Kaum öffnen sich die Clubtüren nach zwei Jahren Pandemie, kommt auch die Workshop-Reihe für Produzent:innen ins Institut fuer Zukunft zurück. Wir haben alle Infos zum Start.
Elektronische Musik, ob experimentell oder für die Clubbühne, wird oft am heimischen Schreibtisch oder in Studios produziert. Viele Produzent:innen haben nicht die Möglichkeit, ihren Sound auf einer Clubanlage anzuhören und, nicht nur in Corona-Zeiten, oftmals nicht die Chance für Austausch, der über die eigene Bubble hinausgeht.
Um diese Lücke zu schließen, um die neuesten Tricks und Updates miteinander zu besprechen, Musik gemeinsam zu hören, nach Rat zu fragen und die selbst komponierten Tracks anderen Producer:innen zu zeigen, darum gab und gibt es den Ableton-Workshop im Institut fuer Zukunft in Leipzig.
Nach langer Pause (we all know why) sind die Macher:innen zurück. Und zwar mit einem neuen Konzept, das eine Live-Performance und anschließendes Abhören von Musik einschließt.
Am 7. April 2022 ab 19 Uhr (Einlass, Beginn der Performance 20 Uhr) sind alle Interessierten, von Basic bis Advanced Skills, auf Trakt I im IfZ eingeladen. 2G+!
Alle Infos zum Workshop, zum neuen Konzept und zum Open Call für Produzent:innen (der nicht nur für diese Veranstaltung gilt!) lest ihr bei Facebook und Instagram.
PS: Wer seine Tracks auf der Clubanlage während des Workshops im IfZ abhören möchte, trägt sich in diese Liste ein oder schreibt eine Nachricht via Instagram. Noch fünf Plätze sind frei!(Stand: 31.3.2022; 16:30 Uhr)
Es ist soweit, das IfZ öffnet wieder seine Türen für lange dunkle Clubnächte. Dafür sind alle drei Floors offen und werden bis auf Alex.Do nur von super guten Locals bespielt. Welcome back. Nächste Woche folgt der zweite Teil des Reopenings.
+++ Es gilt 2G Plus Plus, d. h., Einlass ist nur geimpft, genesen oder geboostert PLUS ein tagesaktueller negativer Test möglich +++
Partyname:
Back
Zeit:
02.04.2022, 23:55 Uhr
Location:
Elipamanoke
Acts:
DJ Mell G, Hötsche, Kimya, Lars Goldammer, Luzi, Mathias Ache & Mule, Rarri, Red Harmony, Senta Julien, Sonnenstadt, Sui, Xynia
Und auch das Eli ist back – ebenfalls mit vielen Locals und langjährigen Residents. Neben viel House und Techno bringt DJ Mell G aus Hamburg aber auch neue Sounds mit – Footwork und Breaks, klingt spannend.
Außerdem heute:
Graveyard Records presents: Rituals – Noch Besser Leben, 19:30 Uhr – Zweiter Teil der Konzertreihe, heute mit Host und Label-Betreiberin SupaKC sowie Nspktklr
Saturday Rave – Distillery, 23:30 Uhr – House und Techno mit Cuthead, Anna Malysz, Albrecht Wassersleben, Tøsche, Leá Occhi, Møz
Das KW13-Wochenende geht mit Synthpop, Rap und einer interaktiven Ausstellung los. Hier unsere drei Tipps.
Partyname:
Graveyard Records presents: Rituals
Zeit:
01.04.2022, 19:30 Uhr
Location:
Noch Besser Leben
Acts:
Zweatlana, Heath Karing
Das Leipziger Graveyard Records veranstaltet ein Mini-Festival mit zwei Konzertabenden und vier spannenden Acts. Wer auf Synthpop, Bass und Neo Soul steht, sollte sich um Tickets kümmern. Heute spielt neben Heath Karing auch Zweatlana – wir hatten sie im letzten Jahr im Interview.
+++ Es gilt 2G Plus Plus, d. h., Einlass ist nur geimpft, genesen oder geboostert PLUS ein tagesaktueller negativer Test möglich +++
Außerdem heute:
Gl0tchbl0Kby Simon Schäfer – ZiMMT, 18-21 Uhr – Interaktive und audiovisuelle Installation mit einer Playstation 2 – bis 10.4. läuft die Ausstellung, weitere Informationen und ein Video gibt es hier.
Canê Tour 2022 – Distillery, 19 Uhr – Die wunderbare Rapperin Ebow ist auf Tour zum neuen Album.
