KW 25 – True Colours Festival in Leipzig

Weiter geht es mit dem True Colours-Festivals in Leipzig. Pflichttermin! Welches Programm die Macher:innen hinter dem Festival organisiert haben, was sie sich wünschen und wo und wie ihr teilnehmen könnt, lest ihr bei uns.

Vom 26. Juni bis zum 25. Juli findet das True Colours Festival in Leipzig, in einer hybriden Form, online und offline, statt. An unterschiedlichen Orten, zum Beispiel im Pöge Haus, im Institut fuer Zukunft oder im Heizhaus sind jede Woche unterschiedliche Themen geplant. Ein starkes Programm, das glücklicherweise in eine Zeit mit derzeit sehr niedrigen Inzidenzwerten fällt und somit auch ‚analoge‘ Begegnungen und Gespräche (unter den geltenden Hygienemaßnahmen) zulässt.

Workshops, Diskussionen, Konzerte, Film-Screenings und Voguing-Ball

Austausch während des Festivals steht im Fokus

Die Themenschwerpunkte an den fünf Wochenenden sind unter anderem Diskriminierung, Rassismus, Sexualität, Fetische, Vorlieben, Mode, Ästhetik, Mental Health und Self-Expression – Themen, die queere Menschen täglich beschäftigen, wie eine:r der Macher:innen, Lili-Alexander, schreibt. Das Team um Ari, in der Kultur- und Voguingszene bekannt als LaQuefa und Ideen- und Namengeber des Festivals, hat innerhalb weniger Wochen gemeinsam das vielseitige, beeindruckende Programm auf die Beine gestellt: Vorträge, Panel-Diskussionen, Workshops, Konzerte, DJ-Sets, Modenschauen und Meditations-Sessions, all das wird angeboten.

Das komplette Programm und alle Informationen zu den Themenschwerpunkten, Orten und Workshops der fünf Wochenenden findet ihr hier.

Zum Auftakt am 26. Juni wird zum Beispiel der Film „The Death and Life of Marsha P. Johnson“ gezeigt, am 3. Juli gibt es einen Open Talk zu „Trans Bodies“ mit Sanni Est, Jacqueline Boom-Boom und Leif oder – um nur einen weiteren Termin zu nennen, am 17.7. eine Modenschau mit Musik von Music of Color im IfZ. Um den Überblick zu behalten, solltet ihr euch unbedingt die Programm-Tafeln anschauen und euch einen Festival-Plan machen.

Begegnungen, Gespräche und Diskurs

Leif, ebenfalls einer der Festival-Organisator:innen, erklärt, welche Beweggründe bei ihm dazu geführt haben, sich für das Festival einzusetzen:

Ich glaube, bei uns allen hat sich über die Zeit in der Pandemie viel unausgelebte Kreativität angestaut. Statt diese Ideen und Visionen nur für uns persönlich im Kopf zu haben, wollten wir diese Ideen mit andern Menschen teilen. Wichtig ist mir dabei, aber ich denke allen von uns, viele Menschen anzusprechen. Ob queer, nicht queer, älter oder jünger. Egal ob eine Person schon Vorwissen zu manchen Themenfeldern hat oder noch dabei ist, Dinge neu für sich zu entdecken. Schwerpunkt und Ziel ist es, auf Augenhöhe zu diskutieren und Raum für Austausch und Ideen zu bieten.

Rahel betont dabei, warum für sie persönlich, aber auch für uns alle, das True Colors Festival eine echte Chance im Hinblick auf Austausch, Lernen und Entdecken bedeutet: Ich habe gemerkt, dass ich einen Rahmen brauche in dem ich mich komplett anwesend fühlen kann. In dem ich alle Facetten meiner post-migrantisch, Schwarzen und queeren Identität gleichzeitig teile und zur Abwechslung nicht als ‚abnorm‘ betrachtet werde. Beim True Colours Festival geht es mir und uns darum jegliche Normen zu hinterfragen und Dinge wie vor allem Queerness neu zu entdecken.

Voguing und Kiki-Ball im Institut fuer Zukunft

Philipp, ebenfalls im Festival-Team, freut sich auf alle Veranstaltungen, aber auf ein paar natürlich besonders: Bereits am ersten Samstag haben wir zwei wundervolle und sehr bekannte Gäst:innen, Edwin Grewe und Natasha A. Kelly. Am darauffolgenden Samstag kommt dann Malonda, die immer für eine gute Show zu haben ist und auch dafür bekannt ist. Am letzten Wochenende werden wir verschiedene Vertreter der Ballroom Community aus Berlin, aber auch aus internationalen Städten empfangen, um einen Kiki Ball zu veranstalten. Das wird auf jeden Fall ein Highlight und gleichzeitig auch der Abschluss unseres Festivals.

inklusiv, queer, feministisch und intersektional

Er wünscht sich für die Festivaltage vor allem, dass das Publikum eine wunderbare Zeit haben wird. Und: Gleichzeitig erhoffe ich mir, dass die Teilnehmenden respektvoll miteinander umgehen, sodass ein safer space geschaffen werden kann, den normale CSDs leider nicht schaffen. Alles in allem wünsche ich mir, dass queere sowie nicht-queere Menschen nach dem Festival nach Hause gehen und merken, wie schön Vielfalt und Multiperspektivität sein kann und dass Inklusion dazu führt, dass wir alle uns wohler (safer) fühlen können.

Respekt und Positivität

Lili-Alexander ergänzt: Besonders wünsche ich mir, dass jeder Mensch vom Publikum, von den Acts und dem Programm inspiriert wird, sich in allen Facetten anzunehmen, zu feiern und sich miteinander zu connecten.

Wichtig: Spendet!

Das Festival wird durch Spenden finanziert. Durch eure, unsere! Auch ein paar öffentliche und staatliche Gelder konnten organisiert werden, aber damit alle Künster:innen bezahlt werden können, rufen die Organisator:innen auch weiterhin dazu auf, sie finanziell zu supporten. Also, wer die Möglichkeit hat: Spendet! Teilt die Informationen zum Festival und weist eure Freund:innen, Bekannte und Familie darauf hin, dass das Festival nur finanziert werden kann, wenn alle einen Beitrag leisten. Der Eintritt zu den meisten Veranstaltungen ist ebenfalls auf Spendenbasis, damit auch alle diejenigen, die es nicht so dicke im Geldbeutel haben, teilnehmen können. Long story short: Jeder Euro zählt. Nur so kann das Festival umgesetzt werden, also go for it. Auch das Teilen der Spendeninfos hilft!


