KW 14 – Freitag

Der neue Monat startet mit einer großen Club-Birthday-Party – und einigen weiteren Tipps.

frohfroh-Tagestipp //

18 Yrs of Eli #1 // Elipamanoke // 23:59 – 12:00 Uhr
w/ Kaufmann, Alex.Do, Acid Goldee, Aender, Eloisa, Emeveka b2b Milox, Hanï, Kimya, Nienein, Zischko b2b Zacharias, Aivee, Mathias Ache & Mule

Das Eli wird volljährig, wir sagen: Happy Birthday! Und wir haben großen Respekt, dass es die Crew dahinter über so lange Zeit geschafft hat, sich immer wieder neu zu erfinden und zu einer echten Konstante der Leipziger Clubkultur zu werden. An diesem Wochenende feiert das Eli mit zwei extra-langen Partys, vielen Locals und langjährigen Freund:innen aus verschiedenen Kollektiven und Genres. Und es gibt ein paar Headliner:innen: Heute Kaufmann mit ihrem Big-Room-Psy-Techno und Alex.Do, dessen ehemals dunkler Techno-Sound mittlerweile auch immer mehr Trance- und Psy-Momente bekommen hat.


Außerdem heute //

Selectors Club / Kulturlounge, 23:00 – 06:00 Uhr – Sehr schön kuratierte Party für crisp-treibenden House und Techno mit Berlin-Support. Mit dabei Vanaenae, Vido, Roko b2b Grandmalheur

Reconnect / Neues Schauspiel, 22:00 – 05:30 Uhr – Neue Ausgabe der Reconnect-Reihe, wieder im Keller unter der Tante Manfred und mit viel Prog-House, Trance, Groove und Techno. Dieses Mal mit dabei: Alias Aura, Blank Vision, Elli B, Kiko, Gin, Flomel, Adamoandiamo

FLINTA* Friday / Sleeve++, 16:00 – 21:00 Uhr – Der Sleeve++-Plattenladen ist heute wieder ein Vinyl-Digging-Safe-Space für FLINTA* – inklusive späteren Instore-Sessions von Iza, Medha und V:Sonntag

Let’s Do It In The Disco / Nachtcafé, 21:00 – 04:00 Uhr – Premiere bei frohfroh: Zum ersten Mal wird hier ein Nachtcafé-Date geteilt. Denn heute wagt die Italo-Fundamentalo-Crew das Experiment und schmeißt eine Italo-Cosmic-Party in einer City-Disco. Why not. Mit dabei sind Möbelnder Pop, Tiney, Gute Laune Gold, Rosa P

N8chtschicht Clubnight / Absturz, 23:00 – 06:00 Uhr – Highspeed-Techno und Arme-nach-oben-Trance liefern heute Fränk, Just Risa, DJ Süssmausi, DJ Salatalles, Polly Saint Cado, DJ Schnürschuh

Konzert / Demmering 74, 20:00 – 22:00 Uhr – Hier noch ein Aufwärm-Tipp für den Freitagabend: Afar Odea präsentiert seine wunderbar deepe Indie-Pop-Elektronik mal wieder live – wir hatten sein Debütalbum kürzlich ausführlich vorgestellt. Es geht pünktlich 20:30 Uhr los.

Alle sind verklatscht*

* und niemand sieht, wie es Dir geht. — Die Techno- und Club-Szene hat den Anspruch, ein Safer Space für alle zu sein: für People of Colour, für Queers, für Frauen. Ein Raum, um — auch mit Drogen — loszulassen, solange man Rücksicht aufeinander nimmt. Aber wie safe ist der Raum für Menschen mit einer Drogen-Problematik?

Vorweg: Dieser Artikel erschien zuerst in unserem zweiten Print-Magazin, das zum 15. Jubiläum von frohfroh erschienen ist. Wenn ihr euch noch eines der limitierten Exemplare sichern möchtet, dann meldet euch bei dance @ frohfroh.de oder geht auf unser Bandcamp-Profil.

„Willst du die Hälfte haben?“, fragt mich der Typ, der mir auf der Club-Toilette einen halbvollen Becher hinhält. „Ist MDMA drin.“ Verlockend. Ich sollte ihn mit dem Typen zusammenbringen, der mich vorhin gefragt hat: „Hast du was zu verkaufen?“ Sein Paisley-Hemd hatte er in die Hose gesteckt. Entweder war er Zivi-Bulle — oder einer von den Menschen, die sich für Gin interessieren und in einer Band spielen. Die Techno- und Club-Szene hat den Anspruch, ein Safer Space für alle zu sein: für People of Colour, für Queers, für Frauen. Ein Raum, um — auch mit Drogen — loszulassen, solange man Rücksicht aufeinander nimmt. Aber wie safe ist der Raum für Menschen mit einer Drogen-Problematik?

„Es gibt in der Club- und Techno-Szene schon den Wunsch, Räume zu bieten, die sicherer und diskriminierungsfreier sind, als Räume, in denen hauptsächlich Alkohol konsumiert wird“, sagt Pola. Pola ist seit 13 Jahren in der Club-Szene tätig und arbeitet im Awareness-Bereich — hauptsächlich in Berlin und auf Festivals. „… aber ich will das gar nicht auf die Substanz beschränken.“

Drugs are EVERYWHERE

Um zu erfahren, was überhaupt genommen wird, bietet sich ein Blick in die Leipziger Jugendstudie aus dem Jahr 2023 an. Diese hat das Konsumverhalten von Leipziger Schüler:innen bis 18 Jahre untersucht. Alkohol ist demnach die häufigste Droge. 72 Prozent der 18-Jährigen hatten in den vergangenen 30 Tagen Alkohol getrunken. Deutlich früher und häufiger als der Bundesdurchschnitt kommen Leipziger Kids mit Cannabis in Kontakt: 30 Prozent haben schon gekifft. Leipzig mag auch alles, was wach macht. Unter den 18-Jährigen hatten 13 Prozent schon mal MDMA genommen, jeweils zwölf Prozent schon Kokain und Speed ausprobiert. Bei Crystal sind es vier Prozent. Also: Drugs are EVERYWHERE.

Die Drogen werden immer reiner, heißt es von den Drug Scouts, einem Leipziger Projekt der Drogenarbeit. Waren Ecstasy-Pillen vor 20, 25 Jahren noch stark gestreckt, sei heute das Risiko eher, dass sehr viel MDMA in den Teilen sei. Auch bei Kokain habe die Reinheit in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Bei Speed ebenfalls. Das größte Problem sei derzeit, wenn Stoffe falsch deklariert würden. Die Drug Scouts haben ihren Ursprung in der Leipziger Partyszene der Neunziger. Auch heute noch sind Partygänger:innen die Hauptzielgruppe. Die Drug Scouts gehen in die Clubs. „Wir bewerten nicht“, sagen Pia und Leon, die Teil des Teams sind. „Wir informieren Leute, die konsumieren. Oder Leute, die kurz vor dem Konsum stehen.“

Drogen in der Leipziger Techno-Szene

„Das ‚Problem‘ von dem wir sprechen, fängt in der Gesamtgesellschaft an“, sagt Pola. Es entsteht nicht in der Szene. Viele der Menschen in Leipzig seien schon in der Jugend, auf irgendwelchen Dorffesten, mit Drogen in Kontakt gekommen. Im Party-Setting zu konsumieren ist etwas, das man in jeder Szene sieht — nicht nur in der Techno-Szene, berichtet Pia von den Drug Scouts. Der Konsum komme mit den Partys. Alkohol und Cannabis würden in der Szene am häufigsten konsumiert: „Das Geschäftsmodell der Clubs ist, Alkohol zu verkaufen.“ Alkohol werde oft nicht mitgedacht, wenn es um Drogenkonsum gehe, kritisiert Pia. Hinzu kommt alles, was pusht: MDMA, Amphetamine, Kokain. Ketamin habe deutlich zugenommen. Mephedron — 4-MMC — spielt nach Erfahrungen der Drug Scouts verstärkt eine Rolle. GHB/GBL werde konsumiert, sei aber kein flächendeckendes Ding. Crystal sei in der Szene stark stigmatisiert. Die Drogen sind in den Clubs. Sie waren schon immer da. Es wird konsumiert.

