Neues aus der Wolke – PeterPaasch

Kumpel-Business to the fullest – das erste Mal steckt eine persönliche Freundschaft hinter einem frohfroh-Artikel. Und so gehen die Wolke-Fragen an PeterPaasch.

Seit rund sechs Jahren kennen und mögen wir uns. Mit PeterPaasch berührte mich Benjamin, der Mensch dahinter, jedoch noch einmal wesentlich mehr als mit seinen vorherigen Projekten. Weil es elektronischer ist, und weil es auf subtil-ironische und collagierte Weise gesellschaftliche Gräben und Kuriositäten thematisiert.

„Keep it sample“, so der Ansatz für PeterPaaschs Hörspiel-Electronica zum Tanzen, die er auf dem Hamburger Dockville und als Support von The/Das auch schon live auf die Bühne brachte. Den Rest erklärt er selbst.

Woher kommst du – lokal und künstlerisch?

In beiden Fällen aus der Pampa. Aufgewachsen bin ich im brandenburgischen Hinterland. Für meine musikalische Sozialisation wäre der Begriff „künstlerisch“ auch reichlich übertrieben. Da waren zunächst mal Punk und Pogo King – Drums und Distortion im Kinderzimmer.

Mit weiteren Bands wuchs dann das Interesse für Sound und Struktur. Also kaufte ich mir irgendwann einen 4-Spur-Rekorder und später dann einen Rechner, mit dem ich mir das Fummeln beibrachte.

Was flasht dich musikalisch?

Die treffendste und zugleich unbefriedigendste Antwort wäre wohl „alles Mögliche“. Das sind ja immer die schlimmsten, die Querbeet- und Alleshörer. Aber ein bisschen stimmt es in meinem Fall tatsächlich.

Simple Hooks können mich genauso flashen wie verschachtelte Beats. Ich halte auch nichts von so albernen Grabenkämpfen und Indie-Muckertum. Wenn‘s flasht, flasht‘s – scheißegal, ob da Rihanna trällert oder Björk.

Wo willst du mit deiner Musik hin – Lieblingshobby oder Stadion?

Stadion wäre mir viel zu ungemütlich. Da zieht‘s doch. Und man sieht so lächerlich aus auf der Bühne und muss so blöde Rockgesten machen, damit die ganz hinten nicht einschlafen. Es kann ruhig noch bisschen was gehen, aber diese ganze Bier- und Bratwurst-Parade gern ohne mich.

Dein größter Soundcloud/Youtube-Hit?

Ich habe ja grad erst angefangen, mit PeterPaasch aktiv zu werden, also wäre Hit jetzt ein bisschen viel verlangt. Am meisten Klicks hat „Fernsehngucken“. Es ist auch live einer der Favoriten.

Dein persönlich größter Hit – und warum?

Ach, ich habe die natürlich alle lieb. Mal den einen mehr, mal den anderen. Oft auch den jeweils aktuellsten. Grad ist das „Punkist“. Weil der so schön einfach ist und das perfekt zum Sample passt – dieses stumpfe, einlullende, repetitive, stumpfe, einlullende, repetitive …

Was kommt demnächst von dir?

Ich habe grad eine EP gemacht, die kann man ab jetzt kaufen. Und es kommen immer mehr neue Tracks fürs Live-spielen dazu, sodass ich mittlerweile ganz gut zwischen clubbigen, tanzbaren und lauschigen, sitzbaren Sets variieren kann.

Im Dezember spiele ich noch mal einen Wohnzimmergig für Sofar Hamburg, von dem es dann später auch ein kleines Video geben wird, und am 17. Januar im Hamburger Fundbureau. Und dann will ich endlich mal in Leipzig spielen, da hat schließlich alles angefangen. Also nur zu, Booker diesseits der weißen Elster!Bei deinem früheren Projekt hast du selbst gesungen – sind die Samples nun deine neue Stimme?


