Metasound & Lucius14 „Campfire Funk Pt. 1“ (Break The Surface)

Über ein Jahr lang war es still um Break The Surface – abgesehen von den Label-Nächten im Elipamanoke. Nun ist eine neue EP von Metasound & Lucius14 herausgekommen, die auch als Ode an den Sommer gesehen werden kann.

In den heutigen Release-Zyklen kann ein Jahr Pause für ein Label durchaus problematisch sein, gerade auf rein digitalem Terrain und gerade für ein Label, dass bereits eine große Zäsur hinter sich hat. Break The Surface lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. Mit Arsen1Computerklub tummelt sich zwar ein wichtiger Label-Act zunehmend auf anderen Pfaden, doch es scheint weiterzugehen.

„Campfire Funk Pt. 1“ heißt die neue EP des Label-Betreibers Metasound und seinem Kompagnon Lucius14. Beide stehen seit jeher für einen leichtfüßigen, teilweise verspielten Umgang mit House. Die neuen Stücke treiben dies noch weiter auf die Spitze. Überall schimmert die Lagerfeuerromantik durch.

Im Studio lag auch eine Gitarre, die gesamplet immer wieder eingestreut wurde in den vier Tracks der EP. Die Bassdrums sind abgefedert, die Chords sehr weich abgestimmt. Dazwischen haben die beiden eine Menge organisch klingenden Funk und ein wenig Jazz eingefädelt. Im Gros ist alles sehr feinsinnig und sehr musikalisch ausbalanciert. Bei „Lingual Education“ und „Echoes Of A Long Lost Future“ allerdings fast zu brav, zu nett. Wobei der Jazz-Saxophon-Part bei „Lingual Education“ schon sehr groß ist.

Griffiger kommen mir „All I Want“ und „So What’s That All’bout?!“ vor. Ersterer mit seinem eher anskizzierten Funk und den lässigen, sehr amerikanisch ausgelegten Soul-Pop-Vocals von Casey Keth. Das gräbt sich schon tief und recht authentisch in die House-Historie ein. „So What’s That All’bout?!“ ist der heimliche Hit der EP. Die sich überschlagenden Beats, die kurz angeteasten Gitarren-Loops und die im Downbeat geerdeten Chords.

Da kommt die House-Deepness am schlüssigsten mit dem Lagerfeuer-Laissez-faire zusammen. Auch wenn die Stücke aus geschmäcklerischer Sicht unterschiedlich ausfallen, bleibt doch ein wohliges Staunen, über den musikalischen Sprung, den Metasound & Lucius14 mit der EP aufzeigen. Und „Pt. 1“ impliziert, dass da noch mehr kommt.

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Hymnen basteln

Oh! Yeah!, das Label um das Trio Tasnadi, Stefanik und Schultz pausiert zwar gerade, es bleibt aber lebendig. Nicht nur durch einige Label-Showcases, sondern auch durch eine Kollaboration mit dem Nachtdigital und Ableton.

Das 14. Nachtdigital ist Geschichte. Es hallt aber nach, nicht nur in den 3.000 Erinnerungen und zahlreichen Youtube-Videos. Auch in der von Oh! Yeah! ausgerufenen Suche nach einer ND-Hymne. Nach dem Producer-Workshop beim letzten Nachtdigital mit Stefan Schultz alias Juno6 sucht das Label-Trio nun die Festival-Hymne.

Dafür haben sie die Spuren des Tasnadi-Stücks „Charisma“ sowie einzelne Loops von Juno6 und Daniel Stefanik in ein großes Paket gepackt, das jeder herunterladen kann. Bearbeiten lassen sich die Sounds jedoch nur mit Ableton. Zu Gewinnen gibt es auch etwas.

Bis zum 2. Oktober sollten die Hymnen in spe bei Oh! Yeah! eintrudeln – via Soundcloud oder Dropbox. Eine Woche später werden die Gewinner bekannt gegeben. Die Session ist eröffnet.

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Various Artists „Guten Tag EP“ (Esoulate Music)

Esoulate hat sich ja in den vergangenen acht Jahren als weitgehend lokal agierende Booking-Agentur einen gehörigen Platz in Leipzig erarbeitet. Jetzt erweitert sich deren Aktionsfeld – und zwar mit einem eigenen Net-Label.