Partys als Trigger?

In der Szene werde es vielleicht sichtbarer, wenn Menschen ein Drogenproblem haben, überlegt Pola. Sie würden sich nicht zu Hause zurückziehen. „Es ist okay, dass es Räume gibt, wo man Drogen nehmen kann — ohne dafür verurteilt zu werden.“ Aber eine Party-Umgebung ist ein starker Trigger. Gerade wenn das eigene Konsumverhalten stark mit dem Partymachen verknüpft ist, ist das eine Herausforderung. Leute, die bei den Drug Scouts Beratung suchen, stellen fest:

„Ich kann erst mal nicht auf Partys gehen, weil ich da stark mit Konsum konfrontiert bin.“

Es gibt eine gegenläufige Entwicklung. In Berlin finden mittlerweile Sober Partys statt – auch in Leipzig organisiert das Pink-Cloud-Kollektiv derartige Veranstaltungen. Pola sieht ein größeres Bewusstsein für Awareness in der Szene. „Das entwickelt sich stetig weiter“, — auch bei den Veranstaltenden. Die Drug Scouts beobachten das auch in Leipzig. „Auf Partys mit überlegten Awareness-Konzepten gibt es viele Leute, die keine oder die wenig Drogen konsumieren.“ In den Clubs, auf den Partys sei eine zentrale Frage: Was brauch ich für ’ne gute Party? Wie kann man sicherstellen, dass es den Leuten gut geht? „Auf diesen Partys sind die Leute dann nicht so super krass verballert“, beobachtet Pia. Trotzdem gebe es auch Veranstaltungen, wo Awareness-Arbeit nicht so gut geplant sei, die eher kommerzialisiert seien. „Es gibt halt Partys, die Leute anziehen, die sehr viel und sehr stark konsumieren.“

Nüchtern bleiben

Um auf Partys nüchtern zu bleiben, hilft es, sich Verbündete zu suchen. Leon rät: Wer wenig oder nichts nehmen möchte, soll das seinen Freunden kommunizieren: „Biete mir nichts an.“ Auch ein Konsumplan kann helfen. Man könne sich am Abend auf bestimmte Substanzen beschränken. Oder man setzt sich ein Limit: ‚Ich zieh’ drei Lines. Das war es dann aber.‘ Oder man verzichtet auf die Afterhour. Wichtig ist: Man sollte sich realistische Ziele setzen, die man einhalten kann.

Pia erzählt, oft sei es die größere Herausforderung mit Alkohol umzugehen. Alkohol gibt es auf allen Partys, in allen sozialen Bezügen. „Gerade wenn es um Übergriffe geht, ist Alkohol die Substanz, bei der am meisten passiert.“ Wer Freund:innen unterstützen will, nichts oder weniger zu konsumieren, muss zunächst für sich schauen: Wie weit kann ich das überhaupt leisten? Pia und Leon raten: „Schaut vorher gemeinsam, was jeder vom Abend erwartet.“ Wenn man auf der Party ist, sollte man immer mal checken, wie es der Person geht. „Wer nüchtern bleibt, hat vielleicht nicht Lust, drei Stunden am Stück zu tanzen.“ Dann geht man raus. Da hilft es, wenn man vorher geklärt hat, mitzukommen. Für Menschen, die ein Drogenproblem, ein Alkoholproblem haben, ist es immer gut, beim Feiern Sober-Partner: innen zu haben, betont Pola. „Wir gehen zusammen auf Party und wir bleiben zusammen nüchtern.“ Wer keine Sober-Begleitung hat, der kann auf die Awareness zukommen. „Ich möchte nüchtern bleiben. Kann ich zu euch kommen, wenn mich was triggert?“

Und was, wenn mich was triggert?

Pola kümmert sich mit Lila Awareness in erster Linie um Fälle sexueller Übergriffe und Diskriminierung. Manchmal überschneidet sich ihr Job auch mit Drug- und Psycare. Denn prinzipiell können alle zu ihr kommen. Beim Awareness-Team bekommen die Leute erstmal ein Wasser angeboten oder eine Decke. Pola fragt dann, ob die Person ein Gespräch möchte. Gab es gerade einen Konsum-Trigger, fragt sie zum Beispiel: „Was hast du denn morgen vor?“ Das schafft wieder einen Bezug zum realen Leben. „Die Leute können dann erstmal hier bei uns bleiben.“ Dann mache man vielleicht eine Atemübung oder schaue, wo der Trigger lag. Das sei ganz individuell. Niemand werde unter Druck gesetzt, etwas zu sagen. „Es ist auch okay, einfach nur dazusitzen.“

„Ist es okay, wenn ich vor Dir konsumiere?“

Um es für Betroffene sicherer zu machen, ist Consent wichtig. Es ist unheimlich wichtig, niemanden zum Drogen nehmen zu überreden, betont Pola. Das Unterschieben von Drogen ist ein absolutes No Go. Das ist eine Straftat. „Auch Leuten Alkohol unterjubeln, geht nicht!“, stellt Pia klar. Zur Rücksicht auf Dritte gehört aus Polas Sicht auch, nachzufragen: Hey, ist es okay, wenn ich hier vor Dir konsumiere? Ist es okay, wenn ich ’nen Shot trinke? Ist es okay, wenn ich jetzt erstmal trippe? Kommst Du zurecht? Um Menschen zu schützen, die vor Herausforderungen stehen, braucht es Rücksicht und Verständnis. Das ist eine Entwicklung, die auch Pia gerade sieht: Dieses aufeinander eingehen, welche Bedürfnisse es gibt. „Das ist eine Entwicklung, die schon immer Teil der Techno-Szene war.“

Fotos: Johannes Angermann

KW 13 – Samstag

Ein vielseitiges Samstagsprogramm gibt es in dieser Woche – hier unsere Tipps.

frohfroh-Tagestipp //

Iptamenos Discotek // Conne Island // 20:00 – 05:00 Uhr
w/ Dina Summer, Local Suicide, Kalipo, Paty Vapor, LA Ramazotti

Unser Special Tipp für heute: Das Wave- und Dark-Disco-Label Iptamenos Discos präsentiert einen eigenen Showcase sowie das neue Album der Superband Dina Summer. Dahinter steckt das Berliner Duo Local Suicide sowie Frittenbude-Member Kalipo. Vor fünf Jahren haben sie ihre sehr eigenen Handschriften in eine enorm pushende wie auch poppige Wave-Indie-Dance-Band eingebracht. Im Januar erschien dessen zweites Album „Girls Gang“, das sie heute live spielen. Außerdem ist auch Kalipo mit einem Solo-Live-Set zu erleben.


