Ein release-starker März liegt hinter uns – in unserer neuen New-In-Ausgabe könnt ihr 16 Releases aus Leipzig entdecken. Für Homelistening-Sessions und Raves.
Modus Pitch – „Re:Polyism“ (Altin Village & Mine)
Friedrich „Fritz“ Brückner, aka Modus Pitch, ist wohl das, was man einen umtriebigen Musiker nennt. Seit vielen Jahren sammelt er fleißig Credits auf den interessanteren Platten der deutschen (Pop)Musik – parallel betreibt er das Haunted Haus im Leipziger Westen, und im November 2022 wurde sein Debütalbum „Polyism“ bei Altin Village & Mine veröffentlicht. Knappe drei Jahre später erscheint an gleicher Stelle unter dem Titel „Re:Polyism“ eine Remix-Version des Albums – und vor dem Hintergrund von Modus Pitchs weitreichender Vernetzung als Session-Musiker überrascht es nun nicht, dass die beteiligten Künstler so sorgfältig ausgewählt wurden, dass es fast allen Teilnehmer:innen gelingt, auf ihren Remixen die musikalische Formensprache des Ausgangsmaterials aufzunehmen und in einer eigenen Interpretation fortzuschreiben. Das nimmt verschiedene Ausmaße an: Die Gebrüder Teichmann ändern bei „Drive“ recht wenig, dafür aber sehr wirkungsvoll, während bspw. Maya Shenfeld eine umfassendere Umarbeitung vornimmt. Einzig der nominell größte Name auf der Platte – Modeselektor – enttäuscht ein wenig, da der von ihnen gelieferte Remix ein wenig aufgewärmt wirkt. Aber im Umkehrschluss liegt ein schöner Reiz von Remix-Platten ja vor allem dort, wo das Publikum die ihm bisher unbekannten Acts näher gebracht werden – und umso erfreulicher ist es, dass wir nun endlich einmal mit der Klarinettistin Angel Bat David bekannt gemacht wurden, die ihre Klarinette virtuos über “Iridescent Path/Afrosonification“ drüber jagt.
Davids Hit: „Iridescent Path/Afrosonification (Angel Bat David Remix)“ – Why: Es ist nicht der allerzugänglichste und mit Sicherheit nicht der romantischste Song von „Re:Polyism“, aber diese Klarinette sucht ihresgleichen.
The New Solarism – „The Kiss“ (Dran Musik)
Bereits vor einer guten Weile erschien The New Solarism auf meinem Radar. Die Violinistin Izabela Kałduńska bereichert mit ihrem experimentierfreudigen Ambient-/Neoclassic-Projekt seit einer guten Weile die Leipziger Szene bei sehr hohem Output. Das Material zum vorliegenden Album „The Kiss“, welches auf dem Leipziger Label Dran Musik erschienen ist, stammt aus dem Jahre 2020. „Music for an unperformed theatre piece by Tomas Blum …“ wird das Album untertitelt. Und wir erinnern uns: Kultur kam Anfang der Corona-Pandemie wie so vieles zum Erliegen.
Die Musik funktioniert allerdings auch ohne zusätzlichen Kontext sehr gut. Es sind teils kurze, skizzenhafte Aufnahmen, teils elegische und auskomponierte Stücke. Alles ist sehr finster und räumlich, aber es gibt auch ab und an ein wenig Hoffnung („Spring“). Izabela schichtet ihre Violin-Spuren und baut große Musik daraus. Man hört hier im Vergleich zu älteren, sehr viel experimentelleren Aufnahmen am ehesten, wo die Künstlerin auch zu Hause ist. In großen Konzertsälen, in denen klassische Musik gespielt wird.
Nils‘ Hit: „Spring“ – Why: Ich wähle die Hoffnung.
