PorkFour „v/oct“ (Ortloff)

Zugegebenermaßen ist das hier eine Traumkombination: Ortloff meets PorkFour. Und dabei ist das neue Jahr noch so jung.

Jaja, bei Ortloff ticken die Uhren langsamer, eigensinniger. Als ob die Sekundenzähler mit schelmischem Aberwitz mit dem Stundenzähler vertauscht wurden. Da wird einer Platte die verdiente Haltwertzeit gelassen, bevor eine andere ins Rampenlicht drängt. Nach Mod.Civil kommt nun auch PorkFour in den Genuss einer Artist-EP.

Jener Soundkünstler also, der den Oldschool-Charme alter Synthesizer nicht mit Nostalgie verwechselt und der durchaus konsequent die Grenzen zum Destruktiven hin auslotet. Auf „v/oct“ ist einiges von dieser poetisch ausformulierten Gratwanderung zu hören. Das gleichnamige Stück etwa zersetzt in weniger als einer Minute Detroit Techno in seine Einzelteile.

Dagegen locken „Candy“ und „Prohibit“ mit offensiveren Dancefloor-Qualitäten, wobei letzterer ein ganzes Portfolio an Wendungen und Genre-Zitaten aufbietet. Eine achtminütige Fahrt entlang der rough-sehnsüchtigen Electro- und Acid-Achsen. „Candy“ ist da richtig geradlinig, organisch schiebend. „Talk“ und „vc_pan_sonic“ wirken zwischen diesen großen Diamanten wie Interludes, die eigentlich auch zu Größerem berufen sind.

Wie auch immer: PorkFour schraubt sich sehr charmant zurück in die mittlere Ära der elektronischen Musik und verlinkt sie mit dem Heute, als sei es das einfachste der Welt. In der Herangehensweise gibt es in Ansätzen Ähnlichkeiten zu der Orange Dot-EP auf Spunky Monkey. Auch wenn die viel ernsthafter ist.

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And the winner is…

Am Freitag war es soweit – die Ergebnisse der Goldenen Yvonne wurden live im Ilses Erika präsentiert. Wer nicht dabei war, kann die Aufzeichnung hier noch einmal mitverfolgen.

Gegen 0:30 Uhr betrat Donis die Bühne, Booga von itsyours.info fuhr die Begleitmusik. In zwölf Kategorien wurde jeweils eine Goldene Yvonne, eine golden ummantelte Schallplatte verliehen – wie früher, als die Musikindustrie noch richtig glamourös auftreten konnte. Erfreulich war auch, dass für gut die Hälfte der Gewinner auch ein Vertreter anwesend war. Die genauen Ergebnisse findet ihr auf der Goldene Yvonne-Seite.

Und die Ergebnisse? Einige Klassiker, einige echte Überraschungen. Dass Kann Records, Daniel Stefanik und Kassem Mosse weit vorn landen, war zu erwarten. Dass aber Subkutan auf den zweiten Platz in der Kategorie DJ des Jahres gewählt wurde, ein kurioser Malte Rathmann-Track in die Top 5 der besten Tracks kommt, zeugt doch von einer lebendigen „Underground“-Feinsinnigkeit. Da passen auch Palette 700 und die Undergrund Disko als beliebteste Party-Crew bzw. Party mit rein.

Natürlich polarisieren solche Ergebnisse, gehen an den Nerv so mancher Eitelkeiten, sind abhängig vom Mobilisierungsgrad der Protagonisten. Doch in erster Linie ist die Goldene Yvonne auch ein großes Augenzwinkern. Schaut einfach selbst in das Video.
Die Gewinner der Verlosung erhalten übrigens in den kommenden Tagen eine Mail.