Good News aus der Kurt-Eisner-Straße – die Distillery kann noch bis Ende Januar 2023 an jetzigen Standort bleiben.
Eigentlich lief der Mietvertrag der Distillery in der Kurt-Eisner-Straße zum 31. März 2022 aus, weil dahinter ein großes neues Wohngebiet entstehen soll. Im Vorfeld der Baubeginns sollte ein Artenschutzprogramm zur Umsiedlung der Wechselkröte stattfinden, weshalb die Distillery schon jetzt raussollte, obwohl die neue Location am Gleisdreieck noch nicht fertig ist.
Distillery-Betreiber Steffen Kache suchte aber das Gespräch mit dem Bauträger BUWOG sowie mit verschiedenen Ämtern der Stadt Leipzig, um etwas mehr Zeit zu bekommen. Das Engagment hat sich gelohnt: Die Distillery muss nun erst am 31. Januar 2023 die Location, in der sie seit 1995 zuhause ist, verlassen und wird dann auf der Alten Messe ein Interim beziehen. Aktuell wird dafür eine Baugenehmigungsverfahren vorbereitet. Außerdem stiftete die BUWOG der Leipziger Club- und Kulturstiftung 200.000 Euro – die Stiftung unterstützt Projekte zur Förderung von Musik, Kunst und Kultur, gegründet wurde sie von der Distillery und dem TV Club.
Distillery-Betreiber Steffen Kache sagt: „Wir sind sehr glücklich und froh, dass wir unseren Standort nicht räumen müssen und auch über den März hinaus unsere Gäste an der Kurt-Eisner-Straße begrüßen können.“ Und weiter:
„Gerade nach der langen Coronapause war es wichtig, wieder in den Betrieb zurückkehren zu können. Damit ist der Verbleib des Clubs am Standort noch für weitere neun Monate gesichert, danach ist jedoch in der Südvorstadt definitiv Schluss.“
Und die Wechselkröte? Das Programm beginnt dennoch im April 2022, allerdings wird der Bereich um die Distillery bis zum Auszug ausgespart.
Zwei schöne Tipps für Samstag: Einmal Open Air im Skatepark, später in die Distillery.
Partyname:
Skatepark Session w/ Music Of Color
Zeit:
26.03.2022, 14:00 Uhr
Location:
Heizhaus Skatepark
Acts:
Music Of Color-Crew
Zum Finale der diesjährigen „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ lädt das Grünauer Heizhaus zu einer Skatepark-Session mit der tollen Leipziger Music Of Color-Crew. Sonne hat sich auch groß angekündigt. Dazu steht ein großes Soundsystem bereit, Bar und Soulfood sollen es auch geben. Klingt nach einem Happy Day mit Tanzen, Skaten, Streetball und Chillen. Bis 22 Uhr.
Außerdem heute …
Saturday Rave – Distillery, 23:30 Uhr – Techno und House mit Ryan Elliott, Manamana, Andreas Eckhardt, Senta Julien, Sailent Seihmen, Patrick Dre, Bigalke
Ein Tipp, ein Rave – mehr braucht ein Freitag nicht. Oder?
Partyname:
Sachsentrance
Zeit:
25.03.2022, 23:00 Uhr
Location:
Distillery
Acts:
DJ Carpet Crawler 3000, Itsadisasta, The Jakob Sisterz, Raverpik, N.akin, Madda Chantal, Atreo, Hkkptr
Sachsentrance fährt voll auf. Mit vier Crew-Residents und DJ Carpet Crawler 3000 aka Brother Louie, der extra aus Amsterdam rüberkommt. Die Herzen werden hoch emotionalisiert fliegen und mächtig schnell in Trance geraten. Außer im Keller. Da dürfte es deutlich rauer und deftiger werden.
Bock auf noch mehr Sachsentrance? Die zweite Platte des Labels kam kürzlich heraus – hier unsere Review.
+++ Es gilt 2G Plus Plus, d. h., Einlass ist nur geimpft, genesen oder geboostert PLUS ein tagesaktueller negativer Test möglich +++
Wow, MZIN ist umgezogen. Nicht irgendwohin, sondern in das Museum der bildenden Künste. Wir waren dort, haben uns umgeschaut und mit den Betreiber:innen gesprochen.
