NEBULA 002 Vinyl-Release – Sound, Stream & Gewinnspiel

Die zweite Various Artist-EP von Nebula ist gleichzeitig die erste eigene Vinyl des Kollektivs. Was den Sound der EP ausmacht, wie das Release zwar ohne Rave, aber trotzdem mit viel Techno und einer Special Gameshow gefeiert wird, und was ihr tun könnt, um eine der Platten zu gewinnen.

Transparenzhinweis: Normalerweise recherchiert und schreibt unsere Autorin als unabhängige Journalistin. Diesmal ist es anders: Sie ist im Nebula Kollektiv aktiv, zählt als shrœderin zu den Residents und schreibt diese Ankündigung als Crewmitglied und in Absprache mit ihrem Kollektiv.

Yesss – es hat wirklich lange gedauert, aber nun ist sie da: Unsere allererste Platte, die den überaus originellen Namen NEBULA 002 trägt. Fünf Tracks, die in ihrer technoiden Vielfalt den Sound des Kollektivs nuanciert einfangen. Und vielleicht auch die gegenwärtige Stimmung innerhalb der Clubkultur: Irgendwo zwischen Entschleunigung und Monotonie der permanenten Isolation, und der unendlichen Vorfreude auf den Moment, wenn wir endlich wieder inmitten einer ekstatischen Crowd die Erinnerungen an das Leben in der Pandemie wegtanzen können.

Release: Game Show & Techno im Stream

Womit wir beim Release-Event am Freitag, dem 22. Januar wären: Eigentlich hätten wir die Veröffentlichung unserer ersten Vinyl gern mit einer angemessenen Clubnacht gefeiert. Doch statt im Elipamanoke findet der Rave – ihr ahnt es – in eurem Wohnzimmer statt. Dafür aber for free und garantiert ohne lange Wartezeiten in der Kloschlange (letzteres hoffen wir zumindest – bitte bleibt solidarisch!).

Für ein Quiz der besonderen Art konnten wir die selbstverständlich absolut unabhängige Gameshow nebula24de.com gewinnen. Neben Spiel, Spaß & Techno erfahrt ihr auch, was die Menschen in der Region von der NEBULA 002 halten und wie natürlich völlig seriöse Expert*innen die Qualität der Platte einschätzen. Wer die Show nicht verpassen will, sollte pünktlich einschalten: 19 Uhr geht’s los.

Danach geht’s weiter im gewohnten Nebula-Stil: Techno, Techno, Techno. Diesmal in Form von Sets von Kontinum, Tillman (live), kiara, Murky fm, shrœderin und TreuHand, aufgezeichnet im Elipamanoke. An dieser Stelle Gruß und Kuss an die Eli-Family – Dankeschön für euren Support!

Übrigens: Es lohnt sich, die Sets aufmerksam zu verfolgen – wenn der Hot Buzzer von nebula24de.com aufblinkt, könnt ihr die eingeblendete Nummer anrufen und eine Nebula 002 Vinyl gewinnen.

Gewinnspiel: Finde die Sticker

Es gibt noch eine andere Möglichkeit, den Zehner für die Platte zu sparen – ihr müsst euch nur auf einen kleinen Spaziergang durch die Stadt begeben, und dabei die Augen offen und das Handy parat halten. Besucher*innen unserer präpandemischen Veranstaltungen haben einen kleinen Vorteil, denn: Wir haben einige Nebula-Sticker unter anderem in nächster Nähe von Orten in Leipzig versteckt, die ihr mit uns in Verbindung bringt. Wenn ihr einen der Sticker entdeckt habt, macht ein Beweis-Foto und schickt es uns bis zum 31. Januar als PM bei Facebook. Unter allen Einsendungen verlosen wir drei Platten.

EP: Kontraste & Facetten des zeitgenössischen Clubsounds

Damit ihr wisst, wie die NEBULA 002 klingt, hier eine kleine Beschreibung: Die fünf Tracks spiegeln Kontraste und Facetten des zeitgenössischen Clubsounds – von trippig und hypnotisch über dubbig und minimalistisch bis hin zu dramatisch und aggressiv.

Kontinum – Tradegy Of The Commons
Wie ein breiter, nebelverhangener Fluss strömt Tradegy Of The Commons durch eine mystische Klanglandschaft aus sphärischen Flächen, warmen Synthis und einer sanften, druckvollen Kickdrum. Ein Track, der zwischen Kraft und Gelassenheit balanciert und durch seine komplexe Monotonie eine hypnotische Wirkung entfaltet.

TreuHand – TIVR
TIVR ist eine Hymne für den Club – und an den Club. „Der besten Peergroup“ gewidmet, zelebriert sie den Rave mit dramatischer Melodie, stürmischen Filterfahrten über saftige Acid Lines und einer mächtigen, bouncenden Kickdrum. In diesem gewaltigen Acid-Rave-Track bündelt und entlädt sich die Energie des Dancefloors.

Tillman – Transit
Trotz Schnelligkeit und treibendem Flow wirkt Transit ruhig und verträumt. Dubbige, verwaschene Sounds und eine rollende Bassline prägen Klangbild und Rhythmus des Tracks, während im Hintergrund eine dunkel-melodische Fläche wogt. Transit bringt melancholische Schwere und groovende Leichtigkeit in harmonischen Einklang.

fragmentiert – Pоссия
„Du lebst in einem Gefängnis für deinen Verstand“ – in Pоссия verarbeitet fragmentiert mit bedrückenden Vocals, düsteren Acidlines, unheilvollen Flächen und einer erbarmungslos stampfenden Kickdrum persönliche Eindrücke der repressiven Politik des modernen Russlands. Ein dynamischer Techno-Track, der mit seinem vielschichtigen Minimalismus pure Dystopie ausstrahlt.

Vxltage – Aggression
Aggression macht seinem Namen alle Ehre: Dieser EBM-inspirierte Ravetrack ist dark, böse und voller Spannung. Eine prägnante, starke Kickdrum, bedrohliche Sounds und die verzerrten Schreie „Come feel the aggression“, die an den Wave-Sound der Achtziger erinnern – Aggression ist Appell an die Crowd, mit aller Energie die Probleme des Alltags in den Beton zu stampfen.

Vorbestellen könnt ihr die EP bei Bandcamp – als Vinyl und in digitaler Form. Leider haben wir auf unserer EP keine*n einzige*n FLINT*-Producer*in – das finden wir ziemlich suboptimal. Dass unser Kollektiv keine Lust auf Cis-Dudes-only-Action hat, spiegelt sich zum Beispiel in unseren Lineups und Bookings wider. Allerdings ist es uns zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht möglich, auch von FLINT* produzierte Tracks auf unseren kollektivintern produzierten Various Artist EPs zu veröffentlichen.