Vielen Dank noch einmal an:
über 300 Leute, die beim Poll mit abgestimmt haben
an die itsyours-Crew, die den Löwenanteil für den Freitagabend gestemmt hat
an die Ilses Erika
die eingeladenen DJs
die vielen Gäste
und an peterpaasch für den Video-Mitschnitt

Rundumschlag

Es gibt einige neue Leipziger Beiträge auf verschiedenen Platten – da lohnt mal wieder ein kleiner Rundumschlag. Ohne auf allumfassend sein zu wollen.

Im Dezember schon brachte Pokerflat Recordings eine weitere Compilation heraus, die sich auf historische Pfade der elektronischen Musik begibt. Hin zum Acid House mit seiner roughen Synthie-Schnoddrigkeit. Neben Motorcitysoul, Steve Bug oder Kink gehen auch Juno6 und Sven Tasnadi auf Zeitreise. Einmal im Duo, einmal Tasnadi allein.

„Generation A“ – das Gemeinschaftswerk – rattert ordentlich los, trocken in den Bassdrums, fanfarenhaft in den Synthie-Filter-Schleifen. Sven Tasnadis „Follow The Roots“ geht sogar noch etwas straighter heran. Und düsterer. Spannend an der gesamten Compilation ist zu hören, wie limitiert ein Genre doch eigentlich ist, wenn es so markant von einem Element dominiert wird.

Aber rüber nach Bayreuth. Von dort kommen nun auch liebevoll gepresste Platten. Lofile Records heißt das Label, das mit der „Brothers & Sisters“-EP startet. Wowmom heißt das Projekt dahinter, das den gleichnamigen Track veröffentlicht. Ein House-Stück, das auch gern Pop sein möchte. Präsente Vocals, luftige Leichtigkeit, ein dezentes Driften.

Mod.Civil nehmen viel davon einfach raus bei ihrem Remix. Sie schieben eine tiefe Bassline hinein und betonen den ausschweifenden Detroit-Chord stärker. Besser besser. Auch Boytalk gehen weg von dem etwas zu clean geratenen Original. Obwohl die Pop-Elemente durchaus in den Horizont der beiden passen. Doch sie konzentrieren sich auf die große Funk-Ansage. Die ist auch super leicht und luftig, aber ganz anders, schlitzohriger.

Von Boytalk gibt es auch noch einen ganz neuen Track. Auf Freund der Familie teilen sie sich eine EP mit den Analogsoul-Nachbarn Klinke Auf Cinch. „Bestrafungstanz“ heißt der Track von Boytalk. Das Tolle an den Tracks der beiden ist wirklich diese unverstellte Feier-Attitüde. Hier sind die lässigen Beats, die leicht glitzernden Disco- und Funk-Harmonien, dort der schwitzige Dancefloor. Fertig. Umso harscher haut einen der Titel ins Gesicht. Filburt remixt das Stück und slimmt es zu einem forschen House-Track mit unmissverständlichem Drive. Super übrigens auch „Nieselregen“ von Klinke Auf Cinch – das volle Band-Sound-Programm für den ruhigen Dancefloor.

Und zum Schluss noch ein Good Guy Mikesh & Filburt-Stück auf der „Llewellyn Ap Gruffydd EP“ des britischen Labels Crow Castle Cuts. „Place Of Love“ greift den zuckrigen Disco-Appeal der beiden einmal mehr auf. Mit lockeren Piano-Anschlägen und großem Pathos. Gerade das Pathos erreicht hier eine neue Qualität. Hin zu feudalem Überschwang und tief eingehüllter Melancholie. Und dass wirklich dick aufzutragen. Schon groß. Hier gibt es auch ein Video zu dem Stück.

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Deephope „A Day In Japan“ (FM Musik)

Das neue FM Musik-Jahr beginnt mit einem Newcomer. Deephope und seiner eintägigen Reise durch Japan.