Gerade noch dachte ich, dass es mit der Netlabel-Szene quantitativ in Leipzig eher mau aussieht, da kommt die Nachricht vom Launch des Esoulate-Labels. Es sei eine bewusste Entscheidung die Musik auf nichtkommerzielle Weise zu vertreiben, so Sebastian alias Dsant. Als DJ ist er im Esoulate-Roster und er pushte die Label-Idee neben einigen anderen aus Agentur-Umfeld mit voran. Administrativ hält aber Esoulate-Betreiber Georg Bigalke die Fäden in der Hand.

Ganz uneigennützig ist die Idee natürlich auch nicht: Veröffentlichungen ebnen heute mehr denn je den Weg zu DJ- und Live-Auftritten. Und spätestens da werden auch Gagen gezahlt. Völlig zurecht, keine Frage. Über den Netlabel-Kanal lassen sich jedoch die Tracks der Agentur-Künstler unkomplizierter und risikofreier vertreiben, als mit kostspieligen Vinyl-Auflagen.

Gerade für eine etablierte Booking-Agentur scheint die Label-Erweiterung auf Creative Commons-Lizenz aber durchaus sinnvoll. Denn unbekannt sind die Künstler in Leipzig keineswegs. Sie tingeln fast jedes Wochenende durch die Clubs und bekommen mit den Releases nun ein eigenes Gesicht abseits des Dancefloors. Die Idee schlummerte schon länger, seit Dezember letzten Jahres. Online ist die Esoulate Music-Seite nun seit gestern.

Den Einstand markiert eine Compilation mit fünf Tracks. „Quintessenz ist die natürliche Mitte zwischen Mainstream und Club“, lautet eine der Selbstbeschreibungen von Esoulate. Und der Satz trifft auch die klangliche Bandbreite dieser ersten EP ganz gut. Zwischen groß ausholendem Rave und kammermusikalischem Downbeat ist auf der „Guten Tag EP“ einiges vertreten.

Dsant selbst ist mit seinem „Organic Funk“ dabei – einem sich angenehm treiben lassenden House-Stück mit angerauten Oldschool-Basslines und sehnsüchtig flirrenden Chords. Alex Bull lässt auf „Early Bird“ die Vögel zwischen aufgepumptem House und Vocal-Samples zwitschern – etwas blutleer an manchen Stellen, aber insgesamt schon ein ausgereifter Track.

Ganz anders „Guana Tak“ von MarSet: der Betreiber von Plakat Records haut mit der Rave-Keule mächtig drauf. Da wird eindeutig am Mainstream-Rand der Esoulate-Philosophie geschraubt. Hallende, umher schwirrende Sounds, Spooky-Rave-Breaks – das ist Effekthascherei für das Nature One.

Simon Sunset, der Neuling im Esoulate-Roster geht einen weitaus deeperen Weg, mit einigen überraschenden Ausflüchten in schroffere Gefilde – „Outer Banks“ ist ein gewagtes Spiel mit kontrastreichen Sound-Intermezzos.

Musikalisch beweist aber Klima das ausgereifteste Feingefühl. Zwar sind die Downbeat-Beats sehr behäbig, aber die Streicher- und Piano-Arrangements loten im Zusammenspiel mit den antiquiert-futuristisch anmutenden Chords eine hohe Musikalität aus – ohne Beats wäre dieses Stück ein wehmütig klagendes Stück Kammermusik. Wunderbar elegisch, cineastisch ausbreitend und dem Pathos nahe.
Der Kellermusik Records-Betreiber wird also zum stillen Helden dieses ersten Lebenszeichens von Esoulate Music. Es soll einiges folgen. Wir sind gespannt.

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Mod.Civil „Funktionen EP 2“ (Ortloff)

Eigentlich kommt er offiziell erst in einer Woche in die Läden, der zweite Teil der „Funktionen EP“ von Mod.Civil. Doch in Leipzig ist sie bereits seit einigen Tagen erhältlich. Und die Platte ist ein Schmuckstück.

