24/7 – Global Space Odyssey

Am kommenden Samstag ist es wieder soweit: Die Global Space Odyssey ruft die hiesige Subkultur auf die Straße. Aus diesem Anlass gibt es bei frohfroh ein Interview mit Jan Stern, einem der Organisation der musikalischen Demonstration.

„24/7 – Kultu(h)r tickt anders“ heißt das Motto der diesjährigen Global Space Odyssey. Und es ist quasi zu einem Akronym für unsere Zeit geworden – 24 Stunden, 7 Tage die Woche erreichbar und einsatzfähig sein. Auf diese Beschleunigung und die damit verbundenen kulturellen und gesellschaftlichen Konsequenzen möchte die GSO mit einem Umzug durch Leipzig aufmerksam machen. Natürlich steht auch in diesem Jahr wieder die Gefährdung der subkulturellen Freiräume mit auf der Agenda. Mit Jan Stern, einem der GSO-Organisatoren sprach frohfroh über den Status Quo der lokalen Clubkultur und den Chancen für eine Zusammenarbeit zwischen freier Szene und der Stadt.

Im letzten Jahr gab es Probleme zwischen GSO und Stadt wegen der Abendveranstaltungen. War die Zusammenarbeit in diesem Jahr entspannter?

Da wir letztes Jahr relativ gute Erfahrungen mit dem Werk 2 gemacht haben und letztes Jahr noch nicht abzusehen war, ob z.B. Gieszerstr., DHF oder Superkronik zur Verfügung stehen werden, haben wir uns letztes Jahr schon für die sichere Variante Werk 2 entschieden. Wir hätten zwar gerne auf vier Floors gefeiert, dies war aber leider nicht möglich, dennoch haben wir durch die Halle D einen immensen Raumgewinn gemacht und können dieses Jahr nun zwei gleichwertig große Floors und einen kleinen Floor präsentieren.

Mit der Stadt gab es also diesbezüglich keine Reibungspunkte. Die einzigen Verhandlungen, die etwas länger gedauert haben, waren terminlicher Natur – geplant war eigtenlich der 24.7.. Und die Route musste lange ausgehandelt werden. Durch viele Baustellen und Veranstaltungen musste die Route immer wieder angepasst werden und so können wir dieses Jahr z.B. die Zwischenkundgebung nicht am Augustusplatz abhalten.

Generell habe ich aber das Gefühl, dass die Zusammenarbeit bisher sehr gut verläuft.

Wie schätzt du die aktuelle Lage ein: Ist es heute schwieriger eine alternative Clubkultur in Leipzig mit zu gestalten als vor fünf Jahren?

Die Frage ist für mich schwer zu beantworten, da ich erst seit 2005 in Leipzig wohne. Aber durch mein Umfeld würde ich sagen, dass es vor 10-15 Jahren noch wesentlich mehr Freiräume gab, in denen sich ausgetobt werden konnte. Das lag aber sicher nicht daran, dass die Stadt kulanter war, sondern, nach meiner persönlichen Einschätzung, dass die Stadtverwaltung mit anderen Brennpunkten beschäftigt war.

Heute ist es durch viele Auflagen schwer einen alternativen Clubbetrieb zu starten. Jeder braucht natürlich erstmal Kapital, das meistens nicht vom Himmel fällt. Mit einem kulturellen Angebot, das im besten Falle das eigene Überleben sichert, lassen sich nur schwer Kredite abbezahlen. Zu verständlichen Auflagen, wie Brandschutz oder Fluchtwege, kommen auch so unnütze Auflagen, wie die PKW-Stellplatzproblematik dazu.

Die ist in meinen Augen völlig veraltet und eher auf Großraumdiskotheken anwendbar, als auf kleine Clubs in der Innenstadt, die in der Regel mit dem Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden können. Durch diese unnötige Regelung entstehen dem angehenden Betreiber Kosten – je nach Größe und Lage des Clubs – die mehrere tausend Euro betragen. Dieses Geld könnte man weitaus sinnvoller investieren und man hätte somit auch schneller seine Konzession und könnte damit eben auch wirtschaften.

Weiß die Stadt Leipzig auf offizieller Ebene ihre Clubkultur zu schätzen?