Außerdem heute //

2 Guys 1 Dub / Elipamanoke, 23:00 – 08:00 Uhr – Breaks-Highlight-Date für dieses Wochenende: Mit Waeys und Bukez Finezt kommen zwei Headliner aus der Dubstep- und Drum & Bass-Szene in die Staft. Flankiert von einem gut kuratierten weiteren Line-up mit MxD, Nohlim, Kontingency, Hemilotl, Tr One, Mo:ody, Grawinkel, Heftique

House Music / Bar Azadi, 20:30 – 03:00 Uhr – Die Azadi-Bar wechselt in den House-Modus mit No Door Policy, Yamashitacid und weiteren DJs

Alles DUQO Closing / DUQO, 00:00 – 23:59 Uhr – Das DUQO-Closing läuft natürlich auch noch weiter – tagsüber in die nächste Nacht hinein … 

Haus 001 / xxx, 23:00 – 10:00 Uhr – Im Westen bebt heute Nacht auch ein anderes Haus – hier zu den Live- und DJ-House-Sets von Thujan, Brigade, Guni!la, Janthe und 2 Girls 1 Club

Konzert + Aftershowparty / Garage Ost, 19:00 – 03:00 Uhr – Das Pariser Duo Acid del Mar präsentiert live seinen soften contemporary R&B-Pop-Electronic-Mix, danach legen sie auch noch auf

Into The Woods / 360 Grad Waschbar, 22:00 – 03:00 Uhr – Nach eher härteren Sounds wird es an diesem Wochenende wieder etwas smoother und deeper mit Downtempo und House von Panne Möhre, Elbasto360 und Neomint

KW 13 – Freitag

Sad vibes an diesem Wochenende – das DUQO schließt. Heute startet die lange Closing-Party.

frohfroh-Tagestipp //

Alles DUQO Closing // DUQO // 20:00 – Sonntagnacht
w/ 160gb, 2D1G, Anjin x Lukas, Barbarello b2b2 DJ Bordbistro, Blond Felice, Boris, Crazymo & Qballo, Davy, Desperate House Guy, DJ Aquaplanung, DJ Ragequit, DJ Softice, DJ Luiser, Eli the Damaja, Gabi b2b Re:mote, Goldie, Goody, Hermon, Hmdi, Iovedaddyz, Isosportler, J<3SS, Jacob Sister, Josepha Wawa, Lulu & Nell, Lyn Schöne, Mauro Caracho, Mbius, Midnxght, Minthrill, Miss Take, Mpulle, Mustafary, Nugget, Olumna, Oliv, Quatro Piraguas, RaverPik, Rico Giraffa, Sam, Shuray & Walle, Submod, Sweetboyz, Yowlandi, Zoch

Lange angekündigt, nun ist es so weit: Das DUQO schließt nach nicht mal einem Jahr seine Türen. Schade schade, hatte der Club doch musikalisch und konzeptionell für frischen Wind in der Leipziger Clubszene gesorgt. Doch die Zeit ist einfach nicht easy, um ein ambitioniertes Clubprojekt mit wenig Eigenkapital hochzuziehen. An dieser Stelle: Danke und Respekt für die DUQO-Zeit.

Zum Abschluss gibt es nochmals eine lange Party mit lokalen und überregionalen Friends des Clubs. Musikalisch super divers zwischen Breaks, Hardgroove, Techno, Trance, House und und und … Den Timetable findet ihr hier.

We’ll miss you, DUQO!


Außerdem heute //

Medea Club / Cxserve Lindenau, 20:00 – 05:00 Uhr – Premiere einer neuen internationalen Queer-Party-Reihe. Zum Start gibt es ein Synth-Wave-Live-Set der Barcelona-based Band SDH (Semiotics Department of Heteronyms) sowie 8Bit-Live-Noise mit Oliotronix. Danach geht es dark und latin-wavig mit den DJs Tau Ceti & Maria Maris weiter

Maniac: Shift / Neue Welle, 23:00 – 07:00 Uhr – Die Maniac-Crew wagt ein interessantes Experiment: Eine lokal-internationale Techno-Party, ohne vorheriges Line-up-Announcement – doch bei Maniac gilt: Immer spannend. Wir haben sie auch gerade im Porträt.

Trappin / Elipamanoke, 23:00 – 08:00 Uhr – Die Trappin-Reihe wirft mal wieder alle Genre-Grenzen ein. Das heißt: Garage und Grime treffen auf Hard Groove und House spwie auf Trash und Rave-Edits. Mit dabei sind DJ Sportschuh, Minako, Richie Rollin, No Mercy, Scrappy Coco, Gigi Spears, Karmaxutra, Preciouss, Rocco Beton, Yami

Aufgelauscht / Absturz, 23:00 – 06:00 Uhr – Die Radio-Show „Aufgelauscht“ wechselt in den Club – mit viel Techno von High Know, Michelle, Dan Is, Bucke, Tripp, le, Strom.er, Da Phonic

FLINTA* Open Decks / Garage Ost, 19:00 – 03:00 Uhr – Noch ein Surprise-Line-up heute Abend: Hier FLINTA*-only, mit verschiedenen Styles und viel Raum zum Networking, Ausprobieren und Dancen natürlich

Finest Selection / Kulturlounge, 23:00 – 08:00 Uhr – Local-Hero-House und -Techno mit Neele, SFTI sowie Thomas Heinrich & Andreas Eckhardt

Party-Crew mit Label-Anschluss: Maniac

Seit rund drei Jahren bringen die Maniac-Partys einen zeitgenössisch-groovenden Techno-Sound in die Leipziger Clubkultur. Im Februar hat die Party-Crew nun auch ein Label gegründet. Wir stellen es näher vor.

Im November 2022 launchte Maniac als Party erstmals – damals im Rahmen der Between-Reihe vom Elipamanoke. Es folgten sehr schnell auch Ausflüge in andere Clubs wie die Neue Welle, Kulturlounge und das Mjut. Offensichtlich traf der „fast rolling and groovy sound“ von Maniac schnell einen Nerv bei den Leipziger Clubgänger:innen. Schnell und treibend, aber eben auch nicht zu hart. Ein perfekter Sound offenbar, um alte und junge Rave-Generationen zu vereinen.

Zur Gründungscrew gehörten Jonathan (alias Håstad), Lisa (alias Azil) und Momo – nach der Premiere im Eli kamen auch Elmar und Hanna (alias Schuma Christ) dazu. Neuestes Mitglied ist Linus (alias Wemory), seit Ende 2024 dabei. Maniac hat also einiges vor und lotet gern verschiedene Formate und Kooperationen aus. So gab es neben klassischen Clubevents auch schon ein Open Air sowie eine Listening Bar. Und seit dem 1. Februar 2025 ist Maniac auch ein Label. Richtig mit Vinyl-Release und einem extrem gelungenen Start – wir haben die erste Compilation gerade in unserer neuen New-In-Ausgabe vorgestellt.

Der Weg zum Label

Die Idee für ein Maniac ging dem Kollektiv schon länger durch den Kopf, spätestens als das zweijährige Jubiläum näher rückte: „Wir haben durch unsere Veranstaltungen mit so vielen talentierten Künstler:innen und Produzent:innen zusammengearbeitet, dass wir ihnen gern auch diese Art von Plattform geben wollten“, meint die Crew im frohfroh-Hintergrundinterview. Erleichternd kam hinzu, dass Jonathan beim Leipziger Schallplattenpresswerk R.A.N.D. Muzik arbeitet. Logisch, dass da ein Maniac-Label direkt mit Vinyl startet.

Die Katalognummer 1 ist eine gut kuratierte 4-Track-Compilation. Neben Maniac-Resident Elmar gibt es da ein Wiederhören mit der längst etablierten Carlotta Jacobi sowie unserer Leipzig-Neuentdeckung Iglo. Mit Egotot kommt auch noch etwas Wiener-Techno-Sound auf die „Vol. 1“. Alle vier Acts liefern sehr packende Tracks ab – jed:r mit einem eigenen Twist. Während Carlotta Jacobi den Spannungsraum zwischen Detroit und Dub auslotet, arbeitet Egotot mehr mit einem rollenden Groove, Iglo forscht weiter an dem gewagten Einbetten von klassischen Gesangsstimmen und Elmar bewegt sich in einem eher kalten, industrial-geprägten, diffus-pulsierenden Soundästhetik. Kein Track, der hier schwächelt – eine äußerst gelungene Premiere, heißt es auch schon bei New In Feb 2025.

Nach diesem überzeugenden ersten Release hat die Crew nun verständlicherweise Lust auf mehr. Sie betont aber auch, dass dies für sie ein stetiger Lernprozess ist und es noch keine konkreten Zukunftspläne für das Label gibt. Denn: „Einen Release auf die Beine zu stellen, ist mit hohem finanziellen und physischen Aufwand verbunden. Und da wir alle neben unseren Partys voll im Studium, in der Ausbildung und / oder in der Lohnarbeit stecken, braucht es meist etwas mehr Zeit.“ Doch so oder so soll der Fokus erstmal auf crew-internem Output liegen, bevor auch externe Demos veröffentlicht werden.

