Nikolas Noam „Camilla Rhodes“ (Union Jack Records)

Da passiert offensichtlich gerade einiges bei Nikolas Noam – nach „Celeste“ im Januar folgte kürzlich eine neue EP.

„Camilla Rhodes“ setzt nahtlos dort an, wo „Celeste“ aufhörte – bei sphärisch aufgeladenem, unaufgeregtem Deep House. Allerdings klingt „U Got Me“ doch ein wenig offensiver als alle Tracks zuvor.

Auf gute Weise von den eingängig und tight produzierten UK-House-Hypes um Disclosure & Co inspiriert. Dabei aber auch fern von allzu groß ausholenden Dancefloor-Effekten.

„Camilla Rhodes“ kann da vom Spannungslevel her nicht mithalten. Und auch die Remixe zu „U Got Me“ kommen nicht an den Charme des Originals heran. Jacob Phono poltert mit Tech House entlang weniger Track-Elemente.

Krink – nach seinem Ausflug in Leipzig übrigens nach Berlin übergesiedelt – schafft mit dem schleichend-reduziertem Beginn und dem Switch zu einer gedimmten Atmosphäre von „U Got Me“ eine nicht unanziehende Spannung, die dann aber doch zu sehr ins Ravige abtriftet.

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Dub-News mit 45Seven und Jahtari

Welches Format repräsentiert wohl am besten die verschiedenen Styles jamaikanischer Soundsystem-Kultur von Dub bis Dancehall? Richtig, die gute alte 7″. Nicht nur auf Tradition bedachte Reggae-Liebhaber stellen sich kiloweise die kleinen Scheiben ins Regal (oder bauen sich jene Regale gleich daraus), auch die Freunde aktuellerer Offbeat-Mutationen dürften ihre Freude an den handlichen Singles haben.

Mit 45Seven und Jahtari gibt es immerhin zwei Labels in Leipzig, die ihre ganz eigenen Vorstellungen von Dub umsetzen. Dabei überraschen Jahtari neuerdings mit dem neuen Sub-Label Colonel Mustard’s, auf dem bereits zwei Singles veröffentlicht wurden und dass zusammen mit Naram gehosted wird – letztes Jahr kam sein Album bei Jahtari heraus.

Die Trennung macht Sinn: Die Riddims auf Colonel Mustard’s sind eher vom digitalen Dancehall der 80er und 90er beeinflusst als vom 8-Bit-Computerspiele-Soundtrack. Ebenso stehen auch die Vocals diverser Deejays stärker im Vordergrund. Auf der CM-01 ist dies Daddy Freddy – mit einer Reibeisen-Stimme, bei der man unwillkürlich nach Husten-Bonbons sucht.

Die CM-02 featuret Face & Sheenyboo, die als Duo natürlich etwas abwechslungsreicher klingen. Hm, wenn ich jetzt noch den Text verstehen würde … Prägnante Basslines, eingängige Melodien und typische Soundeffekt-Späßchen gibt’s natürlich zuhauf. In den richtigen Händen geht das prima nach vorne. Die Riddims gibt’s ohne Vocals nochmal auf der jeweiligen B-Seite und wurden allesamt von Naram produziert, der bereits mit der March Of The Gremlins LP in Erscheinung trat.

Derweil veröffentlichten 45seven in den letzten Monaten vier neue Singles und setzen ihren Weg fort, dem Dub eine amtliche Frischzellenkur zu verpassen. Wie auch Jahtari scheint man hier einen Nerv zu treffen – anders lassen sich immer neue Artist-Namen auf dem Label sowie die rasante Veröffentlichunspolitik nicht erklären.

Auf der Nr. 8 fahren Dub Across Borders mit „Dub Over Distance“ das Tempo zunächst zurück, um auf der zweiten Seite mit Marimba-Einflüssen und treibenden Percussions in „Dub Pacifico“ zu überraschen.

