Various „Clear Memory 001“

Electro ist einfach nicht totzukriegen. Zumindest nicht, wenn es um Produzent*innen, Labels und DJs in Leipzig gibt. Die Clear Memory-Crew hat daran einen gewissen Anteil, sammelt sich hier doch ein beträchtlicher Kreis an eingeschworenen Enthusiast*innen, die Partys veranstalten, auflegen, Musik produzieren – und jetzt eine eigene 12″ herausgebracht haben.

Mysteriös, mysteriös: Fünf Tracks gibt es zu hören, die allesamt von Leuten aus der Crew stammen, welche aber wiederum anonym bleiben möchten und daher andere Artist-Namen verwenden. Kommen wir also ohne weitere Umwege zur Musik, die übrigens straighterweise nur Vinyl-only genossen werden kann.

Seite C beginnt mit „The Bill“ gleich sehr dark, irgendwie auch mit recht fies klingenden Sounds und Roboter-Stimmen – eine Ansage gegen jegliche TechHouse-Schluffigkeit sozusagen. Der Faden wird dann auch mit „Frozon“ weitergesponnen, wobei sich die hier vorherrschende Kühle vor allem in den Vocals und Synthie-Flächen mehr an 80er-Einflüssen orientiert.

Einmal Platte umdrehen, Seite M: Bei „Weltzentralcomputer“ verliert der Sound ein wenig seiner Düsternis. Hier schnattern die Sounds ein wenig unbedarfter durch die Gegend und die Melodien schielen mehr in Richtung Hymne. Vielleicht mein heimlicher Favorit der EP, war ja klar. Danach wecken die Vocals auf „My Name Is Harmony“ komische Electroclash-Assoziationen bei mir, ohne dass der Rest des Tracks darauf hindeutet. Relativ roh und mit viel Freude an quirligen Roboter-Gepiepse beendet „Chelsea Cut“ die EP.

Was ich sehr spannend finde, ist, dass die EP im Sound zwar konsistent ist, die Tracks im Detail aber genug Unterschiede aufweisen und sich eher ergänzen anstatt miteinander zu konkurrieren. Clever, denn damit finden sich viele Gelegenheiten für DJs, die Stücke einzusetzen. Und auch das Durchhören ist kurzweilig.

Various Artists „Cascade Effects I“ (Pattern // Select)

Es gibt eine neue Compilation auf Pattern // Select – eine wunderbar verträumte.

Schön, dass es Pattern // Select gibt: Das Label hat eine weiteres Tape veröffentlicht und versammelt darauf vierzehn Stücke von Musiker*innen aus aller Welt, die sich der modularen Synthese widmen. Mal kommen die Tracks mit, mal ohne Beats aus, aber sie wirken immer verträumt, immer ein wenig der Realität entrückt.

Dabei sorgen allein die unterschiedlichen Ansätze für Abwechslung: Es gibt dubbig verrauschte Stücke wie „A Floor Under“ von Un_Ovule, hell schillerndes Geplucker wie bei „Ellipses“ von Comparative Irrelevance, quirlige Melodien wie bei „Did you see Manolo“ von Gregor Pfeffer, abgehangene Downbeats wie bei „Autumn Glaze“ von Jericho oder auch Tiefsee-Ambient wie bei „Cloud Disintegration“ von Nick Jackson. Ein toller Effekt dabei ist, wie die Gedanken sich einerseits beim Hören verlieren, einige Momente in der Musik dann aber plötzlich ganz präsent sind und die verschwundene Aufmerksamkeit wieder zurückholen.

Die knapp 90 Minuten laden damit also gleichzeitig zum Wegdriften wie auch zum Hinhören ein – perfekt also für winterliche Sonntagnachmittage.

Shortee „Lost“

Funky 8-Bit-Attacke: Shortee hat ein Album mit Gameboy-Musik veröffentlicht.

Mit einem frischen „Guten Morgen, ihr Wichser“ begrüßt uns das Intro von „Lost“, gefolgt von „ready to war“-Cuts und untermalt von einem Beat, der genau das Gefühl spiegelt, den Zumutungen im Alltag wie in einem Game Boy-Spiel ausweichen zu müssen.

Womit wir mitten im Thema sind: Das Album „Lost“ von Shortee, den wir als Teil der Lofi-Travellers bereits vorgestellt haben, besteht aus zehn mit dem Game Boy produzierten Tracks, die zu Beginn zwischen Hip Hop und Dubstep angesiedelt sind, sich später aber in Richtung Uptempo-Pogo-Spaß steigern. Dazu lockern dezent platzierte Cuts und Scratches den 8-Bit-Wahnsinn auf.

Das ist vielleicht sogar ein Alleinstellungsmerkmal von Shortee: Auch wenn ich keine tieferen Einblicke in die 8-Bit-Szene habe, nehme ich an, dass diese prägnanten Hip Hop- und Scratching-Wurzeln eher die Ausnahme sind und seinen Sound in verschiedene Richtungen anschlussfähig machen.

Als Bonus gibt es noch einen Remix von Vault Kid, der den Funk in „Must fly“ nochmal verstärkt.

Hungrig geworden? Zwei weitere Tracks von bzw. mit Shortee gibt es auf den Compilations von Chiplove zu hören:

Put On Your Dancing Shoes Teil I – House Dance

Es ist wohl recht naheliegend auf frohfroh mit dem Thema House zu starten, bevor wir uns den etwas weniger elektronischen Musikstilen und Tanzformen widmen.

Somit begeben wir uns mit der heutigen Ausgabe auf die Spuren des Jack – wer er/sie/es* eigentlich ist, was dieser die letzten Jahre getrieben hat und ob man er/sie/es* auch mal in Leipzig an der Clubbar trifft…

2012 war Osunlade in der Distillery zu Gast. Der Floor hatte sich, wie eigentlich immer, in Richtung DJ gerichtet. Nur in der hintersten linken Ecke des Clubs tummelten sich vier Tänzer*innen, die ihre eigene kleine Welt kreierten. Dieser Kreis war für einige Clubbesucher*innen zunächst sicherlich ein merkwürdiger Anblick, fast schon suspekt. Viele wussten wahrscheinlich gar nicht was da gerade passiert.

Dabei war es mehr als naheliegend, dass es passierte, denn social dance war seit Anbeginn der House-Clubkultur ein wichtiger Bestandteil eben jener. Und wie man auf so manch seltenem Videomaterial der letzten Jahrzehnte erkennt, ist und war der Kreis (Circle) die bevorzugte Form, um den tänzerischen und musikalischen Austausch zu zelebrieren.

Über Warehouse, Muzic Box, das Power Plant oder Franky Knuckles wurde schon oft genug gesprochen. Den Namen DJ Ron Hardy liest man dann doch schon seltener. Dass die House Kultur in und aus der LGBTQ, African American und Latin Community heraus entstand, wird ebenfalls immer mal erwähnt. Allerdings rückt dieser Fakt heute des Öfteren in den Hintergrund – dabei ist diese Tatsache für House dance von großer Bedeutung, denn dieser Stil beruht vor allem auf Tap, Jazz, latein-amerikanischen Schritten, Elementen aus Breakdance oder gar dem Roller Skating.