Nachbericht & Talk Talk: das Outs:de Festival 2020

Das Outs:de-Festival war 2020 eines der außergewöhnlichsten Veranstaltungsprojekte in Leipzig. Wie es dazu kam, wie die Arbeit hinter den Kulissen aussah und wie sich das Ganze als Besucherin angefühlt hat, lest ihr im Nachbericht und hört ihr in der neuesten Folge Talk Talk.

Mittlerweile ist es fast schon wieder unvorstellbar, in welchem Maße man sich diesen vergangenen Sommer und Herbst dem Hedonismus widmen durfte. Ist das inmitten dieser Pandemie, trotz Corona, wirklich passiert? Sonne, Tanzen, Open Air?

Ja. Und Stichwort Open Air: all das ist nicht (nur) in illegalem Rahmen geschehen. Ende August bis Ende September entstand durch die Initiativen DasIstLeipzig, Leipzig plus Kultur, Kreatives Leipzig e.V. und LiveKommbinat Leipzig e.V. mit Unterstützung der Stadt Leipzig eine Art einmonatiges Festival. Konzerte, Lesungen, eine Zaubershow und – natürlich – jede Menge elektronische Musik fanden auf der Festwiese in Leipzig-Nord unter dem Schirm eines kohäsiven Programms zusammen. „Leipzigs Kulturszene ist vereint“ schrieb das LiveKommbinat – dank des outs:de Festivals. 

Selbstverständlich konnten wir uns das Ganze nicht entgehen lassen: unsere Autorin Amy war vor Ort. Obwohl wir damit ein paar Monate hinterher sind, möchten wir das Projekt bei frohfroh nicht unerwähnt und unbehandelt lassen. Ein Nachbericht.

 

NOTE NOTE –

Dieser Nachbericht ist in Kombination mit einer neuen Folge Talk Talk erschienen – „Hat sich das outs:de-Festival gelohnt?“

Dort werden alle Hintergrundfragen mit der Geschäftsführerin vom Werk 2, Katrin Gruel, besprochen. Wie immer auf Spotify oder SoundCloud zu hören!

 

10 Grad, bewölkt, Nieselregen

Es ist der Tag der letzten Veranstaltung des outs:de-Programms auf der Festwiese, als ich es zum ersten Mal dorthin schaffe. Es fühlt sich bizarr an: Sonntag, Ausschlafen, Frühstück und zum Veranstaltungsstart durch das graue Wetter mit der Straßenbahn zur Festwiese. Keine typische Wochenendplanung, auch vor Corona nicht. Da wäre es um die Zeit höchstens zur Rillendisco ins IfZ gegangen; drinnen, eng an eng, unbefangen.

Als unbefangen lässt sich das hier zwischen Mannheimer Gittern in Zehnergrüppchen wohl kaum beschreiben, aber naja. Die Situation erlaubt es schließlich nicht anders – und für einen Rave in einer solchen, noch nie dagewesenen Situation, gibt man sich gerne solchen Kompromissen hin. 

Als ich kurz nach 14 Uhr ankomme, sind einige, wenige Menschen da, von denen die meisten gerade am Arbeiten sind. Das kulinarische Angebot ergibt sich aus zwei Getränkewägen, einem Kaffeewagen und einem Handbrotstand. Auf dem Gelände verteilt befinden sich sonst noch Deko- und Sitzelemente, Toilettenwägen, Schilder und Hinweise zu den Hygieneregeln sowie eine Awareness-Area. Nach hinten offene Gitter-Vierecke füllen in mehreren Reihen die Wiese und führen zu einer großen Bühne, wie man sie sonst kaum auf einer Subkultur-Veranstaltung erwarten würde. Die Strahlen der Scheinwerfer an der Bühne wiederum kommen nicht weit; sie strahlen abwechselnd in den von einer Wolkendecke eingehüllten Himmel hinein.

Nach bisher 30 Dates findet heute, am 27. September, die finale Veranstaltung statt. Es stehen I$A, die Soda Kids, Mathias Kaden, Dr. Rubinstein und Ellen Allien auf dem Programm – die klassische Mixtur aus Locals und Headliner*innen, also.

Foto von Markus Krasselt

Projektmanagement à la Pandemie

Obwohl diese Line Up-Konstellation nicht allzu ungewöhnlich ist, ist es das Projekt, das dahinter steht, schon. 200.000 Euro hat die Stadt Leipzig den Initiativen DasistLeipzig, LiveKommbinat Leipzig e.V., Leipzig plus Kultur und Kreatives Leipzig zur Verfügung gestellt, um das Ganze unter enormen Zeitdruck zu realisieren: jegliche Orga, Booking, Promo und vieles mehr wurden innerhalb von nicht einmal vier Wochen umgesetzt. Im Hintergrund arbeiteten mehr als zwölf Clubs und Spielstätten daran, ein Programm auf die Beine zu stellen. Ein Pilotprojekt unter besonderen Bedingungen – untertrieben gesagt.

Was es geheißen hat, das outs:de Projekt zu organisieren, lohnt es sich, vor Augen zu führen. Elf Veranstaltungsstätten mit einem jeweils völlig unterschiedlichen Programm und einer teilweise völlig unterschiedlichen Zielgruppe, die am selben Event arbeiteten; „es war glaube ich die größte Errungenschaft, dass man das überhaupt alles irgendwie unter einen Hut bringen konnte“, beschreibt eine Organisatorin. Für ein Festival in dieser Größe braucht es normalerweise mehrere Monate Vorlauf – mindestens. 

„Mit dem outs:de hat die LiveKomm das Unmögliche möglich gemacht.“

Dieser knappe Zeitrahmen als Vorlauf für das Projekt hat sich letztendlich nicht nur auf die Organisation, sondern auch auf die Bewerbung und allgemeine Kommunikation des Programms ausgewirkt. 9000 Besucher*innen hat die Veranstaltung innerhalb von fünf Wochen verbuchen können; diese Zahl hätte mit einem ausgeklügelteren Promokonzept sicherlich enorm gestärkt werden können.

Katrin Gruel vom Werk 2 erzählt mir im Interview (siehe oben), dass das Projekt wirtschaftlich nicht gänzlich erfolgreich war. Obwohl es kein Minusgeschäft war, ist es einfach zu unterschätzen, wie viel unbezahlte Kulturarbeit auch hier aufgebracht wurde. Klar: Security, Gastropersonal oder Lichttechniker*innen hatten fünf Wochen lang wieder einen Arbeitsplatz, aber eine weitere involvierte Spielstätte stellt fest: „Es konnten bei weitem nicht alle Arbeitsstunden aufgefangen werden.“ 

Foto von Markus Krasselt

8 Grad, Dunkelheit, Rave in der Luft

Nachdem die mehr oder weniger lokalen local heroes mit ihren Sets fertig sind, übernimmt Dr. Rubinstein die Bühne. 4/4-Bretter galore. Mittlerweile ist es dunkel, die Scheinwerfer kommen endlich ihrer Sinnhaftigkeit nach und die Tanzfläche ist deutlich gefüllter. Lässt man sich auf die Musik an, fühlt es sich an, wie ein Rave. Zumindest ein bisschen. 