Jahdubtahz erinnern uns auf der Nr. 9 mit dem leichtfüßigen Jungle in „Dub Street“ daran, dass es Zeit für einen Jahreszeitwechsel wird – ein richtiger kleiner Sommerhit. Beim „Long Lost Dub“ steht dank schwerer Bässe dafür wieder die Tiefe des Dub im Mittelpunkt.

Mit viel Hall auf den Samples, immer wieder hereinbrechender Breakbeats und einer schiebenden Hi-Hat beginnt die Nr. 10 – „Frankie“ verweist auf verspielte Weise auf die Sound-Historie im Dub. Auf der zweiten Seite zeigt sich Beam Up mit „Helden“ etwas aufgeräumter, aber nicht weniger humorvoll.

Die Nr. 11 kommt von Diphasic und macht mit klassischen Signals eine klare Ansage, für die Jungle-Soundsystems der Welt gedacht zu sein. „Backbone Dub“ ist dabei überbordernder als „Reason“, welches mit seinem Fokus auf die Percussions Verweise zu den Breakbeats von Jazzfunk-Breakbeats a la Incredible Bongo Band zulässt. Funky!

Faszinierend an der Reihe ist die konstanten Freude am Experiment mit verspielten Rhythmen, ohne dabei verkopft die Tanzfläche außer Acht zu lassen.

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Pentatones „Ouroboros“ (Lebensfreude Records)

Letzten Freitag ist das neue Album „Ouroboros“ der Teil-Leipziger Pentatones erschienen. Allerdings interessiert sich gerade niemand dafür.

Grund ist ein Video bei Noisey, das Sängerin Delhia de France dabei zeigen soll, wie sie sich angeblich das Key Visual des Albums – ein schwarzer Kreis mitten im Gesicht – tätowieren lässt. Eine durchaus gelungene Idee, um im Internet viral steil zu gehen und es in all die Blogs und Medien zu schaffen, für die ein Thema wie die Pentatones sonst zu wenig Klick-Potential hätte.

Es ist aufgegangen: Einige reichweitenstarke Blogs sind darauf angesprungen, mittlerweile auch große Boulevard-Medien – hinzu kommen all die Kommentargeschwüre bei Facebook. Eine Präsenz, die sich wahrscheinlich jede noch nicht allzu bekannte Band wünscht. Allerdings ist kaum bis gar nicht von dem neuen Album die Rede. Wahrscheinlich reicht es aber, um den Pentatones in den letzten Nestern des Landes etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Spannend ist auf jeden Fall, an einem relativ nahe stehenden Beispiel zu erleben, welche Kraft solch virales Marketing freisetzen kann. Wie sich die Trigger-Welle quer durch den Gossip-Sumpf lostreten lässt. Ob die Pentatones das bloßstellen wollten? Oder es einfach ausnutzen?

Durchaus nachvollziehbar klingt das Statement von Delhia de France im taz-Artikel, dass es „in Deutschland zu wenig Glamour in der Popmusik“ gäbe. Künstlerische Inszenierung über die Musik hinaus gehörte schon immer zu den Pentatones, die Aktion übersteigert sie nun nach den Maßstäben der viralen PR. Man kann das leicht schrecklich doof finden, andererseits grätscht es auch den Bodenständigkeitswahn aus der Spur, dem sich besonders prominente Künstler gern hingeben.

Eigentlich hätte „Ouroboros“ auch ohne dieses Bohei das Zeug für mehr Wahrnehmung gehabt. Denn es ist in seinen Brüchen zwischen Pop, Elektronik, Opulenz, Mystik und ganzheitlicher Inszenierung so überzeugend und selbstbewusst, dass man es nicht einfach links liegen kann.