Next Level – Maniac: Shift

Am 28. März 2025 folgt direkt das nächste-Experiment in der Neuen Welle – Maniac: Shift. Eine neue Party-Linie mit lokal und internationalem Line-up, das aber nicht vorab veröffentlicht wird. Kein komplett neues Konzept, das Elipamanoke fährt mit der „Made2Fade“-Reihe ein ähnliches Konzept. Doch für die Maniac-Crew ist es dennoch ein Wagnis. Aber eines, das durchaus aufgehen kann – immerhin hat sich die Reihe eine Fanbase erspielt, die auch unabhängig vom Line-up zu „ihrer Maniac“ gehen wollen.

„Wir haben in letzter Zeit immer mehr die ganzen Mechanismen und bestehenden Strukturen wie z. B. astronomische Gagen für Headliner, Social-Media-Präsenz und deren Auswirkungen, Clubsterben etc. der ‚Technoszene‘ hinterfragt und wollen nun mit Maniac: Shift den Fokus wieder zurück auf den Underground und die Community rücken“, meint die Crew dazu. Guter Ansatz, guter Vibe, alles Gute für euch Maniacs.

Neustart: Koordinierungsstelle Nachtleben

Anfang des Jahres wurde die kurz davor ausgelaufene Koordinierungsstelle Nachtleben Leipzig neu ausgeschrieben. Nun steht die neue Besetzung offiziell fest – und sie stößt auf durchaus geteilte Meinungen.

Anne Petzold wird ab dem 1. April 2025 die beim LiveKommbinat Leipzig e. V. angelegte Koordinierungsstelle Nachtleben übernehmen. Eine durchaus wichtige Position, erfüllt sie doch eine wichtige Schnittstellenfunktion zwischen der Clubszene sowie der Politik und Verwaltung von Leipzig. In ihrer neuen Rolle soll Anne Petzold neben der Koordinierung des NachtRat Leipzig auch Weiterbildungs- und Vernetzungsangebote für die Akteur:innen der Nachtkultur etablieren, die Mitteldeutsche Nachtkulturkonferenz 2025 mitorganisieren und an der Zukunftsstrategie Nachtkultur mitarbeiten.

Gemeinsam mit dem Fachbeauftragten für Nachtkultur, Nils Fischer, und dem NachtRat bildet die Koordinierungsstelle die Botschaft der Nacht – ein personeller Zusammenschluss, der die Relevanz der Club- und Nachtkultur in alle Richtungen verdeutlichen und Lösungen für deren aktuelle Herausforderungen finden soll. Dass die Koordinierungsstelle vom LiveKommbinat Leipzig e. V. getragen wird, ist rechtlich bedingt: Der NachtRat hat als Gremium keine Rechtsform und kann daher keine Fördermittel beantragen und Mitarbeiter:innen anstellen.

Den Weg für die erst vor zwei Jahren geschaffene Stelle ebnete Kristin Marosi. Sie war maßgeblich an der ersten Entwicklung der Themen, Leitbilder und Netzwerke beteiligt, erzählte sie kürzlich in unserem Hey-Hey-Podcast. Anne Petzold knüpft hier an. Seit über 20 Jahren lebt sie in Leipzig. Sie war in dieser Zeit eng mit der Distillery sowie den damit verbundenen Projekten wie dem Think-Festival sowie der Club- und Kulturstiftung zum Ausbau des Gleisdreiecks als Club-Location verbunden und kümmerte sich dort um die Öffentlichkeitsarbeit.

Parallel war sie für den sächsischen Landesverband der Kultur- und Kreativwirtschaft aktiv. Im Rahmen des Projektes Pop Impuls entwickelte sie zum einen das Musikkiosk-Format mit, das Musikschaffende abseits der sächsischen Metropolen beratend und vernetzend unterstützt. Zum anderen arbeitete sie an der Konzeption für das Pop-Impuls-Nachfolge-Projekt „Büro für Popkultur und Musik in Sachsen“ mit. Und beim LiveKommbinat initiierte sie den „Disko-Stammtisch“ für Clubcrew-Mitglieder.

Zuspruch und Kritik

Eine perfekte Kandidatin für die Koordinierungsstelle Nachtleben also – immerhin gab es ingesamt 21 Bewerber:innen? Unter dem offiziellen Announcement-Post des NachtRat und LiveKommbinat Leipzig zur Ernennung von Anne Petzold findet sich durchweg positiver Zuspruch. Doch das Stimmungsbild innerhalb der Nachtkultur ist keinesfalls so eindeutig zustimmend. Im informellen Austausch mit verschiedenen Akteur:innen der Leipziger Szene wird zwar ihre Aufgeschlossenheit und ihr Engagement hervorgehoben; es lassen sich aber auch kritische Stimmen vernehmen.

Ein häufig genannter Punkt ist, dass mit Anne Petzold eine Person gewählt wurde, die bisher eher in der institutionalisierten, wirtschaftlich orientierten Seite der regionalen Pop- und Clubkultur tätig war. Eine tiefere Connection zu alternativeren Bereichen der Clubkultur lasse sich jedoch nicht aus ihrer beruflichen Vita ableiten. Doch die überaus diverse Leipziger Nachtkultur lebe eben auch ganz entscheidend von den freien Veranstalter:innen, den Non-Profit-Nischenprogrammen, den Underground-Labels, den Off-Spaces sowie den meist ehrenamtlich organisierten Kollektiven. Sie leisten eine wichtige Basisarbeit, indem sie immer wieder neue Impulse liefern sowie Newcomer:innen und Reihen aufbauen, von denen wirtschaftlich am Ende besonders etablierte Clubs und Livemusik-Spielstätten profitieren. Eine adäquate Wertschätzung und Stärkung für diese Teile der Szene gab und gibt es jedoch bislang kaum, offenbar auch nicht bei der Botschaft der Nacht – abgesehen vom Engagement für das Leipziger Open-Air-Konzept, das lokalen Kollektiven legale Flächen für Day-Raves unter freiem Himmel ermöglicht.

Alle Akteur:innen der Clubkultur in den Blick nehmen

Klar, die Botschaft der Nacht ist ein noch junger Überbau zur Förderung der Leipziger Nachtkultur. Die drei Säulen dürften sich alle noch immer in progress befinden. Allerdings bleibt zu hoffen, dass die nun nochmals von der Stadt Leipzig weiterfinanzierte Koordinierungsstelle Nachtleben nicht nur eine rein clubfokussierte Funktion erfüllt, die Clubkultur in erster Linie als wirtschaftlichen Standortfaktor einordnet und weniger als sozio-kulturellen und kreativen Entfaltungsraum für unterschiedlichste, teils marginalisierte, Gruppen und gesellschaftliche Utopien.

„Mein Ziel ist es, die Anliegen der Akteur:innen mit Verwaltung und Politik in Einklang zu bringen, um gemeinsam tragfähige Lösungen für die Zukunft zu entwickeln“, wird Anne Petzold in der offiziellen Pressemitteilung zitiert. Inwieweit sie tatsächlich die Anliegen aller clubkulturellen Aktiven aufgreift und vertritt, wird sich in den nächsten anderthalb Jahren zeigen – solange ist die Stelle erstmal sicher finanziert. Entscheidend dafür sind sicherlich viel Empathie und ein subtiles Gespür für das besondere Spannungsverhältnis der historisch gewachsenen und äußerst vielschichtigen Strukturen sowie den immer neuen Einflüssen der Leipziger Nachtkultur.

Foto: Magdalena Ochoki

Korrekturhinweis: In einer früheren Variante stand, dass Anne Petzold seit fünf Jahren in Leipzig lebt. Dies ist jedoch nicht korrekt und basiert auf einer Fehlinterpretation. Die Stelle ist nun korrigiert.