Seit elf Jahren ist MZIN der Spot, um in Leipzig internationale Magazine, Bücher, Editionen und Kataloge zu bekommen – speziell aus den Design-, Kultur-, Musik-, Fashion-, Kunst- und Literaturwelten. Der Shop von Philipp Neumann und Karen Laube hatte auch einen entscheidenden Anteil daran, dass sich die Kolonnadenstraße zu einem Place to be der Stadt wurde. Der Gegend bleiben die beiden auch treu, allerdings wird der bisherige Laden zum MZIN-Lager und perspektivisch zu einem Co-Working-Space. Beide arbeiten auch selbst als Grafiker:innen und Kurator:innen.
Im Sommer 2021 kam aber die Anfrage vom Museum der bildenden Künste, ob MZIN nicht ins Haus kommen und nebenbei den Museumsshop wiederbeleben möchte. Überhaupt refresht sich das Museum immer mehr, seitdem Dr. Stefan Weppelmann die Direktion übernommen hat. Unsere frohfroh-Redakteurin Nastassja von der Weiden aka Antoinette Blume führte beispielsweise in einem aufwendigen Video-Produktion sowie einer Podcast-Reihe durch die neue „Bilderkosmos“-Ausstellung. Und auch die Gastronomie geht demnächst durch die Cantona-Crew in eine neue Richtung.
„Leipzig hat sich sehr weiterentwickelt, es ist viel internationaler geworden.“
Dies meint Philipp beim Besuch der neuen Location. Der neue MZIN-Store bespielt den Hof 2 mit seiner prägenden Zündkerzen-Neonreklame. Ein Raum mit riesigen Betonwänden und Blickachsen in die oberen Galerien. Hier haben Karen und er eine komplett gelbe Insel mit verschiedenen Displays, Ablagen und Bänken geschaffen. Ein offenes Raum-im-Raum-Konzept mit einer separaten Sitzecke.
Den Entwurf für das Store-Design hat Philipp gemeinsam mit dem Plagwitzer Studio Markus Mai entwickelt. Dabei wurden die alten Möbel wiederverwendet und in das gelbe Setting integriert und um neue Teile ergänzt. Der Raum wird künftig auch für Events wie Lesungen und Präsentationen genutzt. Rund zwei Veranstaltungen pro Monat sind angedacht. Neben dem bekannten MZIN-Programm gibt es auch einen Bereich für ausgewählte Prints und Ausstellungskataloge des Museums.
Mit dem Zugang vom Brühl hat MZIN auch einen eigenen Eingang für sich – sichtbar am riesigen Banner außen. Aber auch über das Foyer des Museums geht es in den Shop.
Offen ist vorerst immer dann, wenn das Museum aufhat: Di, Do-So, Feiertage 10-18 Uhr Mi 12-20 Uhr
Vor exakt einem Jahr erschien unsere große „Täter an den Decks“-Reihe, die sich mit sexualisierter Gewalt durch Leipziger DJs beschäftigt. Im Dezember ging eine Website online, die einen weiteren Fall an die Öffentlichkeit brachte. Am 22.3. wird eine Sendung bei Radio Blau zu dem Fall gesendet.
Triggerwarnung: Dieser Artikel verweist auf eine Story und Website, die sich mit non-consensual porn in der Leipziger Clubszene auseinandersetzt.
** Mrs. Pepsteins Welt 22.3.2022 // von 20-22 Uhr via Radio Blau **
“Ende letzten Jahres erschütterte mich diese Geschichte von an die 50 Frauen/Flintas, deren Fotos (privat aufgenommen oder von Social Media geklaut) auf einer Pornoplattform auftauchten. Was hinter dieser Geschichte steckt, warum das leider kein Einzelfall ist und wie das ganze juristisch einzuordnen ist, erfahrt ihr in meiner nächsten Sendung”, schreibt die Host Mrs. Pepstein zu ihrer Sendung.
Sie hat sich mit Nina* und Sonja* getroffen, die ihr erzählt haben, wie sie davon erfahren haben, dass ihre Bilder missbraucht wurden und was das mit ihnen gemacht hat. Gemeinsam mit anderen Betroffenen sind sie vor ein paar Monaten an die Öffentlichkeit gegangen.
Außerdem hat sie mit Dr. Anja Schmidt gesprochen, die ihr bei der juristischen Einordnung geholfen hat. Sie ist Rechtswissenschaftlerin und ist Leiterin des DGF-Forschungsprojekts “Pornographie und sexuelle Selbstbestimmung”. Gegen Ende der Sendung hört ihr noch einen Beitrag aus dem Seminar “Feministische Medien” (Frages Leipzig), der sich mit sexualisierter Gewalt in der Clubszene befasst.