Nicht nur Äußerlich in der für Ortloff typisch aufwendigen Aufmachung. Auch innerlich strahlt sie hell. Vor fünf Monaten erschien der erste Teil. Erinnert sei nur kurz an den zwölfminütigen Ausflug der „A-Funktion“. Auf der zweiten Ausgabe finden sich gleich vier neue Tracks.

Und mehr denn je gehen sie auf Tuchfühlung mit Detroit – mit deutlichen Reminiszenzen und doch auch mit einer ausgereiften Eigenwilligkeit. Während sich „C-Funktion“ noch eher im klassisch deepen Fahrwasser tummelt, nehmen „D-“ und „F-Funktion“ das Wagnis auf, sich neben dem Dancefloor auszutoben.

Die Bassdrums halten sich zurück und gewähren den Synthesizer-Chords einen größeren Rahmen. Wehmütig und zuversichtlich zugleich holen sie aus, fast pathetisch. Sie spielen mit der immergleichen Sehnsucht, die in dem Detroit-Sound mitschwingt.

Und komischerweise verliert jene Sehnsucht kaum an Reiz – auch wenn etwas Nostalgisches darin steckt und der Sound klar mit einer Zeit verbunden ist, die mehr als zwanzig Jahre zurückliegt.

„E-Funktion“ verbindet sowohl die Dancefloor-Ansprüche mit schwelgerischen Chords und der so angenehmen Brüchigkeit in den Beats, wie sie bei Mod.Civil immer wieder auftauchen. Im Gegensatz zum ersten Teil finden die Tracks schlüssiger innerhalb der ganzen EP zusammen. Mit „Funktionen 2“ komplettiert sich übrigens das Poster der ersten EP – zu sehen ist dann das Ortloff-Gebäude in Lindenau.

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Wachstum

Sie haben ja schon die Facebook-Runde gemacht, die zahlreichen Think-Open Air-Mitschnitte von Sven Väths Lobeshymne auf Leipzig. Unerwähnt soll sie hier nicht bleiben.

In Frankfurt geht einiges um Wachstum, die Börse dort will jeden Tag Wachstum. Und Sven Väth war auch immer um Wachstum bemüht. Dass er bei allem Rave-Gepose immer noch weit weg von den Paul van Dyks und Tiëstos blieb, ist ihm durchaus anzurechnen.

Sein „Ich muss schon sagen, bei euch ist wirklich was gewachsen – ihr könnt euch blicken lassen.“ als Abschiedsgruß vom diesjährigen Think-Open Air kann getrost zurückerwidert werden. Er selbst hat Daniel Stefanik und Sven Tasnadi auf Cocoon Recordings veröffentlichen lassen.

Und doch kann ich mir eine gewisse Fremdscham wegen des pathetischen Rave-Guru-Status nicht verkneifen. Eine immer währende Ambivalenz.

Lupos Benai „v1001“ (No Label)

Erst Myspace, nun Soundcloud – die Demo-Track-Kultur hat sich komplett geöffnet. Tracks kommen einer breiten Öffentlichkeit nicht mehr erst dann zum Vorschein, wenn ein Label sie pressen lässt. Lupos Benai ist dennoch eine Ausnahme unter den Soundcloud-Neulingen.

Es ist eine eigene Diskussion mit vielfältigen Verzweigungen. Vielleicht beginnt sie mit der Demokratisierung des Musikmachens durch immer günstiger werdende Producer-Software. Da entstehen tausendfach Tracks in Kinder- und WG-Zimmern, die sich über verschiedene Web-Plattformen sofort „veröffentlichen“ lassen.

Veröffentlichen hat in diesem Zusammenhang eine neue Bedeutungsebene bekommen. Denn natürlich macht das Hochladen bei Soundcloud einen Track öffentlich – doch für wen eigentlich? Für die eigenen Freunde und ein paar Freundesfreunde. Die großen Myspace-Hypes lassen sich dagegen an einer Hand abzählen.