Unterstützt wird das True Colours-Festival von: Heizhaus, Ideenfonz*, Pögehaus und dem Institut fuer Zukunft.

KW 25 – Sonntag

Remember Queering Defaults? Die queerintersektionale Gruppe ruft am 27. Juni wieder zur Demo auf. Diesmal unter dem Motto: queer liberation. Begleitend dazu wird es in dieser Woche eine Menge tolle Workshops geben. 

Im letzten Sommer haben Queering Defaults mit ihrer Aktionswoche eine Pride gefeiert, die politischer und intersektionaler war als die bestehenden Angebote. Durch kontinuierliche Social Media-Arbeit, Workshops und Textbeiträge hat die Gruppe im Lauf des letzten Jahres immer wieder zur Sichtbarkeit und Vernetzung der queeren Szene in Leipzig beigetragen und so einen inklusiven Safer Space geschaffen. 

Queere Befreiung

Nachdem sie unterschiedliche Perspektiven gehört, geschaut und veröffentlicht haben, soll die Aktionswoche noch einen Schritt weiter gehen: „No Pride For Some of Us Without Liberation For All of Us“ – Marsha P. Johnson, weshalb das diesjährige Motto queere Befreiung ist. 

Dazu werden von Donnerstag, 24. Juni bis Samstag, 26. Juni Workshops, Panels und Vorträge angeboten, die eine queerpolitische Praxis etablieren. In den Workshops wird es unter anderem um die Themen Non-binary und Bi-/Pan-Empowerment sowie weiße Machtstrukturen in der linken Szene gehen. Aber auch Voguing und Drag Quing Performances sind angekündigt. Außerdem gibt es einen Harness-DIY- und einen Zine-Workshop. Der politische Fokus liegt in diesem Jahr auf Identitätspolitik, zudem darf man/dürfen wir auf ein Panel zu intersektionalem Umweltaktivismus gespannt sein. 

Anmeldung per Mail

Um an den Workshops, Panels und Vorträgen teilzunehmen, meldet euch unter qd-contact@riseup.net (mit dem Namen des Workshops im Betreff) an. Für den genaueren Zeitplan und weitere Infos solltet ihr unbedingt via Instagram @queeringdefaults vorbeischauen!

Hier findet ihr den Timetable.

Demo am 27. Juni ab 13 Uhr

Die Demo beginnt am 27.06.21 um 13 Uhr auf dem Marktplatz und endet im Clara-Park. Es wird Redebeiträge, unter anderem zu Polizeikritik, sexualisierter Gewalt, queer liberation und diability justice sowie Drag und Voguing Performances, eine Audiokollage (und mehr!) geben. Die Demo wird in deutsche Gebärdensprache übersetzt.

Bringt eure Masken, genug Wasser und Schutz vor der Sonne mit. Wir sehen uns dort! 

Modellprojekt Kultur: Mit Corona-Tests zurück zum Clubbetrieb?

In den letzten Wochen wurde das Modellprojekt Kultur, ein Reallabor mit mehrstufigen Test-Maßnahmen und anschließenden nahezu normal ablaufenden Veranstaltungen, in Leipzig durchgeführt. Wir waren an einem der Clubabende in der Distillery mit dabei und haben für euch aufgeschrieben, wie das Experiment ablief.

Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Eine Clubnacht, legal, ohne Abstand, ohne Maske; ausgelassenes Feiern. Genau das fand bisher an zwei Samstagen in der Distillery mit einem mehrstufigen Coronatest-System und jeweils 200 Gäst:innen pro Abend statt.

Mit dem „Reallabor“ sollen Erkenntnisse gesammelt werden, wie Clubs und andere Kulturorte zu einer Variation, die ihrem Normalbetrieb nahe kommt, zurückkehren können.

Wie kann ein Clubabend unter Pandemie-Bedingungen stattfinden?

Wer das Glück hatte, einen der insgesamt 400 Studienplätze für einen der zwei Samstagstermine zu ergattern, konnte anschließend (online) ein Ticket kaufen und sich für die Corona-Tests vor Ort anmelden.

Ticket buchen → Anmeldung im Test-Portal → Terminbuchung für Schnelltest und PCR-Test → Schnelltest vor Ort am Veranstaltungstag → 15 Minuten Warten → Testergebnis kommt per Mail → bei negativem Schnelltest geht es weiter zum → PCR-Gurgeltest → das Ergebnis des PCR-Tests kommt am gleichen Abend per Mail → nur mit negativem PCR-Test darf die Veranstaltung besucht werden

Aber: Wer die Veranstaltung verlässt, kann nicht wieder zurückkommen. Eine Woche nach der Veranstaltung steht dann eine erneute Kontrolltestung an.

Clubnacht ohne Maske und ohne Abstand

Mit zwei negativen Corona-Tests konnte man sich also schließlich auf den Weg machen. Damit es nicht zu Gedränge vor dem Club kommt, fand der Einlass je nach Ticketnummer gestaffelt statt. Vor dem Club noch mit Maske und Abstand.

Und dann? Dann durfte man hinter der Clubtür die Maske abnehmen und auf zwei Floors und dem Außenbereich der Distillery eine komplette Nacht durchfeiern. Das schreibt sich so easy daher, ist aber, in Anbetracht des strengen Lockdowns, der noch gar nicht allzu lange her ist, schon – ja, irgendwie krass. Nach 15 Monaten wieder feiern, laute elektronische Musik hören, mit fremden Menschen interagieren. Ohne Maske, in Innenräumen.

Hält man trotzdem Abstand, obwohl man es nicht ‚muss‘, aus Gewohnheit? Ist der Überschwang, die Leichtigkeit der übrigen Gäst:innen überfordernd, müssen wir uns an die neue-alte Cluberfahrung womöglich erst wieder rantasten? Hat man „in einen Club gehen“ vielleicht sogar verlernt? Oder war vielleicht noch nie in einem?

Erstaunlich schnell und organisch scheinen die Ängste und sozialen Hemmungen zu verfliegen. Mit ’nur‘ 200 Menschen im Club ist die Distillery angenehm gefüllt. Das heißt: keine langen Schlangen, kein unübersichtliches Gedränge, viel Platz zum Tanzen, Sitzen, Stehen, Kennenlernen und Reden.

Sozial- und Gesprächsraum reaktiviert

Der Sozialraum innerhalb von Clubs, den wir wohl alle sehr, sehr, sehr vermisst haben und weiterhin vermissen, wurde an zwei Samstagen in der Tille reaktiviert. DJs hatten endlich wieder die Möglichkeit, in einem Club zu spielen, vor Publikum. Das analoge Erleben einer Nacht im Club ist und bleibt unvergleichlich. An den zwei Modell-Samstagen war das wieder möglich.