Beim Gang zur Bar muss ich schmunzeln – von allen sechs Leuten, die im Gastrowagen stehen, arbeiten alle in einem jeweils anderen Club. Die Festwiese ist zwar einer für die Clubkultur ungewöhnlicher Ort, doch hier an der Bar fühlt es sich wieder ein klein wenig familiär an.

Draußen, auf dem Hang der Festwiese, tummeln sich vielleicht halb so viele Menschen, wie drinnen, auf dem Veranstaltungsgelände. Warum? In meinem Kopf tut sich ein Dilemma auf – Hätte man die Eintrittspreise barrierefreier oder fairer gestalten müssen? Oder sollten die Leute, die draußen sitzen, eine der wenigen Tanzveranstaltungen, die gerade von Clubs bereitgestellt werden, nicht lieber unterstützen? Zu Beginn der Pandemie bereuten alle, die letzten Wochen nicht öfter feiern gegangen zu sein. Jetzt geht das – und die Tanzfläche ist trotzdem zu einem Drittel leer? Wie hätte man das outs:de für Clubbesucher*innen attraktiver machen können?

Aber naja – die, die hier sind, gehen richtig ab. Die Zehnergruppen sind am tanzen, am stampfen, am raven. Die Gitter wippen vor und zurück, man sieht den Leuten an, dass sie diese Stimmung vermisst haben. Als Ellen Allien schließlich die Bühne betritt – Entourage inklusive – holt sie das Publikum zu sich hoch. Sie ist von Menschen umgeben; es geht noch einmal richtig los, dem Gefühl nach ist in Leipzig mal wieder der Boiler Room zu Gast.

outs:de Zwei Punkt Null?

Dem LiveKommbinat zufolge wird auch schon für 2021 an einer zweiten Ausgabe des Festivals geplant und gearbeitet. Mit so viel mehr Planungszeit bin ich gespannt, wie sich das Programm und die Umsetzung aus dem letzten Jahr weiterentwickelt – denn bei aller Kritik ist es einfach nur beeindruckend, wie schnell eine Veranstaltung dieser Größe auf die Beine gestellt werden konnte. 


Das Titelbild ist von Markus Krasselt geschossen worden. Danke!

Talk Talk – Wie ist es vom DJ zum Papa zu werden? – Schlepp Geist und Chris Manura

Es gab auch richtig schöne Nachrichten vergangenes Jahr: Die zwei DJs und Produzenten Schlepp Geist und Chris Manura sind im Corona-Jahr 2020 Papas geworden. Statt vor dem DJ-Pult stehen sie nun vor der Wickelkommode und unterwegs sind sie vor allem im Wald zu Fuß mit angeschnalltem Baby vorm Bauch.

Trotzdem haben sie erst kürzlich einen gemeinsamen Track rausgebracht. Human Passion ist von Chris Manura und Schlepp Geist hat einen Remix dazu geliefert.

DJ-Daddys

In der neuen Folge Talk Talk reden sie mit Kathi über Vereinbarkeit von Kind und Karriere, wie es ist, zum allerersten Mal Papa zu werden und ob Selbstständige die entspannteren Eltern sind, weil sie sich ihre Zeit besser einteilen können. 

Wünschen sich Chris Manura und Schlepp Geist die Festival- und Clubsaison zurück, um nicht nur noch Papas zu sein? Schließlich sind beide auch vom Berufsverbot betroffen. Spoiler: Es kommt immer anders, als man sich es vorstellt.

Talk Talk


Wir wollen natürlich auch die weibliche Sicht hören! Seid ihr Musikerinnen, DJs und Akteurinnen in Leipzigs Nachtkultur und wollt die Thesen von Chris Manura und Schlepp Geist bestärken, widerlegen oder aus weiblicher Sicht erklären? Meldet euch, gerne nehmen wir einen zweiten Podcast zum Thema Vereinbarkeit von Kindern und Technoszene auf!

Danke – ein Jahr mit Steady, ein Jahr mit euch!

Ein Jahr Steady, ein Jahr mit eurer Unterstützung – Danke! Danke, danke, danke. Eure Spenden an uns haben uns in diesem Jahr weitergebracht, wenn nicht durchgebracht.

Wir haben nicht nur unsere Hosting- und SoundCloud-Kosten mit euch finanzieren können, sondern auch einen Workshop zu Antirassistischem Schreiben mit unserer Redaktion besuchen dürfen. Die Workshop-Kosten haben wir aus dem Steady-Topf bezahlen können, genauso wie das Mastering unserer ersten frohfroh-Platte.

Eure frohfroh-Redaktion

Im neuen Jahr haben wir etwas Großes vor, nämlich: Wir werden unser Blog-Design updaten und unser Instagram-Game stärken. Dazu kommen Illustrationen, die wir für mehrere Artikel ankaufen möchten.

Neues Jahr, neue Ziele

Wir haben unser Steady-Ziel deshalb für dieses Jahr höher gesteckt: Wir brauchen 200 Euro, glatt mal das Doppelte, pro Monat. Wir hoffen, dieses Ziel mit euch zu packen. Wer ein paar Euro übrig hat und uns unterstützen möchte, pls do it! Wer keine Euros übrig hat: Teilt unsere Artikel, unseren Aufruf, unsere Arbeit!

Liebe Grüße, auf noch viele Projekte und Blogseiten!

Nasti und Jens


Auf dem Foto fehlen noch ein paar unserer Autor*innen. Wir wachsen und wachsen. Das haben wir auch eurer Unterstützung zu verdanken. Danke!

IN2IT #1 – CLEFT LIP von MYEN

Soey und Max bringen den ersten Beitrag der IN2IT-Reihe heraus! Welchen Track sie ausgewählt haben und wer hinter dem Stück steckt, erfahrt ihr im Text.

Es ist Zeit für Neues auf die Ohren! Wir sind frohfrohs Aufruf vor einer Weile gefolgt. Auf der Suche nach neuen Formaten wurde unser Konzept mit offenen Armen empfangen. Nun ist sie da, die erste Ausgabe von IN2IT.

Unser Ziel ist es, Gehör für unbekanntere Produzent*innen in und um Leipzig zu schaffen. Dafür haben wir einen Open Call gestartet und waren komplett überwältigt von der Resonanz. Wirklich – es war toll zu sehen und zu hören, wie viele Einsendungen wir bekommen haben und auf wie viel Interesse dieses Projekt stößt.