Da würde ich doch ohne Bedenken „Nein“ sagen, zumindest ist mir noch nichts in der Art aufgefallen. Ein Grund mehr am 31.07. auf die Straße zu gehen und zu zeigen, dass es hier eine lebendige Kultur gibt, die das ganze Jahr über das Leben in Leipzig bereichert.

Wir wollen sicher nicht als Tourismusmagnet ausgebeutet werden, aber bei einer gewissen Zielgruppe fände ich es durchaus sinnvoll mit dieser Kultur zu werben. Eine Akzeptanz würde uns aber wohl erstmal reichen.

Wie kann aus eurer Sicht ein Konsens zwischen kulturellen Freiräumen und städtischer Normierung erreicht werden?

Im Bezug auf Freiflächen haben wir bei der Stadt ein Konzept eingereicht. Darin werden konkrete Vorschläge für mögliche Flächen für Tages- aber auch für Nachtveranstaltungen gemacht. Verwaltet werden könnten diese Flächen durch einen eigens gegründeten Verein, der sich aus Mitgliedern der „Szene“ zusammensetzt, die mit ihren Crews auch gewillt sind, diese Flächen zu bespielen. Der Verein ist somit der Ansprechpartner der Stadt und er würde sich quasi selbst kontrollieren, denn wenn eine Crew sich nicht an Auflagen hält, wie z.B. Müllbeseitigung, fällt es auf den kompletten Verein zurück.

Das Konzept wurde bei der Stadt positiv aufgenommen, allerdings wurden alle vorgeschlagenen Flächen auf Grund mehrerer Paragraphen in Bezug auf Natur- und Anwohnerschutz abgelehnt. Die von der Stadt eingebrachten Vorschläge für Freiflächen mussten nach Prüfung ebenfalls verworfen werden. Derzeit ist man immer noch auf der Suche, was aber viel Zeit benötigt. Der Prozess ist also in Bewegung, ob es tatsächlich Ergebnisse gibt, werden wir sehen. Das Beispiel zeigt zumindest, dass eine Zusammenarbeit zwischen freier Kulturszene und Stadtverwaltung möglich ist.

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Various Artists „Ortloff Drei“ (Ortloff)

Wie könnte eine kurze Sommerpause schöner beendet werden als mit einer neuen Ortloff-Platte. Und auch die Nummer Drei hat alles, was eine Liebhaber-Reihe braucht: toll klingende, toll verpackte Musik und einige Rätsel.

Dass auch die Ortloff Drei eine Augenweide ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Dass sie musikalisch jedoch selbstbewusster auftritt als die ersten beiden Platten, verdient schon eine Notiz. Selbstbewusster insofern als dass sie scheinbar fast komplett auf Newcomer setzt, die hier ihr Vinyl-Debüt geben. Und selbstbewusst auch daher, weil sie so homogen mit einem Oldschool-Sound versehen ist.

Aber der Reihe nach: Natürlich sind hier eine Menge Querverweise zum Leipziger Treiben und zu Ortloff da – Boytalk zum Beispiel sind Friedmann Lichtenthal und Markus Gebauer. Beide waren als Cheslo und New World bereits solo auf den vorherigen Ortloff-Platten vertreten. Als Boytalk könnten die Neu-Leipziger hier wirklich für Wirbel sorgen – auch weil sie als Live-Act gut unterwegs sind. Ein Live-Set der beiden gibt es übrigens bei der Netlabel-Plattform Modular Field. Eine EP von Cheslo auch.

Ihr „Makrabeus“ ist ein freudig beschwingter House-Track. Wenn es so etwas wie eine augenzwinkernde Eleganz gibt, dann würde sie hier ihren Sound finden. Einerseits sind die Methoden recht klassisch, aber der Vibe ist alles andere als funktional. Und dass obwohl die Richtung zum Dancefloor unmissverständlich ist.

Von The Flibberts und Carl Beermont höre ich dagegen zum ersten Mal – aufgepimpt wurden beide Tracks von Good Guy Mikesh & Filburt sowie Marbert Rocel. Aber wo sind die Originale? Remixe ohne Kontext, wirklich rätselhaft. So bleibt verborgen, wie viel Original in den jeweiligen Remixen steckt.