Hier können sich die Labels nach wie vor einen kleinen Vorsprung zugestehen – sie werden mit ihren Veröffentlichungen noch einmal anders wahrgenommen, mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, wobei ein Label nicht unbedingt gleich eine hohe Qualität garantiert. Was aber, wenn ein Neuling in Eigenregie seine Tracks herausbringt. Nicht nur auf Soundcloud oder mit einem Net-Label, sondern mit einer eigenen Platte – auf Vinyl, echtem Vinyl.

Lupos Benai, ein Producer aus Leipzig hat zwei seiner Tracks extra mastern lassen und sie in Kleinstauflage pressen lassen. Für sich, aber natürlich auch, um zu schauen, was passiert. „Da ich nicht bei all den hippen Labels hausieren wollte und auch etwas müde bin vom Musikgeschäft, habe ich mich entschlossen, die Platte selber rauszubringen“, schreibt Lupos Benai auf seinem Blog. Und er kennt das Geschäft als ehemaliger Label- und Vertriebsbetreiber sowie als Produktmanager bei einem Major-Label tatsächlich. Insofern ist er auch nicht unbedingt der klassische Newcomer.

Wozu braucht es aber eigentlich mehr Mut? Sich auf die Gefahr von Absagen der Labels einzulassen oder das viele Geld für ein paar Vinyl-Exemplare hinzulegen, die vielleicht nur zuhause liegen werden? Wie auch immer. Die „v1001“-EP ist also eine private Null-Nummer. Ein Testlauf mit offenem Ausgang. Den Tracks an sich wird es egal sein, auf welchem Format sie zu hören sind – und so gibt es sie auch als kostenlose MP3s auf dem Blog.

„Ospan“ startet zugegebenermaßen sehr hölzern. Er entwickelt sich später jedoch zu einem dichten, rhythmischen und melodisch schiebenden Stück. Vielleicht insgesamt ein wenig zu aufgeregt und zu sprunghaft.

„Signale“ ist da schlüssiger. Vielleicht ist es der flirrend-deepe Chord, der unendlich lang laufen könnte, ohne dass er an Reiz einbüßen würde. Selbst die los marschierende Bassdrum kann dem Schwelgerischen nichts entziehen. Nicht schlecht.

Wer die Tracks auf Vinyl haben möchte, kann sie nur bei Lupos Benai selbst kaufen – vorerst zumindest.

Zu einem anderem Track, „Westkreuz“ hat er übrigens auch ein Video in Leipzig und Halle gedreht – fast ausschließlich auf dem iPhone, wie er selbst sagt. Fehlendes Engagement kann man hier nicht vorwerfen.

Lupos Benai Website

Vier Kurze

Kurz vorm Wochenende noch ein paar Kurze rausschießen. Also keine Schnäpse, Neuigkeiten, Nachrichten. Und ein Bonus von Break The Surface.

Genau. Es hat einige Zeit gedauert, aber am 12. August kommt eine neue EP auf Break The Surface heraus – von Metasound & Lucius14. Erstaunlich organisch und funky wird die. Weil sich das Label so sehr über sein kleines Comeback freut, gibt es „So What’s That All’bout“ für einige Tage for free. Und zwar hier. Und in zwei Wochen kommt dann die ganze EP in die Download-Shops.

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FM-Musik kramt erneut in seinem reichhaltigen Back-Katalog herum und kommt mit der zweiten „Selected Works“-Compilation. Dieses Mal wird nicht die jüngste Vergangenheit reflektiert, sondern die Ältere. Zehn Jahre zurück reicht die Werkschau. Auch Gamat 3000, das Projekt mit Matthias Tanzmann ist dabei. „30° Im Schatten“ hieß die EP damals. Deeper Deep House. Und auch der Rest ist eine warm einhüllte Zeitreise.

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Bei Rose Records, dem neuen Label um M.ono & Luvless wird es langsam ernst. Nur mal so nebenbei erwähnt.

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Und noch was in eigener Sache: frohfroh gibt es jetzt seit zwei Jahren schon. Ein Sommerkind also.

Adam Port „Basement feat. Daniel Wilde“ (Moon Harbour Recordings)

Ein neues Gesicht bei Moon Harbour, dieses Mal eines aus Berlin. Adam Port ist mit seiner „Basement“-EP erstmals hier an Bord – mit einem angenehmen Understatement.