An dieser Stelle wollen wir uns bei euch allen bedanken, die ihr nicht nur eure Tracks geschickt habt, sondern uns auch euer Vertrauen entgegengebracht habt. Unter den Einsendungen waren richtig viele interessante Projekte dabei, die verschiedener nicht hätten sein können. Die Wahl des ersten Titels fiel uns deswegen alles andere als leicht. Neben der immensen Bandbreite an Genres gab es natürlich auch Unterschiede in Hinblick darauf wie ausgearbeitet die Produktionen sind.

Deswegen hier vielleicht ein paar Worte zu unseren Entscheidungskriterien: Wir wollten unser Gehör nicht davon trüben lassen, ob ein Track unserem Lieblingsgenre nahekommt oder bereits klingt wie eine professionell gemixte und gemasterte Chartnummer. Gerade auch durch die stilistische Vielfalt lassen sich Tracks anhand genrespezifischer Kriterien schlichtweg nicht vergleichen. Vielmehr geht es uns deshalb um die affektive Ebene beim Hören, also um die Emotionen, Empfindungen und Irritationen, die ein Track in uns auslöst.

Dabei stach ein Titel in dieser Runde für uns besonders heraus. Nur schwerlich in bekannte Schemata und Genrebestimmungen einzuordnen, erzeugte dieser Track in uns etwas komplett Neues – ein Gefühl, das gleichwohl außergewöhnlich fremdartig und doch einnehmend intensiv war. Der Track, um den es geht, heißt CLEFT LIP und wurde von MYEN produziert.

CLEFT LIP nimmt sich den Raum, den er braucht, ohne dass man auch nur im Geringsten etwas dagegen tun kann.

Nicht, dass man das überhaupt tun wollen würde, denn der experimentelle Charakter mitsamt seiner Vielschichtigkeit regt die Fantasie auf eine ganz besondere Art und Weise an. Irgendwo zwischen geheimnisvoller Schwermut und angenehm vertrauter Aufruhr erzählt er eine wirkungsvolle Geschichte.

Myenteric plexus

MYEN leitet sich ab von myenteric plexus und bezeichnet einen Teil des enterischen Nervensystems, das in unserem Darm verortet.  Wie er es beschreibt, ist dieses mit unter für unser schlechtes Bauchgefühl in unsicheren Situationen verantwortlich. Alles, das uns unterbewusst besorgt, trauern lässt oder stresst, macht sich dort bemerkbar. Sein Projekt kreist dabei um seine Diagnose einer chronischen Darmerkrankung und unverarbeiteter Trauer, zwischen denen er eine Verlinkung wahrnimmt. Um sich mit dieser den Alltags beeinträchtigenden Problematik auseinanderzusetzen, entstand MYEN –  ein Projekt, welches Mitgefühl für sich selbst und Heilung durch Klang zu praktizieren versucht.

Er produziert nun seit gut fünf Jahren und kann im kommenden Jahr sein erstes offizielles Release verzeichnen. Daneben kommen auch bald einige Edits und Remixes raus. Zum Beispiel für Kavari, eine schottische Produzentin, die vor kurzem ihren Release ‚/ˈpasɪv/ /ˈmɛm(ə)ri/ /rɪˈdʒɛkʃ(ə)n/‘ veröffentlicht hat, also stay tuned!

Sein musikalischer Hintergrund ist breit gefächert: Klassische Musik, Film-Soundtracks, Hardcore, Metal sowie Cross-Breed und Reggaeton gehören zu seinen Einflüssen. Besonders geprägt haben ihn niederländischer Gabber und französischer Hardcore. Generell schlägt sein Herz aber seit Jahren für experimentellere Club-Formate. Neben Arca, Aisha Devi, Kablam, Mica Levi sowie Ashida Park, Club Late Music, SVBKVLT oder TRRUENO als Labels, zieht MYEN die größte Inspiration und bedeutenste Prägung von Yannick Pozo Vento aka Réelle, eine der für ihn jeher wichtigsten Stimmen innerhalb zeitgenössischer elektronischer Musikproduktion, sowie gute*r Freund*in.

MYEN will an dieser Stelle auch an Réelle’s Arbeit und Leben erinnern. Die genannten Einflüsse scheinen sich auch in seinen Sets widerzuspiegeln, in denen er klassische Streicher-Kompositionen mit Gabber und Latin-Sounds, sowie einer Bandbreite anderer Genres verschmelzen lässt. Er beschreibt seine Herangehensweise dabei halbironisch als

„Genrefucking“

Hört dafür am besten mal bei SoundCloud in seine Mixfiles: soundcloud.com/myentericplexus

How to produce like MYEN: 

Beim Produzieren bedient sich MYEN vorrangig der Granularsynthese. So entstehen beispielsweise künstliche, von ihm als „neodorsal“ bezeichnete Stimmen, wie auch die in CLEFT LIP. An diesen orientieren sich dann die anderen Elemente des Tracks. Kurz gesagt: Granularsynthese zerstückelt Samples in kleine Grains, die anschließend resynthetisiert werden. Melodien entstehen bei ihm weniger durch Noten oder Midi, sondern vorrangig durch Postprocessing wie Autotune oder mit Hilfe von grafischer Synthese, die in Softwares wie “HighC„ sprichwörtlich gezeichnet werden. Diese Art des Komponierens wurde ihm damals von Réelle näher gebracht und von ihm weiterentwickelt.

In seinen Produktionen versucht er, Trakte des menschlichen Körpers und dessen mögliche Anomalien in Klang auszudrücken:

Beispielsweise Irregularitäten in phonetischen Vorgängen durch eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte (Englisch: Cleft Lip). Auch beim Hören von Musik gibt es für MYEN eine starke Korrelation von Klang und Körper. Hörer*innen sollten seine Musik zuweilen als Anlass sehen, die Auswirkung von Frequenzen auf ihren Körper wahrzunehmen.

Verhältnis zur Clubkultur 

Wir haben MYEN außerdem noch gefragt, wie er zu der Leipziger Clubszene steht. Dabei wurde deutlich, dass es für ihn noch zu wenig Platz für Queerness gibt. Auch wenn in den letzten Monaten mehr Awareness zu diesem Thema geschaffen wurde, fehlt ihm in Leipzig noch Diversität und ein Aufbrechen des „white-male-technos“ als Norm für viele Clubabende. Es gibt für ihn auch noch lange nicht genug Veranstaltungen die dezidiert BiPOCs im Fokus haben. Feat Fem., CryBaby und Series:Be sind aber Veranstaltungen und Kollektive, zu denen er aufsieht. Wünschenswert wäre es für ihn, wenn die verschiedenen Szenen Leipzigs dahingehend verschmelzen würden und nicht lediglich nebeneinander existieren oder gar miteinander konkurrieren.