Kann dieses Modellprojekt Hoffnungsträger für Clubbetreibende und die Kulturszene sein? Für diejenigen, die an diesem Experiment teilnahmen, scheint die Antwort, die wir an diesem Abend beobachten konnten, klar auszufallen: Auf jeden Fall.

Für sie bedeutet das Modellprojekt endlich wieder Musik auf einer Clubanlage hören zu können, Inspiration zu sammeln, zufällige Begegnungen und Gespräche zu initiieren, so risikoarm wie möglich – der aktuelle Inzidenzwert von 6 in Sachsen (bundesweit liegt der Inzidenzwert bei 10; Stand: 20. Juni 2021) ist ein weiterer Sicherheitsfaktor.

Begeisterung beim Test-Publikum

Ob eine Clubauslastung mit 200 Personen und einem Ticketpreis von etwas über 16 Euro (inklusive aller Testungen) für einen Club rentabel ist, werden die Studienergebnisse hoffentlich ebenfalls beleuchten – und unter welchen Voraussetzungen, Förderungen und Maßnahmen eine Umsetzung in die regelmäßige Praxis ermöglicht werden könnte. Denn der Mehr-Aufwand ist enorm. Für Distillery-Chef Steffen Kache ist es derzeit aber die einzige Chance, wieder loszulegen, wie er MDR Kultur sagt:

„Es ist nicht nur der Wunsch der Gäste, dass wieder Veranstaltungen stattfinden. Es ist auch der Wunsch der Veranstalter. Wir wollen was machen. Das ist ja im Prinzip auch Teil unserer DNA. Wir haben keinen Club eröffnet, um dann auf der faulen Haut zu liegen.“

Ob der zeitliche Aufwand, der Eintrittspreis und die technische Ausrüstung (ohne Smartphone ist das Durchlaufen der Testschritte zwar möglich, aber mit Smartphone deutlich einfacher) auf Publikumsseite nicht nur innerhalb eines Modellprojekts, sondern auch regelmäßig gut machbar und vereinbar ist, wird durch eine Befragung der teilnehmenden Gäst:innen ausgewertet.

Die Frage, ob der Test-Aufwand für eine Nacht angemessen ist, stellt sich den meisten an diesem Abend nach dem langen Verzicht allerdings nicht:

„Ich fand es okay, die Zeit ist es mir definitiv wert und ich konnte es mir gut einteilen“, sagt ein Gast in der Schlange vor der Garderobe.

„Ich bin viel eher aufgeregt und freue mich riesig, da denke ich gar nicht mehr daran, dass ich heute morgen schon mal hier zum Testen war!“, sagt eine andere Stimme.

Die Stimmung im Club spricht für sich: Viel Applaus für die auftretenden DJs, viele Umarmungen, viele Gespräche, wenig Skepsis – dafür große Freude und Ausgelassenheit. Zumindest während der wenigen Stunden auf dem Tanzfloor sind die Belastungen durch die Corona-Krise nicht zu spüren.

Alle Informationen zum Modellprojekt Kultur // Reallabor findet ihr hier.

Foto von Birk Poßecker.

KW 24 – Freitag

Showroom und Pop-up Shop. Art und Fashion. Techno and Love. Mit „Off Shop“ eröffnet am 17. Juni der (kon)temporäre Concept Store in den Pittlerwerken und präsentiert seine erste Show in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Ana Castillo.

Mit langem Line-Up geht es ab Donnerstag (urghs, da sind wir leider etwas spät dran… aber besser spät als nie!) bis Sonntag, immer 14 bis 22 Uhr, in den Pittlerwerken im Leipziger Norden los.

Interior Deisgn by Balzer&Balzer und Herbst.Freitag

Musik von…

ttyfal (xa’li:t / input)

1uke (none/such)

Nina Frizzante (Waldbrand)

DJ Mellon (Waldbrand)

DJ Team Kevin Kuranyi (Waldbrand)

azizam bal (Waldbrand)

The Jakob Sisterz (Sachsentrance)

Raverpik (Sachsentrance)

Erik Swars (Polar Vortex)

Hkkptr (lebendig/ A + W/ Sachentrance)

Kulturspaziergang – Formwandler*in Wellen

Seit mehr als einem Jahr bestimmt ein mikroskopisch kleiner Organismus unser Leben und unser Handeln. Zahlreiche Einschränkungen und das eigene Gewissen zwangen und zwingen uns teilweise weiterhin zur Entschleunigung. Doch aufhören mit dem was wir lieben? – ähäh, keine Chance!

Am Anfang versuchten wir, Kulturschaffende und Kreative, noch mit Streams zu zeigen: Wir sind da! Aber irgendwann hat auch der letzte Fan genug Zeit vor dem Monitor verbracht und keine Lust mehr, DJs und andere Künstler:innen aus der Ferne zu betrachten. Verständlich.

Also was tun, wenn man dem Untergang geweiht ist? Wie können wir Präsenz und Zusammenhalt zeigen, ohne gegen Auflagen zu verstoßen oder ein schlechtes Gewissen haben zu müssen?

Im Abwarten und Däumchendrehen ist unsere Szene nicht gut. Wir sind Macher:innen. Also machen wir das Beste aus dem Einzigen, was man guten Gewissens machen kann – spazierengehen! So entstand die Idee zum Kulturspaziergang.

Am 21. Mai fiel der Startschuss für das Projekt Formwandler*in Wellen. Auf die Plätze. Fertig. Los – Flanieren, hieß es.

Aktuell könnt ihr an 29 Orten in Leipzig auf Entdeckungstour gehen. Dort wo wir einst Schlange standen, heraustaumelten, feierten; dort hängen nun groß gedruckte QR-Codes, die euch jeweils zu einem Projekt von kulturschaffenden Personen weiterleiten. Das Angebot ist divers: Es gibt viele DJ-Sets zu hören, aber auch verschiedenste Video- und Bildbeiträge. Wenn ihr sportlich unterwegs seid, könnt ihr die ganze Tour in sieben Stunden schaffen.