Adam Port ist eher aus dem Umfeld seines Labels Keinemusik bekannt. Ein bunter Haufen an House-Enthusiasten, gleichermaßen interessiert an Urban Art und Mode. Die Riotvan-Crew hatte den Berliner DJ und Producer schon des Öfteren nach Leipzig geholt. Insofern ist sein Andocken bei Moon Harbour etwas überraschend, aber nicht unpassend. Über Facebook sei der Kontakt zwischen Matthias Tanzmann und Adam Port zustande gekommen. Beide kannten sich flüchtig von Auftritten.

Spannend übrigens auch das Interview mit Adam Port in der aktuellen Moon Harbour-Radio-Ausgabe. Da erzählt er, dass er ursprünglich aus der HipHop-Szene kommt. Allerdings sei es nicht möglich mit HipHop alt zu werden. Mit House schon eher. Auch wenn er keine wirkliche Label-Heimat hat – bisher veröffentlichte er u.a. bei Liebe*Detail, Souvenir und Rockets & Ponies – produziert Adam Port nicht speziell auf ein Label zugeschnitten. Aber wer macht das schon?

„Basement“ und „Tell You“ waren demnach auch nicht originär für Moon Harbour gedacht. Dennoch passen sie in den jüngsten Label-Katalog nahtlos rein. Extrem schlanke, stromlinienförmige House-Tracks mit perkussiven Elementen und dezenten Höhepunkten. Daniel Wilde spricht bei „Basement“ angezehrt drüber. Mehr hat es nicht und braucht es vielleicht auch nicht. Matthias Tanzmann verleiht dem Stück in seinem Remix einen Tick mehr Funk, hält sich aber sonst eher zurück in seinem Eingriff.

Spannender ist dagegen „Tell You“, ein leicht dunkel schiebender Track mit kurz, aber mächtig aufflackernder Bassline. Dies ist eines jener Stücke, die permanent eine knisternde Spannung auf demselben Niveau halten, ohne sich zu entladen. Dass Adam Port aus einem anderen musikalischen Kontext kommt, ist in der Mitte des Tracks zu hören. Da schält sich plötzlich eine improvisierte Funk-Jazz-Session heraus, erstaunlich gut und organisch klingend eingebettet in das House-Fundament. Als nächstes remixt er ein Tanzmann-Stück. Mal sehen, was die neue Verbindung noch bringen wird.

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Protest

Wohin eigentlich mit dem Electro-Pop? frohfroh sieht sich nicht als hermetisch, aber irgendwie gibt es doch ein gewisses Ressentiment gegenüber dem Versuch Indie-Pop mit elektronischen Mitteln zu übersetzen. Und so blieb auch das Leipziger Trio Brockdorff Klang Labor hier bislang außen vor. Ihr Song „Festung Europa“ geht aber nicht spurlos vorüber.

Nicht nur inhaltlich betrachtet. Auch der Fakt, dass der Song den von Spex und Byte.fm ausgelobten Contest nach dem besten Protestsong gewonnen hat, schenkt ihm eine durchaus gebührende Beachtung. Brockdorff Klang Labor haben es aber auch ohne diese Medaille schon zu einem gewissen Ruhm geschafft. Indie-Heroe Alfred Hilsberg entdeckte das Trio für sein Label What’s So Funny About und veröffentlichte dort 2007 das Album „Mädchenmusik“.

Im letzten Jahr traten die Drei im deutschen Pavillon der Expo 2010 in Shanghai auf. Im Juni dann der Gewinn des Protestsong-Contests. „Festung Europa“ ist kein schallend scheppernder Protest. Er vermittelt eher einen poetischen, hedonistisch sozialisierten Umgang mit politischer Meinung – mit schwelgerischen Melodien und tight gesetzten Beats.

Im Spex-Interview beschreiben Nadja und Sergej ihre Beweggründe zu dem Stück, das sich mit der europäischen Flüchtlingspolitik auseinandersetzt. Das klingt reichlich ungewohnt, zelebrieren Brockdorff Klang Labor sonst doch hauptsächlich einen artifiziell-überzeichneten, immer heiteren Gestus. Doch der neue Ton klingt keineswegs aufgesetzt.