New In – Feb 2025

Der Februar liegt nun schon ein paar Wochen zurück. Aber wir rücken ihn nochmals in den Fokus: Mit ausgewählten Februar-Releases aus Leipzig.

Various Artists – „Maniac Vol. 1“ (Maniac)

Genau am 1. Februar startete die Maniac-Crew ein neues Kapitel und gründete ein eigenes Label. Das kann eigentlich nur gut werden, wenn man die top kuratierten Partys als Vorlage heranzieht. Zum Start gibt es eine kleine Vinyl-Compilation, die ebenfalls gut kuratiert ist. Neben Maniac-Resident Elmar gibt es da ein Wiederhören mit der längst etablierten Carlotta Jacobi sowie unserer Leipzig-Neuentdeckung Iglo. Mit Egotot kommt auch noch etwas Wiener-Techno-Sound auf die „Vol. 1“. Und wie klingt das? Sehr ausgereift und wohltemperiert. Alle vier Acts liefern sehr packende Tracks ab – jed:r mit einem eigenen Twist. Während Carlotta Jacobi den Spannungsraum zwischen Detroit und Dub auslotet, arbeitet Egotot mehr mit einem rollenden Groove, Iglo forscht weiter an dem gewagten Einbetten von klassischen Gesangsstimmen und Elmar bewegt sich in einem eher kalten, industrial-geprägten, diffus-pulsierenden Soundästhetik. Kein Track, der hier schwächelt – eine äußerst gelungene Premiere.

Jens‘ Hit: „Ndirin“ – Why: Weil dieser verrauschte, nicht ganz durchsichtige und dennoch harte Sound sehr viel Faszination weckt.


En Direct – „The Illusion Of Control“ (Clear Memory)

Im Februar erschien auch ein neues Album auf Clear Memory. En Direct waren bereits aus der ersten „Various Artists“-EP auf Clear Memory vertreten und haben in der Zwischenzeit zwei EPs auf Lunatic Records (ebenfalls ein Leipziger Label) veröffentlicht. Ihre Inspiration ziehen En Direct aus der Electronic Body Music und frühem Electro. Sie ergänzen den Sound des Labels somit um eine weitere feine Nuance. „Crush The Light“ ist ein makelloser EBM-Banger. Mit „On Time“ schlägt das Duo dann eher klassische Electro-Klänge an. Die Spoken-Word-Vocals und die hypnotische, wandernde Synth Line entwickeln ihren ganz eigenen Sog. 

„Little White Lies“ könnte mit seiner Midi-Sound-Ästhetik und den Lofi-Beats auch der Soundtrack eines Computerspiels aus den 1980ern sein (irgendwas mit Autorennen). Bei „This World“ klingen dann mit der sägenden Synth-Basslinie sogar mal kurz DAF an. En Direct verweben mühelos Electro, EBM und Industrial-Elemente. Den Synths wird alles abverlangt, die Beats sind immer hart und schneidend. Die Vocals geben dem Sound des Duos an vielen Stellen den letzten Kick. Ach so, französisch singen können sie scheinbar auch noch („Positive Paranoia“). „The Illusion Of Control“ ist etwas für dunkle Gemüter, hat mir beim Hören aber sehr viel Spaß gemacht.

Nils‘ Hit: „On Time“ – Why: Glasklarer Electro Track mit Model-500-Anklängen.


Richard Brook – „Cold Winds“ (04177 Records)

Auf 04177 Records erschienen ist im Februar „Cold Winds“, ein neuer Track von Richard Brook. Es ist schon cool zu sehen, wie sich aus dem Lindenauer Label in den vergangenen Jahren zu einer verlässlichen Größe von gut zugänglichem House entwickelt hat. „Cold Winds“ macht dabei keine Ausnahme – im Gegenteil: Der Track verleiht dem Label-Katalog eine gewisse Eindringlichkeit, die bisher zwar nicht per se gefehlt hat, aber eben auch so in der Form nicht überpräsent war. Getragen von einem eindringlichen Synthie-Motiv findet der Track sehr souverän zu sich selbst, hebt sich dabei atmosphärisch von Richard Brooks erstem auf 04177 veröffentlichten Track „I Lost a friend“ ab. Abgerundet wird der Release von einem Remix von Labelchef Bajazo, der, nicht allzu überraschend, etwas näher am bekannten Repertoire des Labels ist – was hier keinesfalls als Kritik gelesen werden sollte. Im Gegenteil: Auch als etwas entspannterer House funktioniert der Track wunderbar.

Davids Hit: „Cold Winds“ – Why: Einfach wegen dieser Eindringlichkeit.


DJ Balduin – „Everything EP (Small Steps)

Es war etwas still um DJ Balduin seit seinem fulminanten 2023er-Album „Concrete Mimosa“ auf Kann Records. Nun erschien im Februar endlich eine neue EP auf Small Steps, dem noch jungen Label der Brüsseler DJ Lola Haro. Eine Connection zu Balduins Album gibt es übrigens auch auf der „Everything EP“: Der Opener „Andever“ ist nämlich eine elegant auf den Dancefloor gelotste House-Version des eher breakig-experimentellen „Endeavour“. Wenn man es weiß, tauchen überall direkte Soundreferenzen des Originals auf, sie wirken in dem hypnotisch-mäandernden Drive aber noch einmal aufgeräumter und viel viel wärmer. Vor allem der warm-bassige Chord ist eine unglaublich kuschelige Decke. Diese filigrane, im Moment verharrende und doch sanft schiebende Atmosphäre prägt auch die anderen beiden Tracks. Zart federnde Bassdrums, schlagzeugartige HiHats, deep-sphärische, nostalgisch tief abtauchende Chords, die sich erst aufbäumen und dann davon fliegen. Meditativ und loslösend im besten Sinne. Genau so, wie Balduin auch in seinen DJ-Sets agiert. Eine sehr umarmende EP, der wir ebenso viel Liebe zurückgeben.

Jens‘ Hit: „Somar– Why: Weil der Mix aus unglaublicher Deepness und konstanter Spannung fast schon spirituelle Züge offenbart.


Mindelect – „Zima EP“ (Self-released)

Es beginnt mit einem glockenartigen Loop, der wunderschön ist. Ein Zirpen und ein Wasserspiel unterstreichen das Entspannte und Meditative und machen die klangliche Szenerie komplett. Aber es entstehen Risse im harmonischen Gesamtgefüge. Die Töne werden schief und dann setzt ein Electro-Beat ein. Keine Ahnung, wo der herkam, aber der Überraschungseffekt ist gelungen. Und das ist nicht der einzige Moment auf der EP des Produzenten Minelect, der das Vorhersehbare ignoriert und mit den Hörgewohnheiten bricht. 

Worte, welche mir beim Hören der Musik in den Sinn kommen sind „tiny“ oder süß. Es wird nicht dick aufgetrumpft, sondern entspannt vor sich hin produziert. Man kann die EP sicher dem Electro-Genre zuschreiben, aber das trifft vor allem auf die gebrochenen Beats zu. Alles, was darüber hinaus passiert, ist verspielt und in vielen Momenten sehr poppig, wie der letzte Titel mit seinen jazzigen und housy Vibes am allermeisten beweist. Hier gibt es mit Emilia sogar noch ein Feature an den Vocals. Ansonsten ziehen sich gediegene Orgeln, analog anmutende Synth-Arpeggio-Linien und eine leicht melancholische Grundstimmung durch den Release.

Nils‘ Hit: „Prélude“ – Why: Gelungener und überraschender musikalischer Bruch. 