Nach Ausstrahlung ist die Sendung noch 7 Tage lang in der Radio blau Mediathek verfügbar.
„Not Your F***ing Porn!“ – hinter diesem wütenden Ausruf steckt eine Website von mehr als 50 Frauen, die vor rund einem Jahr feststellen mussten, das unzählige private, teilweise intime Bilder von ihnen auf einer bekannten Porno-Website hochgeladen wurden. Mit non-consensual porn gibt es auch einen eigenen Begriff für dieses Phänomen, das aber scheinbar bei der Leipziger Polizei und den Justizbehörden noch Neuland ist.
Denn die Website zeigt nicht nur auf erschreckende Weise auf, wie ein in der Leipziger Drum & Bass-Szene bestens vernetzter DJ und Veranstalter über einen langen Zeitraum illegal Bilder von Ex-Freundinnen, Kolleginnen und Bekannten mit misogynen und respektlosen Kommentaren veröffentlicht. Sie macht auch deutlich, wie schwer es ist, sich als betroffene Person bei der Polizei und Justiz Gehör zu verschaffen und ernst genommen zu werden.
Darauf möchte die Initiative aufmerksam machen. Zugleich liefert sie ausführliche Hintergrund-Informationen und Links zu Institutionen, die bei digitaler Gewalt helfen – darunter HateAid, Weißer Ring e. V. und Hassmelden.
Dieser Fall beweist einmal mehr: Sexuelle Gewalt gegen FLINTA* Personen – egal in welcher Form – bleibt ein strukturelles Problem.
Nicht irgendwo im Fernen, sondern auch in unserer lokalen und regionalen Club-Bubble.
Der Name, die Partys, die Konzerte – viele von euch kennen Zacker als Initiator hinter den Leipziger Partyreihen Glitter und Trauma und No No No. Mit seinem neuen Projekt Bouygerhl widmet er sich nicht nur mit einem Blog und einem Archiv queerer Musik in ganz Deutschland, er betritt auch die Podcast-Bühne.
Wir haben Zacker zum Interview getroffen und wollten wissen, wie das Musikarchiv, das er betreibt, eigentlich funktioniert, welche Acts ihn in letzter Zeit besonders beeindruckt haben und wann es wieder Partys von und mit ihm geben wird.
ff: Erzähl doch bitte ein paar Worte über dich, wer bist du, was machst du?
Zacker: Ich würde mich klassisch als Veranstalter bezeichnen – das heißt, seit 20 Jahren organisiere ich in Leipzig Partys, Konzerte und Filmabende. Derzeit unter dem Label No No No. Mein Ziel ist es dabei immer, queere Musik in den Fokus zu rücken, bei allem, was ich als Veranstalter tue.
„Ich bin Musikliebhaber, Veranstalter – und habe Lust, Dinge loszutreten.“
Im letzten Jahr habe ich ein neues Projekt gestartet, das sich Bouygerhlnennt. Das ist ein Archiv, Blog und ein Podcast für queere Musik, für den gesamten deutschsprachigen Raum.
___No No No
Wann hast du angefangen, als Veranstalter zu arbeiten? Und warum, was hat dazu geführt?
2003 habe ich damit angefangen. Der Grund ist ganz einfach: Ich war und bin im Herzen ein Grufti. Und zu diesem Zeitpunkt gab es noch kein Social Media wie wir es heute kennen, mit Facebook und Instagram. Es gab lediglich Online-Foren, in denen die Vernetzung nicht besonders gut war. Ich hatte also keine Anknüpfungspunkte für Veranstaltungen für mich als Grufti. Denn wenn ich in Schwulendiskos gegangen bin, wurde ich blöd angemacht und die Gruftiszene war nicht besonders homofreundlich. Der Start für mich war dann damals eine Gruftiparty für die schwul-lesbische Subkultur; schwul-lesbisch deshalb, weil es den Begriff „queer“ für mich persönlich zu dieser Zeit noch nicht gab.
Was war denn die allererste Party, kannst du dich daran noch erinnern?
Ja, das war die erste Zacker-Night. Ganz simpel, davon gab es sechs Stück, über drei Jahre verteilt. Und da war ich in einem Keller in der Kuhturmstraße, hinten am S-Bahnhof – dort haben wir zu zweit aufgelegt und wir wussten gar nicht, wer oder wie viele kommen würden und was an diesem Abend passiert. Wir hatten nur Flyer verteilt, mehr gab es damals einfach nicht, um Werbung zu machen. Damals hieß ich als DJ noch nicht Zacker, sondern DJ Acid Rock, oh Gott (lacht).