Er zeichnet sich durch die schnellen Bewegungen mit den Füßen (Footwork), Floorwork (wie z. B. Lofting) und vor allem durch den konstanten Rhythmus im Körper (Jacking) aus. In den ‘Old School’ – House Tracks sind Lyrics wie „Feel the Jack“ oder „Jack your body“ zu hören. Dieser Ausdruck kommt vom sozialen Interagieren im Club, ein bisschen wie „antanzen“. Um Kontakt zu den Anderen im Club aufzubauen und auf sich aufmerksam zu machen, wurde also in besonderer Manier getanzt. Es gibt jedoch verschiedene Auffassungen was noch alles unter den Jack zählt. Ein Gefühl der im ganzen Körper ist, der verbindet und der die Musik im Körper „einschließt“ etwa..
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Das Namedropping soll an dieser Stelle nicht ausfallen. Tänzer*innen, die House dance bis heute maßgeblich beeinflussen bzw. beeinflusst haben sind etwa Marjory Smarth, Ejoe Wilson, Brian „Footwork“ Green und Tony McGregor, um nur ein paar Namen in die Runde zu werfen.

Zwischen Chicago und Leipzig liegen gute 7000 km und viele Stunden Flugzeit. Valeska von der Leipziger KleinParis-Crew war erstmals vor drei Jahren in Chicago und erzählt uns an dieser Stelle welche Erfahrungen sie gemacht hat:

Als ich Chicago in war, wollte ich wissen, ob es dort noch so etwas gibt, wie eine urbane Tanz-Szene. Nach einer langen Facebook-Event Research war ich bei einem Battle in einem Club namens The Mid, wo ich die So Swift-Crew entdeckte. So Swift ist eine all-female Tanzcrew, die House dance und Waacking vereint. Die Swift Crew und Electric Funketeers (Popping Crew) haben mich schnell in die Szene integriert, weil sie Open Dance Session hatten, bei denen jede Woche für $4 trainiert werden konnte. Sie gaben immer eine halbe Stunde Input und dann konnten wir frei trainieren, alleine oder im Cypher.

Tonic und Vero, zwei Mitglieder der So Swift Crew, erzählten mir damals, dass sie oft in House Clubs gehen würden. House Musik kannte ich nur aus schlechten Radio Remixes. Ich hatte keine Ahnung, dass House mein Leben als Tänzerin komplett verändern würde bzw. was alles hinter der Geschichte von House in Chicago steckt. Plötzlich stand ich dann im Cypher in einem der bekanntesten House Clubs in Chicago: Smartbar. House Musik, wie auch der House dance, war wie eine komplett neue Welt, die mich irgendwie total verwirrt hat, im maximal positiven Sinne.

Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich dazu bewegen sollte. Viel zu schnell. So ein bisschen wie wenn man jemanden kennenlernt und sofort verknallt ist, obwohl man die Person noch nie vorher gesehen hat. Ich stand also im Cypher und habe die Tänzer*innen um mich herum angehimmelt, die abwechselnd und selbstbewusst in den Cypher gingen. Ohne große Kommentare wie „Wow“ oder „Nice“ von außen. Einfach so als würde man für sich tanzen, nur das andere einem eine gewisse Aufmerksamkeit gaben. Als sie dann anfingen zu zweit in den Cypher zu gehen, verstand ich, dass es bei House um die wortlose Connection im Club geht – „Stalking“.

Weiterhin geht es um gegenseitigen Respekt, die Musik und den Austausch. Einmal tanzte ich für drei Stunden am Stück nur mit dem Ziel zu „Jacken“ und dann kam einer meiner jetzigen besten Homies, Brand1, zu mir rüber und meinte: „Just Jack, that’s what everyone else is doing here.“

Ich habe damals geschluckt, genickt und weiter gemacht. Die So Swift Crew war immer darauf bedacht, andere Frauen in die Housedance/Waacking-Szene zu involvieren. Auch im Club animierten sie immer wieder Nicht-Tänzer*innen am Cypher teilzuhaben. Da ich aus der sehr dominanten Hip Hop-Szene in Deutschland kam, hat mich das sehr motiviert und fasziniert.

House im Club in Chicago zu hören, hat mich dazu gebracht, viele weitere Tanzeskapaden im Club zu durchleben, die mich menschlich und tänzerisch unheimlich erweitert haben. In Chicago aber auch in Amsterdam, Tschechien und Leipzig gehe ich in den Club, um zu tanzen. Wenn ich in Chicago bin, bin ich mindestens ein bis zwei mal pro Woche im Club, alleine oder mit anderen zusammen. Mittlerweile traue ich mich auch immer in den Cypher.

Wieder in Leipzig gelandet wollte Valeska diesen Vibe hier aufgreifen und wiederfinden. Dass das nicht so ganz einfach war und ist, liegt auf der Hand, denn Leipzig hatte bis zu diesem Zeitpunkt keine große House dance-Szene.
Immerhin organisierte die ehemalige Troop 23 Crew ab und an Kurse und Workshops. Auf den Partys waren es dann aber meist nur wenige Tänzer*innen, die sich wie im Fall von Osunlade mit Jacking, Freestyle und Footwork auf die Tanzfläche begaben und House dance zelebrierten.

Dass sich Clubkultur und social dance nahezu voneinander verabschiedet haben, ist im House dance besonders deutlich zu erkennen. Vergleichbar ist dieses Phänomen ebenfalls ziemlich gut in der Hip Hop-Kultur zu beobachten, im Hinblick auf die Ausdifferenzierung und Spezialisierung wie beispielsweise Breaking, Writing, Rap und Djing.
House dance spielt nur noch auf wenigen Parties eine Rolle – und das sind dann auch meist die Partys, die von TänzerInnen aus der Szene selbst organisiert werden. Dementsprechend findet sich House dance heutzutage vornehmlich als Battle-Format, in (Tanz)Kursen oder freien Trainings/Sessions wieder.

Warum dem so ist, ist schwer zu beantworten. Die Theorien sind vielfältig. Afrohouse vermag diesem Trend momentan etwas entgegen zu wirken, allerdings auch nur insofern der Sound sich eher an Afrobeats bzw. Dancehall orientiert und nicht zu sehr in Richtung Deep House abdriftet.

In Leipzig passiert es nahezu nie, dass Tänzer*innen im Club jammen oder bewusst House dance praktizieren, ausgenommen die seltenen Partys, an denen die Leipziger Tänzer*innen auftauchen, wenn sie selbst mal nicht zu einem anderen Battle oder einer Jam in Deutschland bzw. Europa unterwegs sind. Die Style Wild-Crew versucht dem ein wenig entgegenzuwirken und integriert u.a. das House Battle mindestens zweimal im Jahr mit anschließender Party.

Und hier sind wir auch schon bei der eigentlichen Intention dieser Reihe angelangt. Manche der Videos scheinen etwas einzuschüchtern, aber aus der Tanz-Community wird euch nie jemand schräg anschauen, wenn ihr euch im Club ausprobiert.

Im Gegenteil, meist ist große Bereitschaft und Respekt für jeden Tanzenden im Raum. Sharing und Support der Szene sind die Fundamente, um diesen Stil überhaupt weitertragen zu können. Natürlich benötigt es Basics, also Grundschritte und Routinen, aber wenn man erstmal angefangen hat, grooved es sich auch viel einfacher und irgendwie auch abwechslungsreicher.