Bei The Flibberts kommt wirklich viel vom elegisch-discoiden GGM&F-Sound rüber. „Rivers Of Joy“ hat sogar etwas Psychedelisches in seinen Synthie-Schleifen. Wunderbar auch dieser lässig-träge Pop-Appeal. Bei Carl Beermonts „Talc Orberr Me“ steckt viel organisch-klingender Bläser-Funk drin. Durch und durch positiv gestimmt und mit einem angenehm lofi-esk-tänzelndem Beat.

Das letzte Stück „Happy Sundays“ nimmt sich wie schon bei der letzten Ortloff heraus – kein House, kein Disco. Ja, was eigentlich? Eine Oldschool-Form von Disco-Electronica vielleicht. Fast schon pathetisch in seinen Synthie-Sounds und auf schmalen, im Tempo gedrosselten Beats unterwegs.

Zu Andreuccio Torelli habe ich übrigens eine spannende Geschichte bei Baran Records gefunden, wo der Italiener kürzlich eine 7“ veröffentlicht hat. Dieser Typ ist nämlich ein jahrelang verkannter Heimproduzent, der hauptsächlich in den Achtzigern Italo-Disco produzierte. Baran hat zwei Stücke aus dieser Zeit veröffentlicht. Wahrscheinlich entstand auch „Happy Sundays“ vor zwanzig Jahren – vielleicht ist das ganze aber ein Mythos. Auf dem Label-Etikett steht 1989. Wer weiß? Wie auch immer: Ortloff bleibt groß.

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Sommerkind in Sommerferien

Wir gönnen uns eine Woche Sommerpause – und wir freuen uns über das erste Jahr frohfroh, das wir in diesen Tagen feiern können. Ein kurzer Moment zum Zurückschauen.

Vor gut einem Jahr saß ein Dreier zusammen, schrieb, gestaltete und programmierte frohfroh. Dann Ende Juli ging eine Mail raus an Labels und Künstler: „frohfroh sagt Hallo“, hieß es da. Und einige riefen „Hallo“ zurück. Ein Jahr später freuen wir uns über rund 230 Artikel, über unzählige Kommentare und durchschnittlich 3.000 Besucher pro Monat. Was uns auffällt: Die Ausgehtipps sind am begehrtesten.

Es soll so weitergehen. Mit uns und mit euch. Und wir planen für die nächsten Wochen Aufkleber und eine T-Shirt-Edition.

Danke an alle Labels und Künstler, die uns unterstützen. Und ein spezieller Dank an Mottt.fm

Spritzig

Analogsoul ist ja immer wieder für eine kleine Überraschung gut – handgemacht mit viel DIY-Attitüde. Neben der Konzertreihe „Like Water“ veranstalten die Jungs und Mädchen nun auch das passende Sommerfestival „Frizzante“. Und sie verteilen im Vorfeld eine Mini-Compilation.

Vier Stücke sind drauf, und wer Glück hat trifft auf einen der Analogsoul-Scouts, die in dieser Woche die Compilations mit vier Stücken der vier auftretenden Künstler kostenlos in Leipzig verteilen. Illute, Trio Schmetterling, Wooden Peak und Lake People sind dabei. Letzterer ist aus frohfroh-Sicht natürlich am interessantesten.

Denn Martin Lake hat den Dancefloor für sich entdeckt. Bislang war er als Trickform eher in der süß-melancholischen Electronica-Welt unterwegs. Als Lake People legt er gerade Beats darunter und hat mit seinem poetisch-ravigen House sogar schon die Herzen von Bodi Bill erobern können. Zumindest geistert ein Remix für die in seinem Live-Set.

Mit „Siverenth Frizz“ ist Lake People auf der Compilation vertreten, und der Track hebt sich mächtig ab von den stilleren Singer/Songwriter-Stücken der anderen drei Bands. Doch heute sind die Grenzen ja fließender, da gehen Indie-Kids auch Techno-Raves und Techno-Typen finden Bonaparte toll. Toll bei „Siverenth Frizz“ ist übrigens der schwelgerisch umher tanzende Chord, dessen Töne immer wieder mal wegrutschen. Folgt jetzt eigentlich ein Lake People-Album bei Analogsoul?