Und ab diesem Zeitpunkt sind Leipziger Clubnächte in etlichen Locations und Clubs nicht mehr ohne Zacker denkbar: No No No wird zu einer der bekanntesten Partyreihen, die fast alle kennen dürften, die Pre-Corona in der Szene unterwegs waren. Wir spulen ganz fix 20 Jahre vor: Dann kam Corona. Wie war diese Zeit für dich, was hat sich verändert?
Das erste Jahr hatte ich gar keine Probleme – diese Zeit war wie ein schlechter Traum. Natürlich habe ich auch Ängste gehabt, das möchte ich nicht verschweigen. Aber ich habe die Zeit auch genossen. Denn nach 20 Jahren war es einfach mal gut, durchzuatmen und die Routine, die sich eingeschlichen hat, wurde aufgebrochen. Ich hatte Zeit darüber nachzudenken: Was will ich eigentlich, wo will ich hin?
Das zweite Jahr war dann viel schwieriger. Da ging es mir überhaupt nicht gut, ich habe mich zurückgezogen. Auch wenn man Freunde hätte sehen können, habe ich niemanden getroffen und bin auch zu keinen Veranstaltungen gegangen, auch wenn sie kurze Zeit möglich waren. Ich habe dann für mich entschieden, dieses neue Projekt Bouygerhl zu starten – und das ist seitdem wie ein zweiter Job und hat mich aus der Krise gerettet.
„Das war mein Weg zu sagen: Hey, was gibt’s denn da noch, außerhalb der Clubkultur?“
Was sich seit Corona verändert hat, ist, dass ich nicht mehr so viel darauf gebe, oder mich danach richte, was andere über meine Veranstaltungen denken. Ich höre nur noch auf mich, denn ich kann nur mein Bestes geben. Das habe ich gelernt: Ich mache meine Veranstaltungen nicht, um anderen zu gefallen. Und wer Lust hat, macht mit.
__Bouygerhl
Wie funktioniert dein Musikarchiv für queere Künstler:innen? Wie viele Artists sind dort mittlerweile vertreten?
Das ist total verrückt, aber ja, wir sind mittlerweile bei 1000 Einträgen. Und ich habe noch viel mehr in petto, nur muss ich es erstmal schaffen, die Einträge zu machen. Um das Archiv herum hat sich noch so viel mehr entwickelt, dass ich das eigentliche Archiv derzeit etwas vernachlässige.
Angefangen hat das Ganze mit einer Exceltabelle mit 100 Acts, die ich als Booker für mich gepflegt habe. Es kamen immer mal Fragen, ob ich nicht wen kenne, für dies und jenes, eine Idee oder einen Kontakt habe – dann dachte ich, ich kanalisiere das und schreibe alles auf, was ich zu den Acts recherchiert habe. Das wurde dann zum Selbstläufer.
Mittlerweile ist es so, dass ich unheimlich viele Mails bekomme, mit Vorschlägen, auch von großen Plattenfirmen. Das Archiv ist also das Herzstück, aus dem dann die eigentliche Arbeit hervorgeht: Die Artikel, die Insta-Posts, Interviews, der Podcast… da passiert also ganz viel.
Wie viel Arbeit bedeutet es für dich, dieses Archiv zu pflegen und bekannt zu machen?
In der Phase, in der ich angefangen habe die ersten 800 Acts einzupflegen, da habe ich morgens um 8 Uhr angefangen und bin um 1 Uhr nachts ins Bett gegangen. Mein Mann hat den Abend dann alleine verbracht und mir war schon ganz schwummerig (lacht). Das war genau vor einem Jahr, denn im Februar kam die Mail vom Programmierer: Du kannst anfangen. Und heute bedeutet es, ich stehe früh auf und das erste was ich mache: Mails für Bouygerhl checken. Dann fahre ich zur Arbeit und mache meinen eigentlichen Job – und danach, wenn ich wieder Zuhause bin, starte ich wieder mit der Arbeit für das Archiv. Es ist momentan wirklich ein zweiter Job.
Welche Rückmeldungen bekommst du für deine Arbeit von Musiker:innen?
Das ist tatsächlich sehr zweigeteilt. Ich bekomme sehr viel positives Feedback aus der Branche, also von Labels, von Agenturen und Acts. Mein Ziel ist es jetzt, das Projekt auch an die Userschaft zu bringen. Dass die Leute das Konzept und den Mehrwert annehmen und für sich nutzen, den Podcast hören, die Artikel lesen und und und.