Harry Wills – „Zima EP“ (Long Vehicle)

Die achte Ausgabe vom Kann-Sublabel Long Vehicle markiert die „Slanch EP“ von Harry Wills, erschienen Mitte Februar. Sie schreibt die bisherige Story von Long Vehicle als Platz der kleineren Form weiter, aber knüpft auch nahtlos am Anspruch der vorhergehenden Releases an. Auf rund 20 Minuten präsentiert Harry Wills hier intelligente, griffige elektronische Musik. Auffällig ist, wie mühelos sich hier alles anhört. Die komplette Produktion fügt sich sehr nahtlos, ohne Irritationen, zu einem schön individuellen Klangbild zusammen, das sich einer allzu genauen Beschreibung und Bezeichnung irgendwo auch entzieht – und sei es nur, weil es in diesem Fall einfach keinerlei Notwendigkeit dafür gibt. Die EP macht enorm viel Spaß, eben weil sie es schafft, Abwechslungsreichtum in ein genugtuendes klangliches Gesamtes einzubinden.

Davids Hit: „Lamreal“ – Why: Ehrlicherweise ist es schwierig, einen Track hervorzuheben – einfach weil alle drei Tracks stark sind. Aktuell ist es aber dieser, wegen der Entwicklung des Tracks, aber es könnte morgen schon anders sein.


Leibniz – „La Bomba“ (Rat Life Records)

Oha, Neues von Leibniz auf Rat Life, dem Label von Credit 00. Auf Leibniz hatten wir vor über zehn Jahren bei frohfroh einen unfassbaren Hype. Zurecht, finde ich nach wie vor. Er lebte damals in Leipzig und überraschte aus dem Nichts mit sehr guten, rau gehaltenen und UK-inspirierten House- und Breaks-Hybriden. Mittlerweile lebt Leibniz längst in Berlin und hat mit Hundert ein eigenes Label etabliert. Im Februar machte er mit seiner „La Bomba“-EP einen Ausflug zurück nach Leipzig und zu Rat Life. Dort, wo er 2016 schon einmal eine EP rausbrachte. 2025 klingt Leibniz auf vielen Ebenen anders (wobei der Change schon immer zu ihm gehörte): Die A-Seite wirft zwei super roh und schnell zerrende Oldschool-Techno-Tracks auf den Floor, die mal mit Pop-, mal mit Comic-Appeal alles mitreißen. Sehr simpel und augenzwinkernd, aber eben genau deshalb auch so serious. Auf der B-Seite wartet dann erstmal das genaue Gegenteil: „GT“ und „Zero Bass“ überraschen mit tief liegendem Dubstep, großer UK-Grazilität und so einigen Rave-Avancen. „Teka“ schlägt dann mit seinem kindlich euphorischen, extra trockenen Techno-Bounce wieder einen guten Bogen zu A-Seite. Was für eine EP – Leibniz bleibt besonders!

Jens‘ Hit: „Teka“ – Why? Weil die trockene Kick und die hingerotzten Soul-Häppchen jeden offenherzigen Floor in Euphorie versetzen dürften.


Gzardin – „RM12032“ (R.A.N.D. Muzik Recordings)

Eine neue Rinde auf R.A.N.D. darf auch im Februar nicht fehlen – musikalisch einzusortieren unter House/Techno. Oder halt unter „R.A.N.D.“. Interessant, wie ein Label so sehr für einen Sound stehen kann. Die „Hentroduction“ verzaubert mit einem sehr schönen Synth-Akkord und geht bassig und perkussiv verspielt wie auch groovy as hell sehr gut rein. „Rainy Pain“ galoppiert ein bisschen finsterer und flotter nach vorne – Kategorie Techno-Tool. „Part Time Shed“ und auch der letzte Titel rocken ohne Höhepunkte im Tribal-Techno-Modus durch. Leider einer der weniger spannenden Releases auf R.A.N.D. (für mich!), aber das Label steht für Qualität und deshalb ziehe ich auf jeden Fall immer die neueste Platte aus dem Fach und höre durch. Oft genug landen die Dinger dann aich auf dem Verkaufstresen. 

Nils‘ Hit: „Hentroduction – Why: Der Chord!


Carlotta Jacobi / Ponygirl – „Surreal Fluctuation EP“ (Synergie)

Von Carlotta Jacobi gab es im Februar noch drei weitere neue Tracks zu entdecken – auf einer Split-EP des Hannoveraner Labels Synergie. Mit der Berliner Producerin Ponygirl hat Jacobi hier auch einen sehr passenden Sidekick erhalten für ihren zunehmend detroit-inspirierteren Sound. Über die schnell getakteten, mächtig kickenden Bassdrums schichtet Carlotta Jacobi auf dieser EP wenige, extrem gut sitzende Sounds. Einfache Sounds, die in ihrem Minimalismus einen starken Sog entfalten. Dazu klassische Claps, scharfe HiHats – mehr Worte braucht es dazu gar nicht. Mein Gefühl ist, dass Carlotta Jacobi immer mehr die Mitte ihres Sounds findet und gerade in ihrem Feinschliff immer mehr Energie losreißt. Und zugleich klare Referenzen in die 1990er zwischen Berlin und Detroit integriert. Sehr treibend, sehr gut.

Jens‘ Hit: „Alla Vet“ – Why: Weil hier noch extra Wärme in dem Energiesog hervorkommt.


Hayter – „Inspector Todd“ (Self-released)

Hier wird es spannend! Hayter ist Teil der Clear Memory Crew und hat uns ein paar kraftvolle Lofi-Electro-Tracks mitgebracht. Der Titeltrack ist super eingängig und verspielt. „Changing Patterns“ hat ein paar traumhaft kaputte Vocoder-Sounds an Bord. Ansonsten einen Haufen abwechlungsreiche Breaks und minimale Veränderungen in den Patterns im Repertoire. Der bissige Synth sägt sich ein deinen Gehörgang. Kurze Verschnaufpause. „In The Meantime“ ist ein bisschen behäbiger, aber nicht weniger fordernd. Eine darke Synth-Line und paar säureartige Sounds prägen den Track. „Give Me The File“ hat dann noch einen Micro-Hymnen-Synth-Break am Start. Absoluter Banger! Der Fall ist dann auch geschlossen nach fünf Tracks. Man möchte gerne fragen, was Hayter als Inspiration diente bei der Produktion der EP. Es muss was mit diesem Inspektor Todd zu tun haben. Diese EP ist lofi, ein bisschen retro, sehr abwechslungsreich und zugleich druckvoll produziert. High quality shit!

Nils‘ Hit: „Give Me The File“ – Why: Absolute Electro Hymne. 

KW 12 – Freitag

Neues Wochenende, neue Tipps – dieses Mal acht Party-Optionen.

frohfroh-Tagestipp //

Elek Panjoli – Flinta* Edition // Elipamanoke // 23:59 – 09:00 Uhr
w/ Shanda, Gvemeacd, DJ Stimula, Keta Perry, Kimya, Luzi, Senta Julien

Die Eli-eigene Reihe Elek Panjoli hostet dieses Mal eine All-Flinta*-Edition. Mit bekannten und geschätzten Leipziger Locals und einigen spannenden Berliner DJs. Unsere Entdeckungen: Shanda aus Hong Kong sowie Gvemeacd und deren treibend-grooviger Techno. Doch es gibt in dieser Nacht auch genrefluide Abzweige in Richtung Trance und Powerhouse.


Außerdem heute //

DUQO & Creme Club Invites Buerro / DUQO, 20:00 – 06:00 Uhr – Leipzig meets Mainz mit zwei Crews, viel deepem House und Electro von Amina & Tuga, Ilkay & Xarb, Jonas Stern & S.Oliver

Ritmo Spumante / Kulturlounge, 23:00 – 08:00 Uhr – Spritzig housy und breaky wird es, wenn Ritmo Spumante den Frühling einläutet. Mit dabei sind Hanna von Godzilla, Lord of Wtf, Mensch Hans, Rotkehl

Tranceform / Garage Ost, 19:00 – 02:00 Uhr – Die Garage Ost hat sich zu einem extrem wichtigen Club- und Social-Space für den Osten entwickelt. Aber auch hier bleiben die aktuellen Herausforderungen nicht vor der Clubtür. Deshalb gibt es heute eine Soli-Nacht mit Trance. Line-up? Secret.