Absolut. Wird ja auch genug geredet auf der Welt. Ich baue mir aus dem, was mir gefällt, dann meine eigene Stimme, ohne mir dabei den Hals verrenken zu müssen. Außerdem kann ich so Sachen „sagen“ und nebeneinander stellen, die mit handelsüblichem Gesang einfach nicht funktionieren würden oder irgendwie jämmerlich klängen.

So ergeben sich dann oft schöne Mehr- und Uneindeutigkeiten, hinter denen ich als Person zurücktreten kann. Mach ich auch live so. Wenn es so was wie Ansagen gibt, kommen die von einem extra Keyboard, auf das ich so Stefan-Raab-mäßig eine bunte Tüte Sprachschnipsel gepackt habe.

Hängst du mehr vorm Fernseher bzw. bei Youtube auf Sample-Suche oder an deinen Instrumenten?

Beides gleichermaßen, ist ja heutzutage oft und in meinem Fall auch ein und dasselbe Gerät, da sind die Wege kurz. Bewusste Sample-Suche betreibe ich eher selten, die besten Sachen laufen einem meist einfach so über den Weg – so ist das Ganze auch entstanden.

Aber ich habe schon immer gern so alten Kram geguckt und inzwischen denke ich die Verwertbarkeit natürlich öfter mal mit und merk mir die Sachen dann für später.

PeterPaasch Facebook / Soundcloud
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Tod und Steuern – Dead Fish Audio

Oh, dieser Facebook-Link war wertvoller als viele andere. Er sorgte wir das Wiederentdecken eines vergessenen Duos – Dead Fish Audio.

Es war ein unscheinbarer Link auf dem Dead Fish Audio-Profil: „Neues Album ‚Death And Taxes’ hier zum Anhören“. Ehrlich gesagt war mir gar nicht bewusst, dass es das Duo noch gab. Vor zehn Jahren gewannen sie den damals noch prominenten Großen Preis von Leipzig.Und ein paar Jahre danach tourten sie durch die Stadt und waren Teil des Label-Kollektivs East German International, aus dem mehr oder weniger direkt Tetmusik entstand und dem auch das Brockdorff Klang Labor angehörte. Über Leipzig hinaus kamen Dead Fish Audio jedoch nicht. Eine gewisse Tragik schwingt dabei schon mit, denn Stefan Hochmuth und Kai Kauerhof setzten mit dem Schub des Preisgewinnes eine gewisse Euphorie in der Stadt frei.

Vielleicht lag das Ausbleiben des nächsten Schrittes an dem großen Dazwischen, in dem sich die Musik der beiden bewegte. Offene, live improvisierte Strukturen, die weder konsequent Avantgarde noch ernsthaft genug für den Dancefloor waren – oder damals einfach anders geschätzt werden konnten.Nun also „Death And Taxes“ – ein Album, das so losgelöst von allen Erwartungen klingt, dass es nur gewinnen kann. Auch wenn es vorerst nur als Stream zu hören ist, weil sich kein Label fand. Schaut man die Bilder auf der Website an, lässt sich ahnen, was für ein bemerkenswertes Instrumentarium Dead Fish Audio über die Jahre angehäuft haben.

Es ist der Ausgangspunkt für angenehm antiquiert klingende, sich lang entfaltende und weithin forschende Stücke, die gut in das untergründig schwelende Kraut-Rock-Revival passen. Der Dancefloor ist dieses Mal komplett außen vor, „Death And Taxes“ widmet sich den Verspulungen und versteckten Ambient-Flächen.

Mit „Stand By Your Man“, „I Love Your Soul Honey“ und „Nina’a Blues“ kommt auch ein wenig Pop mit dazu. Doch die wirklich großen Tracks sind für mich „Preussen Dropout“, „Death And Taxes“, „Open Priel Seattle“ oder „Yoga“. Ein überaus freudiges Wiedersehen – nun im scheinbar richtigen Moment.