Auf urbandance-leipzig.de finden sich aktuelle Kurse und auch Workshops, welche in Leipzig aktuell stattfinden. Ist also nicht so schwierig die House dance-Szene hier kennenzulernen und mehr über diesen Aspekt der House-Kultur zu erfahren.

Wie bei jedem Artikel der Reihe gibt es zum Abschluss noch eine Videoplaylist. Wer also nicht ins Schlafgemach wandern möchte, einmal hier entlang:

Put On Your Dancing Shoes – Intro

Unsere neue Textreihe ‚Put On Your Dancing Shoes‘ beschäftigt sich in mindestens 8 Teilen mit dem Begriff ‚urban dance‘ – lest hier das Intro.

Packt man die Begriffe „Tanzschuhe“ bzw. „dancing shoes“ in die Bildersuche des Internets, so muss man davon ausgehen, dass die Auswahl recht beschränkt ist. Lackschuhe, Ballettschuhe und Absatzschuhe trifft man eher selten im Club an, wobei letztere etwa beim Voguing und Waacking durchaus präsent sind.

Da wäre dann auch schon die thematische Brücke geschlagen und die ersten zwei Begrifflichkeiten in den Raum geworfen. ‚Put On Your Dancing Shoes‘ wird sich in mehreren Teilen mit dem Begriff ‚urban dance‘ beschäftigen und herausfinden, was sich dahinter verbirgt und was da nun eigentlich wirklich für Schuhe im Regal stehen.

Clubs und Tanz

Clubkultur und Tänzer*innen haben sich nicht erst im Jahr 2018 etwas weiter voneinander entfernt. Und das obwohl viele Musikgenres eng mit sogenannten ‚social dances‘ verwoben sind. House in Chicago und New York war in seinen Anfängen keineswegs ein stampfendes, zum DJ gerichtetes Event. Man interagierte miteinander im Club, tauschte sich aus und drückte sich ganz unterschiedlich zur Musik aus.

https://vimeo.com/249970628

Vor allem in Europa scheint diese Art der Clubkultur bis heute nie so wirklich angekommen zu sein. Mit dieser Textreihe wollen wir auf lokaler Ebene herausfinden woran das eigentlich liegt, also eine Art Bestandsaufnahme machen, offenlegen was urbanen Tanz in und um Leipzig momentan ausmacht und was die Zukunft alles bringen könnte. Den Club werden wir dafür durchaus häufiger verlassen, thematisch hier und da weiter ausholen, auch mal abdriften – allein schon um den Unterschied zwischen Freestyle und choreografierten Inhalten aus dem Tanzstudio deutlich zu machen.

Um das Ganze etwas übersichtlicher zu gestalten werden in 8 bis 10 verschiedenen Teilen Tanzstilen jeweils Musikrichtungen zugeordnet. Das wird nicht immer trennscharf sein, gibt aber eine Richtung vor. Dabei werden, nebst ein wenig Theorie & Geschichte, Tänzer*innen und DJs/Produzent*innen aus Leipzig zu Wort kommen, uns ihre Geschichte(n) erzählen und weitere Einblicke geben. Kaum sichtbar existiert doch eine Community von 50 – 100 Leuten, welche verschiedenen Stilen wie Hip Hop, House, Waacking, Voguing, Locking, Popping, Breakdance, Footwork, Litefeet, Krumping oder Dancehall nachgehen.

Darüber hinaus fanden in den letzten Jahren immer wieder interessante Kooperationen und Fusionen statt, welche den Horizont erweitert haben. Es gab Workshops, bei denen Parallelen zwischen Charleston und House erörtert wurden oder Battleformate wie das Experimental beim Style Wild, bei dem urbaner Tanz, modern dance und zeitgenössischer Tanz zueinander finden.

Fahrplan

Der Fahrplan soll nicht zu streng sein und die Reihenfolge der Stops kann noch variieren. Wer noch immer keine quadratischen Augen nach den ganzen Video(playlists) hat, kann auf YouTube und Instagram mal nach ilovethisdance und YAK films suchen, dort findet ihr regelmäßig schöne Einblicke.

Dispondant „Acid Jazz EP“ (Defrostatica Records)

Zum Ende des Jahres meldet sich Defrostatica nochmal mit einer EP zu Wort.

Defrostatica ist wahrscheinlich das bei frohfroh am häufigsten besprochene Label in 2018 und schiebt kurz vor Weihnachten die „Acid Jazz EP“ hinterher. Sechs Footwork-inspirierte Stücke von Dispondant aus London gibt es auf der 12″ zu hören.

Täuschend sanft beginnt die EP mit „Death“, denn der Track biegt nach einem ruhigen Intro in eine fiese Richtung ab. Die Bassdrum klingt, passend zum Titel, ab der Hälfte wie ein Herzflattern. Anschließend gibt es mit „Controller Weapon“ Futter für den Dancefloor. „Warehouse Acid“ besticht mit 303-Acid-Sounds, was bei mir immer auf großen Anklang findet, von mir aus könnte der Track allerdings noch viel wilder frei drehen.

Dispondant ist wahrscheinlich auch ein Musik-Nerd und macht sich den Spaß, den nun folgenden Track „Acid Jazz“ zu benennen. Der ist dann auch so sommerlich-jazzy verträumt wie viele Stücke des Genres, ohne dass die 303 irgendwo in Sichtweite wäre, was bei den Acid-Jazz-Leuten auch fast nie der Fall war. Guten Tag, Genre-Namen-Wirrwarr. „Jazz Solo“ und „Sanctum“ gehen dann in eine ähnliche Richtung – erstaunlich, wie gut die Acid-Jazz-Einflüsse mit Footwork-Drum-Programming zusammengehen. Wo ist eigentlich der dazu passende Sommer geblieben?

Clubkultur & Politik II: Barrierefreiheit & Inklusion

Clubs werden gern als Rückzugsräume für Menschen aus den verschiedensten Szenen und Milieus stilisiert. Was bei diesem inklusiven Gedanken oftmals übersehen wird: Die wenigsten Clubs ermöglichen ein barrierefreies Ausgehen.

Im ersten Teil der Artikelserie „Clubkultur & Politik“ wurde der Club zur Zeit der Entstehung der elektronischen Tanzmusik als ein Raum für alle Menschen, alle Szenen gedacht. Verschiedenste Menschen kamen nachts auf den Dancefloors zusammen. Nicht zuletzt war die Szene so inklusiv, weil Disco und House in afroamerikanischen und homosexuellen Szenen entstanden sind – auch als politischer Schutz- und Entfaltungsraum.

Ein bedeutender Wermutstropfen der heutigen Clublandschaften ist, so wie vermutlich auch schon in den 1990ern: Barrierefrei sind Clubs oftmals nicht. Die Inklusion reicht oft nur so weit, wie die Norm, die wir selbst als nicht beeinträchtige Erwachsene erleben, es zulässt.