Die negativen Rückmeldungen sind weniger geworden. Viele verstehen nicht, warum ich das Label queer verwende und schreiben mir, für sie gibt es keine queere Musik – auch wenn sie sich selbst als queer identifizieren. Aber ich weiß, warum ich es mache und wie wichtig mir der Begriff und die Gesamtheit des Projekts sind.
Ich habe diesen Satz, der auch in deinem Podcast, über den wir noch sprechen werden, fällt, zuerst in einer Pressemeldung gelesen: „Identität ist Realität.“ Ist das ist dein Credo, dein Motto?
Das fasst alles gut zusammen und ist für mich die Antwort darauf, warum ich das Ganze mache.
„Ich bin der Meinung, dass es da draußen so viel mehr gibt als Mann, Frau, cis, trans, nonbinär, schwul, lesbisch, bisexuell, asexuell… jeder Mensch hat seine Realität. Und die gilt es, anzuerkennen, nicht zu verstecken und nicht in Schubladen zu stecken.“
__Podcast
Nächstes Thema: Dein Podcast. Wie großartig einfach… Top produziert, tolle Gäst:innen, krasse Gespräche. Warum mussten wir so lange darauf warten?
Ich wollte nie einen Podcast machen. Ich fand das Medium merkwürdig und habe keine Podcasts gehört, außer „Paardiologie“ von Charlotte Roche und Martin Keß-Roche. Ich habe aber gemerkt, dass das Thema Musik für mich nur funktioniert, wenn ich mit den Menschen wirklich rede. Ich habe bei schriftlichen Interviews gemerkt, dass eine Barriere bleibt und viele Zwischentöne verschwinden. Ich habe dann ein Interview mit dem Künstler Lie Ning hier in Leipzig geführt und das aufgenommen. Da war der Weg vom Audio-Interview zum Podcast nicht mehr weit.
Und mit welchem Team arbeitest du hier zusammen?
Durch Glück habe ich ein Produktionsteam in Leipzig kennengelernt, mit dem ich das Video-Interview In bed with Marcella produziert habe. Und genau die haben mich dann auch bei meinem Podcast in puncto Technik unterstützt. Ein Freund von mir ist Tontechniker, er mastert den Podcast für mich. Den Rest mache ich: Ich schreibe die Texte, ich konzeptioniere, ich fahre zu den Acts – na gut, mein Mann fährt mich – ich mache das Alles wirklich alleine.
Ich wünsche mir natürlich, dass es Leute gibt oder geben wird, die Lust haben, dazuzustoßen und auch Artikel für Bouygerhl zu schreiben und Interviews zu führen. Aber gerade mache ich alles selbst – ich werde aber zum Glück von tollen Menschen, die ich gerne um mich habe, unterstützt.
Auf welche Gäst:innen dürfen wir uns als nächstes in deinem Podcast freuen?
Als nächstes kommen Folgen mit Becks, eine talentierte Deutsch-Pop-Musikerin, die durch TikTok bekannt geworden ist, Bambi Mercury, eine Teilnehmerin von Queen of Drags, die Pop-Musikerin Wilhelmine und der Rapper Sir Mantis. Mit Bouygerhl werde ich langfristig aber über subkulturelle Musikacts hinausgehen, das darf ich schon verraten.
Was steht im Sommer bei dir an? Planst du Veranstaltungen?
Ich plane erst einmal nichts. Ich habe zwei Veranstaltungen absagen müssen und das hat mir sehr weh getan. Ich warte bis es wieder zu 100 Prozent geht, denn ich habe einfach wieder Bock auf indoor – also Keller, Schweiß, Beton, Sex, Techno, Indie, Dreck.
„Ich freue mich natürlich auch sehr darauf, wieder Live-Konzerte und Partys zu veranstalten – allein mit den Leipziger Bands aus meinem Archiv könnte ich ein zweitägiges Festival füllen. Aber erst, wenn es wieder geht.“
Eine Frage noch, die du sonst immer zum Ende einer Folge im Podcast stellst: Deine drei prägendsten Alben?
Um diese Frage bin ich lange herumgeschlichen, weil ich einfach zu viele Alben nennen müsste. Ein prägendes Album ist in jedem Falle Madonna – Erotica. Das war der Startschuss für mich als junger schwuler Boy. Das Cranberries-Album No Need To Argue ist auch eines der prägendsten Alben für mich, weil es für mich die erste Berührung mit trauriger Musik war. Das war das erste Mal, dass ich mich in eine traurige, wehmütige, schmerzvolle Welt begeben habe und es war der Start meiner Grufti-Zeit. Und dann, natürlich, das Debut von Anohni. Eigentlich müsste ich noch Roxette nennen, aber das wäre dann mein viertes Album (lacht).