Duktus – „Explore Your Mind“ (O*RS)
Filburts Label O*RS ließ im März auch wieder von sich hören – dieses Mal mit einer 2-Track-EP von Duktus. Ein gutes Match, lotet Duktus als DJ und Producer seit vielen Jahren auch immer wieder Genre-Überschneidungen aus. Auf der „Explore Your Mind“-EP erforscht er die Verbindungen von Electro-Funk, HipHop und soulful House aus. Alles mit sehr reduzierten und entschleunigten Arrangements und mit schön analog lo-fi-klingenden und markanten Sounds. In den beiden Tracks wird schnell deutlich, dass hier jemand sehr tief verbunden mit der House- und E-Funk-Geschichte ist – und dass hier jemand seine Maschinen sehr genau kennt und weiß, dass oftmals nur wenige Elemente reichen, um einen zu catchen. Tatsächlich habe ich bei dieser EP ganz starke Metro-Area-Vibes – und das ist definitiv als Kompliment gemeint.
Jens‘ Hit: „Enter The Floor“ – Why: Weil der laid-back Schub und die deep-freundlichen Sounds tatsächlich eine schöne Einladung auf den Dancefloor sind.
_C – „_c•レクション“ (Patching Flowers)
Schon seit einer ganzen Weile erscheinen auf Leipziger Label Patching Flowers regelmäßig spannende Releases elektronischer Musik. Um dem eher irrationalen Bedürfnis nach einer übergeordneten Kohärenz der Releases nachzukommen, bleiben nicht wahnsinnig viele Möglichkeiten; am ehesten vielleicht, dass Patching-Flowers-Releases klanglich mit relativer Zuverlässigkeit erstmal damit zu tun haben, Klangräume an der Schnittstelle zwischen Produktion und Wirkästhetik zu erkunden. Da macht diese Compilation von _c keine Ausnahme – auf 18 Tracks eröffnet sich atmosphärischer, flächiger/breaky Electro, der eine seltsame (muss ja!), aber umso greifbarere musikalische Ausdrucksform des 90er-Retrofuturismus findet, der seinen atmosphärischen Assoziationsrahmen in dystopischer Ghost in the Shell/Jin Roh/Anime-Ästhetik findet. Es könnte nicht passender sein, dass die Compilation zu einer Serie gehört, die physische MiniDisc-Releases erhalten hat. Bereits die Tape-Releases des Labels waren von einer wundervollen DIY-Ästhetik getragen, die MD-Releases schreiben diese Geschichte nahtlos weiter.
Davids Hit: „そうろう“ – Why: Weil der Track eine wundervolle, obskure Late-90ies-Atmosphäre feiert.
8×10 x Cavalier Hypersonique – „Inside A Rocket“ (Patching Flowers)
Und noch ein Patching-Flowers-Release im März: Und zwar ein perfektes Beispiel für: Live jammen und sofort raushauen. Denn offensichtlich gab es am 14. März eine Live-Session von 8×10 und Cavalier Hypersonique, aus dem sechs Stücke bzw. Versionen eines Themas entstanden, die am selben Tag veröffentlicht wurden. Not bad. Eine gewisse Roughness ist den Stücken auch anzuhören. Schön lo-fi und dennoch deep, mit teils scheppernden Bassdrums, klassischen detroit-inspirierten Synth-Chords und kratzigen Acid-Basslines. An manchen Stellen klingt das durchaus etwas holprig, an anderen dagegen erstaunlich gut auf den Punkt gebracht. Aber insgesamt klingt es nach viel Spaß für die beiden.
Jens‘ Hit: „Inside A Rocket“ – Why: Weil diese 16 Minuten einen sehr tief mitnehmen in diese Live-Session.
Cavalier Hypersonique – „Stand I This Way“ (Patching Flowers)
Ein weiterer Patching-Flowers-Release ist unter dem Titel „Stand I This Way“ erschienen. Der einzige Track auf dem Release namens „Gate Opener“ ist wunderschöner, dreamy Retro-Electro. Getragen wird der Track von einer knallharten Drum-Machine und flächigen Synthies, die diversen Spielereien zur Leinwand dienen. Die auf Patching-Flowers-Releases oftmals so charakteristische Technologieromantik findet auf „Gate Opener“ eine wunderschön detailverliebte Ausdrucksform. Diesmal leider ohne MD-Release, aber das wäre für einen Track vermutlich auch nicht allzu zielführend gewesen.