Ob ihr eine kleine Runde in eurem Viertel dreht oder das Angebot komplett ausnutzt, ist euch überlassen. Im Osten und Westen von Leipzig liegen viele Orte nah beieinander. Etwas dünner wird es im Süden und im Norden. Ihr könnt also von Kulturstätte zu Kulturstätte hoppen. Von den Pittlerwerken zum Conne Island ist es dann doch ein ganzes Stück. Da ist dann auch mal mit dem Fahrrad fahren erlaubt…

Auf der Website www.formwandler.in  könnt ihr nachschauen, wo die besagten QR-Codes aufgehängt wurden und welche kulturschaffenden Personen dort etwas ausstellen. Was es zu entdecken gibt, wird nicht verraten – das könnt ihr nur vor Ort selbst herausfinden.

Wenn ihr euch auf den Weg gemacht habt, findet ihr große Clubnamen und kleine Ladenprojekte, Bars, Ateliers oder Werkstätten mit stadtbekannte Producer:innen, Residents, Künstler:innen, Neulinge und andere Mitwirkende. 

Damit wollen wir zeigen: „Wir sind nicht verschwunden! Wir sind hier und wir bleiben bestehen!“

Grundsätzlich kann man sagen: Ein spektakuläres Projekt, um Leipzig neu wahrzunehmen und den Zusammenhalt der Szene wieder zu bestärken. Es ist eine wahnsinnig schöne Idee und gute Chance wieder darauf aufmerksam zu machen, wie die Sub- & Clubkultur ihre Wege findet, auch in Coronazeiten, auf eine safe Art und Weise, präsent zu sein.

Marlene Janke und Michael Motzek von vak (Initiative Leipziger Veranstaltungskollektive​), verdanken wir, die Mitwirkenden und das Publikum, die Umsetzung des Projekts. Besonders Marlene hat mit der Konzipierung und der Realisierung der Webseite wertvolle Arbeit geleistet. Ob es eine Fortsetzung von Formwandler*in Wellen geben wird, wollten die Macher:innen hinter dem Projekt noch nicht verraten. 

Bevor ihr startet, spreche ich noch eine besondere Empfehlung zu dem Beitrag aus, den ihr am Heiter bis Wolkig in Plagwitz finden könnt. In einem kurzen Videobeitrag weisen die Macher:innen auf die Umstände der Verklemmtheit und Überforderung in unserer Gesellschaft hin. Die Erlösung davon fanden viele von uns in Kulturstätten: auf Festivals, Openairs, Clubs oder kleinen Bars und Ateliers. Eine gelungene und kompakte Hommage an unsere Szene. Nicht nur dieser Beitrag von Licia Flocke, sondern das ganze Projekt Formwander*in Wellen. Wie Licia Flocke in ihrem Videobeitrag sagt:

„Die Zeit ist schon lange gekommen uns der Realität zu stellen.“

Sie hat recht. Denn wir können momentan in keinen Club entfliehen. Auch in keine andere Kulturstätte. Aber wir können helfen, sie nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und wenn die Zeit gekommen ist, sie wieder mit aufzubauen.

Die Zeit ist jetzt.


Die ‚formidable Frühlingsflânage‘ läuft noch bis zum Sommeranfang am 21. Juni. Also: Schnell sein, um das Projekt in vollen Zügen genießen zu können und mal wieder in alten Erinnerungen zu schwelgen! Alle Infos zu den Teilnehmenden und eine Übersicht der Stationen findet ihr auf der Formwandler.in-Website.

Kulturschaffende:

0-Dimensional • 2 Meter 2 Mark • Alena Raab • Anna Herbert • Arne Mai • Atalanta • brigade rueckwaerts • BARU • Chris Manura • Claudia Hammans • Daniel Stefanik • der heitzmann • Dilivius Lenni • Doko • Elektroschrott Kollektiv • Elisa Krüger • Falk Wacker • Fabrikat • garstique • Georg Bigalke • gio • GLOTZE • Hacker’s Beauty Palace • Hendrik Kaden • Henrike Heidenreich • itsadisasta • Jan Lessmann • Johann Kaspar • Kim Camille Kreuz • kolabo concept • Kutlurlounge Kollektiv • Lars Christian Müller • Letkidbe • Licia Flocke • LUX • Martin von Lossa • Mayanáay • ME ON MONDAY • mjut • Mike van Goetze • MxD • Nadine Talakovics • Natascha Küderli • Noch Besser Leben • Olga Jakob • Sailent Seihmen • Sam Fearon • Shuray & Walle • Sleeve++ • Sophie Valentin • Stephan König • Stigmatique • Rainer Jacob • Røttnmeier • Thomas Stieler • Tipi Kollektiv• Vincent Neumann • xyiz

Orte:

Atelier alte Likörfabrik • Casa Pepe • Cineding • Conne Island • elipamanoke • Daumierstr. 22 • Distillery • drift • heiter bis wolkig • KAZIMIR • kolabo Werkstatt • Kulturlounge • Kunstkraftwerk • Links neben der Tanke • Ladenwohnung Geyerstr. • Matthäikirchhof (ehem. Stasi-Zentrale) • mimikry • mjut • die naTo • Noch Besser Leben • Pittlerwerke • Puffy • Sleeve++ • Spinnerei • Sphere Radio • Tapetenwerk • Tipi • Tumbler • Wurzner Str. 1


Die Autor:in ist als itsadisasta Teil des Projekts.

KW 23 – Donnerstag

Sachsentrance… schon mal gehört, oder? Das Credo des Kollektivs war und ist: bunter, schriller, lauter. Normale Streams werden langweilig, also: Warum nicht einen Trancerave als 360°-Video? Ja, warum eigentlich nicht.

Ab heute 18.00 Uhr mit Hkkptr. Lasst euch überraschen und erlebt (vielleicht) ein letztes Mal gemütlich in kleiner Runde oder am heimischen Wohnzimmertisch: Raven! Zuhause! Stream! Bevor wir wieder vor Clubs anstehen müssen.

Kollektiv und Label

Sachsen, ja, da wo Leipzig liegt. Mit Trance? Fast: Sachsentrance ist aus einem kleinem Open Air entstanden, als Gegenbewegung zum „Tag der Sachsen“. Seitdem ist Sachsentrance ein fester Begriff geworden, einmal für die Crew itself und seit kurzem auch für das neugegründete Label.

Sachsentrance ist mittlerweile mehr als die letzte Chance für Sachsen auf einen Imagewechsel, „Sachsentrance ist eine Bewegung“, schreiben die Macher:innen. Weiter im Text: „Jedenfalls sieht es so aus, wenn die ganzen geilen Trancer:innen auf dem Trancefloor absweaten und den verloren gegangenen Trance wiedererleben. Nach Monaten zu Hause im Lockdown und ohne jede Möglichkeit sich sicher auf den Tanzflächen eines geschlossenen Clubraums zu bewegen, versuchen wir als Kollektiv mit unserem VR-Projekt einen neuen Schritt zu gehen.“

360° Rave

Im industriellen Flaire der Pittlerwerke, unter strengen Hygiene-Auflagen für den Dreh und mit Hilfe moderner 360°-Videotechnik nehmen sie die Zuschauer:innen, also uns alle, zuhause mit auf den Dancefloor, mitten in die Crowd, zu Sets von Sabu!, Raverpik und Hkkptr. 