Warum ist Barrierefreiheit so wichtig – auch in Clubs?
Back to basic: Was ist eigentlich Barrierefreiheit und warum brauchen wir sie? Auf der Website des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen liest man Folgendes: „Barrierefreiheit bedeutet einen umfassenden Zugang und uneingeschränkte Nutzungschancen aller gestalteten Lebensbereiche. Barrierefreiheit ist keine Speziallösung für Menschen mit Behinderungen, aber für gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unverzichtbar.“

Ich spreche über die Notwendigkeit von Barrierefreiheit auch mit Susann Schreiber. Sie ist Inklusionsbeauftragte des Werk 2 e.V. in Leipzig. „Man sollte einfach versuchen, niemanden auszuschließen. Das betrifft nicht nur räumliche Gegebenheiten, auch Bereiche wie Programmpunkte oder Eintrittspreise, kostenlose Projekte – dass nicht an solchen Stellen schon eine Zugangshürde besteht.“

Ein weites Feld tut sich da auf. Zu Beginn meiner Recherche denke ich noch an Rampen für Rollstuhlfahrer*innen. Inklusion geht aber viel weiter.„Es ist eigentlich ziemlich komplex“, erklärt mir Susann. „Alles erreichbar zu machen, ist das eine. Das ist nicht nur relevant für Rollstuhlfahrer*innen, sondern beispielsweise auch für Menschen, die mit Rollator oder Gehhilfe unterwegs sind. Außerdem gibt es noch weitere körperliche Behinderungen wie zum Beispiel Sehbehinderungen. Da braucht es Leitsysteme in öffentlichen Einrichtungen – Tastsysteme, eine bestimmte Fußbodenbeschaffenheit, große oder beleuchtete Schrift. In manche Veranstaltungen sollten auch Menschen mit Begleithunden kommen können wie beispielsweise Hunde für Diabetiker*innen. Und es gibt noch einen weiteren Aspekt: Alles in einfacher Sprache und einfachen Grafiken darstellen, auf der Homepage oder auf Flyern, so dass die Ansprache auch im Hinblick auf Bildung niedrigschwellig ist.“

Sprich: Egal, welche Beeinträchtigungen Menschen mitbringen, sie sollten am täglichen (und nächtlichen) Leben teilhaben können wie jede*r andere auch.

Ich spreche mit Pia-Selina. Sie ist FSJlerin in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung und findet es unverständlich, wie wenig barrierefrei viele Locations sind. „Ich kriege immer wieder mit, wie meine Betreuten unfassbar glücklich sind, wenn es endlich eine Veranstaltung gibt, wo auch sie die Möglichkeit haben hinzugehen. Spontanität wie es sie bei uns gibt, gibt es da eben nicht. Und das finde ich ziemlich traurig, dass viele Menschen mit Behinderung sich z. B. daran gewöhnt haben – normal sollte es nicht sein. Wir leben im 21. Jahrhundert und die meisten haben noch nicht einmal von dem Begriff Inklusion gehört. Wieso muss es extra Veranstaltungen für beispielsweise Rollstuhlfahrer*innen geben? Wieso kann das nicht eine Norm sein, dass alle zusammen feiern und Spaß haben können? Wir sind alle Menschen – eine Behinderung macht einen nicht zu etwas anderem. Ich fände es gut, wenn eine durchgängige Barrierefreiheit in mehr Clubs existieren würde und man sich vorab auch besser auf den Internetseiten informieren kann.“


NOTE NOTE –

Auf wheelmap.org kann man in der jeweiligen Stadt nach Locations schauen, die für Rollstuhlfahrer*innen barrierefrei in unterschiedlichen Abstufungen sind. Das Werk2 beispielsweise ist in vielen Punkte der Barrierefreiheit gut aufgestellt. Außerdem können im Conne Island Rollstuhlfahrer*innen sowohl den Saal als auch das Café erreichen und es gibt ein WC für Menschen mit Beeinträchtigung – ansonsten sieht es, was Clubs angeht, eher mau aus in Leipzig.

 

Was bedeutet es, als behinderter Mensch in einen Club zu gehen?
Um aufzuzeigen, welche Hürden gemeistert werden müssen, wenn man als beeinträchtigte Person einen Club oder eine Bar besuchen will, bemühe ich wieder das Beispiel einer*s Rollstuhlfahrer*in.

Es beginnt damit, dass abgeklärt werden muss, ob man überhaupt in die Location reinkommt. Gibt es Stufen? Kommt man ohne Weiteres auf die Toilette? Ist man das erste Mal vor Ort, kann die Orientierung sehr schwierig sein – auch hier können Leitsysteme helfen, genauso für Menschen mit Sehbeeinträchtigungen. Als Rollstuhlfahrer*in sitzt man außerdem auf Hüfthöhe stehender Menschen. Man sieht wenig, fährt anderen über die Füße, wird angerempelt, bekommt Bier übergekippt. Und zwar nicht einfach vorn aufs Shirt, sondern eben überall hin. Die Theken sind oft sehr hoch, das Thekenpersonal übersieht eine*n leicht. Offiziell gelten Einrichtungen übrigens nur als barrierefrei, wenn Rollstuhlfahrer*innen auf keine weitere Hilfe angewiesen sind. Davon sind die meisten Clubs noch meilenweit entfernt.

Und zu all diesen technischen Details kommt am Ende noch dazu: Wie fühlt man sich eigentlich dabei? Vladimir ist 33 Jahre alt und leidet an Muskeldystrophie, weshalb er seit seinem elften Lebensjahr im elektrischen Rollstuhl sitzt. Gemeinsam mit den anderen Menschen seiner Wohngruppe geht er gelegentlich ganz fern mal feiern.

„Man macht sich die ganze Zeit Gedanken was alles wieder schief gehen könnte usw. Umso cooler ist es, wenn man dann ohne Probleme rein kommt und einfach Spaß haben kann. Einmal zum Beispiel ist aber das Gegenteil eingetreten: Wir wollten in einen Club. Recht spontan, aber dort musste man Treppen hoch. Das war schade und hat mich in dem Moment sehr geärgert. Seitdem schaue ich, bevor ich weggehe, ob das Ganze auch wirklich barrierefrei ist. Dass Clubbesitzer so häufig nicht oder immer weniger daran denken, dass auch Menschen im Rollstuhl gerne feiern gehen, ist schade und macht mich auch traurig und irgendwie sauer.“

Positive Diskriminierung und blinder Aktivismus
Neben all den Hürden, die behinderte Menschen zu überwinden haben, kommen die Blicke hinzu, die Reaktionen. Sprüche wie „Wow, wie cool, dass du hier bist und dich das traust“, mögen irgendwie nett gemeint sein, sind aber positive Diskriminierung, die den Personen immer wieder das Gefühl gibt: Es ist nicht die Normalität, dass du hier anzutreffen bist. Menschen werden so, wenn sie im Club wie jede*r andere einfach mal dem Alltag entfliehen wollen, immer wieder mit ihrer vermeintlichen und tatsächlichen Andersartigkeit konfrontiert. Auch meinen manche Menschen, es sei nett, Rollstuhlfahrer*innen einfach zu schieben: An die Bar, in die Mitte der Tanzfläche, irgendwo hin. Dafür gibt es einen Begriff: Blinder Aktivismus. Oder auch: Übergriffigkeit.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ein blinder Mensch mit Augenfehlstellung kommt in den Club. Schon an der Tür wird er*sie höchstwahrscheinlich abgewiesen, weil das Türpersonal davon ausgeht, dass der*diejenige einfach stark intoxikiert ist. Auf der Tanzfläche wird man für völlig raus und drauf gehalten, man verliert seine Begleitung noch schneller als ohnehin schon. Man kann an der Bar die Karte nicht lesen und wenn man noch nie im Club war, findet man aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Toilette nicht.