Ein Video gibt es nun auch dazu. Und das nächste Album folgt im Herbst.

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Mute-ation „Beautiful Medusa“ (Ulan Bator Records)

Verfolgt man das Soundcloud-Profil von Mute-ation, konnte man in den vergangenen Monaten immer neue Demo-Tracks entdecken. Es war also nur eine Frage der Zeit, wann da etwas in offizieller Manier passiert.

Mit Ulan Bator Records im Rücken ist die Infrastruktur auch durchaus da. Vor einem Jahr erschien dort bereits das Mini-Album „Encephalon 1“, das Mute-ation gemeinsam mit Pyjama Pyrat herausbrachte. Eigentlich sollten innerhalb von zwei Jahren vier Teile dieser Kollaboration erscheinen. Bislang blieb es aber beim ersten Teil.

Stattdessen kommt nun das Solo-Debüt von Mute-ation als Digital-EP heraus – beide gemastered von LXC. Es sind zwei episch ausladende Dubstep-Tracks, schleppend und sehr gewichtig, angedunkelt und angeraut. „Beautiful Medusa“ ist als Track fast cineastisch veranlagt. Vielleicht liegt es an den hell aufflackernden Western-Gitarren, vielleicht an den bedeutungsschwanger klingenden Stimmungswechseln.

„Void“ klingt im direkten Vergleich etwas entzerrter, eingängiger, in sich schlüssiger. Aber auch schroffer und direkter in seiner Rave-Ansage. Dennoch kommt „Void“ einen Tick besser auf den Punkt und wirkt nicht ganz so überladen. So als Zwischenstand gelingt der EP aber auch in der Zweisamkeit ein positiver Nachhall.

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From Disco: To Bookstore

Um Bücher ging es bei frohfroh bislang noch nie. Nicht, dass es eine dogmatische Abneigung gäbe. Es fehlte nur irgendwie der Aufhänger. Der ist seit Pfingsten nun da – und zwar mit dem Buchladen Kapitaldruck.

Am Roßplatz gab es bisher wenig Gründe innezuhalten. Höchstens die opulente Ring-Bebauung mit den großen Schaufenstern der Geschäfte, den verwinkelten Durchgängen und den Beton-Blumenbeeten davor übten eine gewisse Faszination aus. Eine Zeitlang residierte das Leipziger Label Kellermusik in genau dem Laden, in dem heute die Bücher von Kapitaldruck stehen. Ein Laden mit eingebauten Holzregalen und Schubkästen mit Glas-Front.

Das Interieur hat etwas Nostalgisches, es versprüht einen historischen Appeal, der auch so etwas wie Geborgenheit vermittelt. Wahrscheinlich wäre es in dem Moment auch egal, was hier verkauft wird. Es sind aber Bücher und Bio-Kaffee. Und es steht nicht irgendwer hinter dem aus den Fünfziger Jahren stammenden Tresen. Es ist René Pölzing.

Als Criticale kennen ihn vielleicht manche als Veranstalter einiger Fridayclub-Reihen in der Distillery und als Mitherausgeber des Faltmagazins repertoire, das von 1999 bis 2003 die Leipziger Clubkultur – „Kantige Musik in 0341“, hieß der Subtitel – journalistisch begleitete. 2004 und 2005 arbeitete er am Reader der Pop Up-Messe mit und machte einige Jahre die Pressearbeit der Distillery. Schluss war damit, als das vom ihm mit initiierte Programm-Magazin Drunk das Zeitliche segnete – spätestens hier wurde René klar, dass er sich außerhalb der Clubszene neu orientieren müsste.

Wie kommt aber ein hinter den Kulissen agierender Club-Veteran zu einem Buchladen? Weil Bücher Grundlagen ebnen – für Diskussionen, für Ideen und Impulse. Und weil ein Buchladen ein guter Treffpunkt sein kann. Als Kleinhändler in das Buchgeschäft einzusteigen, mutet beinahe naiv an. Doch René macht mit Kapitaldruck das, was auch einen Plattenladen vor der eigenen Haustür von einem Online-Shop oder dem Kaufhaus unterscheidet.