Entweder mit VR-Brille (wer eine hat) oder jedem Endgerät ansehbar. Und jetzt genug angeteast, hier seht ihr mehr. Und ganz besonders ab 18 Uhr; denn um diese Zeit wird das dritte und letzte Video mit Hkkptr veröffentlicht:

https://www.youtube.com/c/Sachsentrance/videos

KW 23 – Samstag

Nach etlichen Wochen zwischen Lockdown und Lockerungen, Lockerungen und Lockdown ist er zurück: der Teergarten des IfZ! Heute und morgen gleich mit einem besonderen Anlass, denn die zweite IfZ-Platte erscheint (endlich).

252 Tage ohne Teergarten! Zeit fürs Reopening. Gleichzeitig feiert das Institut fuer Zukunft das 7 I X Vinylrelease vor, mit exklusivem Presale am Eröffnungswochenende. Außerdem: Mehr Platz, mehr Pizza, weniger Barrieren. Lasst euch vom Rest überraschen.

Line Up

Samstag 12. Juni 17 bis 23 Uhr

Subkutan
Carlotta Jacobi


Sonntag, 13. Juni 16 bis 22 Uhr

Lydia Eisenblätter
HAL

Enjoy + keep safe!

Hygieneregeln & Infos

Check-In mit Corona Warnapp (am besten schon Zuhause installieren, falls noch nicht vorhanden: https://bit.ly/3x2fDuy)
AHA-Regeln (Abstand halten, Hände desinfizieren, FFP2-/medizinische Maske in Innenräumen)
Barrierefreier Zugang zum Teergarten inkl. Toiletten
EC-Kartenzahlung an der Bar möglich (am Einlass leider nicht)
Sollte die Testpflicht bis zur Eröffnung nicht entfallen, gilt:
Tagesaktueller negativer Schnelltest (KEIN Selbsttest)
ODER Nachweis über vollständige Impfung (die mind. 14 Tage zurück liegt)
ODER Nachweis Genesung (mind. 28 Tage alter PCR-Test)
Kostenlose Teststationen findet ihr hier: https://bit.ly/2SlMUCi

Mehr Infos findet ihr bei Insta und Facebook.

WERT-Kollektiv – #JahrderResonanz in der Galerie KUB

Das WERT-Kollektiv aus Leipzig durfte den Raum der Galerie KUB mit ihrem Open-Space-Projekt „Resonanz“ einnehmen, vielmehr vereinnahmen und gleichzeitig freigeben.

Wer die Galerie KUB kennt, kennt den White Cube-Flair des Raumes, der als Gastgeber:in für Kunst und Performances fungiert; aber auch den fast gegensätzlich-gemütlichen, warm-atmosphärischen Hof, in dem geraucht, getrunken und gesprochen wird. Unter der Überdachung im Innenhof wurde – unter Corona-Bedingungen – die letzten zwei Wochen räsoniert, diskutiert, gegessen und gebaut – denn das WERT-Kollektiv aus Leipzig durfte den Galerieraum mit ihrem Open-Space-Projekt „Resonanz“ einnehmen, vielmehr vereinnahmen und gleichzeitig freigeben. Wir haben die Macher:innen bei Regen und Sturm unter genau jener Überdachung zum Interview getroffen. 

Resonanz

Maxim schließt sein Auto vor der Galerie KUB ab, er hat gerade noch Instrumente und Technik für die anstehende Aufnahme abgeholt. Durch die hohe Glastür erkennt man einen großen Bildschirm, auf dem Videos laufen. Die Videos stammen aus dem letzten Jahr, als Maxim Maximovich Chuvarov Kraszavin, Marc Frey und Florian Fraust, das Herz des Kollektivs, schon einmal im KUB zu Gast waren.

Das aktuelle Projekt, das unter dem Namen „Resonanz“ und dem Hashtag #JahrderResonanz erneut in den Räumen der KUB residiert und entsteht, findet eben gerade in diesem Moment statt, als wir noch vor der Tür stehen und auf den Bildschirm mit den Videos des letzten Jahres schauen. Und davor und danach, eigentlich ohne Pause. Resonanz ist eine Mischung – überbordend, interdisziplinär, spontan, spannend – aus Performance, Projektion, Musik, Prozessen und Kollaborationen. 

„Zugewandtheit ist die Basis für Resonanz“

Um es kurz zu erklären: „Resonanz“ ist ein Open-Space, der von unterschiedlichsten Künstler:innen besetzt und sprichwörtlich gefärbt wird. Die Künstler:innen kommen aus dem Kreis des WERT-Kollektivs oder haben sich kurzfristig beim Open Call via Instagram angemeldet. Die Performances sind dabei so unterschiedlich wie die Ausgestaltung selbst: Mal ist es eine Lichtinstallation, mal spielt eine Band, es entsteht ein Kunstwerk auf Leinwand, ein Gitarrist oder eine Violinistin spielen, mal ist es ein DJ-Set, mal wird das Ganze tagsüber, abends oder nachts aufgeführt. Gemeinsam ist ihnen nur, dass die Aufführungen vom Wert-Kollektiv gefilmt, begleitet und mit aufwändigem Licht umhüllt werden. 

Technik-Support kommt hier von der Kulturlounge, Getränke und Essen von der Galerie KUB; und wann immer eine Leiter gebraucht wird, um etwas an der fünf Meter hohen Decke anzubringen, wird das Netzwerk befragt: wer aus dem Conne Island, dem Institut fuer Zukunft oder dem UT kann aushelfen? Und irgendwie funktioniert es dann auch immer. 

Seit zwei Wochen sind die Macher:innen fast pausenlos in der Galerie, filmen, setzen, planen, verschieben, fotografieren. Den Projektnamen und „was sie da eigentlich machen“, beschreiben sie als Bündelung von kreativer Energie:

Jedes Lebewesen ist Schwingungen ausgesetzt. Aber diese Schwingungen können erst dann erhört, gespürt, erlebt oder irgendwie anders wahrgenommen werden, wenn es einen Resonanzkörper gibt, der diese Wellen reflektiert; sozusagen einen Widerhall erzeugt, was im Übrigen auch die lateinische Entsprechung dieses Begriffs ist. Dies gilt ebenso für uns, wir möchten einen Widerhall erzeugen, provozieren, wir möchten Menschen in Schwingungen versetzen, Resonanzräume bauen und bieten, selbst mitschwingen um ein Vielfaches zu erzeugen. Dabei sind wir als Kollektiv darauf fokussiert, positive und kreative Energie zu bündeln und festzuhalten.

