer auch Ausdruck eines Aufbegehrens gegen etablierte Konventionen sind.

Nils meint: „Clouds Over My Mind“ ist zu gleichförmig und durchstrukturiert

Trance was my first love. Und wie das mit der ersten Liebe so ist, lässt sie einen nie richtig los. Man denkt (hoffentlich) gern daran zurück und sie ist auch etwas wie eine Richtschnur für zukünftige Lieben.

Mitte der 1990er waren Techno, House und Trance im Mainstream angekommen und zwischen den Musikvideos auf Viva und anderen Musiksendern lief Werbung für diverse Compilations eben dieser Genres. Nach ersten Anbandelungen mit Hardcore-Techno und Gabber sowie den dazu passenden Thunderdome-Compilations merkte ich schnell, dass es vor allem die melodiöseren und flächigeren Parts in den Tracks waren, die mir gefielen – und somit war der Weg zu meiner ersten Trance-Compilation nicht weit.

Lese ich mir heute die Tracklist von „Trance Nation 95“ durch, muss ich sagen, dass sich zahlreiche Tracks auf der Zusammenstellung finden, die heute als Klassiker des Genres gelten. Stücke von Emmanuel Top, Resistance D, Sunbeam oder Lazonby sind (in meinen Ohren) sehr gut gealtert und haben den Weg bereitet für meine Liebe zu elektronischer Musik im Allgemeinen, aber eben auch für einen nicht enden wollenden Hang zu „tranciger“ Musik. In den letzten Jahren ist mein Interesse an dem Genre, vor allem aber an Produktionen aus den 1990ern auf Labels wie Eye Q, Superstition und Le Petit Prince wieder entflammt.

Mit Wohlwollen beobachte ich zudem eine fast schon seit Jahren andauernde Rückbesinnung auf die goldenen Jahre des Genres in Produktionen von DJ Metatron bis Nthng. Teilweise finden sich in den Titeln sogar direkte Bezüge zur Trance-Musik der 1990er Jahre (man nehme zum Beispiel DJ Metatrons „Oh Ah“ in dem fast schon skrupellos DJ Dave Davis‘ „Transfiguration“ gesampelt wird, ein Hardtrance-Klassiker auf dem Label Bonzai).

Nicht nur im sogenannten Underground ist Trance wieder ein Thema. Nein, auch im Mainstream scheint es angekommen. Aber ich lasse mich zu der These hinreissen: Trance ist nicht gleich Trance. Ich finde es nur logisch zu behaupten, dass es zum einen (wie in jedem anderen Genre auch) qualitative Unterschiede gibt und zum anderen sollen und wollen unterschiedliche Tracks auch ein unterschiedliches Publikum erreichen. Oft hört man, Trance polarisiere, an dieser Musik scheiden sich die Geister, Trance sei was für junge Leute. Und ich finde dabei sollte immer die Frage gestellt werden, über welche Art von Trance reden wir gerade? Trance muss nicht zwangsläufig einfältig oder einfach sein, Trance kann durchaus Tiefe haben und einen berühren.

Und um diesen riesigen Bogen endlich zur Rezension zu Butschis „Clouds Over My Mind“ zu schlagen, steigen wir direkt mal mit dem Informationstext zu seinem Debüt-Album ein. Ein Album mit acht Tracks, das sich programmatisch in zwei Teile teilt. Zwei Schalplatten, die den Sound des „alten“ und des „neuen“ Butschis repräsentieren sollen. Die Party und das Feiern stehen der mentalen Ausgelaugtheit und den Erschöpfungszuständen gegenüber. Ich muss zugeben, dass ich den alten Butschi bislang noch nicht kannte, aber ein Blick auf Soundcloud verrät mir, dass Butschi mit Edits bekannter Popsongs („Empire State Of Mine“, „Video Games“ usw.) und eigenen Pop-Trance-Tracks, die wahnsinnig viele Klicks generieren konnten, seine Fanbase zu haben scheint.

Das spaßige und verführerische an Edits bekannter Popsongs leuchet mir völlig ein. Du bist auf einer Party und auf einmal kommt eine Hook, die man aus einem anderen Kontext kennt und man kann zu dem Track im neuen Gewand weiter feiern. Ich persönlich finde solche Edits oder ravige Versionen poppiger Lieder oder Schlager furchtbar und fühle mich schnell an die Kehrseite der Rave-Revolution Mitte der 1990er erinnert, als „Somerwhere Over The Rainbow“ oder Blümchen die Charts und auch teilweise die Raves dominierten. Und das sind noch die erträglichen Beispiele aus dieser Era. Der „alte“ Butschi ist nicht für mich und ich ertrage diese Art von Musik ca. zehn Sekunden.

Wenden wir uns der aktuellen Platte zu und hören diese völlig unvoreingenommen von vorne bis hinten durch. Sie soll für einen neuen und melancholischeren Sound stehen. Und das tut sie tatsächlich. Ich habe mir das Album zweimal von vorne bis hinten durchgehört und musste nicht abbrechen auf dem Weg. Ich finde die Titel beim ersten Hören erstaunlich unepisch für Trance. Im Pressetext werden Referenzen wie das Label Eye Q angeführt, was von Anfang bis Mitte der 1990er Jahre den Sound aus Deutschland prägte und auf dem zahlreiche, sehr deepe Trance-Klassiker erschienen sind.

Die Produktionen von Butschi erinnern mich tatsächlich eher an den Sound der späten 1990er und der 2000er Jahre, als beispielsweise Artists wie Kai Tracid, Talla 2XLC, Paul van Dyk und Future Breeze die Szene dominierten. Es fehlt mir trotz der technisch guten Produktion an Tiefe und auch an einem Sound, den man als Markenzeichen des Produzenten ausmachen könnte.

Viele Titel klingen sehr ähnlich. Die Beats muten generisch an, alles scheint in der gleichen Geschwindigkeit zu laufen und wirklich jeder Track hat die Offbeat-Bassline auf zwei bis drei Tönen.

Tiefe entsteht für mich nicht durch ein Female-Voice-Sample oder zwei Orgel-Akkorde in Moll. Die Tracks sind allesamt sehr gleichförmig und durchstrukturiert. Jeder Sound ist glasklar hörbar. Es gibt keinen Dreck. Das deutet einerseits auf gutes tontechnisches Verständnis des Produzenten hin, andererseits fehlt mir bei den Titeln das gewisse Etwas. Die Merkmale und die Sounds von Trance sind da, aber wie ich bereits versuchte deutlich zu machen: Trance ist nicht gleich Trance!

Trotz allem möchte ich festhalten, dass die Platte in eine deutlich angenehmere Richtung geht als vorherige Produktionen des Künstlers. Ich supporte es zudem zu 100 Prozent, dass sich eine neue Generation an DJs und Produzent:innen aufmacht, diese Genre für sich neu zu entdecken und zu erkunden. Dieses Album ist für mich eine Platte eines Produzenten, der zwar einen neuen Weg geht, aber bis die Tracks an die im Infotext erwähnten Referenzen wie Eye Q heranreichen, wird es wohl noch eine Weile dauern.