Wie auch bei allen anderen Arten der Diskriminierung ist es also sehr wichtig, dass das komplette Personal geschult und sensibilisiert wird, Barpersonal, Mitarbeiter, Security. Und dass Menschen mit Beeinträchtigung genauso wie andere auch die Chance bekommen, einen Abend lang mal den Alltag zu vergessen – zumindest ein bisschen.

Interview: Sebi sitzt im Rollstuhl und geht mindestens alle zwei Wochen feiern
Da ich selbst als nicht Betroffene nicht einmal annähernd verstehen kann, welche Barrieren sich im technischen und emotionalen Sinne auftun, wenn ein behinderter Mensch einen Club besuchen möchte, habe ich mit einer Rollstuhlfahrerin gesprochen.

Sebi ist 23 Jahre alt, kann ihre Arme und Beine nicht bewegen und hat immer ein Beatmungsgerät dabei. Feiern geht sie mindestens alle zwei Wochen, gemeinsam mit ihrem besten Freund, der gleichzeitig ihre Begleitperson für den Abend ist.Was bedeutet es für dich, feiern zu gehen?

Ich würde sagen, dass es keinen großen Unterschied macht, warum ein behinderter Mensch feiern geht, gegenüber einem normalen Menschen. Einfach um den Kopf frei zu kriegen, den Alltag mal Alltag sein zu lassen. Auch um ein bisschen Normalität zu haben – das ist ein Grund, warum ich gerne feiern gehe: Da treffen so viele Menschen, so viele Kulturen aufeinander.
Was kommen dir für Hürden in den Sinn?

Man muss es sich schon sehr genau überlegen, ob man das macht. Wegen der eigenen Sicherheit. Wenn da so unglaublich viele Menschen da sind, es wird mega eng – das kann zu Panik führen, denn du bist dann der letzte Mensch, der rein oder raus kommt und das ist schon krass. An Halloween war es zum Beispiel richtig heftig, ich wurde die ganze Zeit nur angerempelt. Außerdem wird in Bars oft geraucht. Es ist so makaber: Ich habe hinten auf dem Rollstuhl ein Sauerstoffgerät – und vor mir kifft jemand. Das kann man ja auch drei Meter weiter machen.

Das ist manchmal schwierig: Man weiß um die eigenen Bedürfnisse und muss darauf achten und in der Disko willst du dann auch Gleichberechtigung und kannst nicht einen auf Proleten machen und sagen „Hey, mein Beatmungsgerät“ – auf der anderen Seite muss man das ja aber irgendwie. Als Rollstuhlfahrer*in muss man sich auf jeden Fall überlegen, wie man hinkommt und reinkommt. Viele Clubbetreiber*innen gestalten ihre Clubs sogar absichtlich nicht barrierefrei, weil sie sagen, sie könnten für die Sicherheit gar nicht garantieren. Das finde ich extrem diskriminierend und ich frage mich manchmal schon, was mit den Menschen eigentlich los ist. Da wird es einfach hingenommen, dass so viele Menschen einfach wehrlos sind – und diesen Menschen sollte es trotzdem selbst überlassen werden, ob sie in den Club gehen wollen oder nicht, indem man ihnen einen gewissen Schutz gewährt. Da wird über die Sicherheit gesprochen, viele Menschen können sich nicht richtig wehren und das wird dann einfach so hingenommen – und trotzdem sollte es selbst dann ja immer noch deine eigene Entscheidung sein.

Bei dem Club, in den ich oft gehe, kenne ich die Türsteher inzwischen, die nehmen es dann in Kauf, dass drei normale Leute weniger reinkommen, die am Ende vielleicht sogar Stress schieben, damit ich rein kann und eine coole Nacht habe.
Ich glaube, es hat viel mit Konfrontation zu tun: Wenn du als normaler Mensch eine*n Behinderte*n siehst, denkst du dir eben deinen Teil: „Oh mein Gott, das ist ein*e Behinderte*r, der*dem geht’s vielleicht schlechter als mir, möchte ich das jetzt überhaupt sehen oder möchte ich mit meinen Kumpels einfach nur saufen und die Welt vergessen.“

Es gibt Menschen, die finden es cool, wenn Clubs inklusiv und barrierefrei sind. Es gibt aber auch Menschen, die sagen: „Warum lasst ihr sowas überhaupt in euren Schuppen rein?“ Ich kann es einfach nicht verstehen, wenn Clubbetreiber*innen so eine Diskriminierung à la 1940 unterstützen anstatt es zu unterbinden. Es kommt einfach darauf an, ob der*die Clubbetreiber*in sich selbst damit auseinandersetzt oder nicht.

Ich glaube, viele beeinträchtigte Menschen trauen sich dann einfach nicht, fühlen sich wertlos und denken, sie sind es eben nicht wert, in den Club zu gehen – das finde ich extrem traurig. Ich habe meinen besten Freund mit, mit dem ich viel unterwegs bin und es kommt oft vor, dass er mich beschützen muss, weil ich meine Arme und Beine nicht bewegen kann und so weiter. Und davor haben natürlich viele Angst, weil Menschen ihren Konsum und sich selbst dann manchmal hat nicht im Griff haben. Nicht jede*r achtet darauf, was in ihrem*seinem Drink ist, und dann vergessen sich manche eben. Es gibt ne Schlägerei, du hast damit nichts zu tun, stehst einfach in einer falschen Ecke – das geht ja so schnell. Bei uns war es oft so, dass mein Begleiter fast in eine Schlägerei gekommen wäre, weil er verhindern wollte, dass alle auf mich drauf fallen.

Und es macht, leider, ja nochmal einen Unterschied, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Als Frau im Rollstuhl beispielsweise alleine feiern zu gehen – das sollte man sich schon sehr genau überlegen, ich persönlich würde das auf jeden Fall nicht machen.


NOTE NOTE –

(Positiver) Ableismus: Der Begriff „Ableismus“ setzt sich zusammen aus dem englischen Wort „able“ (to be able = fähig sein) und „ismus“. Ableismus ist die alltägliche Reduzierung eines Menschen auf seine Beeinträchtigung. Damit einher geht eine Abwertung (wegen seiner Beeinträchtigung) oder aber eine Aufwertung (trotz seiner Beeinträchtigung), die jeweiligen Personen werden nicht als gleichberechtigte Gegenüber wahrgenommen, sondern etikettiert, reduziert und auf- oder abgewertet.

 

Was fällt dir zum Thema positiver Ableismus ein?

Der Spruch „Hey, wie cool, dass du feiern gehst“, ist halt Standard. Es gibt drei verschiedene Arten von Menschen, die mir beim Feiern begegnen. Es gibt die Beobachter*innen, die sich einfach alles zusammenreimen, anstatt auf mich zuzugehen. Dann gibt es diejenigen, die bewusst so tun, als würde ich nicht reden können, und mit meiner Begleitung sprechen. „Hey, hat sie eine Krankheit / Hey, wie geht es ihr / Hey, lebt sie nicht mehr lange?“ – da denke ich mir, man kann auch mich das fragen, wenn überhaupt.