Clubberware x Serum / Absturz, 23:00 – 06:00 Uhr – Zwei Crews bespielen heute den Absturz, mit hypnotischem Techno und wärmendem House. Das Line-up hier: DJ Frostschutz, Sebastian Strootmann, KarlF, Smiley Cyrus b2b Marci K. b2b KafkaX

Brotfabrik Showcase / xxx, 19:00 – xxx Uhr – Die Brotfabrik-Crew bleibt äußerst umtriebig und aktiv. Heute wieder ein Secret-Rave im Osten mit RN86, Nøvae, Riod, Simon Phil.ter, Knete, Rodek, Swen Dufke

Spätikadancen / Spätikatessen, 20:00 – 02:00 Uhr – Dreamy, proggy und melodic House und Techno im Westwerk-Späti mit Buntfink und Kluese

Soft / xxx, 23:00 – 10:00 Uhr – Super smooth, super soft und durchaus slow mäandern die Beats und Chords durch den weiten Westen. Mit dabei bei der neuen Soft-Ausgabe: Duygu, Jaqueline Dior, Gyrl, Kotoe, To Be Honest

KW 12 – Samstag

Sphere Radio-Sounds, dazu viel Trance, Big Room und Gabber – wilder Samstag.

frohfroh-Tagestipp //

Sphere Radio presents: Post Hibernation // Kulturlounge // 21:30 – 05:00 Uhr
w/ Jewelry, E.m.s., Sirius Topic, Sensi.ble, DJ Smooksy, DJ Annita, Depp Blatter, DJ Bisous

Das Leipziger Community-Radio Sphere weckt uns ebenfalls aus dem Winterschlaf und präsentiert eine Welcome-Spring-Nacht voller House-, Jungle- und -Beyond-The-Genres-Sets von einigen Radio-Hosts. Sowohl mit Dance- und Listening-Potenzial. Musikalisch sind die Sphere-Radio-Partys tatsächlich immer gut, stilsicher und divers kuratiert.


Außerdem heute //

Showing / ZiMMT, 19:00 – 21:00 Uhr – Die beiden Künstler:innen Yaand und Urbau sind gerade für eine einwöchige Residency im ZiMMT. Beide entwickeln ein Stück mit experimentellem Sounddesign sowie genreübergreifenden Elementen aus Hyperpop, industriellem Lärm und verräumlichtem Audio – heute gibt es einen musikalischen Schulterblick

Kosmos / Elipamanoke, 23:59 – 09:00 Uhr – Bouncender und rave-geladener Big-Room-Techno mit Fab Massimo, Katzengold, Aio, Adrija, Cøral Negrø

KitschyDænce / DUQO, 22:30 – 11:30 Uhr – Das DUQO gibt nochmals alles und hostet eine extra lange Trance-, Trash- und Rave-Party. Mit dabei Arriba Rima, Aroma Pink, Alina Viktoria, Blaubassbube, Can’t.help.it, DJ Suessmausi, DJ Salatalles, Gac00n, Isosportler, J<3SS, Minthril, M4schino, Sacid, Technoraupe, Yannick Weineick

Tanzmanie / Garage Ost, 19:00 – 03:00 Uhr – Und nochmals funny Edits und Trance mit etwas Techno von Meta Tronic und Ryan Ghosting

xxx / 360 Grad Waschbar, 22:00 – 03:00 Uhr – Die Waschbar mag es gerade etwas härter: Mekronikal und Ericsson Sky lassen die Georg-Schwarz-Straße mit Hard Techno, Hardcore und Gabber beben

KW 12 – Sonntag

Da geht noch was, da geht noch was – zwei Sonntagstipps.

frohfroh-Tagestipp //

Sonntagstratsch x Aroma+ // DUQO // 12:00 – 23:59 Uhr
w/ Carlo Bonanza, Daniel Hauser, Kataya, Kluntje, Mp.ulle, Poppy

Direkt im fließenden Wechsel nach dem langen KitschyDænce startet mittags im DUQO der Sonntagstratsch – dieses Mal mit Support der Aroma+-Crew aus Jena, Leipzig und Berlin. Und das bedeutet nochmals ein hohes Powerlevel an ebenso pushendem wie herzöffnendem House sowie einigen Trance-Schlenkern. Nebenbei eine der letzten Events im DUQO – also nicht verpassen.


Außerdem heute //

The After / Garage Ost, 12:00 – 21:00 Uhr – Spannend zu sehen, wie die Garage Ost immer mehr Club-Veranstaltungen hostet. Heute sogar eine klassische Afterhour-Party mit melodisch-deepem Tech House von Emphox, Tom Pavicich b2b Oulcan, Emeveka

Premiere: New In Radio

Mit unserer New-In-Rubrik besprechen wir regelmäßig wichtige und spannende Electronic-Releases aus Leipzig. Ab sofort könnt ihr uns dabei auch zuhören – wir starten ein Radio-Format.

Wer frohfroh schon etwas länger verfolgt, wird wissen, das „New In“ mittlerweile unsere zentrale Rubrik ist, um neue elektronische Musik aus Leipzig kennenzulernen. Aktuell teile ich mich mit David und Nils in die Auswahl und die Texte rein. Anschließend hört sich jeder durch seine Auswahl und bespricht sie.

Wir hatten aber auch große Lust, gemeinsam über ausgewählte Releases zu sprechen. Und here we go: Unsere Pilotfolge ist fertig und kann direkt hier gehört werden:

New In Radio – das Konzept

Wir wollen kompakt in einer Stunde einen Überblick zu aktuellen Leipzig-Releasess bieten, bei dem wir gemeinsam unsere Gedanken und Eindrücke äußern und ihr einzelne Tracks auch direkt hören können. Klassisches Musikradio, nichts Neues, aber etwas, das uns noch immer abholt, weil es Empfehlungen und Neuentdeckungen abseits von Algorithmen ermöglicht.

Jede Ausgabe vom New In Radio teilt sich in zwei Teile: Es geht los mit einem Free Dive, bei dem wir in kurzer Folge mehrere Releases vorstellen. Später folgt ein Deep Dive, in dem wir einem Release etwas intensiver widmen – mit mehr Wortanteil und mehreren Tracks. Und am Ende gibt es noch eine Überraschungsrubrik, die wir jetzt aber noch nicht verraten. Hört einfach rein.

Bei der Pilotfolge haben wir die Stunde schon mal um 17 Minuten gerissen, aber wir sind dran! Hier ist die Tracklist:

1. Iglo – „Neverplace“
2. Sonnenstadt – „Marmara Station“
3. DJ Balduin – „Andever“
4. Elme – „Dyn“
5. Carlotta Jacobi – „Between Two Stools“
6. Notsch – „197“
7. Iglo – „Recovery“
8. Iglo  – „Introsprection“
9. Iglo – „Dispersity“
10. „xxx“


Credit: Robert Gemmel

An dieser Stelle auch ein herzliches Danke an Lisa Zwinzscher alias Pony Pracht für das Leihen ihrer KI-Stimme für unsere Jingles. Was es damit auf sich hat, erzählt sie selbst:

„Meine KI-Stimme ist Wegbegleiterin, die vor nichts zurückschreckt – vielseitig, wandelbar, unendlich ausdauernd und berechenbar. Eine Erweiterung meiner selbst.“

Zwischen Hype und Verdrängung – ein Blick in Leipzigs erste Clubstudie

Anfang Februar erschien eine erste Studie, die die Wertschöpfung und die Herausforderungen der Leipziger Club- und Livemusik-Szene mit validen Zahlen darstellt. Wir haben uns das spannende Dokument einmal genauer angeschaut – hier sind unsere zentralen Erkenntnisse.