Ich weiß gar nicht, ob es wirklich typisch japanische Einflüsse bei elektronischer Musik gibt. Darum scheint es Deephope mit seinen drei Tracks aber auch nicht zu gehen. Vielleicht ist es auch überhaupt nicht von Belang. Die EP heißt halt so. Musikalisch passen sie im Großen und Ganzen zum FM Musik-Spektrum. Große Deepness-Wellen, wohl ausbalaciert mit flächigen, warmen Chords und langem Nachhall. „Fleeting Happiness“ gefällt mit seiner für FM überraschend trocken-angerauten Bassdrum.

„Toward An Uncertain Future“ mit seiner antiquierten Verspieltheit. Das ist so der heimliche Hit eigentlich. Voll mit Funk-Glitzer, aber gerade noch so runter reduziert, dass es spannend wird. Könnte wirklich eine Skizze von vor 30 Jahren sein, die erst jetzt ausgegraben wurde. „A Day In Japan“ ist dann komplett FM-verwurzelt. Schöner Jahreseinklang.

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Neue Nuance mit Altmann

Jakob Altmann wird gerade mächtig hofiert von Statik Entertainment. Nicht nur, dass vor wenigen Wochen eine pralle EP dort herauskam. Auch das Schwesterlabel Instabil widmet sich dem Münchner mit einer eigenen EP.

Das Jahr fiel bei Statik ja eher verhalten aus – lediglich eine Remix-Platte von Christian Fischer veröffentlichte das Label 2011. Umso mehr konzentriert sich der Fokus nun auf Jakob Altmann. Kürzlich führte Sven Tasnadi mit einer Mix-Compilation in den düsteren, roughen Techno von Altmann ein. Mitte Dezember folgte dann eine EP mit sechs Stücken – kein zu unterschätzendes Statement für ein Label, das in den vergangenen Jahren sehr viel im Dub-Techno forschte.

Jakob Altmanns Tracks wirken da fast schon wie ein Befreiungsschlag – raus aus den dubbigen Traumwandlereien, direkt rein in einen zwingenden, straighten Strom. Auch das Tempo ist um einiges intensiver nach oben gesetzt. Als Zuspätgeborener kann ich jetzt nicht unbedingt einschätzen, inwieweit diese schnörkellose Härte auch ein Stück weit ein alter Hut ist. Aber im Kontext des neuerlichen Techno-Schubs um Producer wie Marcel Dettmann, Mike Dehnert, Sandwill District oder Ben Klock fügt sich „KL007437“ sehr schlüssig ein.

Dazu passt auch die leicht dreckige Note in den Zwischentönen – das Rauschen zwischen den tighten Bassdrums wird zum permanenten Begleiter. Die Dub-Erdung ist indes nicht komplett verschwunden. Bei Stücken wie „Phonem“, „KL064“ oder „007437 000743“ taucht sie auch auf. Allerdings auf einem anderen Energielevel. Und gerade für Statik Entertainment ist das eine spannende Erweiterung.

Jakob-Altmann-The-Depth-Of-CeresInstabil gewährt Jakob Altmann einen ebenso breiten Entfaltungsraum – auch hier erschien eine EP mit sechs Tracks. „The Depth Of Ceres“ ist denn stärker im Dub-Techno verortet. Mit mehr Deepness und groß ausladenden Chords. Und doch ist auch hier bei einigen Stücken ein ungewohnt harscher Unterton dabei.

Wer dieser Jakob Altmann ist, bleibt weitgehend schleierhaft. München als Heimat steht fest. Sein Debüt hatte er im Juni 2011 mit einer Split-EP auf dem belgischen Label Other Heights. Das sollte aber noch mehr kommen.

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Ron Deacon „Flying High“ (Team Records)

Da sind sie wieder, Ron Deacons luftig-hypnotische House-Tracks. Jetzt sind sie in Rotterdam bei Team Records angekommen.

Anfang November remixte Ron Deacon ein Stück von Philogresz. Daher scheint die Verbindung zur holländischen Küste herzurühren. Denn Philogresz betreibt Team Records seit fünf Jahren mit einem überschaubaren Artist-Roster. Deacons „Flying High“-EP trägt scheinbar nicht von ungefähr diesen Titel. Denn die vier neuen Tracks nehmen einen rund 40 Minuten in Beschlag.