Und dann gibt es noch die Leute, die zu meiner Begleitung sagen: „Ey Respekt, Bruder, dass du dir das antust“ – und die bewusst mir als Menschen im Rollstuhl das Gefühl geben, dass ich eine Belastung bin. Das ist so krass, wenn du nicht mal einen Meter weg stehst und das mitbekommst. Außerdem gibt es dann auch Leute, die mir zum Beispiel einfach einen Kuss auf die Wange geben, die meinen: „Hey, schön dass du da bist“. Ich denke, okay, nett, dass du das feierst, aber du übertrittst hier gerade eine Grenze, das ist ein Übergriff. Oder, dass Typen mich einfach so antanzen, wo ich genau weiß, wenn ich allein da wäre, würde etwas passieren, was ich definitiv nicht wollen würde, und es wäre egal, wie oft ich „Nein“ sagen würde.

Es ist total bunt gemischt, an einem Abend sind es schon so 10-15 Leute, die einen ansprechen, viele Begegnungen, aber auch viele, die ich mir echt hätte sparen können. Ich würde oft gern drauf verzichten, weil ich so nie das Gefühl von irgendeiner Normalität bekomme, weil ich immer angesprochen werde, die Blicke immer auf mir liegen. Kommt auch immer darauf an, wie man sich selbst fühlt.

Was würdest du sagen, wie bereitet man sich am besten auf einen Abend im Club vor?

Es kommt ganz darauf an, was für Grundbedingungen man hat. Zum Beispiel auch, was für einen Rollstuhl. Man sollte sich sicher fühlen, alles bei sich haben. Man sollte sich bereit fühlen, auszugehen. Dann muss man noch unterscheiden, ob man eher am Rand sein möchte, zuschauen, oder ob man aktiv teilnehmen möchte. Prinzipiell würde ich immer empfehlen, dass man in Begleitung geht – damit man immer jemanden hat, den man im Notfall rufen hat.

Man kann auch kleine Barrieren aus der Welt schaffen, zum Beispiel dass man gleich drei statt einem Bier kauft, wenn man sich etwas zu trinken holt, damit man nicht immer hin und her muss. Dass man sich einen Platz sucht, an dem man sich wohl fühlt und dann da den Abend bleibt. Es kommt auch darauf an, was für ein Typ Mensch man ist, ich bin immer gern in der Mitte mit dabei.

Was sollten andere Menschen beachten? Beziehungsweise, wofür sollten Menschen, die feiern gehen, sich sensibilisieren, wenn sie einer behinderten Person begegnen?

Vor allem sollte man immer seinen Pegel kennen. Man sollte, wenn man einen über den Durst getrunken hat, nicht sofort auf die Menschen losgehen. Man sollte sich im Griff haben. Wenn man mit der Person tanzen möchte, auf Augenhöhe gehen „Hey, hast du Spaß, möchtest du was trinken“ – Konsens eben, so wie gegenüber allen anderen Menschen auch. Man sollte auch gewisse Distanz wahren. Man muss nicht 30 Meter weit weg stehen, aber das ist ja ein fremder Mensch und viele sind dann der Meinung, nur weil der*die andere eine Beeinträchtigung hat, kann man sich das Recht herausnehmen, aufdringlich zu sein.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Wenn man einfach agiert, jemanden küsst oder so, und die andere Person kann nicht reagieren, Arme und/oder Beine beispielsweise nicht bewegen – so schnell kann doch niemand ordentlich reagieren. Oder ich müsste halt schreien. Also: Niemals jemand anderem das Gefühl geben, dass er*sie eine Last sei oder dass es etwas Utopisches ist, dass er*sie gerade dort ist. Da muss man auf die Wortwahl achten, ich finde „Ey cool, dass du da bist“ ist schon nett gemeint. Aber wenn man sagt „Hey, hast du Lust zu tanzen“ kann man das Gleiche rüber bringen, ohne zu sagen „cool dass du da bist, dass du dich traust“. Was ist an mir falsch, dass ich mich nicht raus trauen sollte? Klar, das ist oft nicht böse gemeint. Diskriminierung ist es trotzdem.

In jeder Art von Begegnung und Kommunikation ist Ehrlichkeit und Offenheit so wichtig. Ich habe das Gefühl, manche Menschen sind so abgestumpft, dass sie vergessen, zu kommunizieren, und sich auch in die Situation von anderen hineinzuversetzen. Ich fände es so wichtig, dass viel mehr Menschen darüber nachdenken würden, was für sie selbstverständlich ist, was für das Gegenüber aber vielleicht nicht selbstverständlich ist.

Zum Abschluss noch ein kleiner Denkanstoß: Wie viele DJs mit Behinderung kennt ihr eigentlich?

VEF 137 „VEF Radio“ (Yuyay / PossblThings / R.A.N.D. Muzik)

Nanu, da machen drei Labels gemeinsame Sache – zum Glück, denn sonst würden wir die Synth-Abenteuer von VEF 137 verpassen.

Ein sich steigernder, langgezogener Ton, der am Ende von „Introvert“ höhepunktlos verebbt, gefolgt von uralter Telefon-Werbung am Anfang von „Telefon 1-800“: So beginnt das Album „VEF Radio“ von Kirill Junolainen alias VEF 137, das unter gemeinsamer Anstrengung von Yuyay, PossblThings und R.A.N.D. Muzik auf Vinyl, digital und als Tape herausgebracht wurde (wobei die 12″ elf der insgesamt zwanzig Tracks sammelt).

Eine Liebeserklärung an einst moderne Technik sei dies, erklärt der Promo-Text. Anhand der Tracklist wird dies deutlich: Da tauchen obsolet gewordene Geräte wie „Matrixprinter“, „Floppydisc“ oder „Telefax“ auf, aber auch solche wie der „SL-1200“, die vielleicht schon mehr Menschen vermisst werden. Track Nr. 12 heißt dann auch „Nostalgie“ – eigentlich klar, dass die Musik in der retro-futuristischen Welt zwischen Drum-Machines und Synthesizer, Electro und russischen Sprachsamples zuhause ist.

Die verschiedenen Geschwindigkeiten und Stimmungen auf „VEF Radio“ sind knackig auf den Punkt gebracht und dabei auf Albumlänge gesehen abwechslungsreich gestaltet. Meistens ist dies genre-typisch eher dark, wird aber auch ziemlich funky wie bei „Retroman“, rockt sehr munter nach vorne wie bei „UKW“ oder schaut verträumt in die Sterne wie bei „Kinofilm“. Zwischendurch hören wir nochmal rein, wie eigentlich ein „AM Transmitter“ klang und trauern darüber, dass mit Verschwinden des „56k Modem“ auch ein ikonischer Sound abhanden kam, der die vielversprechenden Weiten des Internet akustisch prägte. Ein feines Release und außerdem ein gutes Beispiel für gelungene Label-Kooperationen.

Namedropping: Don’t believe the hype

Braucht jede Party einen großen, bekannten Namen auf dem Plakat? Verschiedene Partyreihen und Kollektive treten den Gegenbeweis an, darunter Changing Factors aus Frankfurt. Und was nun Frankfurt mit Leipzig zu tun hat, lest ihr hier.