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Musik für 30°C

Okay, der Sommer ist unmissverständlich da. Aus zwei Dub-Richtungen wird der Sonne gefrönt. Jahtari mit seiner bekannten unverstellten Fröhlichkeit, Analogsoul mit einer Berliner Newcomerin.

Analogsoul hat mal wieder eine viel versprechende Perle ausgegraben. Illute, eine Berliner Illustratorin, die aber auch auf einer Menge anderer Pfade unterwegs ist. Einer davon ist die Musik, die Gitarre und die Singer/Songwriter-Intimität mit ebenso illustrativen deutschen Texten. Im September bringt Analogsoul in Zusammenarbeit mit einem anderen Label ihr Album raus.

Als Vorgeschmack gibt es Illutes Stück „Dünner Tag“ im Dub-Mix von dem österreichischen Producer Nefzger als Free-MP3 beim Analogsoul-Blog. Nicht schlecht für eine Singer/Songwriter-Interpretation, aber ich bin definitiv kein Posaunenfan. Und die taucht leider immer mal wieder auf. Ansonsten sind der leicht verschleierte Gesang und die sommerliche Trägheit ganz schön.

Jahmiga 02 „Porque Te Dub“ (Jahmiga)

Bei Jahtaris 7“-Perlentruhe Jahmiga geht es auch sommerlich und geheimnisvoll zu. Denn mit „Porque Te Vas“ legen die Digital Laptop Reggae-Helden einen Quasi-Bootleg vor. Und zwar von einem spanischen Dance-Klassiker aus einem Film, der in 1974 rauskam. Später wurde das unbekannte Original dann angeblich auch in deutschen, englischen und russischen Versionen veröffentlicht.

Jetzt also im Kleinformat, eingebettet in den stets sympathisch roughen Jahtari-Sound. Ein entspannter wie amtlicher Hit, der die sommerliche Trägheit in all ihrer Schönheit zelebriert und dabei auf die richtigen Beats setzt. Wer die spanischen Vocals nicht mag, hat wie immer mit der Instrumental-Version die Alternative. Zwei Stücke für eine hohe Musepräferenz.

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Ekkohaus „White Winter Lust“ (Cargo Edition)

Schon skurril bei sommerlichen Temperaturen eine Platte unter den Kopfhörern zu haben, die winterlich benannt ist. Noch dazu, wenn sie gar nicht unterkühlt klingt. Für den gebürtigen Griechen fühlen sich die Berliner Sommer wahrscheinlich wie Herbst an.

Ekkohaus gehört zum Cargo Edition-Stamm, keine Frage. Doch so richtig in Erinnerung ist er mir mit seinen letzten beiden Platten dort nicht geblieben. Mit dieser EP wird dies wahrscheinlich auch nur teilweise gelingen.

„Ace Body“ ist der Höhepunkt, gleich als erstes auf der A-Seite. Sehr smart zusammengehalten von einer lässigen House-Eleganz, manchmal sogar fast oldschool mit den Strings, dem leicht angerauten Chord und dem Vocal-Sample. So zieht er voran, ohne auf große Spannungsbögen angewiesen zu sein.

Michael Melchners Remix lässt eigentlich kaum etwas übrig vom Original. Das muss nicht schlecht sein, in diesem Fall ist es aber zu wenig für einen Remix und einen wirklich eigenständigen Track.

Auf der B-Seite dann zwei weitere Ekkohaus-Stücke. Zwei House-Tracks von denen „Dirty Mind“ erstaunlich straight ist. Toll ist, wie die Bassline im Hintergrund ganz leicht drückt und dabei etwas stolpert. Und dann flackert zwischendrin immer wieder ein umher schwirrender Sound auf, der neben dem etwas faden Chord überaus lebendig wirkt.

Dagegen hat „Parafurmadores“ etwas sehr jazzig-behäbiges. Dieser Track ist doch auch schon länger unterwegs, oder? Oder greift er etwas Altes auf? Auf jeden Fall ist das sehr alles sehr aufgeräumt. Und so rauscht die Cargo 16 an mir vorbei.

Ekkohaus Myspace
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Dsant „Sun EP“ (Logo Records)

Jetzt spannt Leipzig den Bogen nach Tunesien. Dort hat sich vor kurzem ein neues Digital-Label für Deep House aufgestellt. Und es beschert Dsant seine erste Veröffentlichung.