Er pickt aus einer riesigen Auswahl Empfehlenswertes heraus, wird inhaltliche Verweise zu weiteren Büchern nicht aufgrund von Kunden-die-das-kauften-kauften-auch-das-hier-Algorithmen oder den Spiegel-Bestseller-Listen anbieten, sondern aufgrund von einem eigenen Wissen und einem Gespür für das Interesse eines Kunden. Und dieser persönliche Kontakt mit guten Empfehlungen ist nicht zu unterschätzen und er wird auch nicht so einfach durch die Online- und Monopol-Welle weggespült.

Das ist beim ambitionierten Plattenkauf nicht anders als bei Büchern. Durch die Buchpreisbindung kann sogar niemand nörgeln, dass es im Internet günstiger sei. Über den Großhändler ist bei Kapitaldruck ebenso alles über Nacht lieferbar wie bei jedem anderem Buchhändler auch. Aber die Auswahl vor Ort macht den Laden wertvoll. Entwicklungen aus verschiedenen Lebensbereichen möchte René aufzeigen – daher sind die Bücher in den Regalen grob in die Rubriken „Leben gewesen“, „Leben eben“ und „Leben später“ unterteilt.

Kapitaldruck soll kein staubiger Buchladen sein, mit drögen Lesungen und Bibliothekenstille. Mit der derzeitigen Hörraum-Installation „Seven Speakers“ zeigt sich erstmals, wie so etwas aussehen kann. Kunst, Musik und Diskurs in einem angenehmen Raum. CFM wird zur Finissage am 3. August live auftreten.

Es soll auch noch mehr passieren. Kalte Speisen, Themenabende und mehr. Kapitaldruck soll formbar bleiben. Nicht nur durch Renés Hand, für ihn selbst soll der Laden ein Podium für neue Gespräche bieten. Heraus kommt hier also ein Plädoyer für die Qualitäten des lokalen Einzelhandels – und das von einem Online-Medium…

Kapitaldruck Website

Rave-Kodex

Okay, die Überschrift ist etwas reißerisch. Doch es gibt neue Bewegung im Umgang mit mehr oder weniger spontanen Open Air-Veranstaltungen in Leipziger Parks. Das Team der Global Space Odyssey hat einen Kodex zur Diskussion gestellt, der ein paar Richtlinien für Veranstalter etablieren möchte.

Auch wenn die Facebook-Initiative „Nachhaltige Tanzkultur“ im Sumpf der unsachlichen Beschimpfungen unterging, bleibt das Thema aktuell. Das GSO-Team hatte bereits vor zwei Jahren ein Freiflächenkonzept an die Stadt Leipzig gerichtet, was allerdings zu keinem Ergebnis führte.

In Vorbereitung eines neuen Konzepts wurde nun ein Kodex-Papier ins Netz gestellt, das als Diskussionsgrundlage dienen soll. Spannend ist, dass hier die illegalen Partys nicht mehr per se verurteilt werden. Die Richtlinien richten sich sowohl an Veranstalter (und indirekt auch an die Besucher) genehmigter Partys als auch an die, die darauf verzichten.

Im Kern geht es bei dem Papier um konkrete Empfehlungen zur Organisation, Ansprechpartner bei der Stadt, Lautstärke-Regelungen und Umweltaspekte. Noch ist es ein Entwurf. Auf der Facebook-Seite der Global Space Odyssey kann schließlich darüber diskutiert werden, was bislang aber noch nicht stattfindet.

Inwieweit eine Stadtverwaltung – ganz gleich wo – sich auf eine hedonistisch ausgerichtete Party-Kultur mit einer innewohnenden Exzess-Freude einlässt, bleibt sicherlich ein schwieriges Thema. Zum Schärfen eines gewissen Bewusstseins mit der Ressource „Öffentlicher Raum“ könnte solch ein Kodex durchaus hilfreich sein. Er wird aber bestimmt nicht die generelle Skepsis der Stadt aufheben können.

Die Global Space Odyssey findet übrigens am 23. Juli statt. Derzeit liegen auch kleine Programmhefte mit einleitenden Texten aus. Als PDF gibt es das hier.