Davids Hit: „Gate Opener“ – Why: Ist der einzige Track auf dem Release.
JaasRoo – „Sound“ (Riotvan)
Ein neues Lebenszeichen von Riotvan. Yeah! Der Leipziger Peter Invasion, der das Label unter anderem betreibt ist bereits vor einer Weile nach Mexiko übergesiedelt und rekrutiert hier scheinbar auch neue Talente. JaasRoo kommt aus Xalapa und bringt mit seinen drei Tracks dieser EP die Discokugel zum leuchten und die Füße in wippende Wallung. Die Synthline von „1918“ ist so basic, dass sie einen sofort mitnimmt. Der Titel mutet analog an und ist so dermaßen staubtrocken, dass es eine Freude ist. Keine großen Gesten, einfach nur eingängige Sounds. Wir halten fest: Er funktioniert!
Ob „The Fantastic Mr. Fox“ irgendwas mit dem gleichnamigen Film von Wes Anderson zu tun hat, bleibt unklar. Klar ist jedenfalls, dass der Beat und der Bass euch bewegen wollen. Die Samples klingen irgendwie nach 80er-Jahre-Action-Movie. Dass Riotvan etwas für dieses Jahrzehnt übrig hat, sollte mittlerweile auch allen klar geworden sein. „Sound“ macht mit seinem Voice-Sample, den verhallten Percussions und seinen fiependen Synth-Sounds ebenfalls sehr viel Spaß.
Nils‘ Hit: „Sound“ – Why? Die Nummer macht Spaß.
Eira Haul – „RM12033“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)
Auch die R.A.N.D.-Fans müssen wieder ein bisschen mehr Platz im Plattenschrank machen, denn hier kommt eine neue Scheibe vom Leipziger Qualitätslabel. Die vier Tracks vom Berliner Artist Eira Haul sind flott, groovy, atmosphärisch und bewegen sich in der Schnittmenge Progressive House und klassischem Techno/House der frühen 1990er.
„Pocary Sweat“ hat ein paar Filter-Spielereien am Synth parat und schiebt, schiebt, schiebt. Der zweite Track „Tectona“ knüpft hier an. Der delayige Synth-/Orgelloop ist super eingängig und gibt dem Track das besondere Etwas. „Root Synergy“ lässt mich zum ersten mal aufhorchen. Denn der verträumte Titel mit seiner Synthlinie und den eingängigen Chords hat voll etwas von frühen und melodiösen Underground-Resistance- oder F-Com-Releases. Wer es vorher noch nicht hatte: Hier ist DAS Kaufargument für die Platte! „Beach Haze“ rundet die VÖ schön ab und ist ebenfalls hitverdächtig as hell. Der „Querflöten“-Synth ist der Hammer, der Groove ein Traum.
Nils‘ Hit: „Root Synergy“ – Why: Goes back to the roots!
DJ Surgeles – „Underground Solutions EP“ (Recorded Things)
Neuer Monat, neue Recorded-Things-EP: Dieses Mal mit einer besonderen EP. Denn DJ Surgeles ist ein niederländischer Techno-Producer, der nicht nur ein eigenes Label gegründet, sondern auch einige Releases beim legendären Axis-Label von Jeff Mills veröffentlicht hat. Alte Techno-Schule also. Seine vier Tracks für Recorded Things fangen auf jeden Fall auch klare Signale aus Detroit ein – mit trippigen Soundverwebungen, weiten Hallräumen und breakig schiebenden Bassdrums. Doch insgesamt gleicht diese EP einer Art Werkschau über das breite Techno-Spektrum von DJ Surgeles. Denn es beginnt deep-bassgeladen und breakig und erhöht dann nach und nach in den nächsten beiden Tracks das Tempo und den Druck. „True Warrior“ gefällt mir hier besonders durch die langgezogene Spannung, während sich „Underground Solutions“ etwas düsterer und dystopischer entfaltet. Zum Schluss gibt es dann mit „Fanfare For The Common Man“ noch eine ordentliche Detroit-Hymne – sehr schön pushend und mit wahrlich fanfaren-haften Soundspiralen. Super gut ausgewogene und spannende EP.