Die Auswirkungen der Pandemie auf das künstlerische Schaffen sind wohl nicht abzustreiten, wenn auch von Person zu Person verschieden. Für MYEN bot der erste Lockdown die Möglichkeit, mehr Zeit aktiv und bewusst mit sich selbst zu verbringen und sich so noch mehr im Sound-Design zu verlieren. Auch hatte die zunehmende Isolation eine heilende Wirkung auf ihn, was er klar als Privileg versteht. Die Kehrseite des Ganzen liegt jedoch auf der Hand: Er, wie wahrscheinlich die meisten von uns, vermisst das Vibrieren des Basses im Bauch genauso sehr wie das Schwitzen in einer Menschenmenge. Er beschreibt die Clubkultur als ein Relikt unseres menschlichen Ritualverhaltens, welches uns zur Zeit verwehrt bleibt und somit ein Loch in der kollektiven Musik-Kultur hinterlässt. Als Medium dieser kann Musik heute nicht nur emotional, sondern auch physisch auf viele verschiedene Parameter in unseren Körpern wirken und diese sogar verändern. Wir meinen, dass CLEFT LIP genau das schafft.

An dieser Stelle also nochmal ein riesiges Dankeschön an dich! Danke, dass du deine Musik zu uns gebracht hast und danke für die wundervolle Einleitung in das Projekt.

Wir wünschen euch viel Freude beim Hören und hoffen sehr, dass euch dieser Track genauso einnimmt wie er es immer wieder mit uns tut. Bitte sendet uns weiterhin eure Tracks! Wir freuen uns riesig auf eure Einsendungen für die nächsten Ausgaben von IN2IT.


Sophia Krasomil begleitet die Reihe grafisch: das Titelbild und das Beitragsbild bei SoundCloud sind durch sie entstanden. Danke!

Talk Talk – Wie funktioniert Booking in Zeiten von Corona? – ANTR & Anna Malysz

In unserem neuen Talk Talk-Podcast reden wir mit ANTR und Anna Malysz – beide arbeiten als Bookerinnen im Conne Island. Und sie zeigen uns, dass es in diesem Job gerade mehr zu tun gibt als viele vielleicht denken.

Wie ihr wisst, befinden wir uns seit November nicht nur im Lockdown Light, sondern die Clubs und Musikspielstätten wurden zum zweiten Mal ins künstliche Koma versetzt. Aber trotzdem die Mitarbeitenden in Kurzarbeit stecken, ruht nicht automatisch ihre Arbeit. Im Gegenteil: Teilweise war der Workload durch die Organisation von Live-Streams, der Entwicklung neuer Konzepte für Outdoor-Veranstaltungen und natürlich auch die vielen Veranstaltungsabsagen sogar höher als vorher.

Für die Mitarbeitenden der Kulturbetriebe bedeutet Corona also kein Bananenbrotbacken am heimischen Herd, sondern verlangt sehr viel Kreativität, Flexibilität und Umdenken von ihnen ab. Jetzt sind die Clubs erneut zu und kämpfen ohne Einnahmen ums Überleben. Aber aufgegeben wird nicht. Noch nicht!

ANTR und Anna Malysz arbeiten als Bookerinnen im Leipziger Kulturzentrum Conne Island. Und erzählen in der neuen Folge Talk Talk dem Podcast von frohfroh, was sie die letzten Monate gemacht haben, wie das Booking in Zeiten von Corona funktioniert und was im nächsten Jahr im Conne Island ansteht!

Krake Festival vom 11. bis 13. Dezember 2020

Seit zehn Jahren veranstaltet Killekill das Krake Festival, das sich unter anderem auch den experimentellen Tönen der elektronischen Musik verschrieben hat. Den zehnten Geburtstag (happy birthday, Krake!) hätten sie eigentlich mit einer Tour, darunter auch mit einem Stop im Leipziger Institut fuer Zukunft, gefeiert. Jetzt holen sie ihren runden Geburtstag digital nach.

Performances, Sets, Online-Dancefloor

Angekündigt sind eine Fantasy-Live Performance mit VR-Elementen und eine Kochshow mit gleichzeitigem b2b2b DJ Set. Am Samstag öffnen dann gleich zehn parallele Online-Dancefloors. Das Line-Up spricht für sich: es sind Helena Hauff, DJ Stingray und Shed angekündigt.

Und dann gibt es auch noch das Krake TV, ein TV-Format, das unter anderem Musikvideos zeigen wird. War das „schon“ alles? No way, kein Geburtstag ohne Release: Es gibt von den Krake-Macher*innen auch gleich noch eine Compilation mit 82 Tracks. Wir sind gespannt!

Timetable

Eintritt

1 Euro für den Tagespass für Unentschiedene; 5 Euro für den Tagespass für alle, die gerade keine Kohle haben; 10 Euro für den Tagespass; 20 Euro als Unterstützer*innen (tagesweise) und 50 Euro für das access-all-areas-Paket (inklusive Compilation)

Tickets & Infos

Alle Infos und das gesamte Line-Up findet ihr hier >> Krake Festival << und in der Facebook-Veranstaltung.

„It’s A Business Doing Pleasure With You (Remixes)“ von Panthera Krause – Fotoporträt & Review

Kurz vor Lockdown 2.0 light hat Autorin und Fotografin Paula den Leipziger Künstler Panthera Krause in seinem Studio besucht.

Remix, Review, Porträt

Zuvor hatte ich mir das 2019 erschienene „It‘s a Business Doing Pleasure with You“ angehört – zu Hause, vor meinem Laptop, extra die teuren, guten Kopfhörer rausgekramt – fürs Feeling – und mich wild mit dem Fuß wippend ertappt, wie ich sagte „Ich vermisse Clubbing!“

Anmerkung: Wer meinen Autorinnentext im frohfroh-Magazin gelesen hat, weiß „heute plane ich mein Wochenende nicht mehr nach dem Timetable des Institut fuer Zukunft.“ 

Panthera Krauses neueste LP mit dancy Neo Disco vibes ist das, was ich an einem Samstagmorgen irgendwann in der Phase, in der der goldene Frühherbst in das Matschgrau wechselt, brauchte. Einen ausführlichen Review gibt’s übrigens bei unseren friends von DJ LAB.

Hier also meine wärmste Quarantäne-Disko-Empfehlung für euch, und es gibt noch eine Kirsche auf dem energetisierenden housey Sahnehäubchen: am 27.11.2020 ist die Remix-EP zur LP erschienen. Und zwar mit Mixen von Rebolledo, Theo Kottis, Shubostar, Fango und – of course – Peter Invasion wird’s technoider, treibender und ein bisschen spacig.