Blieb das Vorgängeralbum „The Devil’s Hand“ in seiner Vielschichtigkeit stilistisch vage, wurden die Fäden bei „Ouroboros“ enger beisammen gehalten. Es herrscht durchweg eine in sich geschlossene, spannungsgeladene, düstere Atmosphäre, die sich mal mehr mal weniger ätherisch entwickelt. Mit erfreulich kleinteiligen Sounds und subtilen Arrangements. Das Bild der selbstverzehrenden Schlange aus der griechischen Mythologie hinter dem Albumtitel scheint da als konzeptioneller Rahmen nicht unpassend.

Pathos ist seit jeher ein wichtiges Element bei den Pentatones – wie sooft polarisiert es, wirkt gleichermaßen überfordernd und anziehend. So ist es auch bei „Ouroboros“, das an vielen richtigen Stellen berechenbare Momente umwirft und damit eigene Spannungsbögen aufbaut, dann aber ebenso an seiner spirituellen Ernsthaftigkeit schwer trägt.

An verschiedenen Orten seien die Songs in mehreren intensiven Sessions entstanden, heißt es. In Berliner, Amsterdamer und Leipziger Home-Studios, in einer Schwarzwälder Hütte, in den Utrechter Kyteman Studios und nicht zuletzt in Zusammenarbeit mit dem wunderbaren Robot Koch.

Dessen Einfluss habe ich im Vorfeld auf jeden Fall überschätzt. Tatsächlich hatte ich angenommen, dass durch ihn als Produzent ein Tick mehr rhythmische Freshness reinkommt. Seine Qualitäten bei „Ouroboros“ liegen aber offensichtlich woanders, subtiler eingewoben. Wie auch immer: „Ouroboros“ ist ein gehöriger Sprung für die Pentatones – dramaturgisch, ästhetisch und ja, im Aufbau einer breiten Bekanntheit.

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Offtopic – Musikjournalismus

Die Schnittmengen zum Splash Mag liegen zwar bei nahe null, aber seit kurzem gibt es den Mitschnitt einer spannenden Diskussionsrunde.

Um Musikjournalismus geht es hier gut 90 Minuten lang. Geladen sind Online- und Print-Journalisten der für HipHop-Kreise relevanten deutschen Medien. Und es wird angenehm offen und kritisch über den Status quo des Musikjournalismus debattiert.

Um Gossip für Klicks, die Rezension als weiterhin wichtiges Format, das Changieren zwischen journalistischer Freiheit und finanziellen Abhängigkeiten und nicht unwichtig: die schnell fließenden Grenzen im coolen Dude-Business.

Nerd-Talk, klar. Und auch sehr im HipHop-Kontext angelegt. Allein eine solch epische Auseinandersetzung mit den mehr oder weniger realen Beefs zwischen verschiedenen Künstlern gibt es in der elektronischen Musik so kaum.

Dennoch ist ein Großteil der Diskussion allgemeingültig genug, um auch selbst zu reflektieren, was passiert und was nicht. Daher ein Tipp offtopic – das könnte übrigens eine eigene Reihe hier auf frohfroh werden. Für Offtopic-Themen.

Mix-Tipps im Februar

Nachdem die Januar-Mix-Tipps erst im Februar kamen, schaffen es die Februar-Tipps tatsächlich noch im selben Monat. Fett.

Fett auch der Output an Mixen, den Distillery-Resident Vincent Neumann regelmäßig bei Soundcloud hochlädt. Allein in diesem Februar waren es vier Home-Mixe plus sein Mitschnitt von der letzten Dytopian-Nacht in der Distillery. Nix mit Bloß-keine-Quantität.

Seine Mixe sind in letzten beiden Jahren tatsächlich zu einem gern gewählten Teil meines Arbeits-Soundtracks geworden, weil sie herrlich subtil scheppern und dabei mit Namen versehen sind, die irgendein unberechenbarer Trigger im Leben von Vincent Neumann ausgelöst haben dürfte. Deshalb nun endlich mal eine Erwähnung hier bei den Mix-Tipps. Und weil ich mich nicht entscheiden kann, poste ich hier einfach den letzten Mix.