Sebastian Ganze alias Dsant ist bisher hauptsächlich als DJ im Mottt- und Elipamanoke-Umfeld in Erscheinung getreten, wobei ich mich auch an einige Tracks in diversen Internet-Radiosendungen erinnere. Damals war da von einem unbekannten Newcomer die Rede. Jetzt bekommt er auch als Producer ein Gesicht. Die „Sun EP“ gilt ganz Dsants gleichnamigen Track. Vier mir unbekannte Remixer haben sich zusätzlich an das Original rangesetzt.

„Sun“ ist ziemlich klassischer Deep House mit einem charakteristischen Vocal-Sample – passend zur Fußball-WM irgendwie afrikanisch klingend. Sehr gut ausbalanciert in der Deepness und Wärme der Sounds. Der Chord springt etwas plötzlich und unvermittelt ein und ist mir einen Tick zu einfach, zu baukastenmäßig. Erst zum Schluss spielt Dsant damit, bricht ihn auf und zeigt, dass da mehr möglich ist.

Bei den Remixen ist Henry Gilles mein Held. Wunderbar entschlackt mit viel Raum zwischen den Tönen schafft er es am Anfang die Deepness auf das Wesentliche zu reduzieren, auch wenn selbst hier einige Momente etwas plastisch klingen. Das Vocal schimmert zurückgesetzt hervor. Später wird es dann schon auch noch dichter und voller. Irgendwie klingt da so eine angenehme Wehmut durch.

Zoux ist mir dagegen zu sehr ein Delsin-Abklatsch und Mauro Casar zu Ibiza. Steve Lischinsky holt mehr Soul aus dem Vocal heraus und setzt auch auf die klassische Deepness wie das Original. Ein durchwachsenes aber durchaus gelungenes Debüt also.

Dsant Myspace
Logo Records Website

Break-Digital // Break-Analog

Digital versus Vinyl. Dieser Zwist wird uns noch länger in Atem halten. Aktuell sind zwei Verfechter der jeweiligen Richtung mit neuen Veröffentlichungen dabei. Wintermute digital, Alphacut im gewohnt limitierten Vinyl-Schnitt.

Wintermute, ein Leipziger Duo, prägt eigentlich den Sound des Jenaer Netlabels Digitalgewitter. Jetzt gehen sie nach Dresden zu NoSYS Productions – ein noch recht junges Label auf demselben Creative Commons-Boden. Die „Epiphany EP“ ist eine Compilation der Leipziger Überschneidungen. Da treffen Wintermute auf Epidemic bei „Scanners“ überaus kompakt und mit Cello aufeinander.

Dagegen haut Epidemic mit „Kondensmilch Leicht“ ordentlich auf die Mütze. Nix mit Leichtigkeit und niedriger Fettstufe. Das ist Rave mit allen Mitteln. Wie ein Feuerball, der alles anzündet, aber auch zerstörerisch ist.

Der komischste und zugleich faszinierendste Track ist die Kollaboration von Wintermute mit Hardy und Needrux. Ein zurückhaltender, gedrosselter Dub-Techno-Drum’n’Bass-Hybrid. Die Sounds sind mir zwar einen Tick zu plastisch, aber es ist trotzdem spannend, wie schlüssig hier gerade und gebrochene Beats in einem Stück vorkommen.
Alphacut-19Bei Alphacut gibt es auch was neues, natürlich ausschließlich auf Vinyl. Und limitiert auf 200 Stück, so wie die letzte Platte der zweiten Release-Welle auch schon. Auf der Nummer 19 gibt es ein Wiederhören mit Morphy, der bereits der Nummer 17 einen der Höhepunkte bescherte.

Und mit „Uptown Special“ gelingt dem Schotten erneut ein wunderbar intensiver Track. Wieder ist das Tempo gedrosselt und die Sounds klingen so organisch und trocken als ob da eine Band live jammen würde. Wegen mir müssten diese Breaks-Geschichten nie schneller sein. Da bleibt einfach genug Luft zum Atmen und genug Raum für die Sounds.

Scharfkantiger und treibender klingen Trisector & Creep. Letzterer gehört zu Paranoid Society, Trisector ist Finne. Damit ist „Hollow“ also eine estnisch-finnische Zusammenarbeit, die von einer roughen Düsternis geprägt ist. Zwei Länder mit langen Winternächten.