It’s A Pleasure…

Beides, sowohl LP als auch EP, funktioniert fantastisch für sich alleine, in Kombination bietet uns Riotvan ein stimmiges Gesamtpaket, was für mich persönlich gut funktioniert und mehr als bloßes Fußwippen verspricht. 

Panthera Krause

Neu, Neu: Der Plattenladen Sleeve ++

Seit Mai gibt es einen neuen Platten- und Secondhand Laden in der Mariannenstraße  – das Sleeve++. Unsere Autorin Marie hat den Laden und zwei der Betreiber*innen besucht.

Auf der Eisenbahnstraße herrscht wie immer reges Treiben und auch in der Hermann-Liebmann ist gut was los. Hier im Laden merkt man davon nicht so viel, höchstens mal ein Hupen. Es ist ruhig in der Mariannenstraße 74. Schön hier, Wohnviertelflair. Vor dem Haus steht noch ein großer Baucontainer, dahinter ist das Schaufenster des Ladens versteckt. Drinnen, wo es gemütlich warm ist, treffe ich zwei der Betreiber*innen: Lale und Robert.

Neuer Laden im Osten

Denn seit Ende Mai gibt es hier im Osten einen neuen Laden: Sleeve++. Dort kann man ausgewählte Secondhand Kleidung kaufen und nach neuen oder gebrauchten Platten stöbern. Die goldene Ladentür führt direkt in einen großen hellen Raum. Darin stehen vier schlichte Plattenregale, in denen man perfekt von oben diggen kann, eine gemütliche Couch und ein großer Tresen. Außerdem noch drei Plattenspieler zum Vorhören und wenn nötig noch einen hinter der Theke. Im Nebenraum gibt es drei große Kleiderstangen voll farblich sortierter Kleidung sowie Accessoires und Schmuck (von Leipziger Designer*innen). An den Wänden hängen momentan Holzschnitte von Charlotte Wagner, die sich sich mit queeren Themen auseinandersetzen.

Im Laden wirkt es angenehm aufgeräumt und trotzdem gemütlich, vielleicht wegen der Couch und der vielen Pflanzen. Man kann hier gut ungestört und unbeobachtet ein paar Stunden verbringen: Platten hören, auf der Couch rumsitzen, Klamotten anprobieren, quatschen oder etwas trinken. Alles mit Wohnzimmerflair. Außerdem gibt es einen Walkman, mit dem man sich Kassetten anhören und währenddessen im Laden umherlaufen kann. Dabei landet man vielleicht in der zur Umkleide umgebauten Dusche. 

Fünf Köpfe, eine Idee

Hinter Sleeve++ stehen viele Menschen: Lale, Tami, Maik, Laurin und Robert. Einige dürfte man vielleicht besser unter ihren DJ-Namen kennen: T-Data von L1CK, Mjut-Resident DJ Maik, der als Teil von vokode und als Maik Grötzschel produziert, dessen Label Solid Rotation sowie Ease und Robyrt Hecht von Clear Memory, der unter diesem Namen ebenfalls produziert und mit YUYAY RECORDS ein eigenes Label betreibt.

Angefangen hat alles 2017 als der Plattenladen Possblthings in der Bornaischen Straße in Connewitz schließen musste. Robert hat dort viel und gern abgehangen und wollte nicht, dass es mit dem Laden zu Ende geht. Also kam ihm die Idee, ihn irgendwo anders wieder zu eröffnen. Auch Tami und Laurin waren oft dort und teilten Roberts Interesse, den Laden aufrechtzuerhalten.

„Ich habe mich dem Laden sehr verbunden gefühlt und wollte nicht, dass das aufhört.“ – Robert

Die Platten sollten bei der Neueröffnung des Ladens aber nicht allein stehen, fand Robert. Er wollte ein neues Konzept. Und so kamen Lale und Maik dazu, die Bock hatten, Secondhand Kleidung zu verkaufen. Das hat gut gepasst: alle waren schnell bereit das Ladenkonzept auszubauen.

So richtig begonnen hat es dann mit zwei PopUp Stores, der erste 2017 und noch einer 2018, einer im Westen, einer im Osten Leipzigs. Dort konnten die fünf ihr Konzept in einer Off-Location schonmal eine Woche lang ausprobieren: es gab Klamotten und Platten und jeden zweiten Tag eine Veranstaltung. Weil das so gut ankam, haben sie danach intensiv Locations gescoutet.

Und so landeten sie schließlich über einen Freund in der Mariannenstraße 74. Das Haus stand seit 30 Jahren leer, war unrenoviert und dort war ein großer Laden frei.

„Es sah echt krass aus, kompletter Rohbau. Aber alle hatten Bock auf die Challenge, den Laden komplett kernzusanieren.“ – Lale

Und das ist das besondere an diesem Ort: hier drin ist alles selbstgemacht und dadurch steckt viel Liebe im Detail. Fast zwei Jahre hat es gedauert, bis der Laden 2020 endlich aufmachen konnte.: „Niemand hatte Ahnung, alle haben sich selbst angelernt“, sagt Lale und lacht. Dafür hat sich das Warten gelohnt: Die fünf konnten alles nach ihren individuellen Vorstellungen gestalten. Dieser DIY-Input und die Liebe zu guter Qualität ziehen sich durch den gesamten Laden.

Qualität statt Quantität

Das Sortiment ist klein aber fein. Es gibt Secondhand Platten und Neuware, von 2,50 bis 40 Euro. Die meisten Platten liegen zwischen zehn und 20 Euro aber auch unter zehn lässt sich hier was gutes finden. Robert will die Platten fair verkaufen, nicht auf den Discogs Hype einsteigen: „Wenn da eine Platte super rar ist, weil sie seit fünf Jahren nicht gepresst wurde oder so dann verkaufen wir die trotzdem so, dass man sie als Normalsterbliche*r noch bezahlen kann.“

„Wir wollen, dass man die Platte kauft, weil man sie gern hat, nicht weil sie teuer oder gesucht ist.“ – Robert

Auch die günstigen Platten sind qualitativ hochwertig und präzise ausgewählt. Das ist Robert wichtig, dass es die auch gibt. Ähnlich ist es bei der Kleidung, hier gibt es keine markenorientierten Preise. Das ist ein Ansatz aus der Szene für die Szene, in der sich alle bewegen. Kein Wunder, dass Robert sagt: „Es ist ein Herzblut-Ding was wir da machen, aus einem inneren Antrieb, nicht um uns eine goldene Nase zu verdienen.“

Ort, Label, SecondHand oder Neuware: hier steht alles nebeneinander, das Genre gibt den Ton an. Auch die Kleidung ist nur nach Farben sortiert, nicht nach Preis, Größe oder Gender: „Wir machen hier ein inklusives Projekt“ sagt Lale.