Der Titel-Track selbst fällt mit seinem etwas derben Disco-Appeal dabei ein wenig aus dem Rahmen. Denn die anderen drei Stücke strömen wieder einmal genau jene Zeit vergessende, in sich versinkende Deepness aus, wie sie hier gerade nur Ron Deacon hinbekommt.

Ich weiß nicht, ob ich es schon einmal erwähnt habe: aber da steckt auch viel von dem Krautrock-Geist mit drin. Dieses ewig lange Ausloten von einem bestimmten Moment, das ganz behutsame Übereinanderschichten von neuen Elementen. Und dass ohne ins Langatmige abzudriften. Das ist Epik mit Understatement – auch wenn es wie einer Widerspruch klingt.

Während sich „Happy People“ wolkengleich nach vorn schiebt, wirkt „The Message“ gespenstischer und verschlossener. „Communication“ wird schließlich überraschend dubbig, wahrscheinlich wieder mit einem eingesprochenen Vocal von The Kat. Ein großes Ja!

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Chris Medleigh „The Tree“ (Resistant Mindz)

Schon erstaunlich, wie understatement die Künstler bei Resistant Mindz auftreten. Da veröffentlicht Chris Medleigh ein wunderbares Debüt-Album und verliert aber kein Wort zu sich.

Warum auch, es geht schließlich um die Musik, könnte man meinen. Aber halt. Musik und deren Urheber gehören schon auch zusammen. Da stehen Persönlichkeiten dahinter, Biografien. Die können natürlich auch unspektakulär sein, aber der Kontext kann doch auch einen Teil des Reizes ausmachen, den eine Platte ausübt.

Andererseits weiß diese Bescheidenheit ebenso zu gefallen. Nimmt sie sich aus den Pop-Mechanismen heraus. Dabei ist Chris Medleighs Album „The Tree“ keineswegs dem Pop abgewandt. Die 13 Stücke tänzeln auf jenem ambitionierten HipHop-Pfad, den unter anderem Flying Lotus salonfähig machte. Wunderbar holprige und unberechenbare Beats, vom Funk-Leichtsinn geprägte Harmoniebögen, Querverweise zu IDM und den letzten Dubstep-Ausläufern.

So weit angelegt dies hier klingen mag, im Lauf des Albums hält Chris Medleigh die Fäden sehr eng beisammen. „The Tree“ ist kein Gemischtwarenladen, kein Ich-zeige-was-ich-alles-kann-Debüt, es ist ein reifes, milde lächelndes Werk. In dem vorwiegend instrumental angelegten Fluss sticht Stück wie „Can’t Stand The Rain“ besonders heraus, bei dem beiläufig Raps auftauchen.

Mit einem Räuspern angestimmt und von einer dichten Synth-Bassline begleitet. Selbst bei dieser Vorlage bleibt alles auf dem Boden. Eine Tugend, die wie von selbst die Stücke von Chris Medleigh mitzuprägen scheint. Auch Resistant Mindz toppt sich mit „The Tree“ selbst. Ein Doppel-Vinyl plus amtlichem Video bringen sie an den Start.

Resistant Mindz
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DoumenIwhiteIen „DoumenI-whiteIen 01“ (Doumen Records)

Kurz vor Jahresende will es Doumen noch einmal wissen und startet eine neue Vinyl-Reihe, die es in sich hat. Zwei Stücke, A-Seite, B-Seite, 10 Zoll, einmal hart, einmal weich.

Die De:Bug ist ja schon völlig durchgedreht bei dieser Platte. Nun ist sie also draußen. Und sie hinterlässt vor dem ersten Ton schon einige Fragen: wer sind diese Typen? Simon 12345? ;..? Fake-Artists oder neue Pseudonyme von Praezisa Rapid 3000? Es sind neue Leute, heißt es offiziell. Doumen erweitert den Künstlerkreis und schaut auch über Leipzig hinaus. Eine richtige, amtliche Doumen-Platte ist die 10“ übrigens nicht. Sie könnte eher der Einstand für eine künftige Serie sein.