Übrigens: Vincent Neumann ist demnächst wieder im Berghain zu erleben – am 21. März. Sein erster Auftritt während der Distillery-Tour scheint Eindruck hinterlassen zu haben.

Beeindruckend auch die Ankündigung, dass Praezisa Rapid 3000 im April eine kleine Album-Tour in Japan spielen werden. Endlich, da nicht nur das Label Noble von dort aus agiert, sondern da das Trio nicht wenige Die-Hard-Fans in Japans hat. In Anlehnung an die Plattentitel bekommt jede besuchte Stadt einen Namen, inklusive Döbeln.

22.4. – Miami/Tokyo – O-Nest in Shibuya, Tokyo
23.4. – Döbeln/Kyoto – Metro in Kyoto
26.4. – Yamagata/Mumbai – Sandinista in Yamagata
27.4. – Pr3k ancient spacebase DJ set – Raf-Rec in Yamagata
29.4. – Saitama/Detroit – Hisomine in Saitama, Tokyo area

Da der letzte DJ-Mix von Praezisa Rapid 3000 einige Monate zurückliegt, muss hier wieder gemogelt werden. Aber egal. Der Aufhänger ist wichtiger als das Format. Für das Londoner Mag i-D steuerten sie eine eklektische Podcast-Ausgabe ab.

Zum Ausklang noch die komplette Kontemplation. Das im letzten Herbst gestartete Label pneuma-dor legt seinen zweiten Podcast nach und lässt Aloo mit seinem neuen Projekt Timothy Newly beginnen.

Ob er sich unter diesem Namen künftig ausschließlich Ambient widmen wird, ist nicht klar. Sein erstes Lebenszeichen ist jedoch ein klassisches Ambient-Set. Ohne Beats, dafür mit weitläufigen Flächen und ausdauernder Langsamkeit. Das weckt Erinnerungen an die Ambient Week bei frohfroh im letzten Dezember.

[kju:bi] „Cross Culture EP“ (Break The Surface)

Die neue EP von [kju:bi] setzt das Drum & Bass-Revival auf Break The Surface fort. Vier Tracks lang wird auf der „Cross Culture”-EP das eigene Kopfkino zelebriert.

Mit treibenden Bass-Drums und knarzigen Bass startet die EP: „Basement Tune“ entwickelt eine leicht bedrohliche Atmosphäre, die uns darauf hinweist, diesen Track bitte nicht nachts im Keller bei fehlender Beleuchtung anzuhören.

Auch „2nd Street“ ist dafür wenig geeignet. Melancholische Flächen und unheilvolles Geklingel begleiten hier clevere Drums, die auf den verträumteren Tanzflächen wunderbar funktionieren sollten.

„Cross Culture“ klingt trotz des technoiden Sound-Designs nach Dub und ist auf der EP der am wenigsten düstere Titel. Der schleppende Half-Step-Beat erinnert fast an Rock-Band-Schlagzeug.

Das vierte Stück „The Construct“ schließt den Kreis und greift die Grundstimmung des Anfangs auf. Verhallte Flächen durchbrechen die Düsternis, pointierte Samples und ein schneidender Beat holen uns vom Kopfkino auf den Dancefloor zurück. Aufwachen bitte!

Damit findet eine unaufdringliche, sehr gelungene EP ihren Abschluss, mit der das Produzenten-Team [kju:bi] seine Vorstellung von zeitgemäßen Drum & Bass weiter ausformuliert.

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Various Artists „O*RS 2300“ (O*RS)

Bei O*RS ist gerade ordentlich Trubel – parallel zur OverDubClub-Kampagne kam gerade eine neue Mini-Compilation heraus.