UPDATE: Mittlerweile gibt es das Album auch zum kostenlosen Download auf der Website.

Dead Fish Audio Website

Aerts „Black Series 005“ (Authentic Pew)

Der fünfte Teil der „Black Series“ von Authentic Pew ist gestern herausgekommen. Dieses Mal als Solo-EP von Aerts.

Authentic Pew bringt mich ab vom strengen Leipzig-Blick. Denn Aerts ist der Chemnitzer Teil des Leipzig-Chemnitz-Duos Perthil & Aerts. Vielleicht zieht er ja noch um. Was bei Authentic Pew positiv auffällt, ist der ebenso konsequente wie experimentelle Umgang mit Techno. Und das auf Vinyl. Sperrig und dystopisch fällt auch die fünfte Platte aus.

Namen gibt es nicht, nur Nummern. „5.1“ und “5.3“ suhlen sich geradezu in der maschinellen Dissonanz. Völlig frei von Harmonien, nur mechanisch schallender Sound, eingefasst in langsam vibriende und brüchige Bassdrums. Ob der Chemnitzer Raster-Noton-Background mitschwingt?

„5.2“ wirkt dagegen eingängig und sanft. Tief geerdeter Techno mit rasselnden Hi-Hats, bohrenden Loops und: ohne Break. Keine Rave-Rutsche, nur durchlaufende Hypnose. Wie wohl die „White Series“ klingen werden, die auf der Label-Website bereits ohne Inhalte angelegt sind?

Authentic Pew Website

Timoka „Waters EP“ (Holger Records)

Knapp eineinhalb Monate ist es her, dass Holger Records die erste Platte veröffentlichte. Mit Timoka geht es gleich weiter.

Aus Basel kommt Benjamin Kilchhofer alias Timoka. Eine zeitlang lebte er auch in Leipzig und lernte die spätere Holger-Gang kennen. Was im Einstands-Interview mit Steffen Bennemann nicht so deutlich herauskam: er gestaltet das Holger-Artwork maßgeblich mit. Künstler und Musiker, die Grenzen sind bei ihm also fließend.

Und nahtlos überschreiten auch seine Stücke die Genre-Linien. Electronica und House bilden grob den Rahmen, dazwischen ist alles bunt. Mit „Comer“ gelingt ihm gleich der beste EP-Start, der mir seit langem untergekommen ist. Also wirklich bezogen auf den Beginn einer EP. So entwaffnend leicht in der süßen Melancholie und dem sympathisch-holprigen Drive.

Das Besondere an Timoka insgesamt ist seine Präzision. Es klingt nie breiig, aber genauso wenig muckermäßig. Obwohl er mit vielen Elementen arbeitet und immer wieder mit Wendungen spielt. Nur bei „Nathal“ kippt der klanglicher Überschwang teilweise ins Kitschige. Er wird jedoch gleich von „Inn“ mit seiner runtergedimmten Art auffangen, die erst langsam auftaut und sich zugleich verstohlen den Weg zur House-Geradlinigkeit bahnt.

„Aare“ ist da weitaus selbstbewusster, wenn auch sich das Stück anfangs viel Electronica-Spielraum nimmt. Später switcht es plötzlich in ein klar geschnittenes, fast rasendes House-Stück um. In ein unglaublich gutes, weil es – wie schon „Corner“ – die Wehmut so tänzelnd rüberbringt, das sie nur schwer von der großen Fröhlichkeit zu unterscheiden ist. Was für eine EP, was für ein Label.

Holger Records Website
Kilchhofer Website
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Briefübergabe mit Me And Oceans

Das schöne an Analogsoul ist ja nicht nur die Musik. Als klassisches Pop-Label gibt es meist auch Videos zu den Singles. So auch bei Me And Oceans.