Sie wollen, gemeinsam mit den beteiligten Künstler:innen, den Begriff Resonanz in allen Facetten ergründen. Im Begleittext zu ihrem Projekt schreiben sie: „Schließlich ist seine Bedeutung in der Physik eine feste Wertgröße. Musik könnte ohne Resonanz gar nicht konsumiert werden und in der Soziologie hat jüngst erst Hartmut Rosa mit “Resonanz„ (2016) seine Antwort auf die Frage der “Beschleunigung„ (2005) formuliert. So universell sich die Definition und Resonanz verwenden und beschreiben lassen, so vielfältig möchten wir der Idee von Resonanz Ausdruck geben und Raum verleihen.“ 

So theoretisch wie diese Ausführung fühlt sich „Resonanz“ on location dann gar nicht an – zum Glück? Die Videos, mit Nebel, Licht, mit und ohne Musik, die Prozesse, die ineinander greifen, werden nach und nach unter www.wasistwert.info allen Interessierten zugänglich gemacht.

Bei den aufwändigen Produktionen erübrigt sich die Frage, was in der Zukunft ansteht – die Nachbearbeitung und Sichtung des Materials wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber abgeschlossen ist das Projekt auch dann nicht – zum Glück – denn nicht nur Marc wünscht sich jedes Jahr in der Galerie KUB zu sein, um Künstler:innen einen Raum und eine Plattform zu bieten, ihre Kunst zu zeigen, zu entwickeln und Netzwerke aus- und aufzubauen: „Und das Alles mit noch mehr Künstlerinnen und Künstlern – noch mehr Durchdrehen“, lacht er. Maxim hat ebenfalls nicht vor, das Projekt nach der Veröffentlichung der Videos abzuschließen: „Wir werden immer neue Begriffe finden, die wir neu besetzen und hinterfragen können.“

Auf das #JahrderResonanz folgt also sicher ein weiteres WERT-Kollektiv-Projekt. Zum Glück!


Einen Vorgeschmack auf die entstandenen Videos seht ihr via Instagram beim WERT-Kollektiv @wasistwert.

oder bei den teilnehmenden Künstler:innen (Auswahl):

KABOROS (@kaborosmusic) – PONGA MI$$I (@pongamissi) – MELANKA PIROSCHIK (@melanka_piroschik) – ALEXANDER KORUS (@50er_scherge)

Resonanz 2020 – #JahrderResonanz: Marc Frey (WERT) – Maxim Maximovich Chubarov Kraszavin (WERT) – Florian Fraust  (VJtengen / Kulturlounge) – Karl T. Krönert (Kulturlounge) – KABOROS – Ponga Mi$$y – Alexander Koru – Tom Schauenburg  (B.Rauschung / T. Schaui) – #≠ / hashtagdifferent – Merlin Schikora – Melanka Piroschik – Snir Oron – Pierre Eichner (Kulturlounge) – Gobbo – Merlin Schikora – Hakim Azmi – Denis Cvetkovic – Aliya Sayfart – Eliya Aran – Maxim Lobachev 

In Kooperation und mit Hilfe von: Kulturlounge – naTo – Conne Island – hitness.club – netzwerk.exe – Chefetage – Jamie Bullers – Galerie KUB

Track-Premiere – Lydia Eisenblätter „Keep On“ (VAYA)

Heute dürften bei der Leipziger Crew VAYA die Sektkorken knallen – denn die erste VAYA-Compilation auf Vinyl erscheint. Wir freuen uns, einen Track daraus als Premiere vorstellen zu dürfen.

VAYA, das sind vier DJs, Promoter*innen und Radio-Hosts, die seit rund vier Jahren die Leipziger Elektronik-Szene mit Podcasts, Interviews und DJ-Sets bereichern. Nun wollen sie den Clubs etwas zurückgeben: Alle Erlöse der ersten VAYA-Compilation gehen an das Live Kommbinat und damit an die Leipziger Clubs. Eine schöne Geste und eine wirklich gelungene und diverse Track-Zusammenstellung ist bei diesem Projekt herausgekommen.

Lydia Eisenblätter startet die Compilation mit einem Power-House-Track. „Keep On“ pusht mit mächtigen Bassdrums und klassischen Deep-House-Elementen voran. Mitreißende Chords, ein paar beiläufige Soul-Vocals und schon brennt der Dancefloor.

Auch danach geht so erfreulich weiter. Mit eher sperrigen und düsteren Tracks von Subkutan und Varum bekommt die Platte noch einmal eine komplett andere, sehr spannende Nuance. Filburt und Mbius erweitern ihrerseits den House-Rahmen, der bei VAYA ja auch immer eine große Rolle spielt. Und mit Josi Millers „Golden Ivy“ kommt noch ein herrlich erfrischender und leichtgängiger Hauch UK-Sound auf die Compilation.

Besser könnte der Vinyl-Einstand nicht gelingen. Also, bei Bandcamp ordern, Freude haben und den Clubs etwas Gutes tun.

Modellprojekt Kultur in Leipzig startet

Reallabor und Modellprojekt: Die sichere Durchführung von Veranstaltungen unter Pandemiebedingungen wird im Mai und Juni in Leipzig erprobt. Mit dabei ist auch das Werk2, die Moritzbastei und die Distillery.

Um der Bandbreite der Leipziger Kultur gerecht werden zu können, werden mit wissenschaftlicher Begleitung und digitaler Kontaktverfolgung innerhalb von 4 Wochen verschiedene Veranstaltungstypen gestestet, schreiben die Modell-projekt-Macher:innen auf ihrer Website. Und zwar: Theater & Kabarett, Kinder- & Sitzkonzerte, Song Slam & Open Stage, Thomanerchor & Tanz.

Zurück zur Kultur mit Umfragen & Tests

Allen Veranstaltungen ist gemeinsan, dass es Umfragen und Nachtestungen gibt, mit deren Hilfe so genau wie möglich herausgefunden werden soll, wie trotz Pandemie Kultur ein Bestandteil unseres Alltags sein und bleiben kann. Mit dabei sind unter anderem das Werk 2, die Moritzbastei und die Distillery. Die Veranstaltungen sind im Mai und Juni.

