Nach den Alben von Martin Kohlstedt und Ronny Trettmann in der letzten Woche nun einer weiterer Exkurs abseits der geraden Bassdrums. Heute mit Liloba.
Afrikanische Einflüsse in der europäisch geprägten elektronischen Musik beschränken sich ja oft auf einzelne, aus dem Kontext gerissene Samples. Für den Exotenbonus. Bestimmt gibt es eine Menge Gegenbeispiele, mir fehlt da aber der Einblick. Ein Projekt wie Liloba dürfte aber auch als exemplarisch gelten. Die Auseinandersetzung zwischen Pierre Kalonji Tumba, Elsa Grégoire und Rafael Klitzing klingt nach einem organisch verflochtenen Prozess.
Zugegebenermaßen hätte ich ohne den elektronischen Einfluss jedoch wenig Berührungspunkte mit Liloba. Zu viel Chanson, zu fest im Weltmusik-Pop verankert. Aber genau das macht die Band aus, zu der noch drei weitere Musiker gehören. Mit der selbstbetitelten EP gehen sie nun erstmals raus aus dem Studio.
Pierre Kalonji Tumba und Rafael Klitzing lernten sich zufällig in Leipzig kennen. Da war Kalonji Tumba schon ein Gesangsstar in seiner Heimat Kongo. Der Bürgerkrieg dort zwang ihn aber zur Flucht. Klitzing ist der Link zur Elektronik. Style Confusion und Encephalon waren seine großen Projekte neben zahlreichen Theaterarbeiten. Liloba ist insofern für ihn ebenfalls Neuland.
Fünf Songs sind auf der EP, am traditionellsten noch „Dis-moi“. Bei „Mon Amour“, „Pour Nini“ und „Le Monde“ lenken HipHop- und breakige Beats sowie tief schwingende Basslines den Sound auf eine andere Ebene. Und es flackern sogar kurz Dubstep-Elemente auf.
Aber alles doch sehr dezent und hintergründig arrangiert. Der Fokus liegt auf der Musikalität und den Stimmen. Pop, eben. Und ja: Liloba, heißt übersetzt auch Stimme bzw. Wort.

Martin Kohlstedt steht für den intimen, introvertierten, poetischen, reduzierten Moment. Nur mit dem Piano arbeitet er, schreibt stille Songs in stillen Kammern, die durch keine Stimme in irgendeine Richtung gedrängt werden. Die Assoziationsketten sind frei zu knüpfen, obwohl sie für den Komponisten selbst mit konkreten Geschichten verbunden sind. Er lässt sie im Impliziten. Bildungsbürgertum deluxe.
Während bei ihm das Understatement zählt, geht es Ronny Trettmann um das Rausposaunen, um Party. Frauengeschichten, Cruisen, Après-Ski, aber auch das hinterhältige Business. Ronny Trettmann könnte sich wahrscheinlich vom Fleck weg von einem großen Label wegkaufen lassen. Er möchte es aber lieber „independant“ angehen, sein eigenes Label Heckert Empire mit der eigenen Crew aufbauen.
Ich feier dieses Album, muss es wohl korrekt heißen. Nicht, weil es mich musikalisch unbedingt flasht, sondern weil es in seiner Überspitzung und der klaren Pop-Ansage sehr ehrlich wirkt. Möglicherweise ist das auch Ronny Trettmanns Joker. Er verstellt sich nicht, obwohl er die Skills für die große Show hätte. Unglaublich seine Ballade „Schwarzer Sonntag“. Also, ruhig sich einmal auf den Kultur-Clash einlassen.
Doch noch einmal zu Krink. Zeitgleich kamen nämlich zwei Solo-EPs von ihm heraus. „The Time Is Now“ auf dem Berliner Label Opossum Recordings und „Moan“ bei Techsoul Records aus den Niederlanden.