Toll ist, wie zwischen der gespenstischem Dissonanz immer wieder mal zarte Harmonien durchschimmern. Die strahlen dann umso heller, wenn auch diese darke Konsequenz ziemlich anziehend ist. Wann gibt es eigentlich all die Tracks auf einer Compilation? Da ließe sich bestimmt auch eine gute Dramaturgie durchspielen.

NoSYS Website
Wintermute Myspace
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A versus B

Wem gehört die A-Seite? Dem Künstler des Original-Tracks oder einem Remixer? Bei den aktuellen EPs von Sven Tasnadi und Ron Deacon ist es wie sooft genau andersherum.

Eine Platte kann man wenden wie man will. Warum also überhaupt dieser A- und B-Seiten-Mythos? Die A gehört dem Hit, dem Club-Tool, dem großen Namen, dagegen sind auf der B-Seite die weniger klaren Stücke, ja, vielleicht sogar die Spannenderen zu entdecken. Klar, der A-Seite sind die klangbesseren 45 Umdrehungen pro Minute vergönnt, die B-Seite müssen sich mehrere Tracks in der Rillenenge teilen. Doch gibt es auch „ideologische“ Gründe, die bei der Platzierung von Tracks eine Rolle spielen?

Warum mogelt sich bei Sven Tasnadis neuer Platte auf Pokerflat beispielsweise Label-Chef Steve Bug mit deinem Remix von „Tell Me Again“ auf die A-Seite? Der bringt die Deepness zwar reibungsloser auf den Punkt, dafür ist das Original der ungeschliffene Diamant. Wunderbar tighte Beats mit kratzenden Zwischentönen, einem weniger dominanten Chord und einer leicht dunkel verschleierten Grundstimmung. Steve Bug räumt das feinsäuberlich auf, nimmt viele Kanten raus und zieht den Rave-Appeal an. Dafür gehört ihm dann die A?

„Groove On“ im Tasnadi-Edit ist das erste Stück auf der B-Seite. Bei Discogs steht da noch Anthony Collins als zweiter Producer. „Groove On“ gibt es in der digitalen EP-Version auch noch einmal ruhiger und blumiger. Der Tasnadi-Edit betont den Break unheimlich stark. Da grüßt die Rave-Falle.

Was aber hier auffällt: Sven Tasnadi ist ja sehr breit aufgestellt in seinem Sound. Doch gerade das Zusammenspiel aus schwebender Bassline und den Beats scheint irgendwie typisch für ihn. Da schält sich also auch eine gewisse Linie heraus. Das Ende geht mir aber dann doch zu weit.

Da bleibt mir die leicht Electro-wabernde und zurückgenommene Alternative mit mehr Understatement beim ursprünglichen „Groove On“ subtiler in Erinnerung. Der Hit ist aber Tasnadis „Tell Me Again“.

Ron-Deacon-The-Kat-Secret-GardenBei Ron Deacons erster eigener Platte gibt es ein ähnliches A- und B-Seiten-Phänomen, obwohl Farside Recordings die Sache mit einer A- und AA-Seite umgeht. Doch nicht Ron Deacons „Secret Garden“, sondern Lowtecs Remix ist die A-Seite vergönnt.

Durchaus zu recht in diesem Fall, weil es dem Thüringer gelingt, den etwas zu gefälligen Deep House-Pop-Appeal des Originals zu entschlacken. Natürlich schwebt da auch eine Menge von der roughen Lowtec-Magie mit. Die Verbindung zwischen beiden stimmt aber, denn Ron Deacon hat ja auf der letzten Workshop einen Track herausgebracht.

Ron Deacons Version hat zwar eine schöne Oldschool-Wärme in den Beats und der Bassline, aber das Vogel-Gezwitscher, das Gitarren-Sample und die Prägnanz des souligen Gesangs sind mir zu laidback, klingen mir zu sehr nach entspanntem Sonntag am See.

Der „Refresh Mix“ kann das entschärfen und sticht sogar markant heraus mit seiner bohrend-treibenden Bassline. Doch auch hier sind noch eine Menge Deep House-Classics dabei. Die tollste Sequenz sind die letzten 30 Sekunden in ihrer Reduktion. Da ist zu merken, dass der Track eigentlich ein Hit ist.