Die Nummer „2300“ ist dies mittlerweile. Und sie zeigt, wie sehr Filburts Netzwerk in den vergangenen Jahren gereift ist. Denn mit Matt Flores und Yannick Labbé von Trickski sind zwei überregional geschätzte Größen des „älteren“ Deep House auf der Compilation.

Besonders einnehmend der poppige Marimba-House von Matt Flores. Eingesüßte Melancholie mit großem, ganz unklebrigem Hit-Potential. Yannick Labbé steht da mit mehr Zurückhaltung und Aufgeräumtheit. Schön warm, schön solide.

Aber direkt neben einem Track wie „Like A Dornow“ des Dresdners Scherbe bekommt er auch etwas Behäbiges. Wieder kickt Scherbe nämlich mit seinem rumpelig-verspielten House, mit breakiger Bassdrum, mit Dissonanzen und angeteastem Funk. Ein stetig wachsender Held des Abwegigen.

Dubson bietet klanglich genau das Gegenteil – obwohl auch seine Beats eher breakig als gerade sind. Doch die deep flackernden Chords mit einer alles flutenden Bassline und jener tollen UK-Lässigkeit, die es schafft, mühelos zwischen den Genres zu switchen, ist einfach komplett woanders unterwegs.

Bei der Vinyl-Auflage gibt es wieder eine Sonderedition mit 50 Exemplaren, denen jeweils ein einmalig gedruckter Polaroiddruck beiliegt. Am kommenden Freitag sind sie alle als Gesamtkunstwerk im mzin-Laden zu sehen. Danach verstreut in alle Richtungen.

O*RS Bandcamp
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Georg Bigalke „Black Series 014“ (Authentic Pew)

Georg Bigalke scheint Remixe zu lieben – auf seiner neuen EP gibt es zehn von seinem Track „Roenkel“.

Was für ein Paket, diese „Black Series“-Ausgabe des Leipzig-Chemnitz-Labels Authentic Pew. Eigentlich ist es beinahe eine Compilation, denn die Remixe lösen sich teilweise weit von dem ruppigen und verstörend kargen Original.

„Roenkel“ zeigt Techno in seiner rohen, trockenen und bedrohlichen Form. Mit fiesen Kellerassoziationen und feuchter Kälte. Sehr konsequent geht Georg Bigalke da seinen Weg weiter, der ihn zuletzt auch zu Pragmat führte.

Dessen Label-Betreiber Markus Masuhr ist auch mit einer „Roenkel“-Version dabei. Mit herrlich federnden Bassdrums und neurotisch flackernden Sounds. Auch aus Leipzig, dafür weit breakiger und schroffer: Blac Kolor. Sein Entwurf hebt sich ab von den anderen Remixen, die entweder sehr straight Techno abbrettern oder mit ihren Dissonanzen alles abbrennen.

Stingrays und Swarm Intellegence sind bei letzterem am kompromisslosesten unterwegs. Eine weitere Breaks-Ebene bringt schließlich auch noch Raven mit hinein. Die Kargheit des Originals beibehaltend, mit einem Beat, der einen Herzschlag imitiert. Ein großes Roenkel-Paket.

Monomood „Suppressed By Darkness“ (Connwax)

Auch wenn es schon ein paar Tage zurückliegt – aber die jüngste Connwax-EP sollte nicht unerwähnt bleiben.

Einmal, weil es Connwax ist. Aber auch wegen des klaren Sounds und dem kraftvollen Drive, den die drei Tracks des Berliners Monomood ausstrahlen. Jaja, das ist Techno in seiner prickelnd roh belassenen Art, bei „Absorption“ und „Greyzone“ überaus maximal auftragend und rastlos davon ziehend.

Was für ein feines Gespür Monomood als Producer zu besitzen scheint, zeigt insbesondere „Broken Light“. Obwohl am originären Basic Channel-Sound angelehnt, schafft es der Track, sich später mit einer erhabenen, irgendwie auch sakral durchdringenden Harmonie von den einschlägigen Dub Techno-Heiligtümern zu lösen.