„Wer is‘n da Headliner?“, fragt der eine die andere in der Tram. Blick aufs Smartphone, Scrollen, Scrollen – ah, Antwort gefunden. Die Entscheidung ist gefallen – „kenn ich nicht“, was wohl so viel heißt wie „Nee, weitersuchen“, denn nun wird weitergescrollt und andere Locations und Namen werden aufgesagt. Nach drei erneuten Anläufen wird entschieden, man kenne genug der Auftretenden und die Abendgestaltung scheint gerettet. Handy in die Tasche, Blick nach vorn. Der subjektive Bekanntheitsgrad der Künstler*innen im Line-Up hat entschieden – denn manchmal will man nicht rumeiern, da muss man wissen, wo’s hingeht. Partys, die gar kein Line-Up präsentieren, kämen bei den zwei Tramfahrer*innen von eben eher mal so gar nicht durch. Schade eigentlich. „Oder auch nicht“, wie mir einer der Initiatoren einer neuen Line-Up-losen Partyreihe in Leipzig erzählt.

Volle Hütte
Ich glaube kaum, dass es allzu viele Raver*innen gibt, die völligst frei von der Anziehungskraft großer, bekannter Namen sind. DVS1 all night long, Kobosil diesdas und noch irgendwer vom Berghain – volle Hütte, geile Party. Nicht dass noch einer denkt, ich wolle mich da nun besonders individuell zeigen. Oft bis ganz oft sind bekannte Künstler*innen nicht umsonst gefeiert, erfolgreich, „in aller Munde“ – sondern eben richtig gut, in dem, was sie machen. Oder besonders vermarktbar, gehyped und überschätzt. Das gibt’s auch.

Wer schon mal eine eigene Veranstaltung im Nachtleben auf die Beine gestellt hat oder sich auch nur fantasiereich der Frage „Wenn ich eine Party machen würde …“ gewidmet hat, der weiß um die Bedeutung des Headliners, bestenfalls noch in der Mehrzahl. Dazu gerne noch nationale und lokale Künstler, die vom Austausch und eben auch von Publikumsmagneten profitieren, um Menschen zu erreichen. Eine Veranstaltung ohne Line-Up ist eine vergleichsweise risikoreiche Angelegenheit, denn viele Gäste möchten vorher „sicher“ sein, wofür sie 10-12-14 Euro am Einlass zahlen. Die Kuration einer Veranstaltung nach Grundsätzen, Werten jenseits der Verwertungslogik und einem bestimmten Soundstil, das ist ja gut und schön, aber wirtschaftlich – für alle Beteiligten – soll’s bitte auch sein.

Rillendisko, Made to Fade und Changing Factors
Ob mit oder ohne großen Headliner, nur um den Sound, nur um die Musik, geht es in der Clublandschaft nicht mehr. Entwicklungsreich wie eh und je haben sich weitere Kunstformen wie Lichtdesign, Performance, Literatur (ja, auch das gab es schon, ich bin Zeuge) oder Installationen angeschlossen. Bereicherung und_oder Distraktion.

Aber keine Bewegung kommt ohne Gegenbewegung aus. Es gibt sie, die Partys ohne Line-Up, ohne viel Licht, dafür mit Soundverliebtheit bis über beide Ohren. Beispielsweise die Rillendisko, die mittlerweile im IfZ als eigene Sonntagsreihe etabliert ist oder die Made to Fade-Partys („no names, just music“) im Elipamanoke folgen diesem Prinzip.

Zum Jahresende hin besucht nun eine Frankfurter Crew das Leipziger mjut, um dort ihre Partyreihe namens Changing Factors zu veranstalten. Eben jene Party kommt ebenfalls ohne Line-Up daher und kommuniziert vor allem mit einem Mix, was das Publikum zu erwarten hat und stellt die Frage in den Tanzraum, durch welche Kriterien unser gängiges Entscheidungsverhalten und die Erwartungshaltung an eine Party bestimmt wird.Kritik an Clubkultur
Die eine Seite des Konzepts von Changing Factors ist Kritik an bestehender Clubkultur. Gängige Marketingstrategien zielen darauf ab über Namen eine Erwartung zu generieren, die bestenfalls auch bedient wird. Orientierung bieten aktuelle Trends, um eine „erfolgreiche“ Party zu machen, was größtenteils über einen visuellen Zugang, einen gewissen Style funktioniert. In der Konsequenz geht es dann eher darum, seine Individualität durch das Aneignen dieses Styles auszudrücken; kurz: es geht um soziales Kapital. Was auf der Party selbst stattfindet, ist die Wiederholung dieser Erwartung, die durch den „Markt“ erzeugt wurde.

Die performative Seite des Konzepts besteht in der Ablehnung einer solchen Verwertungslogik, die das, was CF-Crew unter Cluberfahrung versteht, stark überformt. Im zweiten Schritt zielt Changing Factors darauf ab eine andere kollektive Erfahrung zu ermöglichen, welche über einen Fokus auf das Zusammenspiel von Musik und Tanz verläuft (mehr zu diesem Thema findet ihr hier).

„Um diese unmittelbarere Begegnung mit der Musik und seinem Körper zu ermöglichen, welche eben mehr als Wiederholung einer vorgefertigten Erfahrung sein will, ist es noch vor der Ablehnung der gängigen Verwertungslogik und der Minimierung von visuellen Reizen auf dem Dancefloor, nötig ein Awareness-Konzept umzusetzen, welches überhaupt erst für alle Gäste die Möglichkeit zu dieser Erfahrung garantieren soll“, erklären sie weiter.

Gerade das Augenmerk auf Awareness ist eine maßgebliche Verbindung zwischen Changing Factors und dem Leipziger mjut, wo hierfür auf jeder Party Personal vertreten ist. Ein weiterer Berührungspunkt des Kollektivs und des Clubs ist natürlich Techno – wobei hier die ‚Detroit-Perspektive‘ vorherrscht, welche Mad Mike wohl am besten erklären kann.

Eine weitere Referenz an die „goldene Era“ ist eine Rave-Line (better call: 0178/4189444), über die ihr Infos über die Party und ein wenig Musik zu hören bekommt.
Ob und wie der Versuch gelingen wird, die Party und das dahinterstehende Konzept von Frankfurt nach Leipzig zu bringen und dabei bewusst auf das gewohnte Namedropping zu verzichten, bleibt nicht ganz unspannend.

Wer sich das ganze anhören möchte, möge am 14.12. die Reise ins mjut zur Changing Factors antreten. Neben dem großen Techno-Floor wird es auch einen Chill-Out-Floor mit entspannter Atmosphäre und Sitz- bzw. Liegegelegenheiten geben. An diesem Abend zählen keine Namen.

Signalstoerung „S“ (Hymen Records) / „IDR“ (Inner Demons Records)

Kalt, schwerfällig, intensiv: Das Debüt-Album von Signalstoerung ist dieses Jahr erschienen.

Ein weiterer in Leipzig ansässiger Musiker, der bisher unter unserem Radar flog, ist Signalstoerung. Als Teil von Adventurous Music und des Kollektivs Global Noise Movement ist er seit geraumer Zeit im weiten Feld der experimentellen elektronischen Musik aktiv. Aber erst dieses Jahr wurde sein Debüt-Album bei Hymen Records veröffentlicht.