Elektronisches Angebot

Musikalisch ist das Angebot (im weitesten Sinne) auf elektronische Tanzmusik fokussiert. Die Genres (und so heißen auch die Fächer in den Regalen) sind Electro, Techno, House, Bass, Breaks, Synthpop, Wave, Disco und Funk. Dabei versuchen die fünf, den verschiedenen Fächern mit ihrem Know-How einen Tiefgang zu geben. Zu entdecken gibt es für die meisten Geschmäcker etwas. Kleidung und Platten – alles ist hier handpicked. Deshalb ist das Sortiment auch so persönlich. Momentan suchen die fünf speziell nach vergangener Musik, weniger aktualitätsbezogen, sagt Robert, „weil man das ja auch easy im Internet kaufen kann.“

„Wir suchen lieber nach Diamanten, die sich irgendwie in der Vergangenheit verstecken und übersehen wurden, das macht am meisten Spaß.“ – Robert

Mein persönliches Highlight beim Plattenkauf sind aber definitiv die liebevollen und lustigen Texte auf den Sleeves. Robert und Maik hören sich jeden Track von vorn bis hinten an und schreiben dann eine ganz persönlichen Bewertung oder einen guten Tipp auf die Platte. Dass die beiden daran Spaß haben merkt man, wenn man einfach mal ein Regalfach durchliest. Da steckt viel Liebe drin.

Ort für kulturellen Austausch

Es gibt also einen Shop aber auch Ausstellungen, Veranstaltungen und Workshops. Sobald es wieder möglich ist, wollen die fünf  verstärkt Kulturveranstaltungen umsetzen. Mit Fokus auf elektronischer Musik, Platten und Kleidung natürlich. Man darf gespannt sein auf Instore-Sessions, Flohmarkt, DJ-Workshops, Release Veranstaltungen und vieles mehr. „Unser Konzept soll Konsum, Kultur und Freizeit verbinden“, sagt Lale. Sleeve++ ist nicht nur ein kleiner alternativer Konsumtempel, sondern auch ein Ort für kulturellen und gemeinsamen Austausch.

„Wir wollten einen diskriminierungsfreien Raum schaffen, in dem Menschen sich gerne aufhalten, zusammenkommen und sich wohlfühlen.“ – Lale

Sowohl ruhig und zurückgezogen nach Platten diggen als auch aktiv das Gespräch über Szene, Musik oder Kleidung suchen — beides ist hier möglich. In der luftig eingerichteten Ladenfläche kann man seinen Platz finden und einfach ungestört sein Ding machen, so wie man gerade Lust hat.

Plattenläden in Zeiten von Corona

Corona-bedingt haben die fünf bisher kaum Werbung machen können. Trotzdem ist das Konzept gut angekommen – und in Zeiten von Corona sind Plattenläden tatsächlich eine der wenigen Kulturstätten, die betrieben werden dürfen. Da ist ein Ort für kreativen Input und Austausch sehr relevant. „Das ist wichtig für die Szene“, sagt Robert, „hier kann man sich begegnen und mit Fremden ins Gespräch kommen. Und deswegen kann es davon nicht genug geben!“ Trotzdem freuen sich alle darauf, wenn sie endlich normal eröffnen können.

Das Sleeve++ sollte definitiv auf keinem Platten-Digger-Spaziergang durch Leipzig fehlen. Vor allem zum Schlendern in kalten Monaten ist es mein Lieblingsspot um ein paar warme Stunden bei guter Musik zu verbringen. Was cool ist: der Laden ist immer bis 20 Uhr geöffnet, also kann man sich auch nach der Arbeit nochmal zwei Stunden Zeit nehmen um in Ruhe zu stöbern. Ich habe diesen Ort noch nie mit leeren Händen verlassen und freu mich schon im Sommer dort abzuhängen! 

Foto von Gregor Barth

Sleeve++
Mariannenstraße 74, 04315 Leipzig, geöffnet von Mittwoch bis Samstag von 13 bis 20 Uhr.

Natürlich gilt im Laden: 1,5 Meter Abstand halten und nur mit Maske rein.
Mehr Infos gibt’s via Facebook & Instagram.


Header-Foto von Gregor Barth. Vielen Dank!

„Trotzdem Yeah!“ – Streams aus dem Barcelona

Das Barcelona war lange Zeit ein wichtiger Ort für die Leipziger Clubszene. Bis 2015 legten dort sonntags lokale DJs Platten in der „Barcelounge“ auf, die sie sonst nicht im Club spielen konnten. Seit dieser Woche ist die Tapas-Bar wieder dabei – als neuer Streaming-Host-Spot.

Ok, Konzert- und DJ-Streamings gibt es mittlerweile viele – aber „Trotzdem Yeah!“ verpricht noch einmal neue Impulse. Denn es soll drei feste Reihen geben – und die DJs, Musiker*innen und Künstler*innen erhalten Honorare. Wie „früher“ also. So schön es ist, durch Streamings trotz geschlossener Clubs überhaupt öffentlich auflegen und live spielen zu können. Solange die meisten davon kostenlos sind, lässt sich von den Gigs keine Miete und kein Brot bezahlen.

Wer also die „Trotzdem Yeah!“-Sessions miterleben möchte, kann sich ein Ticket kaufen und hat dann nur 48 Stunden die Möglichkeit, das Event mitzuerleben. Ähnlich vergänglich und wertschätzend den Acts gegenüber wie bei einem echten Live-Event. Unterstützung gibt es dafür vom Leipziger Ticket-Shop TixForGigs. Er stellt seine Streaming- und Ticket-Plattform bereit. Und natürlich von Bea Wolf und Jan Berger vom Barcelona. Sie stellen den Hof und Gastro-Raum ihrer Bar lokalen Künstler*innen als Bühne zur Verfügung.

Die Preise sind mehr als fair: 3 € für das normale Ticket, 6 € für das Support-Ticket.

Drei Viertel der Einnahmen gehen dann an die jeweiligen Künstler*innen, der Rest ist für die Betriebs- und Aufwandskosten von der Barcelona und von TixForGigs.

Doch was genau erwartet euch? CFM kuratiert drei Veranstaltungen pro Woche – mit festen Tagen:

Mittwochs – 20:30 – 22:30 UhrOpen Talk, Open Mic & Live-Musik
Hier gibt es ebenso DJ-Sets und kleine Konzerte mit klassischen Instrumentalist*innen wie auch Lesungen, Talks und Diskurse. Am 25.11.2020 ist beispielsweise DJ PMN vom Design-Mag-Store mzin zu Gast.