Eine EP, die mit jedem Track besser wird.

Connwax Website
Monomood Facebook
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Wright & Bastard „Floating Dust“ (Beatalistics Rec.)

Bereits im letzten Herbst veröffentlichte das Freiburger Label Beatalistics die „Floating Dust EP“ des Leipzigers Wright & Bastard – hui, so sommerliche Vibes habe ich jetzt irgendwie nicht erwartet. Passt zum Samstagmorgen, da mache ich mir glatt mal einen Kaffee.

Wright & Bastard hat seine Hausaufgaben gemacht: Die EP erinnert stark an die atmosphärischen, jazzy Tunes von Labels wie Soul:R, Signature oder Hospital Records und ist solide produziert. Ja, das Rad wird hier definitiv nicht neu erfunden und gern schrammen die fünf Stücke am schmalen Grat zum Kitsch entlang. Ecken und Kanten finden sich nicht, niemand wird verstört das Sofa verlassen, aber das muss ja nicht das Ziel sein.

Die Trickkiste dürfte aufmerksamen Drum & Bass-Hörern bekannt sein: Jazz-Samples, zuckersüß-melancholische Melodien und verhallte Hintergrundsounds packen uns in eine watteweiche Wohlfühlklangtapete. Beim titelgebenden Eröffnungsstück „Floating Dust“ wird mir spätestens mit dem Erotik-Saxophon-Sample etwas zu gewollt über das Ziel hinausgeschossen, hier schreit einen die verträumte Atmosphäre regelrecht an.

„Drive“, das zusammen mit Wintermute produziert wurde, behält den Faden bei, allerdings auf einem leicht angeglitchten HipHop-Beat und überrascht dann doch mit kleinen, organischen Rhodes-Piano-Melodiespielereien. Ein wenig zugekleistert mit Stimm- und Saxophon-Samples ist das Stück dennoch.

Bei „Bad Habits“ fallen diese dann erstmals weg, dafür stehen Piano-Chords im Vordergrund, die einen klassischen Drum & Bass-Track-Aufbau begleiten. In den Pausen schwelgt es wie gewohnt vor sich hin, so wie es dann doch sehr häufig schon gehört wurde – ein netter Füller fürs Warm-up.

Mit „Dat Vibe“ haut uns Wright & Bastard dann einen Hip-Hop-Beat um die Ohren, wie er auch in den 90ern hätte produziert werden können. Durch die roh eingesetzten Samples mein Highlight der EP – ziemlich funky und sogar ohne Saxophon werden hier die Chillout-Klischees schön umschifft.

Ähnlich funktioniert dann auch „Fading Away“, wartet in der Mitte aber mit dem obligatorischen Spannungsaufbau auf. Die anschließenden Harmonien ufern nicht so stark aus wie in den ersten drei Titeln der EP, sind aber doch arg pathetisch.

Insgesamt also doch eine etwas überladene, dafür in sich stimmige EP, zu der ich mir reduziertere Remixe gut vorstellen könnte. Wright & Bastard hat ein Händchen für Melodien, welche die Stücke nicht in so eine Hintergrund-Lounge-Beliebigkeit abgleiten lassen, aber einen Cocktail könnte ich mir statt des Kaffees jetzt auch ganz gut vorstellen.

Wright & Bastard Website
Beatalistics Rec. Website
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Neues Label – Sweet Nectar Tapes

Unglaublich, wieder ein neues Label. Wieder mit Tapes. Wieder mit analoger Euphorie.

Sie ebbt nicht ab, die aktuell weit verbreitete Freude am Roughen, Analogen, Nichtperfekten. Auch bei Sweet Nectar Tapes scheint sie stark ausgeprägt zu sein – inklusive rotziger Street-Attitüde. Nicht nur, dass das junge Label mit einem Tape startet, auch das erste Album „High School Lovers“ von Achilles kultiviert die schlingernde, auf das Wesentliche runtergestrippte Klangästhetik weiter.