Jens‘ Hit: „Fanfare For The Common Man“ – Why: Weil die Detroit-Nostalgie einfach immer kickt.
XY0815 – „This Tool Has No Options“ (Yuyay Records)
Yuyay Records veröffentlichte im März XY0815s 2018er Album „This Tool Has No Options“ nochmals als LP. Auf 13 Tracks eröffnet sich eine schön dreamy-warpy Klangwelt, die mal entspannter ist, mal etwas mehr nach vorne geht, dabei aber doch zuverlässig um eine klar formulierte musikalische Identität oszilliert. Es sind tendenziell die subtileren Atmosphären, in denen das Album seine souveränsten Momente findet, und davon gibt es gar nicht wenige – der ganze Release ist in Balance; findet aber immer dort auch zu atmosphärischen Höhepunkten, wo die Grenzen dieser Balance auch mal ausgereizt werden.
Davids Hit: „Fuck Mars, We’re On Earth Now“ – Why: Eben genau, weil es im Rahmen der recht engen Klangwelt des Releases einer der Tracks ist, die die gesteckten Grenzen ein wenig ausreizen.
Brigade – „Housekopplung Zwei“ (Ost:end Musik)
Hallo „Housekopplung Zwei“! War die erste VÖ dieser „Reihe“ des „derzeit entstehenden“ Clubs Ost:end noch eine Various Artists, wurde diesmal mit Brigade nur ein Artist verpflichtet. Das Duo hat zwei wundervolle und starke House-Nummern mit Acid- und Electroanleihen im Gepäck. Die unterschiedlichen Elemente wirken allerdings nie aufgesetzt oder dazu geschaltet, sondern werden mühelos zu homogen zu fließenden Stücken verwoben. Das ist sehr gut und kann sich hören lassen.
„Dog Feed Dog“ beginnt als deepe und getragene House Nummer mit Voice-Samples, verlässt den Pfad für einen sehr schönen Electrobreak und kommt zurück. Funktioniert als Listening-Nummer oder im House-Set. Der zweite Track „Mind Media inc.“ bespielt gleich zu Beginn das gebrochene Beat-Spektrum, aber auch hier hat man housige Gefühle. Die Produktion ist wirklich super ausgefeilt. Jedes Element sitzt.
Die Remixe stehen den Originalen in nichts nach. Im Gegenteil, die Künstler:innen nehmen sich packende Elemente und bauen ihre eigenen treibenden oder gediegeneren Versionen daraus. Die Janthe-Version von „Dog Feed Dog“ setzt auf die eingängige Acid-Bassline aus dem Original und ergänzt mit fluffigen Orgel-Chords. Colour Your Mind & Gina Sabatini zaubern aus „Mind Media Inc.“ einen geraden Deep-House-Track, der ähnlich stimmungsvoll wie das Original daher kommt. Aber was ist das für ein sensationeller Break ab 3.30 min? Zauberhaft! Gun!lla will es zum Ende noch einmal wissen und schaltet auf Angriff. Schneller und ein bisschen härter in jedem Fall, aber nicht weniger klug und ausgefeilt ist diese Version von „Dog Feed Dog“. Alles in allem eine runde Sache!
Nils‘ Hit: „Dog Feed Dog“ – Why: It´s a hit!