Gedreht wurde es im hype-berüchtigten Westen Leipzigs. Im angenieselten Abendzwielicht begleiten wir Fabian Schuetze auf dem Weg zu einer Briefübergabe an Arpen. Mit Bildern, die auch ein Leipzig in den Achtzigern zeigen könnten. Die Westautos passen natürlich nicht.

Es ist das offizielle Video zu „Carp“, der Single-Auskopplung vom „The Bay“-Album, das im Sommer bei Analogsoul erschien. Im Radio-Edit ist dem eigentlich tollen typischen Me And Oceans-Song aber leider die Kantigkeit genommen. Aber gut, Radio-Business eben.

Am 13. Dezember ist Me And Oceans noch einmal live mit Streichern und Klavier in Leipzig zu erleben.

Me And Oceans Website
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Studio Bruno „Franconia Sessions“ (Mutual Musik)

Ein Bauernhaus im fränkischen Steigerwald beherbergt das Studio Bruno. Darin: Johannes Beck mit Freunden.

Zur ersten einwöchigen Session lud der Berliner Producer Sevensol und Steffen Bennemann ein. Jeder durfte ein Instrument seiner Wahl mitbringen. Sevensol packte den Drumcomputer TR-707 und ein Monotron Delay ein, Steffen Bennenmann reichte ein Field Recorder.

Eine Woche Improviseren, eine Idee, die auch schon zu den Selbstversorgersound-Platten führte. Raus aus dem Studio-Einsiedlertum, stattdessen Klassenfahrt aufs Land mit dem besten Spielzeug.

Der Session-Charaker ist den zwei daraus entstandenen Stücken eindeutig anzuhören. Es sind stille, sich langsam entfaltende House-Tracks, ohne klare Dramaturgie. Das Skizzenhafte macht sie zwar beim ersten Hören schwerer greifbar, allerdings ist der Sound so direkt und zugleich so aufgeräumt, dass die Stücke etwas anziehend Kontemplatives in sich tragen.

Bei „Funkmaster Joe“ im Jazz angedockt, bei „Midsummer Escape“ im Kraut-Rock. Ein echtes Liebhaber-Projekt für Kopfhörer, dokumentiert auf Vinyl.

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Lake People „Uneasy Hiding Places“ (Permanent Vacation)

Wie kann es sein, dass sich Lake People noch immer steigern kann? Mit seiner neuen EP auf dem Münchner Label Permanent Vacation gelingt es ihm.

Eigentlich dachte ich, es sei alles gesagt zu Lake People. Sound gefunden, nun Kurs auf Verfeinerung, Nuancen ausloten. Doch „Uneasy Hiding Places“ überrascht mit seinen vier Tracks aufs neue. Noch filigraner, noch poetischer, allerdings an manchen Punkten auch reduzierter.

Herzstück ist für mich „They’re Singing“ – eben wegen jener etwas kargeren Deepness und den nicht ganz glatt gezogenen Sounds. Und allein, wie sich die Claps immer wieder aufspalten – mein bisheriger Lake People-Favorit.

Weicher gezeichnet dann das Titel-Stück auf der anderen Seite. Leicht galoppierend sowie elegisch zwischen hell und dunkel schwebend. Flüsternd eine wispernde Stimme.

„Brooklyn“ ist wieder deutlich in dem unaufdringlich-vielschichtigen Lake People-Rahmen eingebettet – das hohe musikalische Niveau haltend. Und zum Schluss „For Good“, ein Outro, passend zum unterkühlteren Sound von „They’re Singing“.

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Various Artists „Recipes For Reconstruction“ (Moniker Eggplant)

Moniker, was? Moniker Eggplant, Berliner Label-Kollektiv mit einigen Verbindungen nach Leipzig. Wir sagen nur PorkFour, LXC und mehr.

Zugegeben: diese Compilation zum einjährigen Bestehen des Labels habe ich lange vor mir her geschoben. Reine Remix-Platten – noch dazu so groß angelegte wie diese hier – sind aus Rezensions-Perspektive nämlich die Vollhölle. Man muss sich doppelt auseinander setzen: mit den Originalen und den Remixen.