Signalstoerung „S“ (Hymen Records)

Das umtriebige Label Defrostica hat ja Anfang des Jahres vermutet, dass die CD ein Comeback haben wird. Nun, Hymen Records scheint dies zu bestätigen und veröffentlicht die elf Tracks des Album „S“ auf einer kleinen Silberscheibe. Eine passende Wahl, wie ich finde, denn wie auch das Medium selbst wirkt auch die Musik von Signalstoerung aufgeräumt, streng, ja fast schon klinisch. Auch die Tracklist folgt dem Konzept: Jeder Titel wurde mit dem Buchstaben „S“ und einer anschließenden Ziffer benannt.

Hier hat alles seinen Platz: Schwerfällige, an Dubstep erinnernde Beats schieben intensive Bässe voran und stellen einzelne, manchmal sanfte, manchmal lärmige Sounds in den Mittelpunkt. Gerade durch die wenigen Komponenten entfalten die reduzierten Melodien wie in „S9“ eine immense Kraft. Das ist keine Tanzmusik für Roboter – das ist eher der Soundtrack zur Präzision autonomer Waffensysteme. In den besten Momenten, wie „S8“, scheint die Zeit stehen zu bleiben, während die KI die nächsten hundert Schritte berechnet. Und wenn im „Copenhagen Edit“ von „S2“ plötzlich entfernter Gesang auftaucht, weiß ich nicht, ob ich fasziniert inne halten oder besser doch die Flucht ergreifen soll. Was für eine Dystopie!

Signalstoerung „IDR“ (Inner Demons Records)

Etwas roher hingegen klingen die vier Tracks, die auf einer – noch so ein obskures Medium – 3″-CD auf dem Label Inner Demons Records erschienen sind. Die Herangehensweise ist eine ähnliche, aber Noise spielt hier noch eine dominantere Rolle als auf „S“. Und wütender klingen die vier Tracks irgendwie auch: Das fällt mir spätestens bei dem fast schon punkigen Schreien auf „IDR4“ auf.

Credit 00 ‎presents „The Cosmic Funk Collection“ (Bordello A Parigi)

Sehr funky: Credit 00 präsentiert vier Tracks abseits der geraden Bassdrum.

Es ist immer wieder spannend zu hören, wenn sich Musiker abseits der üblichen Pfade bewegen und neue Spuren hinterlassen. Ok, Credit 00 pendelt ja schon immer munter von House zu Techno zu Electro zu Disco und allen möglichen Spielarten elektronischer Musik. Aber dennoch überrascht mich die „Cosmic Funk Collection“ auf Bordello A Parigi, da ich so deutlich im Zentrum stehende Breakbeats dann doch nicht erwartet hätte. Zugegebenermaßen habe ich auch nicht alle Veröffentlichungen von Credit 00 verfolgt, vielleicht gibt es also Nachholbedarf für mich.

Die Cosmic Side beginnt mit einem Breakbeat, der aus tiefsten Trip Hop-Zeiten zu stammen scheint, und einigen einleitenden Worten, bevor dann die „Traumorgel“ geheimnisvolle Melodien in den Weltraum schickt. „Sultan of Sansibar“ bohrt sich da schon intensiver in die Gehörgänge: Eine irgendwie ornamentale 303-Melodie mit schönen Hall legt sich über einen perkussiven Disco-Beat. Ohrwurm-Gefahr!

Platte einmal umdrehen. Die Funk Side rockt gleich mit dem Electro-Hip-Hop-Track „System Down“ los, der mit einer weirden Bassline, funkigen Synths und ordentlich Vocoder-Spaß die Bude wackeln lässt. Sehr fresh! Die EP endet mit „Cruisin“, dessen Beat direkt von einer 25 Jahre alten R’n’B- oder Rap-Platte gesamplet sein könnte und mit sonnig-verpeilten Sounds versetzt wurde.

Auffällig ist, wie simpel die Tracks funktionieren – im Grunde hätten sie auch schon in den 80er oder 90er Jahren so entstehen können, man höre nur die geloopten Breakbeats der damaligen Zeit. Vielleicht bin ich ja spät dran und die nächste Retro-Welle bzw. Genre-Plünderung ist schon in vollem Gange. So oder so, das macht hier eine Menge Spaß und ich freue mich gern über weiteren Funk.

Syncboy „Aufnahme Koch EP“ (Lustpoderosa) / „Pracht live Tapes #1“

Fast verpasst: Dieses Jahr gab es zwei neue Veröffentlichungen von Syncboy.

2018 nähert sich dem Ende und wir waren rezensionstechnisch ganz schön faul. Dabei ist sehr viel spannende Musik herausgekommen. Jene von Syncboy hätte ich beinah komplett verpasst. Wahrscheinlich haben wir Syncboy bisher noch nicht bei frohfroh vorgestellt, dochvielleicht hattet ihr bereits die Gelegenheit, eines seiner Live-Sets in Leipzig zu erleben und dabei seine Skills am Modular-Synthesizer kennenzulernen. Nun also gibt es auch mehrere Releases, die seine Musik dokumentieren.

Syncboy „Aufnahme Koch EP“ (Lustpoderosa)

Die „Aufnahme Koch EP“ von Syncboy, erschienen auf dem in Zürich ansässigen Label Lustpoderosa. Zu Beginn das Cover der EP: Das angeschnittene Gesicht von Bodo Hansen, der mit Zigarette im Mund eine Mücke betrachtet. Ein Hinweis?

Die EP startet unbeschwert: „Stolpern 0.3“ versetzt mich schlagartig in den Sommer zurück – Wochenende, Sonnenschein, auf der Wiese rumliegen, dazu nettes Modularsynth-Gebimmel … das klingt angesichts der Winter-Tristesse doch sehr verlockend. Ernster dagegen „Green Market“, hier melden sich dunklere Töne zu Wort, als würden sie der Unbedarftheit des ersten Stücks misstrauen. Vielleicht löst sich aber auch die selige Ruhe auf, weil bereit gesichtete Mücke hungrig in der Nähe herumschwirrt. „Kiss An Elefant“ führt diese Anspannung fort; einige aufblitzende Sounds piesacken nun den Hörer. Folgerichtig klingt „Waterfalls“ nicht zuletzt wegen der Handclaps wie die Vertonung der sich anschließenden Mückenjagd. Verrückt, wie gut die Musik zu dieser nervenaufreibenden Tätigkeit passen würde. Wie die Jagd wohl ausgeht?

Das Cover ist optimistisch: Auf der Rückseite finden wir die Mücke in Einzelteile zerlegt.

Syncboy „Pracht live Tapes #1“

Aber es gibt noch mehr von Syncboy. Die Pracht hat eines seiner Live-Sets auf Tape gebannt und im Grunde wirkt die „Aufnahme Koch EP“ fast wie ein ausgearbeiteter Ausschnitt aus dieser oder einer ähnlichen Session. Einerseits zeigt der Mitschnitt gerade durch die Länge von über fünfzig Minuten die hypnotisierende Qualität seiner Musik. Andererseits aber auch, wie Syncboy immer wieder ruppige Drums einsetzt, die den Hörer aus der Trance herausreißen und an die doch auch punkige Seite des Musikers erinnern.