Und gib uns, als letztes, doch gerne noch ein paar Namen queerer Künstler:innen mit, die dir derzeit im Kopf sind, und die wir unbedingt auschecken sollten..?
Wenn wir es auf Deutschland begrenzen, dann auf jeden Fall Lie Ning, mit der schönen, samtigen Stimme. Boah Robin, der leider, leider Leipzig schon wieder verlässt und nach Berlin ziehen wird, die Hamburger Band FLIRT und Unconscious Honey.
Zacker brennt für sein Projekt, für Musik, für Techno und für Queerness, und neuerdings auch für das Podcast-Machen, das wird in unserem Gespräch deutlich. Man möchte sich vor ihm und seiner unermüdlichen Kraft verneigen – und vor seinem Podcast, der einfach nur großartig ist. Empfehlung: Hört rein, ihr werdet nicht enttäuscht sein.
Die Fotos für unser Interview sind im Elipamanoke entstanden. Darüber freuen wir uns sehr und möchten Danke sagen – an Zacker für seine Archiv- und Veranstaltungsarbeit und an Bastian Steinbach für die Fotos – und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen. Im Keller. Mit Schweiß, der von den Wänden und der Decke tropft, im Dunkeln, mit Techno. Ganz bald.
** Der Name BOUYGERHL ist übrigens eine Hommage an Zackers erwähnte Lieblings-Musikerin, Anohni – “eine der progressivsten queeren Künstlerinnen unserer Zeit und unerbittliche Stimme im Kampf für Transgender- und Frauenrechte”, wie er schreibt.
Der Name sei eine lautmalerische Verschmelzung der Songtitel ‘For Today I Am A Bouy’ und ‘Bird Gerhl’ vom Album ‘I Am A Bird Now’ aus dem Jahr 2005 (veröffentlicht als Antony & The Johnsons). Die Songs handeln von Geschlechtsidentität und vom Hinterfragen, vollendet in einer mutmachenden Botschaft voller Selbstbewusstsein, Zuversicht und Kraft.
Die Worte ‘Bouy’ und ‘Gerhl’ sind dabei nicht binär zu verstehen – also stellvertretend für männlich oder weiblich – sondern bereits als Aufweichung in sich. **
Ein nachzuholendes Konzert in Plagwitz, Rave im Kunstkraftwerk und Aera in der Distillery – das sind unsere Samstagstipps.
Partyname:
Periphere Sounds Festival
Zeit:
19.03.2022, 20:00 Uhr
Location:
Markthalle Plagwitz
Acts:
Fhunyue Gao & Sven Kacirek
Seit einigen Monaten kuratiert das Periphere Sounds Festival in der Markthalle Plagwitz sehr spannende Konzerte mit experimentellen Sounds. Heute holen Fhunyue Gao & Sven Kacirek ihr eigentlich für November im UT Connewitz geplantes Konzert nach. Sehr passend: Denn im April bringt das Leipziger Label Altin Village & Mine das Debütalbum der beiden heraus.
Außerdem heute …
Saturday Rave – Distillery, 23:30 Uhr – House und Techno mit Aera, Schlepp Geist, Amotik, Mauro Caracho, Houdafk, Ninette
Night At The Museum – Kunstkraftwerk, 22 Uhr – Immersives Club-Event mit DeWalta, Weg, Nøvae
Zwei Tipps für heute haben wir – Seelen feiert Birthday, im Freezone Store gibt es eine DJ-Session.
Partyname:
4 Years Seelen – Part 1
Zeit:
18.03.2022, 22:30 Uhr
Location:
Distillery
Acts:
Karapapak, Sue Lèwig, Janein, Narciss, Shaleen, Stigmatique
Das Leipziger Techno-Label Seelen wird vier Jahre – Wahnsinn, wie viel die Betreiber:innen in dieser kurzen Zeit erreicht haben. Zum Geburtstag wird es zwei Partys geben – in der Distiller und später im IfZ. Heute spielen fünf Seelen-Acts und so ist straighter Techno in verschiedenen Nuancen zu erleben.