Bei „Recipes For Reconstruction“ kürze ich aber ab. Einmal, weil ich den zwar noch überschaubaren Katalog nicht komplett im Ohr habe und außerdem kenne einen Großteil der Künstler nicht wirklich. Also Fokus auf die Leipzig-Verbindungen: Jakin Boaz und PorkFour sind klar. Von Meier & Erdmann lebt ein Teil hier in der Stadt. Und Karl Marx Stadt ist mittlerweile auch hergezogen.

Moniker Eggplant ist ja auf sehr angenehm unprätentiöse Weise sehr weird unterwegs. Electronica im weitesten Sinne, mit einem genre-übergreifenden Schalk im Nacken, der sich das Lachen aber auch mal verkneifen kann. Und alles in DIY.

PorkFour ist zweimal auf der „Recipes For Reconstruction“-Compilation vertreten. „Sleeping Dogs Dream“ von Karl Marx Stadt versieht er mit einem herrlich schwingenden Cosmic Disco-Filter.

Im Gegenzug breakcore-schreddert Sküge sein eigenes Stück „Numbers Circus“ – die juvenile Unbedarftheit des Originals geht da natürlich verloren. Andererseits überträgt der Remix den Geist in einen erwachseneren Wahnsinn.

Jakin Boaz’ Stück „Tor Mjue“ fokussiert sich im Shins-k-Mix stärker auf die Acid-Sounds und lässt den eskalierenden Schlussteil des Ausgangstracks weg. Dafür unterlegt mit tighteren Beats. Irgendwie gut gerade gezogen.

100-mal wurde die CD-Version von „Recipes For Reconstruction“ handgestempelt. Beigelegt ist übrigens auch ein Moussaka-Rezept. Den Rest könnte ich also beim Nachkochen richtig nachholen.

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Blac Kolor „Kold“ (Basic Unit Productions)

Ist das „kold“ draußen – Blac Kolor bietet den passenden, gleichnamigen Soundtrack.

Bei Blac Kolor benötigt man ja einen klaren Hang zur schroffen Industrial-Theatralik, wobei in seinen Stücken meist auch eine höchst anziehende Techno-Rohheit steckt. Polarisierend wirkte das schon auf der letzten EP. Bei „Kold“ wird es merklich breakiger. Und dadurch klingt der sonst recht massive Rave-Appeal auch weitaus entschärfter.

Booga verzichtet mit seinem Alter Ego Square7 gänzlich darauf – stattdessen völlig ausgekühlter Techno, der in der Ferne eine diffuse Wärme andeutet, sie beim nächsten Break aber mit aller Vehemenz wieder wegdrückt. Umwerfend konsequent.

Daniel Myer alias Liebknecht nimmt sich „Kold“ ebenfalls vor. In ähnlich klanglicher Aufgeladenheit, wie sie erstmals auf der „Frost Vol. 1“-Compilation zu spüren war. Damals war sie mir bereits zu viel, und hier komme ich auch nicht ran. Die ganze EP gibt es via Bandcamp.

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Basic Unit Bandcamp
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Back to 1994

Es ist still geworden um Statik Entertainment – nichtsdestotrotz feiert das Label nächstes Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Die erste EP gibt es nun als freien Download.

Ungemastered leider. Aber die Originaldaten sind mittlerweile verschollen. 1994 erschien die erste Platte von Statik Entertainment. Von einem gewissen S-Dyz. Gerade durch den ungemasterten Sound fühlen sie die fünf Stücke wie eine richtig weite Zeitreise an, wobei der Minimalismus und die anskizzierte Dub-Tiefe keineswegs angestaubt klingen.