Alle Infos dazu findet ihr unter modellprojekt.dasistleipzig.de

Alphacut im Zeichen von Licht und Schatten

Premiere bei frohfroh – wir haben Booga bei uns an Bord für Breaks- und Bassthemen. Zum Einstand gibt er einen Überblick, was bei LXCs verschiedenen Labels in letzter Zeit alles passiert ist.

Es ist ein Ausdruck konzeptioneller Stärke von LXC, die neuesten Veröffentlichungen seines Hauses in Balance zu halten. Die „Dark Mentors“-EP steht dabei auf der einen, die „Raumwerk“-EP auf der gegenüberliegenden Seite. Beide ergänzen einander wie eine perfekte Nacht im Club, in der auf die Extase im Dunkeln das Nachschwingen im Hellen folgt.

Der Leipziger Breakbeat Aficionado gründete Alphacut 2003 als Vinyl-Tobeplatz für DIY-Jungle- und Drum & Bass-Produzent:innen mit einer Schwäche für die harten Ränder der Genres. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Bezeichnung „Vinyl Only“-Label keinen Sinn gemacht. Heute lohnt sich die Erwähnung, denn die Ergebnisse langer Förder- und Forder-Kommunikation mit dem weltumspannenden Künstlernetzwerk werden nach wie vor ausschließlich in schwarze Rillen gepresst und landen in Schallplattenläden – ebenfalls weltweit.

Demegy & LUI – Raumwerk EP / ACA X

Alpha Cutauri Nummer 10 ist ein Deluxe-Objekt, eine Geschenkbox die hält, was sie visuell verspricht. Außen Sternen-Konfetti, innen Space-Keks-Geschmack. Die besprühten Klarsichtfolien sind Einzelanfertigungen, keine zwei Marmormuster-Schallplatten gleichen einander. Immerhin variiert nicht die Trackreihenfolge. Denn auch diese ist natürlich Teil des Alpha Cutauri Reise-Konzepts: vom Partikel zum Modul, vom Kleinen zum Großen, von der Gänsehaut bis zur Dopamindusche. 

Die A-Seite testet mit Klaustrophon und Stolpergeist die Synapsen der Minimal Drum & Bass-Fans sensibel auf Kompatibilität. Was dBridge und Instra:mental vor zehn Jahren in ihrer Podcast-Revolution „Club Autonomic“ strategisch mit der Entkopplung der Sci-fi Ästhetik im Drum & Bass von den zunehmend seelenlosen Totproduktionen gelang, hat viele Künstler:innen inspiriert.

Auch Demegy & LUI halbieren das klassische D&B-Tempo, erhalten die Ästhetik der Autonomic Ära und fügen dennoch eine musikalische Schattierung hinzu, die sich mit denen von Consequence, ASC oder Abstract Elements ergänzt. Die Lust der beiden Wahl-Leipziger an der zunehmenden Signalreduktion auf der A-Seite, um eine Schärfung der Sinne herbeizuführen ist spürbar und faszinierend. Insofern entsprechen beide Tracks dem Voight-Kampff-Test aus Blade Runner: Die Prüfung misst Körperfunktionen wie Atmung, Herzfrequenz, Erröten und Pupillenerweiterung als Reaktion auf emotional provozierende Fragen. Wer zwinkert ist kein Haujobb.

Demegy & LUI – Flächenromantik / Video von Jonas Studer: http://www.jonasstuder.ch 

Vangelis, der die epische Filmmusik von Blade Runner komponierte, nannte seine Dopamin-Perle ganz unsubtil „Love Theme“. Demegy & LUI sind beim achteinhalb Minuten Epos „Flächenromantik“ ähnlich eindeutig, sie haben jedoch auf das Saxophon verzichtet. Nach dem ersten Drittel strukturiert eine gezähmte Machinedrum die Wohlfühlwogen in tanzbare Momente, die sehr lässig nichtweltliche Melodien streifen und unglaublicherweise bei 7:53 auf einen exzellenten Höhepunkt zuarbeiten. Es ist die Aufgabe der DJs dieser Welt, an der Stelle einen Amen-Tune aus dem Good Looking-Universum zu droppen, um einen kollektiven Antiklimax zu vermeiden.

Demegy & LUI – Synthoskop / Video von Christian Kroneck: http://www.kroneck.design​ 

Synthoskop ist das unumstrittene Highlight der EP, weil die Präzision der mechanischen Nanobot-Drums an den entscheidenden Stellen Platz macht für das analoge Aufreißen einer Iris angesichts einer neuen Welt. Oder wie es der Leipziger Producer BRKN1 auf den Punkt brachte: „Es ist der Soundtrack, den ‚Arrival‘ verdient hätte“. Der Leipziger Designer Christian Kroneck, vielen bekannt unter seinem DJ Alias Zapotek, hat dieses Full-Screen-Kunstwerk beeindruckend visualisiert.

Diese Platte ist ein außerordentliches Fest, bedenkt man, dass LUI eigentlich HipHop-Beats, Speedcore und Polka Mashup für Ringe Raja Records baut und Demegy als Cues oder Skeletor harten Drum & Bass ballert. Ich hoffe, dass LXC die beiden nach „Arrival“ nun zu „Exit“ überreden kann.

Various Artists „Darka Mentors“-EP / ACR 3010

Nach der außerweltlichen „Raumwerk“-EP nun zur dunklen Seite der Macht, die auf dem Mutterlabel Alphacut ihr Zuhause hat.

Ein Statement von LXC vorab: „Alphacut arbeitet auf Non-Profit-Ebene, die meisten Veröffentlichungen decken ihre Kosten, wenn überhaupt. Die Hälfte aller Einnahmen der „Dark Mentors“-EP wird an die Webster’s Amen Break Gesture-Kampagne II gespendet, die Gelder für den ursprünglichen Schöpfer des Amen Brother-Breakbeats von The Winston sammelt: Richard Spencer. Mit dem tiefsten Respekt für diesen Meilenstein eines Samples!“

Wenn du Jungle produzierst und bislang keinen Tune mit einem Amen-Break gemacht hast – bist du dann überhaupt ein Jungle Soldier? Das können sich alle Neuro-Leptiker:innen kurz fragen, wenn sie mal von ihrem Compressor-Spielzeugkasten aufschauen.

Erneut hat LXC seiner Labelmission Zucker gegeben und gleichzeitig Innovationen aus gestandenen Breakbeatzerbastler:innen im Umgang mit dem Rhythmikgrundgerüst des Genres rausgekitzelt. Auf der A-Seite treffen wir Sumone (Planet Mu) und Dan Miles (Alias Skubi auf Modern Ruins) und auf der AA-Seite Istari Lasterfahrer (Sozialistischen Plattenbau) und Ill_K (unter anderem Through These Eyes, Nord und re:st).