+++ Es gilt 2G Plus Plus, d. h., Einlass ist nur geimpft, genesen oder geboostert PLUS ein tagesaktueller negativer Test möglich +++
Außerdem heute …
Freezone Session – Freezone Store, 13-20 Uhr Uhr – House, Soul, Disco mit Filburt und sndoflpzg
Detroitnitz Rumble – Kulturlounge, 22 Uhr – House und Techno mit Shuray & Walle, Mbius, Naitwa, Submod (AUSVERKAUFT)
Seit dem 4. März dürfen in Sachsen die Clubs wieder aufmachen. Die Distillery hat dies gleich genutzt, andere lassen sich noch etwas Zeit. Hier erfahrt ihr, wer wann wieder aufmacht und was euch erwartet.
Die sächsische Corona-Schutzverordnung vom 1. März 2022 dürfte für viele Clubbetreiber:innen und Raver:innen eine Erleichterung gebracht haben. Denn unter Paragraf 12, Absatz 3 stand: „Für den Zugang zu Diskotheken, Bars mit Tanzlustbarkeiten und Clubs besteht die Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises sowie jeweils eines Testnachweises (2Gplus-Regel) und zur Kontrolle der Nachweise durch den Betreiber oder Veranstalter. Es besteht keine Maskenpflicht für Besucherinnen und Besucher.“
Damit ist seit dem 4. März der Weg frei für das Re-Opening der Clubs. Aber so schnell geht das dann doch nicht. Ein Großteil der Leipziger Clubs hat sich noch etwas Zeit genommen – um sich intern zu sortieren und neue Programme zu planen. Nur ein Club war sofort wieder mit dabei:
Distillery
Die Tille feierte am 5. März ihr Last Re:Opening mit Camea, Somewhen, Daniel Stefanik und Vincent Neumann. Und die Leute waren offensichtlich sehr heiß darauf:
In der Telegram-Gruppe der Distillery hieß es, dass sogar die Polizei beim der Organisation des Einlasses aushelfen musste. Klar, für den Club und dessen Fans sind das die letzten Wochen an der aktuellen Location. Deshalb gibt es im März direkt ein volles Programm. Wie lange noch, wollte uns die Tille auf Anfrage bisher nicht verraten. Aktuell gibt es Termine bis Ende März.
17. März – Book-Release mit Alec Empire und Max Dax 18. März – 4 Years Seelen Part I 19. März – Saturday Rave w/ Aera, Schlepp Geist, Amotik … 26. März – Saturday Rave w/ Ryan Elliott, Manamana …
Institut fuer Zukunft
Das IfZ eröffnet Anfang April mit zwei Clubnächten wieder – verteilt über zwei Wochenenden. Und auch danach wird es erstmal nur eine Party pro Woche geben. Der Grund: „Die Pandemie hat unter anderem auch unsere Personalinfrastruktur zerschlagen“. Ende April feiert das IfZ dann seinen achten Geburtstag und im Mai findet das Trip-Festival statt. Hier der erste Überblick:
02. April – Reopening Clubnacht I 09. April – Reopening Clubnacht II 17. April – IO.ill 23. April – 4Yrs Seelen Part II 30. April – 8ACHT IfZ Birthday Extended 07. Mai – Drive x Young Shields 12. Mai – Trip Day I 14. Mai – Aequalis x Nebula x PVC
Neue Welt
Nach dem Opening des „Neue Welt“-Clubs in Kleinzschocher hieß es recht schnell wieder: Doors closed. Sehr schade. Im April öffnet er aber erneut – dieses Mal erstmal für zwei Veranstaltungen:
08. April – Space Disco w/ Marcel Vogel, Heninspace, Onkit 22. April – Warm Graves feiert seine Record Release-Show plus Clubnacht w/ Jennifer Touch, Credit 00
Elipamanoke
Beim Elipamanoke war es im letzten Jahr besonders tragisch: Das Re-Opening nach vielen vielen Monaten wurde direkt zum Closing. Eigentlich sollte es nun Mitte März wieder losgehen, aber es verzögert sich noch. Genauere Infos kommen hier noch.
Areal Orbis
Anfang des Jahres hatten wir von der neuen Club- und Event-Location Areal Orbis in Hartmannsdorf berichtet. Einen genauen Opening-Termin gibt es noch nicht. Aber die Betreiber meinen, das sie gut im Zeitplan liegen, was Umbau und Vorbereitungen angeht. Ende April sollen die Türen dann erstmals öffnen.
Mjut
Auf unsere Anfrage kam leider nichts zurück. Aber Falk von Sound of Leipzig meinte auf Twitter, dass es auch am 08. April wieder losgehen soll – verbunden mit der diesjährigen Birthday-Party.
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