Sie zeigen aber auch, dass Statik Entertainment von Anfang an neben der klassischen Techno-Spur forschte. Rhythmisch und dramaturgisch. Zum 15. Jubiläum gab es ein Label-Porträt bei frohfroh. Wer es nicht wusste: Daniel Stefanik hat einen gehörigen Anteil am Sound der letzten zehn Jahre gehabt. Nächstes dann mehr zu Statik Entertainment. Die S-Dyz-EP gibt es übrigens bei Bandcamp.

Statik Entertainment Website
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Daniel Stefanik im Studio r°

Die Berliner DJ-Broadcaster von Studio r° bringen auch Platten heraus. Um die moderne Clubkultur zu dokumentieren. Daniel Stefanik ist auch dabei.

DJs und Live-Acts ins Netz zu streamen, hat ja durch Boiler Room quasi ein Second Life-Ausgehen etabliert, das trotz aller Skurrilität eine gewisse Normalität erreicht hat.

Bei Studio r° ist einiges anders: erstens integrieren die Videos neben dem reinen Auflegen eine weitere, grafische Ebene, die den voyeuristischen Fokus der Pseudo-Clubnacht-Mitschnitte entschärft – zumal es meist ziemlich langweilig ist, DJs beim Auflegen zuzuschauen –, zweitens veröffentlichen die Berliner seit kurzem auch Platten.

Auf der zweiten Compilation ist nun ein Stück von Daniel Stefanik dabei. In direkter Nachbarschaft mit Soulphiction und Freund der Familie. Sein Beitrag „Studio r“ schiebt sich mit einem recht schroff geschnittenem Bass-Fundament voran. Zusammen mit den Echo-Vocals irgendwie trippiger und mit ernsterer Miene als vieles vorher von ihm. Nur kurz flackern Fanfaren-Chords auf.

Weiß nicht so richtig, eine klassische B-Seite – auch wenn das Stück hier auf der A-Seite platziert ist. Ansonsten sehr hörenswert: das ungeschliffene Dub-Gewimmel von Freund der Familie. Herrlich scheppernd, lässig schneidenden HiHats.

Zum Schluss aber auch der Hinweis zum Daniel Stefanik-Mitschnitt vom Juni 2013. Es ist übrigens nicht der einzige Leipzig-Beitrag: Bender, Miami Müller, Devaaya Sharkattack, Wilhelm, Philipp Matalla, Sevensol, Polo und Rivulet waren auch schon dabei. Einfach mal scrollen.

Studio r° Website
Daniel Stefanik Website
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Gottfried Y. Leibniz „Polyhistor“ (Yuyay Records)

Yuyay Records, das mythenbeladene Elektronik-Label aus Lindenau meldet sich zurück. Mit einer neuen EP von Gottfried Y. Leibniz.

Im Februar gab es hier die ersten Zeilen zu einem Label, das ungewohnt ganzheitlich und offensiv mit einem eigens etablierten Mythos spielt. Musikalisch ist da eine dicke Schicht Patina dabei. Von Gottfried Y. Leibniz alias Robyrt Hecht gibt es nun via Bandcamp sechs neue Stücke.

Wieder bewegen sie sich mit analoger Eleganz und verspielter Musikalität. Wie ein Ausflug in die forschenden Anfänge der komplett elektronischen Musik. Als es scheinbar utopische Klangräume zu vertonen galt. Natürlich hat die sphärische Weite und die teilweise naiv klingende Melodiösität heute etwas sehr Antiquiertes.

Dennoch lässt sich damit noch immer eine gewisse Faszination für abwegige Gedankenausflüge wecken. „Polyhistor“ behält den Kurs der ersten drei EPs auf Yuyay Records bei, untermauert aber zugleich den eigenwilligen musikalischen Anspruch.

Die ruhigeren Stücke wie „Natura Non Facit Saltus“, „Alphabet Of Human Thought“ und „The Unconcious Mind“ gefallen mir dabei noch einen Tick besser.

Yuyay Records
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