Musikalisch gehen die beiden Stücke in ihrer vertrackten, brüchigen Rhythmik deutlicher in die britischen Hinterhöfe. Auch die Art, wie die Vocals verfremdet und ineinander verwoben werden, lässt sich im Rahmen der zeitgenössischem Pop-Selbstfindung des Post-Post-Dubsteps verorten. Sie stehen den beiden Stücken der Platte aber ebenso ausgezeichnet.

Vielleicht, weil sie eben jene elegisch-manische Atmosphäre rüberbringen. „Siegrid Hart“ ist die Ballade der Platte. Scheppernd und träge, weltentrückt und wie der verschwommene Blick durch Milchglas. Aus der Ferne erklingt eine schwermütig gesungene Phrase von Feists „Secret Heart“ – „What are you made of, what are you afraid of…“.

Eigentlich ist „Achim Weich“ von der Atmosphäre her nicht weit davon weg, aber die gerade Bassdrum und die gesamte Dramaturgie verleihen dem Stück doch noch einen anderen Drive. In den Vocals steckt etwas mehr Soul, wenn auch surreal digitalisiert. Auf jeden Fall sind es zwei Stücke, die ihre Zeit brauchen, die auch später noch etwas Preis geben können und die nicht beim zweiten Hören bereits komplett erschlossen sind. Und damit schließt sich der Kreis zum Mutterschiff Doumen und Praezisa Rapid 3000 eben auch wieder.

Bei Doumen gibt es übrigens auch eine neue Podcast-Folge. Aufgenommen von aus aka Yasuhiko Fukuzono. Der Japaner betreibt das Label Flau und dort haben Praezisa Rapid 3000 gerade einen Remix beigesteuert. Überhaupt Japan: die stehen auf den Doumen-Stuff.

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Various Various

Jaja, der Sound of … – wie gern wird Städten ein bestimmter Sound zugeschrieben. Auch wenn sich solche Pauschalisierungen meist nicht halten lassen, so sind die eng geschürten Fokusse doch reizvoll. Leipzig und Wien stehen bei zwei Veröffentlichungen im Mittelpunkt.

Am schönsten werden Stadt-EPs immer dann, wenn innerstädtische Verknüpfungen bei der Auswahl aufgezeigt werden. Im Falle der „Vienna EP“ zeigt Moon Harbour eine feine Hand. Andy Catana betreibt das Label Do Easy Records, auf dem Christopher Groove veröffentlicht. Mit im Do Easy-Boot ist auch Daniel Kovac. Alle drei sind auf der „Vienna EP“ vertreten. Mit eigenen Tracks oder Remixen. Klanglich bleiben die großen Überraschungen jedoch aus.

Nicht falsch verstehen: Es ist ja nicht so, dass Moon Harbour bei frohfroh ein Abo auf Verrisse gebucht hätten. Der Kontext des Labels ist auch völlig nachvollziehbar. Und doch fällt es mir immer schwerer, mich an vergangene EPs zu erinnern. Okay, die Italoboyz hängt in ihrer persönlichen Verärgerung noch nach.

Aber gerade bei der „Vienna EP“ grätscht der slicke House-Kurs der kuratorischen Leistung dazwischen. Hier verlieren die Geschichten hinter der EP leider an Bedeutung, weil anstatt von Wien auch irgendein anderer Stadtname stehen könnte. Da bleibt die originäre Note aus – wohl wissend, dass Andy Catana, Christopher Groove und Daniel Kovac selbst die Fäden so lenken mit ihren Tracks. Die Nummer 58 reiht sich daher nahtlos in den Katalog der letzten Jahre ein.