Sòn Du Maquís – „Mogale Stepper / Puur Dub“ (45Seven)
Neues vom charmanten 7-Inch-Label 45Seven, das Alphacut-Head LXC zusammen mit dem britischen Dubhelden Dubmonger seit über zehn Jahren betreibt. Vor allem Mitte der 2010er-Jahre waren die 45Seven-Singles heißt begehrt und gingen in UK weg wie nichts. In den vergangenen Jahren beschränkte sich der Output auf einen Release pro Jahr. Im März war es dann wieder soweit: Dieses Mal bietet 45Seven einen kleinen Einblick in die offenbar sehr aktive Dub-Soundsystem-Szene von Toulouse. Dass die südfranzösische Stadt da so gut aufgestellt ist, liegt auch an Stefan Dubs alias Sòn Du Maquís. Er ist Teil einer Crew mit selbstgebautem Soundsystem und eigenen Partys. 2023 war er auch bei einer Bassmaessage-Party in Leipzig zu erleben. Nun vertieft er seine Leipzig-Connections noch mehr: Die 7-Inch featuret zwei für mich sehr zeitgenössische Versionen von klassischen Dub- und Jungle-Sounds. Natürlich ist nach wie vor die typisch verhallte, patina-überzogene Soundästhetik da, doch in den Arrangements passiert sehr viel mehr – viel Rascheln, hochgepitchtes Rasseln, repetititiv-reduzierte Sounds und insgesamt eine gewisse Freshness. Aber to honest: Ich stecke nicht so tief in der Dubwelt drin. Was sagen die real Dub-Heads? Lasst gern einen Kommentar da.
Jens‘ Hit: „Puur Dub“ – Why: Weil die schnell rasselnden HiHats für einen überraschend hintergründigen Drive sorgen.
LXC – „Connewoodz“ (Self-released)
Stichwort LXC: Er hat im März auch wieder einen Blick in sein großes Archiv geöffnet und eine Werkschau mit eigenen Tracks und Remixen auf Bandcamp veröffentlicht. „Connewoodz“ bündelt geremasterte 17 Stücke aus den Jahren 2001 bis 2008 – einer Zeit also, in der Reihen wie „Strukturbruch“ und die Radio-Blau-Sendung „Fakecore Show“ jede Menge Input für die lokale Jungle- und Breakcore-Szene lieferte. Viele der Tracks sind über die Jahre bei unterschiedlichsten Labels herausgekommen. In dieser Zusammenstellung entfalten sie jedoch nochmals einen schlüssigen Sound-Eindruck dieser Ära.
Leipzig war da noch deutlich kantiger – und das spiegelt sich auch in diesen Tracks wider. Eine große Freude am Ausforschen, Herausfordern und an einem Underground, den es heute so kaum noch gibt. Was „Connewoodz“ mir aber auch nochmals deutlich macht: Wie produktiv LXC als Producer tatsächlich in dieser Zeit war. Ich hatte ihn vorwiegend als lokalen Multiplikator der Jungle- und Dub-Szene sowie als Betreiber des international bestens vernetzten Labels Alphacut wahrgenommen. Als Producer hat er jedoch auch viel gerissen. Wie immer bei den Archiv-Releases, sind auch bei „Connewoodz“ wieder die Liner-Notes sehr spannend – hier gibt LXC einen ausführlichen Deep Dive in den Kontext der Stücke. Absolute Empfehlung für alle Breaks-Heads, die offen sind, sich mit der breiten Leipziger Breaks-History auseinanderzusetzen.
Jens‘ Hit: „The Necessity Of Reputation“ – Why: Weil hier gefühlt all die Kreativität, Diversität und Wildness von LXC Tracks gebündelt wurden.
Various Artists – „Kann55x58Eins“ (Kann Records)
Was für ein schöner Move von Kann! Es gibt ein paar Hits vergangener digitaler Releases des letzten Jahres nun zusammengefasst auf einer Vinyl. Das ist cool, denn die vorliegenden Tracks sind es definitiv wert, auf schwarzem Gold veröffentlicht zu werden.