Leipzig hat sich mit seiner lebendigen Clubkultur einen festen Platz in der elektronischen Musikszene erarbeitet. Doch ob das so bleibt, ist ungewiss. Die zahlreichen Schließungen von Clubs und Kulturorten in den vergangenen Jahren zeigen deutlich: Die Clubkultur steht unter Druck. Dies verdeutlicht auch die aktuelle Studie zur Lage der Clubs und Livemusikspielstätten (CLIV) in Leipzig, welche von der Stadt Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Nachtrat, dem LiveKommbinat durchgeführt wurde. Dieser Artikel gibt Einblicke in die umfassenden Ergebnisse der CLIV-Studie und nimmt dabei in den Fokus, wo Leipzigs Clubszene derzeit steht und welche Zukunftsperspektiven sich abzeichnen. Eines macht die Studie dabei unmissverständlich klar: Wir haben viel zu verlieren, wenn nicht gemeinsam gehandelt wird.

Clubs- und Livespielstätten: Wo sie heute stehen und warum wir und die Stadt sie brauchen

Die CLIV-Studie, deren Ergebnisse im Februar 2025 veröffentlicht wurden und die im Jahr 2024 durchgeführt wurde, beleuchtet die Vielfalt der Leipziger Nachtkultur. Die 129 befragten Spielstätten repräsentieren ein breites Spektrum an Musikkultur: Neben den 21 Clubs zählen dazu 47 Musikbars, 18 Musikspielstätten, 23 Offspaces und 20 soziokulturelle Zentren. Diese Orte sind weit mehr als nur Veranstaltungsräume – sie sind soziale und kulturelle Knotenpunkte, die Leipzigs Identität prägen. Sie fördern Nachwuchskünstler:innen, bieten Raum für subkulturelle Szenen und tragen maßgeblich zur Attraktivität der Stadt bei, auch für den Tourismus. Doch die CLIV-Studie nimmt nicht nur die kulturelle, sondern auch die wirtschaftliche Bedeutung dieser Spielstätten in den Blick: Jährlich generieren sie einen Umsatz von 47 Millionen Euro, von dem 80 Prozent in der Stadt verbleiben. Insgesamt 2,2 Millionen Menschen besuchen jährlich Konzerte, Partys und andere Veranstaltungen. Trotz dieser beeindruckenden Zahlen bleibt die Zukunft vieler Locations ungewiss. In den letzten Jahren mussten bereits die das Mjut, das IfZ und bald auch das DUQO schließen – und die Distillery braucht deutlich länger, um an anderer Location neu zu starten. Doch warum geraten immer mehr Leipziger Clubs und Musikspielstätten in Existenznot?

Von steigenden Mieten bis hin zu verändertem Feierverhalten

Dass die Gentrifizierung in Leipzig längst angekommen ist, ist kein Geheimnis – ihre Auswirkungen sind vielerorts spürbar. Die CLIV-Studie verdeutlicht aus Sicht der Betreiber:innen, dass steigende Mietpreise für Räumlichkeiten eine zunehmende Belastung darstellen. Doch die Lösung kann nicht darin bestehen, dass Clubs und Kulturorte immer weiter an den Stadtrand gedrängt werden, denn das erschwert den Zugang für Besucher:innen und gefährdet die kulturelle Vielfalt. Zudem zeigt die Studie, dass es entweder an passenden Förderprogrammen fehlt oder dass bürokratische Hürden so hoch sind und/oder der Wettbewerb, um die begrenzten Fördermittel zu groß ist.

Ein weiteres Hindernis sind behördliche Auflagen, etwa zu Lärmschutz, Brandschutz und Barrierefreiheit. Für viele Clubs bedeuten diese Vorschriften hohe Investitionen, die sie finanziell überfordern. Auch die Anforderungen an Sicherheitskonzepte und Awareness-Maßnahmen sind gestiegen, was zusätzlichen Druck erzeugt. Ein entscheidender Pfeiler der die Leipziger Clubszene trägt ist dabei nicht zu vernachlässigen: Das enorme Engagement ehrenamtlicher Helfer:innen. Ganze 66 Prozent der Arbeitsstunden in den Clubs- und Livespielstätten werden ehrenamtlich geleistet und nur 16 Prozent der Tätigkeiten werden in Vollzeit ausgeführt. Ohne diese ehrenamtliche Arbeit könnte die Szene kaum bestehen.

Gleichzeitig verstärkt diese Abhängigkeit die Unsicherheit vieler Clubs. Doch nicht nur die Stadt Leipzig und wirtschaftliche Faktoren drehen an den Stellschrauben der Veränderung – auch ihr Publikum selbst. Die CLIV-Studie hat hierzu über 3.000 Besucher:innen befragt und zeigt: Menschen gehen seltener feiern als vor der Corona-Pandemie. Besonders das jüngere Publikum unter 30 bleibt weniger lange im Club. Statt ausgedehnter Nächte stehen gezieltere Besuche im Vordergrund – viele kommen, um einen bestimmten Headliner zu sehen. Interessanterweise, wird generell als Grund für einen „Nicht-Besuch“ einer Spielstätte nur in 9 Prozent der Fälle zu hohe Kosten angegeben.

Wenn Nachtruhe auf Bass trifft – weitere Herausforderungen

Verschiedene Interessen kollidieren – zwischen Anwohner:innen, Stadtplanung und den Clubs selbst. Ein großer Faktor ist schlichtweg die Lautstärke. Die Studie zeigt, dass Anwohner:innen zunehmend über Lärm und nächtliche Menschenmengen beschweren, während Clubbetreibende um ihre Existenz kämpfen. Gleichzeitig ist die Szene auch aus stadtplanerischer Perspektive unter Druck, indem Flächen für Clubs Wohn- oder Gewerbeprojekten weichen müssen. Auch innerhalb der Szene gibt es Spannungen: Zum einen, weil es nicht immer einfach ist, politische und soziale Verantwortung in einem kollektiv organisierten Betrieb zu integrieren.

Zum anderen unterscheiden sich ideelle und wirtschaftliche Herangehensweisen. Während einige Clubs auf Kommerzialisierung setzen, um finanziell zu überleben, kämpfen andere für den Erhalt der DIY-Kultur. Diese Konflikte machen deutlich: Ohne klare politische Weichenstellungen droht eine weitere Verdrängung der Subkultur, was Leipzigs Status als Musikstadt massiv gefährden würde.

Die Stadt muss handeln

Die CLIV-Studie hat einige Ideen, um die Kultur in Leipzig nachhaltiger zu stabilisieren und zu fördern. Eine dieser Ideen, ist beispielsweise eine sogenannte Kulturschutzzone: Damit Spielstätten nicht dem nächsten schicken Loft-Wohnungsprojekt von Berliner Investoren weichen müssen, ist der Vorschlag räumliche Zonen zu für Kulturprojekte zu etablieren. Weitere Maßnahmen wären langfristige Mietverträge und Förderungen die z. B. guten Schallschutz ermöglichen, um die bereits beschrieben Konflikte zu vermeiden. Ein weiterer Punkt, den die CLIV-Studie hervorhebt, ist die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit mit der Stadt, einer stärkeren politischen Unterstützung und einer besseren Vernetzung der Projekte untereinander.

Zudem müssen Kulturräume in der Stadtplanung mitgedacht werden, anstatt sie lediglich als Störfaktoren zu betrachten. Andernfalls droht Leipzig ein herber Verlust an kulturellen Quellen und wichtigen Begegnungsorten. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ergebnisse einen Anstoß für politisches Handeln geben und die Stadt Leipzig sich das Bewahren und nachhaltige fördern der Nachtkultur zu Herzen nimmt. Es bleibt zu hoffen, dass diese Ergebnisse politische Impulse setzen und die Stadt Leipzig die Nachtkultur langfristig erhält und gezielt fördert.

Für weitere Informationen und Ergebnisse der CLIV-Studie könnt ihr gerne in der offiziellen Broschüre nachlesen.