Und Leipzig? Da geht es auf Stadtrundfahrt mit Esoulate. Die um ein Netlabel erweiterte Booking-Agentur bringt mit der „Stadtrundfahrt EP“ die zweite Werkschau ihres Artist-Rosters heraus. Wieder kostenlos und digital. Wieder dabei: Klima. Und wieder schrägt sein Pegel in dunkle, brüchig-treibende Bereiche aus. Bei „Slight Screen“ auch leicht elegisch und Acid-aufgeladen. Wahrscheinlich ist das ein alter Hut, aber das Stück strahlt eine faszinierend verstörende Anmut aus.

Das lässt sich von „Kindness“, dem gemeinsamen Werk von Efka und Axel Thoma nicht so recht sagen. Mit „Rave“ ist das MP3 markiert, und das ist schon sehr ehrlich gewählt. Irgendwie will das Stück zu viel. Sakral-Pop mit den leidvollen Vocals auf der einen Seite, Peaktime mit wirklich erschreckend plumpen Rave-Chords auf der anderen Seite.

Das genaue Gegenteil nur drei Stücke weiter. Dort zelebrieren Metasound & Lucius14 ihren aktuellen, unaufgeregten Western-Leisure-Sound. Sanftmütig und dicht mit verschiedenen Ebenen verwoben. Diese schlingernden Momente da im Hintergrund sind aber toll. Zwischendrin remixt Paul Rewind noch „Organic Funk“, das Dsant-Stück der vergangenen Esoulate-Compilation.

Der transportiert den Detroit-Appeal des Originals in ein Dub-House-Gewand mit Rock-Attitüde. Da klingen die schwerfällig angeschlagenen Snares und HiHats wie aus dem Proberaum. Und der es gibt einen gezupft klingenden Knistersound dazu. Durchaus interessanter Ansatz. Eins zeigt die „Stadtrundfahrt EP“ aber eben ganz deutlich: Leipzig hat nicht den einen Sound.

Moon Harbour Recordings Website
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Die Goldene Yvonne – der itsyours- und frohfroh-Poll 2011

Es ist soweit, wieder neigt sich das Jahr dem Ende zu. Und wieder laden wir zum gemeinsamen Resümee ein – beim Leserpoll 2011. Dieses Jahr aber nicht allein.

itsyours.info und frohfroh machen gemeinsame Sache – zum ersten Mal und gleich richtig groß. Wir wollen eure Meinung zum Leipziger Clubjahr 2011 erfahren. Unter dem Namen „Die Goldene Yvonne“ fragen wir auf der eigens für den Poll eingerichteten Micro-Site nach euren liebsten DJs, Partys, Open Airs und Überraschungen. Einfach alle Antworten in das Formular eintragen, Mail und Name rein und ab damit. Bis zum 3. Januar 2012 habt ihr Zeit zum Abstimmen. Zu gewinnen gibt es auch wieder was:

1 x Freezone-/Kann Records-Päckchen (mit einer Anti-Staub-Schallplattenbürste, einer Vinyl-Ausgabe der Kann „Familiy Horror“-Compilation und der Sven Tasnadi-Mix-CD auf Statik Entertainment), je ein Exemplar des RMX– und Jetlag-Kissens aus dem Tatuet-Laden, 3 x die Alphacute 101 als 7″, mit dem wunderbaren Iska Kaek-Cover (jene Tatuet-Illustratorin, die auch die Kann-Platten gestaltet), 1 x Analogsoul-CD-Überraschungspäckchen, 1 x Oh! Yeah!-Vinyl-Überraschungspäckchen, 1 x Resistant Mindz-Vinyl-Überraschungspäckchen

Damit nicht genug. Die Ergebnisse werden erst am 13. Januar 2012 präsentiert. Und zwar live von Donis im Ilses Erika. Er überreicht die Goldene Yvonne dann den jeweiligen Gewinnern auch als Preis. Vorher und nachher Dance Dance auf zwei Floors mit CFM, Conscious.mind, Good Guy Mikesh & Filburt, Onetake, Rentek, Spinback + Special Guest 1 und Special 2. Bitte rot markieren. Vorher wird niemand etwas erfahren. Wir halten dicht…

Pop down

Es schwelte schon, jetzt ist es amtlich – die Pop Up wird es nicht mehr geben. Vielleicht aber ein neues Format.