Die sieben Tracks entstanden ausschließlich am Drumcomputer und ein paar Synthesizern, aufgenommen wurde alles mit einem Fostex 380S Tape Recorder. Im Overkill der Musiksoftware-Optionen wahrscheinlich ein überaus befreiendes Set-up. Die Reduktion der Mittel hat oftmals spannendere Dinge hervorgebracht als ein Zuviel der Möglichkeiten. Ohne die richtig dosierte Opulenz schmälern zu wollen.

„High School Lovers“ besticht genau durch jene unbeirrte Einfachheit und Ungeschliffenheit, die unter anderen bei Kassem Mosse und Leibniz ohne Ermüdungserscheinungen fasziniert. Noch – denn natürlich sind die Grenzen des angezerrten, übersteuerten und matschigen House nicht weniger eng gesetzt als bei anderen Nuancen des Genres. Doch zu der unendlichen Ableton-Glattheit von Minimal, Tech House und dem jüngeren Deep House ist dieser Sound ein schlüssiger Gegenpart.

Sweet Nectar Tapes ist das Label von Achilles. Auch als Delve produziert er Tracks und Remixe – einige davon sind vor kurzem auf dem Berliner Label Freund der Familie erscheinen. Nach einer Station in Magdeburg kam der gebürtige Oberfranke vor vier Jahren nach Leipzig. Nach Leibniz und Perm also die zweite Bereicherung der hiesigen House- und-Szene aus Bayern.

Das Tape bleibt keine einmalige Sache. Demnächst erscheint eine Vinyl-EP mit ausgewählten Tracks von „High School Lovers“. Und da scheinen noch einige weitere Tracks zu schlummern. Ein Glück.

Snippets aus dem Album können auf der Label-Website oder im Kann-Webshop angehört werden.

Sweet Nectar Tapes Website

OverDubClub auf Vinyl

Mit der OverDubClub-Reihe ist in den vergangenen drei Jahren eine wichtige Live-Plattform für neue Producer entstanden. Nun soll bald ein erste Vinyl-Werkschau kommen.

In die Distillery lädt der OverDubClub alle zwei Monate ein – initiiert von Ranko. Es ist eine Art Stammtisch und ein Open Slot für Producer aus HipHop, Electronica, House und anderen nahestehenden Genres. Um das Vernetzen von Musikern geht es dabei. Aber auch um das gemeinsame Spielen, Forschen und Erschaffen eines jeweils einzigartigen Live-Moments.

Dass sich in Leipzig eine rege Szene an Beat-Fricklern entwickelt hat, zeigte bereits der Output von Resistant Mindz. Der OverDubClub möchte auf einem Doppel-Vinyl zusätzlich zeigen, was in der Stadt geht.

Während auf der ersten Platte zwölf Tracks von einigen involvierten Producern enthalten sein sollen, möchte die zweite Platte ausgewählte Ausschnitte der Live-Jam-Sessions verewigen.

Der Konjunktiv in den Sätzen ist nicht ohne Grund. Denn noch gibt es nur die Tracks sowie die Grafik für das Artwork. Damit es wirklich auf Vinyl erscheint, hat Filburt mit seinem Label O*RS eine Crowdfunding-Aktion gestartet, mit der bestenfalls die 4.500 Euro für die Pressung und den Artwork-Druck reinkommen.

Als ein Zeitdokument sieht Filburt diese Platte: „Ich finde es total spanend was dort passiert und welche Talente da zum Vorschein kommen – fernab von der House City Leipzig“, meint er dazu.

Die Aktion findet bei Startnext statt, für 20. März 2015 ist eine Release-Party in der Distillery geplant. Wer das Projekt auf anderem Weg unterstützen möchte, kann sich auch per Mail hello@orslabel.com an melden. Support!

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