Tibi Dabo ist ein Produzent aus Barcelona und steuert hier zwei Tracks seiner letzten EP VÖ “The Hiker“ bei. Das tolle „Hiking On The Moon“ fehlt zwar ausgerechnet, aber das sind wirklich eher subjektive Befindlichkeiten. Denn „A Go Go“ und „Desert Hike“ sind schöne Micro-House-Perlen mit kluger Percussion und diversen Samples, die ständig im Raum umherschwirren. Abgeklärter und saucooler Sound, der sich und dich bewegt. Cubemod & Joe Davies bewegen sich ebenfalls, allerdings in gediegeneren Gefielden. „Cutty Sark“ ist eine atmosphärische Dub Techno/House-Nummer mit viel Delay und tiefen Bassfrequenzen. Joe Davies hat zuletzt ein paar wahnsinnig schöne Releases auf Smallville veröffentlicht, die ich hiermit wärmstens empfehle. Auch ist er unter seinem anderen Alias DJ Assam schon in der Vergangenheit auf Kann in Erscheinung getreten. Eine Verbindung, die wir wollwollend zur Kenntnis nehmen. Gerne mehr!
Nils‘ Hit: „Cutty Sark“ – Why: Joe Davies ultras in the house.
David Wallraf / Chemiefaserwerk – „16 Minutes Split“ (Frenetic Magic Sounds)
In unserer regelmäßigen Bandcamp-Recherche sind wir im März auch auf ein neues Leipziger Tape-Label gestoßen: Frenetic Magic Sounds. Das Label existiert seit 2022 und hat seitdem immerhin schon zwölf Releases herausgebracht – vorwiegend mit experimenteller, eher sperriger Musik und tollen Artworks. Auch die Nummer 12 sperrt sich einem beiläufigen, leicht zugänglichen Zuhören. Es ist eine Split-EP mit dem Hamburger Noise-Artist David Wallraf sowie Chemiefaserwerk, einem französischen Musiker und Betreiber des Labels Falt Records. Beides neue Namen und Acts für mich. Aber genau das macht solche Bandcamp-Entdeckungen so interessant.
Beide Musiker bespielen auf dieser EP rund acht Minuten – Wallraf verteilt auf vier Tracks, Chemiefaserwerk gebündelt in einem Stück. Letzterer forscht in stiller und konzentrierter Weise mit Field Recordings und einer im Hintergrund schwebenden Harmonie. Sehr kontemplativ und unter Kopfhörern sehr einnehmend. David Wallrafs Stücke kontern dieser Ruhe mit einem harschen Noise-Mix verschiedenster Ebenen. Spannend ist hier aber, dass die Stücke trotz ihrer Kühle immer auch wieder harmonische Zugänge bieten. Mal versteckter und abstrakter, mal deutlich melodischer. Ein bis zweieinhalb Minuten lässt er seinen Forschungen Zeit – genau die richtige Kompaktheit, um sich diesen special Sounds hinzugeben, ohne überfordert zu werden.
Jens‘ Hit: „Static_Live“ – Why: Weil ich schon eher Team „Ambient und Field Recordings“ bin.
M.ono – „Schmackofatzi / The Biggest Pig In Barbados“ (Rose Records)
M.ono fütterte uns im März derweil mit ersten Singles zum neuen Album. Ja, richtig gelesen! Es gibt ein neues Album des Produzenten. Moment, sagt ihr? Der hat doch erst letztes Jahr schon eins rausgebracht? Stimmt! Der Mann ist sehr produktiv. Vor allem geht es bei den Vorboten des Albums wieder ein wenig „back to the roots“. Deep House at its best mit sonnigen Vibes im Gepäck.
„Schmackofatzi“ ist ultra groovy und so unverkennbar M.ono. Ein paar leicht angejazzte Chords und eine sehr schöne kleine Melodielinie dominieren diesen Piano-House-Track. Kleiner Acid-Bonus als Garnierung oben drauf. Sweet! Bei „The Biggest Pig In Barbados“ bekommt man ein wenig Getrommel mit schön schiebender Bassline, die Fläche schleicht sich im Hintergrund dazu und dann DAS PIANO Das versüßt uns den Frühling und macht Lust auf das kommende Album. Checkt auch unbedingt die anderen Singles, die bereits erschienen sind!
Nils‘ Hit: „Schmackofatzi“ – Why: Classy M.ono-Sounds, wie ich sie liebe!