Es ist eine traurige, aber sehr nachvollziehbare Nachricht, die der veranstaltende Pop Universell e.V. heute ausgesendet hat. „Die Rahmenbedingungen in der „kreativen Szene“ und speziell der Musikbranche haben sich stark verändert, und so bedarf es neuer Ansätze, um die Ideen von Austausch und Netzwerken zeitgemäß umzusetzen“, heißt es da. Und der erste neue Ansatz ist, die Pop Up aufzugeben. Die diesjährige – zehnte – Ausgabe war bereits ein Vorbote, fand sie doch schon ohne die sonst zentrale Ausstellermesse statt.

Nun will sich der Verein verstärkt den Qualitäten des Standorts Leipzig widmen. In welcher Form dies passieren wird, ist noch offen – man befinde sich in einer frühen Konzeptionsphase und sei offen für neue mit gestaltende Akteure. Wer also Lust hat, kann jetzt am nächsten großen Wurf beteiligt sein. Dass der durchaus kommen kann, ist gar nicht abwegig. Denn das Interesse an unabhängige Kultur und Musik bleibt ungebrochen hoch. Nur der Austausch hat sich mit Facebook & Co radikal gewandelt.

Oh, die Rückkehr

Eine zeitlang sah es so aus, als sei Oh! Yeah! nur ein kurzer Label-Ausflug der Herren Stefanik, Schultz und Tasnadi gewesen. Doch es war zu voreilig – nach fast zwei Jahren geht es weiter.

Juno6s imposantes „Moswampia“ war das letzte Lebenszeichen von Oh! Yeah!. Zumindest auf Vinyl. Dass das Label weiter existierte, zeigten die sporadisch gebuchten Label-Showcases und nicht zuletzt der diesjährige Remix-Contest mit dem Nachtdigital. Nun also ein amtliches Wiederhören. Mit einer interessant besetzten Compilation, bei der auch zwei Komplettneulinge mit je einem Track zum Zuge kommen. Viel wird nicht von ihnen Preis gegeben. Nur, dass demnächst mehr auf Oh! Yeah! von ihnen folgen soll.

Milkmans „Vitalizer“ schlängelt sich mit einem leichtfüßigem Chord durch verschiedene Filter. Irgendwie sehr straight und unverbraucht. Einfach im Großen und Ganzen, doch durchaus subtil in seinen kleinen Brüchen. Udo Blitz ist da weniger fröhlich gestrickt. Mit tief gepitchten Vocals und dezent schleppender Rhythmik wird hier House durch das Milchglas gezerrt. Überraschend weird und vielschichtig. Wer ist dieser Typ, der – Achtung Kalauer – wie der Blitz einschlägt.

„Drunken Talk“, so der Name des Tracks. Wahrscheinlich stammen die Vocals aus einer Zeche. Der Morgen danach dürfte aber ganz produktiv gewesen sein. Denn das ist der Track der Platte. Wobei die Konkurrenz bei Juno6 immens ist. Sein „BCN“ greift jene Eleganz auf, die schon bei den letzten Releases so unaufgeregt und deep voranschritt.

Daniel Stefanik muss da gar nicht groß Hand anlegen. Er trimmt den Track noch etwas schlanker und stromlinienförmiger. Sven Tasnadis „Serviettunion“ bäumt recht viel Rave-Fanfaren auf. Augenzwinkernd wohl, aber nicht ganz so packend, wie der Trackname selbst. Aber hey, Oh! Yeah! sind zurück. Und ich bin gespannt auf einen Udo Blitz!

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