Sumones „Wicked Man Sound“ beginnt mixfreundlich mit luftig geschnittenen Kicks und Snares und überrascht im dritten Takt mit einer Conga-Figur, die jedem Demonic Records-Fan die Referenztränen ins Gesicht treibt. Denn hier wird sehr originell vor „Yo Bitch“ von Source Direct & Instra:Mental niedergekniet. Der Tune hält sich jedoch nicht mit Zitaten auf und wirft zielgerichtet Flächen vor die sich auftürmenden Amenbreaks. Der halbminütige Breakdown in der Mitte des Stücks ist der Glanzpunkt eines sehr soliden Bangers.

Non binary artist Dan Miles startet „Crash!“ mit einem Oldschool-Hiphop-Beat und wechselt dann schnell den Bus in Richtung Jungle War Dub. Solche Tracks sind üblicherweise nicht die am flüssigsten laufenden Amen-Versionen, sondern darauf angelegt, mit möglichst originellen Breaks die Leute zum Rewind-Fordern anzustacheln. Die B-Boy-Anleihe ist absolut mein Ding und ich bin mir sicher, dass der Tune richtig eingesetzt den Laden auf links drehen kann.

Istari Lasterfahrer haut mit „Echo Chamber“ das definierteste Stück der Platte raus. Mixbares 64-Takte-Intro, dann sperrig-präzise Synkopenschläge, die später von einer Percussionsmelodie gedoppelt werden. Digitals „Spacefunk“ schaut gütig runter von Cloud 9. Der Hambuger Mailorderbetreiber hat ein klassisches Geisterheul-Sample verarbeitet, deren Referenz mir jedoch partout nicht einfallen will. 

Der Bremer Ill_K shuffelt den Amen-Break gekonnt zu einem Halftime-Jungle-Track. Die Beats lassen pointiert Ride-Becken Raum, die wie Samurai-Schwertklingen aufeinander treffen. Insgesamt ist die Japan-Anleihe nicht so leichtfüßig wie das bei Photek der Fall war, definitiv eher Abteilung Godzilla. Wer gern melodische Jungle-Tracks mixt, wird sich über diesen „trockenen“ Amen-Banger als Brücken-Track freuen.

Bonus: Beide Seiten kommen mit Groove-Loops, die Elemente der jeweiligen Tracks aufweisen.

Bonus: The Duke Of Dub „Everything Gwan In

Ein weiteres Unterlabel des Alphacut Label-Imperiums ist 457, gewidmet dem Dubwise Jungle. Von Foundation Dub bis zu experimentellen Space Ausflügen presst LXC die Zwei-Track 7„-Schallplatten mit den großen Löchern mit viel Liebe zur Trackauswahl bis zur Gestaltung.

Auf der bald erscheinenden 21. Scheibe des Unterlabels tobt sich der Dresdner Suburban Trash-Don aka The Duke Of Juke aka The Duke Of Dub aus. Die Posaunen von Jericho tragen bei „Everything Gwan In“ sehr angenehm zu bedrohlichen und gut rollenden Halftempo Stimmung bei. In dreieinhalb Minuten erzählt der Duke eine kurzweilige Geschichte, die Jungle-Breaks dominieren nicht, treiben aber akzentuiert voran. 

„Fight Dub“ fängt wieder mit einem angedubbten 82 bpm-Beat an, der allen Mitnicker:innen das Grinsen bei „Ja Man“ in die Augen treibt. Doch der Duke belässt es nicht dabei, sondern holt zur Steigerung gut gechoppte Oldschool-Breaks aus der Schatzkiste. Dass im dritten Teil sogar noch Juke-Anleihen den Weg in den Tune finden ist ein bisschen der Hammer. Also für alle Footwork-Jungle-Freund:innen genau das Richtige.

Hier könnt ihr beides vorhören.

Lea Schröder zu Gast bei Rose & Crémant – dem Feminismus-Podcast

Eine Special-Folge von Rose & Crémant mit frohfroh-Autorin Lea Schröder und ihrer Recherche zu sexualisierter Gewalt in der Clubkultur ist online. Listen!

Im Gespräch mit Pola Nathusius und Ann-Kathrin Rose spricht Lea über ihr Feature Täter an den Decks, über den Umgang mit Betroffenen und die Täter-Opfer-Umkehr, die noch viel zu oft passiert.

Außerdem: Welche Strukturen Machtmissbrauch begünstigen, wie wir alle uns mit den Opfern solidarisieren können und warum viele Räume mit dem Label Safe Space doch nicht so sicher sind, wie man denken würde. Lea hat in ihrer Recherche bei uns aufgedeckt, warum häufig auch Freund:innen der Betroffenen häufig die Täter schützen und was sich ändern muss, im Umgang mit all jenen, die sexualisierte Gewalt erfahren.

Und dann gibt’s im Special von Rose & Crémant noch Tipps für die Zeit, wenn wir alle in den Club und an die Bar zurückkehren, denn dann können wir nicht nur alle wieder entspannt mit anderen ein Kaltgetränk zu uns nehmen, sondern uns auch mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt und Übergriffen solidarisieren.

Rose & Crémant – der Feminismus Podcast 

Mit Rose & Crémant ist Ende April der Feminismus Podcast an den Start gegangen, der lässig und radikal, kompromisslos und differenziert ist, schreiben die Macher:innen. Ann-Kathrin (AK) Rose und Pola Sarah Nathusius servieren in Rose & Crémant Genderthemen auf Eis. Sie diskutieren jede Woche über Feminismus, Gleichberechtigung und Emanzipation, die Frauenbewegung und Frauensolidarität.


Hier hört ihr Teil I & II des Features von Lea bei SoundCloud

Triggerwarnung: In diesem Teil des Features werden Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt und anderen extremen Grenzüberschreitungen explizit geschildert.

Täter an den Decks (Teil I-IV)

Teil I – Täter an den Decks: Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt durch Leipziger DJs
Teil II – Täter an den Decks: Was tun gegen sexualisierte Gewalt in der Clubkultur?
Teil III – Täterschutz in der Clubkultur: Welche Strukturen Täter schützen und sexualisierte Gewalt verharmlosen
Teil IV – Konsequenzen für Täter: Das kannst du tun, wenn du sexualisierte Gewalt im Kontext der Leipziger Clubkultur erlebt hast