Samstags – 21:00 – 24:00 Uhr – Clubnacht
Hier legen Party-Crews aus verschiedenen Genres ihre Club-Tracks auf. Am 21.11. steht The Peergroup (Rillendisco, IfZ) auf dem Plan. Später werden auch Clubnächte vom Polyester Club und Lumiere Bleue veranstaltet

Sonntags – 19:00 – 21:00 Uhr – Der Elektronische Sonntag
OMG, ein kleines Revival. Zwischen 2000 und 2015 präsentierten CFM und Francis im Ilses Erika regelmäßig am Sonntagabend lokale Elektronik-Newcomer*innen. Sevensol & Bender, Kassem Mosse und Mix Mup hatten hier damals ihre Leipzig-Debüt-Gigs. Und durch verschiedene Talk-Formate war die Reihe ein wichtiger Netzwerkort. Nun veranstaltet CFM den E-Sonntag in neuer Form – mit Producer*innen und Live-Acts sowie persönlichen Interaktionen mit den Zuschauer*innen. Und so wird es Abende mit Mrs. Pepstein, Onkit, supaKC, Kassem Mosse, Rentek, One Take u.a. geben.

Hier gibt es ein paar Eindrücke von den ersten beiden „Trotzdem Yeah!“-Abenden:

Hier finden alle kommenden Events statt.

Alle Bilder von CFM.

FF001 – Release im Dezember

Die erste eigene Platte also, wie soll man die als Blog vorstellen, der sonst andere Musik einschätzt und empfiehlt? Es ist auf jeden Fall ein spannender Perspektivenwechsel. Die kritische Einordnung der vier bzw. fünf Tracks von „FF001“ müssen wir aber dieses Mal anderen überlassen.
Aber ganz ohne Worte raushauen? Das geht auch nicht.

Hier also kurz und knapp unsere Gedanken, Ideen und Empfindungen dazu. Dieser Compilation ging ja ein Open Call Anfang des Jahres voraus. Das Feedback war darauf war immens. Über 30 Tracks wurden uns anvertraut – ja, auch das ist eine neue Erfahrung. Da sind Musiker*innen draußen, die viel Zeit in ihre Musik stecken und dann sagen: Dieses Stück würde ich gern bei diesem „Label“ veröffentlichen. Für uns ist das auch ein schöner Vertrauensvorschuss gewesen.

Bei der finalen Auswahl der Tracks war schnell klar, dass wir nicht einen bestimmten Sound abbilden wollen. Dafür ist die Berichterstattung auf frohfroh auch zu divers – und in gewisser Weise sollte das auch unsere erste Platte widerspiegeln. Insofern ist „FF001“ ein Statement, das die Vielfalt des „Sounds of Leipzig“ aufzeigt.

Was sie verbindet, sind zwei verschiedene Dynamiken, die den Sound der beiden Vinyl-Seiten prägt. 

A1 –  Tinkah

Tinkah läutet zusammen mit Amira Warning die EP ein. Ihr „Blindhearted“ ist einerseits herrlich laidback, andererseits wirken die Sounds und Vocals immer einen Hauch verdreht. Raus aus dem streng linearen Flow. Besonders das Intro braucht seine Zeit, danach geht die Sonne auf.

A2 – Sithara

Auch Sithara bewegt sich atmosphärisch in einem eigentlich entspannten Rahmen, in dem aber nicht alles rund läuft. Im vollkommen positiven Sinne ist das gemeint. Der simple Beat suggeriert im ersten Moment zwar eine Downbeat-Melange. Aber die Sounds und Samples glitchen dann doch immer wieder weg – und genau das hat uns einfach sehr geflasht.

B1 –  Lea Matika

Umgehauen hat uns auch Lea Matika. Ihr „Freedom“ ist ein düster-treibendes Wave-Manifest. Mal mit schreiendem, mal mit zuckrigem Gesang. Es bringt auch eine weirde Form von Pop mit auf die Platte, die in Leipzig übrigens gern öfter aus den Studios kommen könnte.

B2 –  ARVØ

Special ist auch ARVØ. Er verbindet Violine mit Techno. Sein „The Dance With The Fire“ ist das einzige durchweg geradlinige Stück auf der Vinyl-Version. Aber selbst das bringt eine ungewohnte Nuance hervor. Auch wenn die Violine fragil und trocken wirkt, sie behauptet sich sehr selbstbewusst gegen die Bassdrums und teils mächtigen Basslines.

Bonustrack: fragmentiert

Digital gibt es noch einen sehr zeitgenössischen Bonus: fragmentiert haut einen seiner schnurgeraden Techno-Tracks heraus. Super dunkel, sich langsam entfaltend und öffnend und mit experimentellen Sidekicks. „Those Times“ ist der direkte Link zu Leipzig in 2020. 


Ihr könnt unsere erste Vinyl ab jetzt bei Bandcamp vorbestellen. Voraussichtliches Release-Datum ist der 15. Dezember 2020.

Jetzt vorbestellen & frohfroh unterstützen

Vinyl + Digitalalbum + Bonustrack


Wir bedanken uns bei allen, die beim Open Call teilgenommen haben, bei unseren fünf Musiker*innen, bei Anna-Lena-Erb für das Artwork, LXC für das Mastering, Kim Camille für die Fotos der Musiker*innen und Randmuzik.

Talk Talk – Wie verändert Corona den Drogenkonsum? – Pia & Laura

Das eigene Leben beschränkt sich zur Zeit vor allem auf die eigenen vier Wände. Im Sommer 2020 gab es bekanntlich wenig zu Feiern. Der nächste Lockdown bis Ende November verbietet Partys komplett. Ob nun illegale Raves oder kleine Zusammenkünfte zuhause, wie ändert die Corona Krise eigentlich den Alkohol- und Drogenkonsum?

In einer kleinen, vermutlich nicht repräsentativen Umfrage auf unserem Instagramkanal wart ihr euch einig:

Corona hat das Drogen nehmen verändert!

Aber inwiefern und wo wird derzeit eigentlich konsumiert? Und welche Substanzen sind en vogue? In der neuen Folge TalkTalk – dem Podcast von frohfroh geht Kathi mit Laura und Pia von den Drug Scouts auf die wichtigsten Fragen dazu ein.

Übrigens: Menschen die Drogen nehmen sind durch das Coronavirus besonders gefährdet. Das liegt zum Beispiel daran, dass Utensilien wie Ziehröhrchen untereinander geteilt werden, aus derselben Flasche getrunken wird oder ein Joint die Runde macht. Die Drug Scouts stellen Safer Use Materialien zur Verfügung. Regelmäßiger Konsum kann außerdem euer Immunsystem schwächen.

Wenn ihr Befürchtungen und Ängste bezüglich eures Konsum habt, meldet euch bei den Drug Scouts. Das Drogentelefon steht euch Dienstag von 09:00 bis 13:00 Uhr und Donnerstag von 14:00 bis 18:00 Uhr zur Verfügung. Die Nummer ist: 0341 – 211 22 10. https://drugscouts.de/