Ein Neuling ist Ron Deacon übrigens gar nicht. Früher hieß er Monopolan und da gab es auch einmal eine Platte auf dem längst verblichenen Label Polish Rec.. Und im Staubsauger hostet er die Reihe Sonderwunderlich. Aber das wissen ja bestimmt schon einige.

Die Frage zum Schluss: Sind Doppel-A-Platten eigentlich die gerechteren Platten?

Sven Tasnadi Myspace
Ron Deacon Myspace
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Wo ist der Nachwuchs?

Zugegeben, Drum’n’Bass führt bei frohfroh eher ein Schattendasein. Doch es gibt gerade einen ganz schönen Aufruf von Boundless Beatz-Veranstalter Audite. Und zwar sucht er einen viel versprechenden Newcomer für das Warm-up der nächsten Party.

Im Wortlaut hat es Audite bei It’s Yours so formuliert:

„Die nächste Boundless Beatz wird am 07.08.10 im Absturz stattfinden. Ich schreibe hiermit das Warmup von 22.30 Uhr bis 00.30 Uhr zum Wettbewerb aus.

Wer Interesse hat an diesem Abend das Warm-up zu spielen, möge mir bitte einen Link zu einem selbst erstellten Drum&Bass-Mix schicken. Der Mix muss zwischen 50 und 70 Minuten lang sein und darüber hinaus ist es mir wichtig, dass ihr euch darüber Gedanken macht, wie ihr ein Warm-up gestalten würdet und entsprechend sollte der Mix zusammengestellt werden. Sollte ein Rave-Breakcore-Monsterwobbel-Mix abgegeben werden, werde ich ihn zwar berücksichtigen aber die Chancen stehen dann eher schlecht.

Den Gewinner werde ich selbst ermitteln. Sollte ich mir unsicher sein, überlege ich mir, wie ich vorgehe.

Einsendeschluss ist der 25.06.10!

Emails bitte an audite äd web de / bitte im Betreff deutlich kennzeichnen, damit die Mail nicht ausversehen im Spamordner landet und gelöscht wird.

Ausgeschlossen sind alle DJs, die bisher auf einer Boundless Beatz aufgelegt haben, oder wahrhaftig nicht mehr als „Newcomer“ zu betiteln wären.

Als kleinen Bonus würde ich den Gewinner am 04.08.10 zur It’s Yours! Radioshow auf Radio Blau einladen. Hier darf dann auch alles ohne Vorgabe gespielt werden.

P.S. Leipzig bedeutet in dem Fall, Leipzig und alles im Umkreis von 50km…also haut rein!“

Nachtrag: Das Gerät da oben ist übrigens das Chicco DJ Mixer Piano. Mit Schlagzeug-Taste, Mikrofon, Scratch-Becken und anderen Knöpfen für Licht- und Toneffekte. Ab 9 Monate.

Marko Fürstenberg „New World EP“ (Ornaments)

Das Berliner Label Ornaments setzt voll auf die Sammelleidenschaft. Farbig marmorierte Vinyl-EPs, schlicht gelabelt und voller Deepness. Da passt Marko Fürstenberg gut rein, der auf seiner neuen EP seinen Sound weiter verfeinert.

Der Name der EP lässt Neues vermuten. Doch eigentlich bleibt alles beim Alten. Deep nach vorn treibender Dub-Techno mit weich abgefederten Beats und mäandernden Dub-Wolken. Marko Fürstenberg bleibt konsequent und überrascht damit wenig. Das könnte man ihm ankreiden. Doch irgendwie hat er seine Mitte scheinbar gefunden. Und so geht es eher um eine stete Verfeinerung als um große Stil-Sprünge. Und Verfeinerung heißt bei Marko Fürstenberg, dass die Sounds immer weicher klingen.

„Time Change“ und „Renewall“ sind auch ziemlich nah beieinander. Die A-Seite zieht etwas straighter und steigert sich stärker zu einem Peak, die B dagegen ist etwas düsterer und zugleich melodiöser ab der zweiten Hälfte. Gerade dieser Teil mit dem Wechsel zwischen Harmonischen und Dissonanten ist für mich der Spannendste auf der ganzen EP.

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